Wann kamen eigentlich die Mohren-Guéridons in Mode bzw. ab wann lassen sie sich sicher nachweisen?
In Mode waren Modelle mit Sklavenskulpturen eigentlich erst im 19. und 20. Jh. Im 18. Jh. waren solche
guéridons mit Sklavengestell die große Ausnahme.
In Frankreich war der
guéridon ursprünglich ja der Leuchtenständer, aber bereits Ende des 17. Jhs. (auch) ein Beistelltisch (trotz Furetières Beschrieb), d.h. Tischhöhe und Platte größer, aber die gleiche Struktur wie der Ständer (gedrehte Mittelsäule, Scheiben oben und unten sowie Kugelfüße). Jener Typus kam im späten 17. Jh. auch nach England, wo er ebenfalls hergestellt wurde. Ob dort damals schon als
»guéridon« bezeichnet, weiß ich nicht, vmtl. nicht, da die Engländer (und auch die Niederländer) kleine runde Tische, gerne klappbar, auch schon zuvor häufig gebaut hatten. Im 18. Jh. entwickelte sich der
guéridon sowohl in Frankreich wie auch in England mehr und mehr zum simplen Beistelltisch, wobei ab etwa 1710/1720 die untere Scheibe durch ein kleines Dreibein ersetzt wurde.(Die spätere Entwicklung erspare ich jetzt…)
Das vmtl. früheste Beispiel eines ähnlichen Modells mit einem Sklaven als Untergestell ist eine Schalenkonsole aus England, die sich ein Kolonialherr bauen ließ, erwähnt in 1700. Muss also vorher hergestellt worden sein. Ob man das Möbelstück
»guéridon« nennen kann, bezweifle ich. Es wird vom Museum schlicht
stand genannt:
Inv. NT 452977.2, Dyrham collection, Gloucestershire.
Ein ausgesprochen frühes deutsches Beispiel wäre der sog. »Mohr mit Samragdstufe« von Balthasar Permoser (1651–1732), hergestellt in Dresden um 1724, allerdings kaum als Guéridon zu bezeichnen. (
Abb. @ Wikipedia)
Meist werden aber als früheste
guéridons mit Sklaven jene in Venetien produzierten Leuchtenständer von Andrea Brustolon aus 1700/1710 genannt. Aber wie ich schon erwähnt habe, war der Möbelexport aus England nach Venedig um 1700 sehr rege, was angesichts des oberen Schalenträger-Sklaven nicht ausschließt, dass sich Brustolon von einem ähnlichen englischen Modell inspirieren ließ.
Ein klein wenig zögern beim definitiven Ausschließen von französischen Sklavendarstellungen unter Tischplatten lässt mich die Tatsache, dass es im späten 17. Jhs. in der Pariser Dekorationskunst ein Revival der Groteske gab, d.h. eine Wiederaufnahme aus der Spätrenaissance, samt jener despektierlich figürlichen Abbildungen von Menschen, insbesondere von (wie angekettet, mit ausgestreckter Brust dargestellten) Frauen, und zwar entweder aus vergoldeter Bronze oder aus Ebenholz. Es gab also durchaus figürliche Darstellungen als Tischgestell, entweder mit jenen grotesken Figuren und Tieren, oder mit Karyatiden, resp. mit Putti. Doch bei keinem der bekannten Möbelbauer aus der Louis XIV-Ära sind Sklavenfiguren bekannt.