Ja, der Mauerbau war der Ausdruck eines internationalen Konflikts. Landläufig auch unter dem Begriff "Kalter Krieg" zusammen gefasst
Die Formulierung "Ausdruck eines (inter)nationalen Konflikts" ist sehr vage und analytisch wenig hilfreich. Was soll das denn heißen - "Ausdruck"? Symptom? Zeichen? Da kann doch jeder hineindeuten, was er will.
Ich halte es deshalb für sinnvoller, den
kausalen Zusammenhang zu betrachten, in dem der Mauerbau stand. Das ist ein klares Kriterium. Dabei spielt der "Kalte Krieg" nur eine sekundäre, aber keine entscheidende Rolle.
Schon in meinem ersten Beitrag zu diesem Thema nannte ich die massive Massenflucht von DDR-Bürgern in die wohlhabendere BRD als alleinigen Grund für den Mauerbau. Es sollen mindestens 2,5 Mio Menschen gewesen sein, die sich bis 1961 aus politischen und ökonomischen Gründen aus der DDR absetzten. Dabei war der Übergang innerhalb von Berlin der mit Abstand leichteste Weg, weshalb dort die Mauer gebaut wurde. Es ging der DDR dabei um die Selbsterhaltung eines Systems, das ohne repressive Maßnahmen dieser und anderer Art gar nicht überlebensfähig war.
Es gibt zwar einen Konnex zwischen Mauerbau und internationaler Politik, der aber kein kausaler Konnex ist, d.h. diese Politik hat den Mauerbau nicht unmittelbar verursacht, wiewohl sie ihn hätte verhindern können. Das begann mit dem Chruschtschow-Ultimatum im Jahr 1958 mit der Forderung, Berlin solle von den westlichen Militärs freigegeben und ein von der BRD und DDR unabhängiger Stadtstaat werden.
Willy Brandt beharrte aber weiterhin auf der Zugehörigheit zur BRD. Hätte er zugestimmt, wäre der Mauerbau möglicherweise verhindert worden. Natürlich kann man deswegen nicht behaupten, Brandt habe mit seiner Weigerung den Mauerbau verursacht, seine Entscheidung hat ihn aber, wobei diese Einschätzung nur hypothetisch sein kann, begünstigt, ohne aber ´ursächlich´ zu sein -- die wahre Ursache war ausschließlich die erwähnte Massenflucht in die BRD.
Auf Brandts Weigerung reagierte die Sowjetunion mit der Drohung, der DDR Vollmacht zu erteilen, Berlin von der BRD zu isolieren. Die Drohung machte allerdings wenig bis keinen Eindruck auf den Westen, weshalb Moskau besagtes Ultimatum zurücknahm. US-Präsident Kennedy verkündete dann in einer TV-Ansprache 1961, dass die USA auf ihrer Militärpräsenz in Berlin beharrten.
In dieser Situation entschloss sich die DDR-Führung zum Mauerbau. Der Grund dafür war weder Brandts Weigerung, Berlin von der BRD zu kappen, noch Kennedys Beharren auf US-Soldaten in Berlin, sondern schlicht und ergreifend die anhaltende Massenflucht, welche das DDR-System auszuhöhlen begann. Mit dem "Kalten Krieg" hat das nichts zu tun, jedenfalls nicht direkt.