@Ogrim, da würde ich Dir nicht zustimmen. In Ägypten und im ganzen hellenistischen Orient war es völlig normal den Herrscher als Gottheit zu betrachten. In Rom war das erst nach dem Tode des Kaisers denkbar, dann wurde er, mit der Apotheose zum Gott erklärt und erhielt eigene Tempel und Priester. Als lebende Gottheit wurde er nur in den Provinzen anerkannt. Alle Kaiser, die ihre Vergöttlichung schon zu Lebzeiten in Rom durchsetzen wollten (Caligula, Nero Commodus), wurden ermordet und in der Regel auch verdammt, so dass sie nicht einmal nach dem Tode göttliche Ehren erhielten. Auch Augustus hatte den göttlichen Titel vermieden und sich nur als Prinzeps bezeichnet. Offiziell war Rom ja keine Monarchie sondern noch immer eine Republik. Der Titel " Herr und Gott" war für den Senat eine Demütigung ,weil Sklaven ihre Herren so ansprachen aber keine freien Männer einen Höhergestellten. Erst unter Diokletian wurde die Anrede Dominus für den Kaiser akzeptiert.
Trajan war klug genug sich wieder volkstümlicher zu geben und den überhöhten Kaiserkult eines Domitian abzuschaffen. Das kam bei den Römern viel besser an, als ein Herrscher im orientalischen Stil.
@Amalaswintha, ich weiß ,dass Du eine gewisse Schwäche für den letzten Flavier hast. Wie er beurteilt worden wäre , wäre er friedlich im Bett gestorben, ist doch ziemlich spekulativ. Das kann nach fast 2000 Jahren niemand mehr sagen. Es gibt ja momentan ohnehin eine Tendenz Tyrannen weiß zu waschen(Winterling- Caligula). Ermordet wurde er nicht von Senatoren sondern von Menschen aus seiner näheren Umgebung, -es soll ja auch seine Frau Domitia Longina involviert gewesen sein- die sich ihres Lebens nicht mehr sicher waren. Es war keiner dabei, der selbst Kaiser werden wollte. Offenbar war das Leben in seiner Nähe unerträglich geworden.
Ich würde Domitian eher mit Tiberius, als mit Nero vergleichen. Wie dieser hatte er durchaus Fähigkeiten ,war aber charakterlich nicht befähigt ein so hohes Amt zu bekleiden.
Zur damnatio memoriae sollte man och anmerken, dass der Senat diese auch gegen einen Vertreter des "humanitären Kaisertums", Hadrian aussprechen wollte. Dieser in Rom nie besonders beliebt. Sein Regierungsantritt galt als fragwürdig, man bezweifelte die Addoption durch Trajan, und schlimmer noch, Hadrians Vertrauensmann in Rom hatte einige verdiente Generale Trajans exekutieren lassen. Der Kaiser war oft abwesend von Rom, er stammte aus Spanien, spanische Cousins und Couisinen bekleideten Ämter uind er förderte den Ritterstand. In seinen letzten Lebensjahren hatte Hadrian dazu eine Art Fronde gewittert und einige Senatoren hinrichten lassen.
Der Vergleich mit Tiberius ist gut, Domitian selbst nahm sich in vielen Entscheidungen Tiberius zum Vorbild. Wie dieser hatte er einen Sinn für altrömische Gesinnung wie er im Vestalinnenprozess bewies.
Was die charakterlichen Eigenschaften der meisten Caesaren, aber auch der meisten anderen historischen Alphatiere angeht, breitet man man über vieles am besten den Mantel des Schweigens. Moral hat in der Politik noch nie eine Rolle gespielt, mögen auch viele Herrscher, die ein Imperium auf dem Höhepunkt seiner Macht regieren, als Modelle eines idealen Herrschers wie ihn sich Platon vorgestellt hat, erscheinen.
Wichtiger, als charakterliche Eigenschaften, die ja subjektiv sein können, ist die Tüchtigkeit, das Durchsetzungsvermögen eines Herrschers. Marc Aurel war ein tüchtiger Kaiser, seine militärischen Fähigkeiten waren aber recht begrenzt, und es ist durchaus fraglich, ob sich eine solche Persönlichkeit während der Reichskrise hätte durchsetzen und halten können.
Historiographen wie Tacitus und Sueton haben von Domitian das Bild eines überaus paranoiden, grausamen und tyrannischen Kaisers überliefert, ein Gegenbild wie etwa Velleius Paterculus im Falle des Tiberius ist nicht überliefert. Die Frage ist, wie objektiv ist deren Bild von Domitian, der zudem noch letztlich gescheitert ist an seinem Versuch, eine hellenistische Erbmonarchie zu errichten.
Es kam letztlich in der hohen Kaiserzeit darauf an, wie ein Kaiser es schaffte sich mit dem Senat zu arrangieren. Der Senat hatte zwar nichts mehr zu sagen, aber gefragt werden, wollte er schon. Der Senat war die bedeutendste Körperschaft römischen rechts, er musste einen Kaiser anerkennen, oder über einen entmachteten Kaiser, Gegenkaiser oder Usurpator die damnatio memoriae aussprechen. Von Zeit zu Zeit ging immer mal wieder ein Interimskaiser aus seinen Reihen hervor. Caligula, Nero, Commodus und am Ende auch Domitian sind dabei gescheitert. Domitian war sogar erfolgreich damit, den senat zu entmachten. Wer sich fügte, wurde befördert wie Tacitus und Trajan. Domitian fiel schließlich einer Palastrevolte zum Opfer.
Die Widerherstellung der Republik stand nach Neros Tod schon nicht mehr zur Debatte wie noch nach der Ermordung Caligulas, aber das Verhältnis des Senats zu den Flaviern war von Anbeginn äußerst schwierig und gespannt. Nero und Caligula konnten sich rühmen, Nachfahren des Augustus und römische Patrizier aus bester Familie zu sein. Caligula war Urenkel des Augustus und des Marc Anton zugleich, Nero stammte väterlicherseits von den Domitiern, mütterlicherseits von der julisch- clausischen Dynastie ab und war ein Enkel des Germanicus.
Vespasian hatte den Kaisertitel der Armee und dem Bürgerkrieg zu verdanken, seine Familie gehörte zwar dem Ritterstand an, gehörte aber eben nicht zum stadtrömischen Patriziat. Auch das große Bestechungsgeschenk an das römische Volk, finanziert aus dem Tempelschatz von Jerusalem, das Flavische Amphitheater, änderte wenig daran. Vesapasian hatte zudem den Senat gehörig brüskiert, indem er seinen Sohn Titus als Thronfolger durchsetzte mit der Begründung, er wisse keinen Besseren. Titus hatte vor seiner Amtseinführung einen miserablen Ruf, er galt als zweiter Nero und lebte ganz offen mit seiner Mätresse Berenike, der Tochter Herodes Agrippas zusammen.
Titus Amtszeit war ein Interregnum, und wenn er sich auch noch so sehr bemühte, sich Beliebtheit zu erwerben, so gab es doch einige Attentatsversuche und Verschwörungen. Es war eine schwere Hypothek, die Domitian übernehmen musste, und man sollte sich die Frage stellen, ob es für Domitian eine wirkliche politische Chance für eine friedliche Koexistenz mit dem Senat gab, ob nicht der Kollisionskurs, den der Kaiser steuerte folgerichtig war.