timotheus
Aktives Mitglied
Hallo miteinander,
Leute, Leute - Ihr macht es Euch an manchen Stellen irgendwie etwas zu einfach... zumindest ist das mein Eindruck... :grübel:
Nur noch (wiederholt) zu einer Sache...
Und da ist es schon wieder: das Bild, daß die Kreuzfahrer vor der arabischen Kultur gestanden hätten "wie der Urmensch vor der Wasserspülung"...
Obgleich ich denke, daß sich diese Formulierung unbewußt eingeschlichen hat, betone ich nochmals, daß das Wort "haushoch" bei solchen Aussagen gestrichen werden muß. Ergo "überlegen" ja, aber "haushoch überlegen" nein! :nono:
Wie ich in meinem früheren Beitrag bereits schrieb, gab es schon vor den Kreuzzügen einen regen Austausch zwischen der westlich-christlichen und der islamischen Welt - nachweislich bspw. zu Zeiten Karls d. Gr., über die Iberische Halbinsel sowie über den byzantinischen "Umweg" (z.B. Theophanu). Und das war alles bereits vor dem Jahr 1095 - wie übrigens auch der Handelsweg zwischen beiden Kulturen, der mindestens ebenso bedeutsam ist.
Bsp. Medizin:
Die Problematik bei der Medizin in der westlich-christlichen Welt des Mittelalters war weniger eine durchweg geringere Qualität, sondern vielmehr die "Streubreite" zwischen ernsthafter Heilkunst (im wahrsten Sinne des Wortes) und "Quacksalberei" - übrigens bis weit über das Mittelalter hinaus!
Es gibt zur Qualität der europäischen Medizin im Mittelalter interessante aktuelle Studien: http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=10990
Bereits zu Zeiten Karls d. Gr. (ja, der schon wieder) gab es eine Kette von Hospizen und Hospitalen auf dem Pilgerweg nach Jerusalem, später Aufgabe dieser und neue Gründungen der Hospize/Hospitalen und schließlich - nach einer erneuten Unterbrechung durch die fatimidischen Zerstörungen in der 1. Hälfte des 11. Jh. - das Hospiz- und Hospitalswesen der Amalfitaner, aus dem um 1100 die Bruderschaft der Hospitaliter und damit der spätere Johanniterorden hervorging. Das medizinische Niveau in den Hospitalen des Ordens entsprach zudem übrigens ganz dem in der islamischen Welt!
Daneben darf aber auch nicht vergessen werden, daß in den Klöstern äußerst detaillierte und präzise medizinische Diagnosen erfolgreich gestellt, Wunden und Krankheiten effektiv behandelt sowie entsprechende medizinische Versorgungen getroffen wurden - und dies ebenfalls schon weit vor dem Beginn der Kreuzzüge!
Bsp. Mathematik:
Die Übernahme des arabisch-indischen Zahlensystems im westlichen Europa geschah ebenfalls bereits vor den Kreuzzügen - und zwar über die oben angesprochenen Handelswege.
Wie Ihr seht, ist das Thema außerordentlich komplex - viel komplexer als bisher dargestellt...
Wollte dies nochmals angemerkt haben.
In diesem Sinne
Timo
PS:
Ach ja, wo habe ich das alles her?
Ich nenne an dieser Stelle exemplarisch nur einige Werke, die sich mit der Geschichte der Johanniter/Hospitaliter beschäftigen...
Fleckenstein/Hellmann "Die geistlichen Ritterorden Europas"
Riley-Smith "Hospitallers. The History Of The Order Of St. John"
Delaville Le Roulx "Les Hospitaliers. En Terre Sancte Et A Chypre. 1100 - 1310"
Da ich gerade nicht zuhause bin, habe ich die Titel aus der Erinnerung niedergeschrieben - wer Fehler findet, gewinnt eine Gummimaus...
:scheinheilig: feif:
Leute, Leute - Ihr macht es Euch an manchen Stellen irgendwie etwas zu einfach... zumindest ist das mein Eindruck... :grübel:
Nur noch (wiederholt) zu einer Sache...
Schon vor der Renaissance begann das, was in der arabischen Welt noch heute als das große Trauma verstanden wird: Die Kreuzzüge und der Mongolensturm des 13. Jahrhunderts.
Bis dahin war der Islam eine Siegerreligion gewesen und war dem Westen in allen Belangen (Philosophie, Militär, Kunst, Medizin) haushoch überlegen.
Und da ist es schon wieder: das Bild, daß die Kreuzfahrer vor der arabischen Kultur gestanden hätten "wie der Urmensch vor der Wasserspülung"...
Obgleich ich denke, daß sich diese Formulierung unbewußt eingeschlichen hat, betone ich nochmals, daß das Wort "haushoch" bei solchen Aussagen gestrichen werden muß. Ergo "überlegen" ja, aber "haushoch überlegen" nein! :nono:
Wie ich in meinem früheren Beitrag bereits schrieb, gab es schon vor den Kreuzzügen einen regen Austausch zwischen der westlich-christlichen und der islamischen Welt - nachweislich bspw. zu Zeiten Karls d. Gr., über die Iberische Halbinsel sowie über den byzantinischen "Umweg" (z.B. Theophanu). Und das war alles bereits vor dem Jahr 1095 - wie übrigens auch der Handelsweg zwischen beiden Kulturen, der mindestens ebenso bedeutsam ist.
Bsp. Medizin:
Die Problematik bei der Medizin in der westlich-christlichen Welt des Mittelalters war weniger eine durchweg geringere Qualität, sondern vielmehr die "Streubreite" zwischen ernsthafter Heilkunst (im wahrsten Sinne des Wortes) und "Quacksalberei" - übrigens bis weit über das Mittelalter hinaus!
Es gibt zur Qualität der europäischen Medizin im Mittelalter interessante aktuelle Studien: http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=10990
Bereits zu Zeiten Karls d. Gr. (ja, der schon wieder) gab es eine Kette von Hospizen und Hospitalen auf dem Pilgerweg nach Jerusalem, später Aufgabe dieser und neue Gründungen der Hospize/Hospitalen und schließlich - nach einer erneuten Unterbrechung durch die fatimidischen Zerstörungen in der 1. Hälfte des 11. Jh. - das Hospiz- und Hospitalswesen der Amalfitaner, aus dem um 1100 die Bruderschaft der Hospitaliter und damit der spätere Johanniterorden hervorging. Das medizinische Niveau in den Hospitalen des Ordens entsprach zudem übrigens ganz dem in der islamischen Welt!
Daneben darf aber auch nicht vergessen werden, daß in den Klöstern äußerst detaillierte und präzise medizinische Diagnosen erfolgreich gestellt, Wunden und Krankheiten effektiv behandelt sowie entsprechende medizinische Versorgungen getroffen wurden - und dies ebenfalls schon weit vor dem Beginn der Kreuzzüge!
Bsp. Mathematik:
Die Übernahme des arabisch-indischen Zahlensystems im westlichen Europa geschah ebenfalls bereits vor den Kreuzzügen - und zwar über die oben angesprochenen Handelswege.
Wie Ihr seht, ist das Thema außerordentlich komplex - viel komplexer als bisher dargestellt...
Wollte dies nochmals angemerkt haben.
In diesem Sinne
Timo
PS:
Ach ja, wo habe ich das alles her?
Ich nenne an dieser Stelle exemplarisch nur einige Werke, die sich mit der Geschichte der Johanniter/Hospitaliter beschäftigen...
Fleckenstein/Hellmann "Die geistlichen Ritterorden Europas"
Riley-Smith "Hospitallers. The History Of The Order Of St. John"
Delaville Le Roulx "Les Hospitaliers. En Terre Sancte Et A Chypre. 1100 - 1310"
Da ich gerade nicht zuhause bin, habe ich die Titel aus der Erinnerung niedergeschrieben - wer Fehler findet, gewinnt eine Gummimaus...
:scheinheilig: feif: