Sklaven als Legionäre
Ein interessanter Thread mit vielen guten Beiträgen, welche die Frage schon beantwortet haben.
Es gab für entlaufene Sklaven in der römischen Legion keinerlei legalen Möglichkeiten in die Armee eintreten zu können. Nur mit einer gewissen „kriminellen Energie“, bei der mehrere Menschen zusammenarbeiten mussten. Am Ehesten konnten selbst Freigelassene vielleicht noch bei der Flotte als Soldaten Aufnahme finden, aber nicht entlaufene Sklaven. Hier dürfte es natürlich schwer gefallen sein, einen entlaufenen Sklaven als solchen rechtzeitig zu erkennen. Im Falle der Aufdeckung eines Betruges seitens des Sklaven drohte die Todesstrafe! Nur ein römischer Magistrat, der sowohl Freilassungen besiegeln konnte, als auch Rekrutierungen vornehmen konnte und das Bürgerrecht verleihen durfte, wäre in der Lage gewesen, einen Sklaven „legal“ in der kämpfenden Truppe unterzubringen. Aber für Gewöhnlich griffen sie auf freie Menschen zurück, selbst wenn sie Peregrine waren. Peregrinen das Bürgerrecht zu geben um sie rekrutieren zu können war nicht nur legal, sondern eine nicht ungewöhnliche Aushilfe.
Vor allem während der Republik und in der frühen Prinzipatszeit war die Anzahl römischer Vollbürger immer nur begrenzt, das Bürgerrecht zwar begehrt aber besonders in den Provinzen eben nicht verbreitet. Die gewaltigen Heere der Bürgerkriegszeiten waren allein aus römischen Vollbürgern kaum zu rekrutieren. Man liest von Überlegungen, wonach die steigende Verbreitung des römischen Bürgerrechts nicht zuletzt auf den Bedarf an Soldaten zurückzuführen sei. Es liegt nahe, dass vor allem Caesar auf diesen Kunstgriff bereits für den Gallischen Krieg zurückgriff, um seine Legionen mit geeigneten Peregrinen aufzufüllen. Während des Bürgerkrieges verliehen die sich bekämpfenden römischen Fraktionen sehr großzügig die Bürgerrechte an Einzelpersonen, wie an ganze Gemeinden um sie für ihre Zwecke zu vereinnahmen.
Bei Sueton ist zu lesen, dass Augustus Freigelassene nur zweimal zu Soldaten machte und zwar jedes Mal in einer Krisensituation: Einmal während des Illyrischen Aufstandes zur Sicherung angrenzender Kolonien und ein weiteres Mal nach der Katastrophe in Germanien zur Sicherung des Rheinufers. Das waren allerdings eher weniger echte Freiwillige: sie mussten von reichen Römern hierzu gestellt und eigens freigelassen werden. Sie taten in gesonderten Abteilungen Dienst und wurden stets in die erste Reihe gestellt. Ja sie waren sogar anders ausgerüstet als die übrigen Legionäre. Ähnlich verfuhr man mit den Gladiatoren, die als infames noch unter den Sklaven standen und Wehrunwürdig waren, in Notzeiten aber herangezogen werden konnten und in eigenen Abteilungen dienten. Wie diese Gladiatoren dann als „Kanonenfutter“ für Sondereinsätze eingesetzt wurden, ist im Vorfeld zur Ersten Schlacht von Bedriacum 69 n.Chr. gut bei Tacitus nachzulesen.
Regulär soll während des Bürgerkrieges Sextus Pompeius wirklich jeden körperlich geeigneten Mann in seine Legionen eingegliedert haben, darunter Verbrecher und Sklaven. Propaganda? Für einige dieser Männer bedeutete dies den Tod! Aus den Reihen der Kriegsgefangenen Pompeianer begann er ehemalige Sklaven auszusondern (Bleicken „Augustus“ S 239). Obwohl sich diese Männer ihren Status als Freigelassene oder römische Bürger meistens nicht erschlichen hatten, sondern Befehlen gefolgt waren, drängte Octavian sie in ihr Sklavendasein zurück. Es sollen 36000 Mann gewesen sein, die er zu ihren früheren Herren zurückschickte. Es endeten 6000 dieser Männer am Kreuz, als sich für sie kein Herr melden wollte. Dabei hatte Octavian im Vertrag von Misenum Sextus Pompeius als Magistrat anerkannt und damit eigentlich dessen Maßnahmen rechtlich anerkannt!
In der Korrespondenz zwischen Plinius d. J. und Kaiser Trajan um den Fall zweier Sklaven als Soldaten, antwortete Trajan differenziert: Wenn sie Eingezogen worden seien (dilectus), dann liege der Fehler bei den Verantwortlichen. Wenn sie als Ersatzmänner gestellt worden seien, dann liege die Schuld bei jenen, die sie gestellt hätten. Wenn sie sich aber als Freiwillige in Kenntnis ihres Standes gemeldet hätten, dann werde man sie bestrafen müssen! Diesem Grundsatz hatte Octavian bei seiner Verurteilung der Pompeianer nicht entsprochen.
@Fremdenlegion: Zur Zeit des Caesars gab es noch keine offizielle, stehende Armee und die Legionen wurden noch bei Bedarf ausgehoben und nach Beendigung ihrer Aufgaben wieder entlassen. Die Auxilien jener Zeit waren Aufgebote von Verbündeten, die komplett unter Führung und Aufsicht dieser Verbündeten aufgestellt, gegliedert, sowie taktisch geführt wurden. Ob die Verbündeten dabei auf ihre geeigneten Sklaven zurückgriffen, lag aber in ihrem eigenen Ermessen – obwohl eher unwahrscheinlich. Im engeren Sinne waren die Männer jener Hilfstruppen keine römischen Soldaten, sondern nur unter römisches Oberkommando gestellte Truppen. Die Auxilien dürften damit als Ersatz für die Fremdenlegion wohl wegfallen…
@Caesar:
In den Provinzen oblag die Aushebung dem jeweiligen Statthalter. Im Falle der VII. Legion des Caesar, die er im Jahre 59 v.Chr. in seinem Machtbereich (Narbonensis oder Gallia Cisalpina) für den Gallischen Krieg aufstellen ließ, war er selbst der oberste Verantwortliche hierzu. Sie galt als eine „gallische Legion“. Prinzipiell galten Peregrine (Fremde/Nichtbürger) als nicht Wehrberechtigt; Sklaven und Angehörige geächteter Berufe (etwa Sklavenhändler) als nicht Wehrwürdig für einen Dienst in der Legion. Ein vielleicht passenderes Wort als Wehrtauglichkeit, das eher körperliche Eigenschaften meint und Grundvoraussetzung für jeden Soldaten war und ist? Caesars Statthalterschaft umfasste aber Gebiete, in denen das römische Bürgerrecht damals noch nicht allgemein verbreitet war. Soweit Caesar nicht auf Freiwillige aus altrömischen Gebieten (innerhalb wie außerhalb seiner Statthalterschaft) zurückgreifen konnte, stand seine Rekrutierung rechtlich auf einer sehr schmalen (rechtlichen) Personalbasis...