Ich habe die beiden Serien gesehen (ZDF und Pro7), wobei in beiden die Rollen der Frauen recht unterschiedlich dargestellt wurden.
In der ZDF-Serie wird Lucrezia als die boshafte Giftmörderin dargstellt, als welche man sie oft bezeichnet hatte und bezeichnet. In der anderen Serie mit Jeremy Irons als Alexander VI. wird sie eher als divenhaft, aber nicht verrucht dargestellt, eher als Opfer ihrer Zeit und ihrer Familie.
Es muss sehr schwer für sie gewesen sein, dass sie die Männer ehelichen musste, die ihr Vater als pater familias für sie ausgesucht hatte und nicht selbst entscheiden durfte. Allerdings war das bis ins 19./20. Jahrhundert gang und gäbe.
Vanozza de' Cattanei war – bevor Kardinal Rodrigo Borja (Borgia) auf sie aufmerksam wurde – lediglich eine Kurtisane. In Rodrigo fand sie einen Gönner, der mit ihr unter anderem Cesare, Juan und Lucrezia gezeugt hatte. Somit war ihr ein gewisses Einkommen gesichert, auch als sie Giulia Farnese den Platz räumen musste.
Ich denke, sie hatte eigentlich ein ganz passables Leben geführt, nachdem sie keine Mätresse mehr war, ihr eigenes Haus mit Dienerschaft hatte etc.
Ob Giulia Farnese ihre Verbidnung mit Alexander genossen hatte oder ob es für sie bloß ein Mittel zum Zweck darstellte, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber auch ihr schien es recht gut gegangen zu sein und wie mein Vorposter bereits bemerkte, profitierte vor allem Alessandro Farnese, der spätere Paul III., von dieser Liaison.
Ich frage mich, warum sie "schlechte Karten in dem damaligen Gesellschaftsgefüge" hätten haben sollen. Bis auf Vanozza de' Cattanei waren die beiden Damen von hoher Geburt, finanziell abgesichert. Die eine war Tochter Alexanders, die andere Schwester Pauls. Natürlich konnte man vor Giftanschlägen und nächtlichen Meuchelmorden niemals ganz sicher sein. Aber die Herren werden wohl für ihre Damen gesorgt haben. Ich denke, es ist wahrscheinlicher, dass sie hätten sterben können, wenn sie auf der Straße gelebt hätten und nicht in einem Palazzo oder im Vatikanischen Palast.
Wer sind denn ihre männlichen Pendants? Wenn du damit Cesare und Juan meinst (die in den Serien ja auch fokussiert wurden), dann würde ich die Frage etwas anders formulieren: Nicht, ob die Frauen von Anfang an eine größere Chance auf Glück hatten, sondern ab wann dies zur Tatsache wurde. Denn Juan wurde ja bereits zu Lebzeiten Alexanders ermordet und Cesare wurde unter dem Pontifikat Julius' II. getötet. Somit hatten sie schon mal kein Glück gehabt.
Das hängt aber wahrscheinlich nicht mit ihrem Geschlecht und der Reihenfolge ihrer Geburt zusammen, sondern eher mit der Politik ihres Vaters, dem Tod desselben und einigen Ereignissen, auf die man als Borgia wohl keinen Einfluss hatte (z. B. Papstwahl Giuliano della Roveres).
Du verallgemeinerst die Frage etwas zu sehr, denn nicht jeder Sohn einer einflussreichen Familie (die fast immer Feinde hatten) war automatisch zum Tode oder zum persönlichen Unglück verurteilt.