Auch wenn das Einstellen lange her ist, muss man diesen Satz hier doch kritisch betrachten.
Meines Wissens nach besass das Deutsche Reich niemals auch nur annaehernd eine gefaehrliche Hochseeflotte gegenueber Grossbritannien, deswegen duerfte dies eher ein vorgeschobenes Argument sein.
Grossbritannien sah eher eine Gefahr in einem deutsch dominierten Europa und / oder der extremen wirtschaftlichen Macht seit 1871, die sich auf lange Sicht vom Pfundweltmarkt, und damit von GB haette loesen koennen, das war das letzte, was man in Grossbritannien wollte. (Auch ein Stichwort; Made in Germany als Diffamierung, welche zum Guetesiegel wird.)
Des weiteren, wie man ja am spaeteren Einbruch Russlands und der dringend benoetigten Hilfe der Anglobrueder in Frankreich gesehen hatte, haetten diese beiden alleine gegen die Mittelmaechte den Krieg nicht gewinnen koennen.
Ich denke deswegen, hier spielt vor allem wirtschaftlicher Einfluss und die beruehmte balance of power weit mehr eine Rolle, als irgend eine Flottenpolitik oder semirelevante Marokkogeschichten.
Es ist eigentlich relativ einfach:
Wenn Du in die Quellenlage der britischen Politik blickst, erkennst Du recht schnell, wie umfassend sich das Flottenwettrüsten in strategische Überlegungen und politische Handlungen (übrigens auch als Bremsspuren in die britischen Haushalte) eingegraben hat. Den Faktor "klimatisch" vor 1914 abzustreiten, entspricht nicht dem Stand der Forschung.
Umgekehrt findest Du "ökonomische Bremsspuren" in der britischen Außenpolitik nur insoweit, als diese ganz allgemein im Hochimperialismus jener Zeit verbreitet war (so zB Bagdad-Bahn). Was Konkurrenz und das Überschwemmen britischer Märkte jener Zeit angeht (zB die "grain inflation", oder Wettbewerb auf fernen Märkten) lohnt auch ein Blick auf die USA. Es gibt da interessante Untersuchungen, wie sich die deutsch-britische Wirtschaftskonkurrenz abseits üblicher verbreiteter Klischees darstellte.
Wie dann das deutsch-französisch-russische Wettrüsten zu Lande 1911/14 belegt, ist Balance of Power sozusagen die Kehrseite der Medaille "Weltmachtstreben". 1914 machte der britischen Politik eher die eingeleitete und kalkulierbare russische Aufrüstung Sorgen als die des Deutschen Reiches. Ironischerweise betrieb die deutsche Seite ihre Risikopolitik in der Julikrise und das Vabanquespiel einer Detente genau in dem Augenblick 1914, als sich die britische Regierung in ihrem globalem Denkansatz mit dem Dreh- und Angelpunkt Indien/China über die kommende russische Supermacht den Kopf zerbrach.
Ganz so einfach ist das also alles nicht. Turgot hat schon die wichtigen Hinweise gegeben, auch auf die eskalierende und in weiten Bereichen nationalistisch-hetzende Wirkung der Presse in den europäischen Großmächten ("Pressekriege", ob nun deutsch-britisch, russisch-deutsch, deutsch-französisch etc.).
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