Zu diesem Zeitpunkt gilt die Ära Kekkonen bereits als beendet, eines Präsidenten, der auch vor dem Hintergrund komplizierter innen- und außenpolitischer Verwicklungen die eigenen politischen Ziele und als Voraussetzungen dafür den persönlichen Machterhalt nie aus den Augen verlor. Schon am Beginn seiner Präsidentschaft erwies sich die Innenpolitik Finnlands als zerrissen und es gelang nicht, tragfähige Mehrheitsregierung zu bilden. Nach der Parlamentswahl 1958 schienen die Bedinungen für eine breite Regierungskoalition allerdings gegeben, und tatsächlich kam eine Regierungsallianz aus Tanners Sozialdemokraten, der Sammlungspartei, der beiden Volksparteien und der Agrarunion zustande, die zwei Drittel des Parlaments hinter sich hatte. Die sowjetische Presse und auch der sowjetische Botschafter in Helsinki hatten die vorausgehenden Sondierungen und Verhandlungen lebhaft kommentiert. Sie wünschten natürlich eine kommunistische Beteiligung, zumal die SKDL als Wahlsieger galt. Wenigstens erwartete man eine Koalition aus Parteien, die die nachkriegszeitliche finnische Ostpolitik unterstützten. Das schloss sowohl die Mitwirkung der von Tanner geführten Sozialdemokraten aus, als auch die Regierungsverantwortung der Sammlungspartei, die sich als konsequente Gegner des moskaufreundlichen Kekkonen erwiesen hatten.
Mit der Bildung einer Mehrheitsregierung wie sie demgegenüber die Parteienvertreter in Finnland aushandelten, wären gute Voraussetzungen für die Durchsetzung eineso dringend notwendigen wirtschaftlichen Stabilisierungsprogramms entstanden. Trotzdem verurteilte Kekkonen die Koalitionsbildung, die die Sowjetunion provozieren würde. Aber da die Parteien sich bereits geeinigt hatten, gab er Fagerholm widerwillig den Auftrag zur Regierungsbildung, während er gegenüber der sowjetischen Botschaft seine Distanz zu dieser Regierung geschickt durchblicken lies. Moskau ergriff nun eine Reihe von Massnahmen, um seine Missbiligung gegenüber der neuen finnischeen Regierung auszudrücken: So wurde der sowjetische Botschafter in Helsinki abberufen, die Minister der neuen Regierung, insbesondere ihr Außenminister Virolainen in jeder Hinsicht ignoriert, und die sowjetische Presse eröffnete eine ungehemmte Kampagne gegen das Kabinett des Sozialdemokraten Fagerholm. Dass Klima zwischen der finnischen Regierung und der Sowjetunion gefror zusehends, daher auch die Bezeichnung ,,Nachtfrost" für diese Krise. Kekkonen duldete dies alles möglicherweise ganz bewusst, um Fagerholm auszumanövrieren, seinen potenziellen Gegner in der nächsten Präsidentschaftswahl. Das innenpolitische Machtspiel war aber nicht die einzige Dimension dieser bilateralen Spannungen.
Die Beziehungen der Großmächte hatten sich seit der ergebnislosen Gipfelkonferenz der Vier Mächte in Genf 1955, auf der es vor allem um die Deutsche Frage ging, verschlechtert. Einige Monate zuvor war der Warschauer Pakt als Gegengewicht zur NATO gegründet worden und im Herbst 1956 hatte die sowjetische Niederschlagung des Aufstands in Ungarn die Weltöffentlichkeit erschüttert. Auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs waren Argwohn und Misstrauen weiter angewachsen und dem Kreml war daran gelegen, dass sich die außenpolitische Linie Finnlands nicht veränderte. Vor diesem Hintergrund war Moskaus Haltung gegenüber dem finnischen Interesse, an der wirtschaftlichen Integration Westeuropas teilzuhaben, eindeutig ablehnend. Die immer noch stark nach Westen orientierte finnische Exportindustrie hätte sich eine Mitgliedschaft in der auf der Grundlage der Römischen Verträge von 1957 gebildeten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gewünscht, aber das hätte Finnland in den Augen der Sowjetführer zu weit ins westliche Lager gezogen und aller Wahrscheinlichkeit nach auch die militärische Zusammenarbeit in der NATO irgendwann zu Folge gehabt. Auf die neue finnnische Regierung war unter diesen Umständen kein Verlass und man setzte alles daran, ihre vorzeitige Abdankung zu erwirken. Als verlautete, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre militärische Zusammenarbeit mit Dänemark im Rahmen ihrer NATO-Mitgliedschaft zu intensivieren wwürde, betrachtete Chruschtschoww dies als eine gegen Ostdeutschland gerichtete Initiative, die auch Folgen für das militärische Gleichgewicht in der Ostsee haben würde. KGB-Funktionäre in Helsinki haben daraufhin Kekkonen zu verstehen gegeben, die Sowjetunion könne militärische Konsultationengemäß gemäß des FZB-Vertrages von 1948 vorschlagen. Vermutlich hätten sie zu einer Änderung des sicherheitsstrategischen status quo und weitergehendenmilitrischen Forderungen gegenüber Finnland geführt - ein zu großes Risiko. Diese Drohung veranlasste deshalb die Regierung, wegen der rapide verschlechterten Ostbeziehungen zurückzutreten. Ihre Amtszeit hatte gerade einmal von August bis Dezember 1958 gedauert....