Die Sachsenkriege und die (Nicht)-Rolle der Dänen

Heidr

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Die Sachsenkriege und insbesondere die Rolle Widukinds als Widerstandsführer gegen die fränkische Expansion, stellen ein wichtiges und schließlich letztes Kapitel in der Geschichte der (nicht christianisierten) süd-germanischen Stämme dar.

Ein Aspekt, der mich interessiert, ist die Haltung der Dänen, insbesondere des damaligen dänischen Königs Sigurd Ring, während der Konflikte.

Es ist für mich nicht ganz nachvollziehbar, dass sich trotz der potentiellen Bedrohung, die das expandierende Frankenreich auch für die Dänen darstellen musste, ihre Unterstützung für Widukind auf diplomatische Bemühungen und die Gewährung von Zuflucht beschränkt zu haben scheint.

Es bleibt zu fragen, welche strategischen oder politischen Gründe die Dänen bewogen haben, Widukind nicht direkter militärisch zu unterstützen.

Während die Gauten, Svear und die norwegischen Kleinstämme in Skandinavien in geographischer Abgeschiedenheit vom Geschehen in Kontinentaleuropa lebten, muss das Frankenreich für die Dänen eine erhebliche Bedrohung dargestellt haben. "Wenn die Sachsen fallen, sind wir die nächsten", muss Sigurd sich unweigerlich gefragt haben.

Warum blieb die Unterstützung letztlich aus?
 
Die Sachsenkriege und insbesondere die Rolle Widukinds als Widerstandsführer gegen die fränkische Expansion, stellen ein wichtiges und schließlich letztes Kapitel in der Geschichte der (nicht christianisierten) süd-germanischen Stämme dar.
also das ist missverständlich formuliert, denn die frühmittelalterlichen Sachsen waren keine "Südgermanen".
 
Ist nicht wirklich meine Zeit. War Dänemark damals überhaupt schon genug zentralisiert, um den Sachsen militärisch Beistand leisten zu können? Gab ja nichts zu holen, im Gegensatz zu Kriegszügen nach England.

Auch gab es damals schon den Versuch, die dänische Grenze mit Hilfe des Danewerks (bzw dessen ersten Anfängen) zu befestigen; zeugt von einer eher defensiven Haltung den südlichen Nachbarn gegenüber; nicht unbedingt nur den christlichen, würd ich vermuten...
 
"Wenn die Sachsen fallen, sind wir die nächsten", muss Sigurd sich unweigerlich gefragt haben.
Wie hätte denn Sigfrid intervenieren können? Mit einem offenen Krieg gegen Karl wäre er garantiert "der nächste" gewesen. Mit Diplomatie und mit Dänemark als "Rückzugsraum" für aufständische Sachsen ist er doch im Endeffekt gar nicht so schlecht gefahren. Allein Widukind hielt sich wohl mindestens einmal in Dänemark auf.
Ein weiterer Punkt ist, dass wir heute relativ wenig darüber wissen, wie die tatsächliche Situation in Dänemark und seiner südlichen Grenzregion in den 770ern und 780ern war. Ab wann erlangten die Franken tatsächliche Kontrolle über Nordalbingen? Welche Rolle spielten die slawischen Abodriten oder andere slawische Stämme in Schleswig-Holstein? Wann wurde das Danewerk oder der "Limes Saxoniae" etabliert?
 
War Dänemark damals überhaupt schon genug zentralisiert, um den Sachsen militärisch Beistand leisten zu können?

Die Ausprägung der Zentralisierung des dänischen Reiches ist nicht dokumentiert. Es ist aber bekannt, dass Gudfred, der Sohn von Sigurd (gerne auch Sigfrid), über ausgedehnte Gebiete in Süd-Skandinavien herrschte und häufig als erster Einheitskönig Dänemarks betrachtet wird.

Das impliziert, dass das Reich also wahrscheinlich nicht einfach spontan entstanden ist, sondern auf vorhergehenden Strukturen und Entwicklungen aufgebaut sein sollte. Das lässt vermuten, dass die Sage von der Schlacht von Bråvalla einen wahren historischen Kern hat.
Euratlas-Periodis-Web-Karte-von-Dänen-im-Jahre-800.png


Grundsätzlich sind literarische Quellen was die Germanen angeht immer kritisch zu betrachten ob Sage, "Germania" oder "Res gestae Saxonicae". Die Germanen selbst hielten nichts fest. Somit müssen wir uns auf solche Werke berufen die natürlich auch höchst politisch motiviert waren. Sie können uns nur ein grobes und verzerrtes Bild der Menschen liefern.

Ein Reich solcher Ausmaße hätte zwangsläufig ein gewisses Maß an administrativer Organisation erfordert, obwohl eine vollständige Zentralisierung für militärische Operationen nicht unbedingt notwendig ist. Die Fähigkeit der Dänen, ausgedehnte territoriale Kontrolle auszuüben und militärische Kampagnen durchzuführen, deutet darauf hin, dass das dänische Reich über eine gewisse organisatorische und administrative Kapazität verfügte.

Gab ja nichts zu holen, im Gegensatz zu Kriegszügen nach England.

Die Reduzierung der Dänen auf die Rolle reiner Plünderer entspricht nicht der historischen Realität, wie Struktur und Geschichte der Dänen deutlich machen. Die Dänen hatten ein soziales, politisches und militärisches Organisationssystem aufgebaut, das auf eine gesellschaftliche Entwicklung hinweist, die weit über das Plündern hinausging.

Interessant ist aber das Du das Danewerk einbringst. Vielleicht fühlten Sie sich dadurch sicher und geschützt und wollten sich so auf weitere Expansion in Skandinavien konzentrieren.

Wie hätte denn Sigfrid intervenieren können? Mit einem offenen Krieg gegen Karl wäre er garantiert "der nächste" gewesen.

Die Schlacht am Süntel hat gezeigt, dass die Franken durchaus verwundbar waren. Das Ereignis könnte also als Präzedenzfall für mögliche Interventionen anderer Mächte angesehen werden. Ich finde es ist denkbar, dass sie in Anlehnung an ihre eigenen politischen Strukturen, einen Herzog o. Ä. hätten wählen können, um den Sachsen Beistand zu leisten. Wir wissen zum Beispiel auch, dass die Friesen die Sachsen unterstützt haben. Das deutet darauf hin, dass eine Allianz gegen die Franken durchaus realisierbar gewesen wäre. Angesichts der Tatsache, dass die Dänen zu dieser Zeit bereits ein Reich etabliert hatten, hätten sie theoretisch eine Schlüsselrolle einnehmen können.
 
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Ein Reich solcher Ausmaße hätte zwangsläufig ein gewisses Maß an administrativer Organisation erfordert, obwohl eine vollständige Zentralisierung für militärische Operationen nicht unbedingt notwendig ist. Die Fähigkeit der Dänen, ausgedehnte territoriale Kontrolle auszuüben und militärische Kampagnen durchzuführen, deutet darauf hin, dass das dänische Reich über eine gewisse organisatorische und administrative Kapazität verfügte.
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Die Reduzierung der Dänen auf die Rolle reiner Plünderer entspricht nicht der historischen Realität, wie Struktur und Geschichte der Dänen deutlich machen.

Keine schriftliche Aufzeichnungen zu hinterlassen ist schon mal ein schlechtes Zeichen, so rein bürokratisch betrachtet... ;)

Konnte der damalige dänische König das gesamte militärische Potential seines Machtbereichs mobilisieren, um seine politischen Ziele zu verfolgen, oder brauchte er das militärische Potential, das er hatte, bei der Hand, um die Herrschaft über diesen Bereich zu behalten? Da geht es gar nicht so sehr um die organisatorischen Fähigkeiten.

Bei der Expansion nach England spielte das keine Rolle, oder nur eine untergeordnete, denn hier gab es ein gemeinsames Ziel, sei das nun Beute oder Land. Bei i-einem Antikreuzzug pro bono war das nicht der Fall, da musste ein König seine Untergebenen anders motivieren.
 
Die mussten auch nicht motiviert werden, für i-jemand anders & weit weg den Allerwertesten zu Markte zu tragen... ;)
 
Erst im 13. Jahrhundert wird in der Braunschweigischen Reimchronik berichtet, dass Widukind mit der Tochter des Dänenkönigs verheiratet sei.
 
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