Es gibt ja nun so einiges an Schriften, die sich mit den politischen Motivationen des Cassiodor bei der Abfassung seiner Schriften beschäftigen.
Es gibt hierbei eine Reihe von Aspekten.
Theoderich:
Theoderich bemühte sich sowohl um die Anerkennung durch die römische Senatorenschicht, als auch um Anerkennung durch Konstantinopel. Daher war er sehr bemüht, sich selbst als Abkömmling eines uralten, immer schon mächtigen Königsgeschlechtes darzustellen, gleichzeitig die übrigen mächtigen Gotensippen zu marginalisieren.
Hierbei muss man auch berücksichtigen, dass Theoderich einen multiethnischen Haufen nach Italien geführt hatte, nicht etwa ein gefestigtes, einheitliches Königtum. Über seine Position zu den übrigen Adelssippen wissen wir nur wenig, zu beachten ist hierbei unter anderem, dass ein erheblicher Teil "seiner" Goten nicht zu Theodemirs Gefolgschaft in Pannonien, sondern zu den Balkangoten des Theoderich Strabo gehört hatte. Herrschaftsrechtfertigung war also für Theoderich ein wichtiges Thema.
Eines seiner größten Probleme stellte die Nachfolgeregelung dar. Er hatte keinen eigenen Sohn und musste nach anderen geeigneten Kandidaten Ausschau halten. Zunächst einmal war er um die Anerkennung seines Schwiegersohnes Eutharich durch die ostgotische Führungsschicht bemüht. Aus diesem Grund wurde dieser kurzer Hand zum Amaler "befördert", und als Nachkomme des semi-mytischen Königs Ermanarich proklamiert.
Interessant ist dabei auch die Aussage (wo?), dass Cassiodor Dinge überliefert haben soll, die "selbst die Erzählungen der Alten nicht mehr wussten". Bezeichnenderweise wurde dann nach Eutharichs vorzeitigem Tod kein weiterer Amaler bei den Westgoten "entdeckt".
Amalasuntha:
Nach dem Tod des unbestrittenen Herrschers wurden die Nachfolgeprobleme offensichtlich. Theoderichs Enkel Athalarich wurde 10-jährig zum Nachfolger proklamiert, seine Mutter fungierte als Regentin. In der Folge kam es zu massiven Auseinandersetzungen mit dem gotischen Adel, vor allem um die Erziehung des Athalarich, und damit um die Ausrichtung der gotischen Herrschaft. Amalsuntha ließ ihren Sohn römisch erziehen, wohl auch im Sinne ihres Vaters. Man sah sich als römische Herrscher gotischer Abstammung.
Demgegenüber gab es eine starke Partei, die das Gotentum in den Vordergrund stellte, vermutlich verbunden mit eigenen Machtansprüchen. Amalasuntha war daher noch stärker als ihr Vater um Untermauerung ihres Machtanspruches bemüht, noch mehr, als sie nach Athalarichs Tod die Alleinherrschaft anstrebte. Damit wurde es besonders wichtig, die eigene, überlegene Abstammung zu betonen.
Vor diesem Hintergrund fällt es schwer, Cassiodors Werk als Geschichtsschreibung zu sehen, um so mehr, wie wir nicht wissen, wie sehr letztlich Jordanes das ganze noch überarbeitet hat.