Zumindest im HRR war es bis Anfang des 16. Jahrhunderts schon üblich, dass die Länder, die eine Familie beherrschte, unter den erbberechtigten Familienmitgliedern (gewöhnlich den Söhnen) entweder aufgeteilt wurden oder zumindest eine Herrschaft der gemeinsamen Hand üblich war (wobei der älteste Sohn meistens eine etwas privilegiertere Stellung hatte).
Seit dem 13. Jahrhundert scheint es allerdings immer wieder Versuche gegeben zu haben, diese üblichen Erbschaftsregelungen zugunsten einer Primogenitur zu ersetzen.
Dass die Kurfürstentümer nach der Goldenen Bulle nicht geteilt werden dürfen, scheint, wie die meisten Regelungen der Goldenen Bulle die Folge der Doppelwahl von 1314 gewesen zu sein. Jedenfalls ist in der Goldenen Bulle alles das ausdrücklich geregelt oder verboten, was diese Doppelwahl überhaupt möglich gemacht hat, darunter eben auch eine Regelung, die verhindern soll, dass durch Erbteilungen plötzlich mehrere Erben die Kurfürstenwürde beanspruchen können oder diese sogar geteilt oder abwechselnd ausgeübt wird.
Andere Gebiete / Erblande, außer das Gebiet, das die Kurfürstenwürde betraf, konnten allerdings schon aufgeteilt werden, wie die Familienzweige der Wettiner (Kurfürstentum Sachsen) und der pfälzischen Wittelsbacher, die danach entstanden sind, zeigen.
Im Zusammenhang mit den Teilungen unter den Söhnen von König Ludwig IV. dem Bayern habe ich vor längerer Zeit einen Essay gelesen, wo es um die Nachfolge in den Ländern Holland, Hennegau, Seeland und Friesland ging, die durch die zweite Ehe mit Margarete von Holland an den Wittelsbacher gekommen waren. Offensichtlich war von Anfang an geplant, dass sie an die Söhne aus der zweiten Ehe gehen würden, eine Vereinigung mit den bayrischen "Erblanden" sozusagen wurde keineswegs versucht.
Was die Markgrafschaft Baden betrifft, so hatten die Markgrafen Karl I. und Christoph offensichtlich das Glück, dass jene Brüder, die nicht für eine geistliche Laufbahn bestimmt waren, eigene Wege beschritten, sodass sie letztlich alleine herrschen konnten. Erst unter den Söhnen von Markgraf Christoph kam es zur Teilung in die Linien Baden-Baden und Baden-Durlach.
Im Zusammenhang mit Zustandekommen von zwei Heiraten zwischen den Söhnen von König Albrecht I. (Habsburger) mit einer französischen und einer aragonesischen Prinzessin scheint diese "Herrschaft zur gemeinsamen Hand" bei der Eheanbahnung ein Problem bedeutet zu haben, da die Schwiegerväter offensichtlich vom Schwiegersohn verlangten, dass er der alleinige Herrscher ist, für das zunächst eine (vorübergehende) Lösung gefunden werden musste.
Das Privilegium maius beinhaltet die Nichtteilbarkeit der Erblande, und es ist interessant, dass dies einer der Punkte des Privilegiums maius ist, der von König / Kaiser Karl IV. bestätigt wurde, dies offensichtlich mit dem Hintergedanken, dass die jüngeren Brüder von Herzog Rudolf IV. dem Stifter ohnehin dafür sorgen werden, dass dieser Punkt nicht durchsetzbar ist.
Unter diesen Brüdern kam es letztlich auch zum Vertrag von Neuberg an der Mürz, der tatsächlich eine Aufteilung ihrer Erblande war. Allerdings lassen die Bestimmungen darauf schließen, dass trotz Teilung versucht wurde, eine wirkliche, endgültige Trennung zu verhindern. Für die Historiker/innen ist es gewöhnlich Faktum, dass es in der Folge zur Aufspaltung in zwei Familienzweige (albrechtinische und leopoldinische Linie) kam, wobei sich die leopoldinische Linie in der Folge noch in eine steirische und eine Tiroler Linie aufspaltete.
Möglicherweise wurde dieser Eindruck auch dadurch nachträglich bestätigt, da sich die "Länder-Dreiteilung" unter den Söhnen von Kaiser Ferdinand I. wiederholen sollte. (Auch hier war es übrigens die sogenannte steirische Linie, die die anderen Linien letztlich beerbte.)
Allerdings übernahm Herzog Albrecht III. nach dem Tod von seinem Bruder Leopold III. wieder die Herrschaft über alle Erblande, obwohl dessen ältester Sohn Wilhelm bereits volljährig gewesen wäre und dieser scheint sich nach dem Tod von Albrecht III. bis zu seinem eigenen (frühen) Tod in seiner Position als nun mehr ältestes Mitglied der Familie auch in die Politik seines Cousins Albrecht IV. (Sohn von Albrecht III.) eingemischt zu haben, übte somit offensichtlich auch Einfluss auf die "albrechtinischen" Länder aus. Nehmen wir noch eine ganze Reihe von Verträgen hinzu, die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zwischen den (leopoldinischen) Habsburgern geschlossen wurden, so entsteht der Eindruck, dass die Teilungen in jener Zeit keineswegs so fix waren, wie sie von späteren Generationen eingeschätzt wurden.
Es wäre sicher interessant, auch einmal zu überprüfen, wie solche Erbteilungen in den anderen Herrscherfamilien (HRR) tatsächlich gehandhabt wurden.
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Abschließend bleibt noch die Frage, wie diese Erbschaftssysteme zu werten sind. In der Geschichtsforschung werden sie gewöhnlich negativ gesehen, als Schwächung der Machtposition. In neueren Arbeiten gibt es allerdings Hinweise, dass sie in gewissen Fällen auch positive Folgen haben konnten.