Herrschaftsideologie der Flavier

borto

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Herrschaftsideologie der Flavier zeichnet sich durch die Kaiser-Senat Verhältnisse, Legenden, Bau und s.w aus. Welche Aspekten gibt es noch zu beachten? Ich beschäftige mich schon lange mit diesem Thema. Leider bin noch nicht ganz sicher. Brauche Ihren Rat Liebe Freunde....
 
Zumindest bei dem ersten Kaiser der Flavier, Vespasian, wurde seine Bescheidenheit und ein gewisser spartanischer Gestus hervorgehoben, was in Kongruen zu seiner für einen Kaiser relativ einfachen Herkunft (quasi aus der römischen "Mittelschicht") stand. Alle drei flavischen Kaiser waren zudem äußerst kriegerisch und wiesen darauf auch in ihrer Ikonografie, den Ehrentiteln etc. hin.
 
Von einer einheitlichen Herrschaftsideologie der Flavier kann man ja eigentlich nicht sprechen, da zwischen Vespasian und Domitian doch ein gewaltiger Unterschied besteht. Regierten Vespasian und Titus noch als eine Art volkstümliche Bürgerkaiser, so zeigt Domitian mit seiner Unnahbarkeit und einem völlig übersteigerten Herrscherkult ein ganz anderes Herrschaftsverständnis.
 
Von einer einheitlichen Herrschaftsideologie der Flavier kann man ja eigentlich nicht sprechen, da zwischen Vespasian und Domitian doch ein gewaltiger Unterschied besteht. Regierten Vespasian und Titus noch als eine Art volkstümliche Bürgerkaiser, so zeigt Domitian mit seiner Unnahbarkeit und einem völlig übersteigerten Herrscherkult ein ganz anderes Herrschaftsverständnis.
Ja, ganz genau, Domitian ähnelte mehr Nero als seinen Vater. Hier ist wichtig für mich sein Verhältnis zum Senat
 
Ja, ganz genau, Domitian ähnelte mehr Nero als seinen Vater. Hier ist wichtig für mich sein Verhältnis zum Senat
Das Verhältnis zum Senat dürfte denkbar schlecht gewesen sein. Dadurch ,dass Domitian sich zum Zensor auf Lebenszeit ernennen ließ ,hatte er das Recht unliebsame Mitglieder des Rates aus den Senatslisten streichen und neue ,ihm genehme Männer im Senat aufnehmen zu lassen. Hinzu kamen auch Hinrichtungen von Senatoren. Auch, dass er sich mit dem anmaßenden Titel Herr und Gott anreden ließ, war demütigend. Ein unfähiger Kaiser ,wie Nero war er aber nicht. Dass die Reichsverwaltung unter seiner Herrschaft besser ,als zu jeder anderen Epoche funktionierte, gesteht ihm sogar Suetonius zu.
 
So unfähig war Nero nicht. Vor allem hatte er ein relativ gutes Händchen bei der Auswahl seiner Mitarbeiter (Corbulo, Vespasian). Auch seine Außenpolitik war nicht schlecht, und nach dem Großen Brand traf er beim Wiederaufbau Roms sinnvolle Maßnahmen (Brandschutzvorschriften, Mindestbreite der Wege etc.).
 
Auch seine Außenpolitik war nicht schlecht, und nach dem Großen Brand traf er beim Wiederaufbau Roms sinnvolle Maßnahmen (Brandschutzvorschriften, Mindestbreite der Wege etc.).
Naja, ob diese klugen Maßnahmen wirklich direkt seinem Hirn entsprungen sind, kann man eventuell anzweifeln. Ein Mitarbeiter wie Tigellinus dürfte auch nicht das glücklichste Händchen gewesen sein. Als er unter dem Einfluß von Seneca und Burrus gestanden hat, scheint er ein besserer Kaiser gewesen zu sein. Fehlbesetzungen im Amt waren sowohl Nero als auch Domitian, da sie nicht die charakterlichen Eigenschaften dafür hatten. Domitian wäre sicher ein fähiger Beamter oder sogar Statthalter gewesen und Nero hätte vielleicht einen passablen Künstler abgegeben aber eine unbegrenzte Machtfülle war für Beide zuviel. Wie Titus sich noch entwickelt hätte, wenn seine Regierungszeit eben so lang wie die seines Bruders gewesen wäre, kann man nicht sagen. Sein Charakter soll ja, vor seiner Inthronisierung auch schwierig gewesen sein. In den zwei Jahren, die er regierte, hatte er sich um die Einweihung des Amphitheaters und um zwei Katastrophen ,den Brand von Rom und den Vesuvausbruch zu kümmern und hatte gar keine Zeit und Gelegenheit seine schlechten Seiten zu entfalten. Domitian war in seinen ersten Regierungsjahren auch noch ein maßvollerer Kaiser als später.
 
Bei dem Thema wäre ich mit folgender Äusserung vorsichtig:
Auch, dass er sich mit dem anmaßenden Titel Herr und Gott anreden ließ, war demütigend.

Gerade wenn es um Herrschaftsideologie geht, muss jeder Versuch, sich als Gott behandeln zu lassen, als direkter Rückgriff auf das "goldene Zeitalter" des Augustus gelten, der sich 17 v. Chr. als erster römischer Kaiser zum lebenden Gott erklären liess.
Diese Entscheidung hatte Einfluss auf seine Bildpropaganda, von diesem Moment an wird der Kaiser auch barfuss dargestellt, was seine Göttlichkeit betonen soll.

Der Gedanke eines Kaisers als unfehlbarer Gott ist seit dem traditioneller Bestandteil der römischen Ideologie. Wir werden uns aus unserer Zeit und unseren Seinsbedingungen kaum ein Bild davon machen können, was das Selbstverständnis als Gott auf die damalige Gesellschaft für einen Eindruck gemacht hat.

Ich würde mal davon ausgehen, dass das in der flavischen Zeit für die Bevölkerung im Gegenteil schon sehr normal war und über lange Jahrzehnte eingespielt. Schliesslich hingen mit der Funktion als Gott auch die Rolle im imperialen Götterpantheon, das Recht Priester zu bestimmen und ganz praktisch zahlreiche Weihegaben als Mittel der Staatsfinanzen zusammen. Denn jeder römische Bürger war angehalten, zum Geburtstag des Kaisers auch Opfergaben darzubringen.
 
Ich will mich hier gar nicht groß einmischen, aber liebe Leute, geht in Eurer Sichtweise nicht der Damnatio Memoriae auf den Leim. Sie allein macht Domitian zu etwas außergewöhnlich anderem. Wäre er ihr nicht verfallen, weil entweder nicht ermordet oder mit zahlreichen und lebensfähigen Nachkommen gesegnet, die der Dynastie der Flavier Lebenskraft beschert hätten, dann wäre sein Bild vollkommen anders. Möglicherweise würde er mit Augustus und Trajan auf einer Linie stehen, abgesehen davon, dass es dann einen Trajan etc. gar nicht gegeben hätte.
 
@Ogrim, da würde ich Dir nicht zustimmen. In Ägypten und im ganzen hellenistischen Orient war es völlig normal den Herrscher als Gottheit zu betrachten. In Rom war das erst nach dem Tode des Kaisers denkbar, dann wurde er, mit der Apotheose zum Gott erklärt und erhielt eigene Tempel und Priester. Als lebende Gottheit wurde er nur in den Provinzen anerkannt. Alle Kaiser, die ihre Vergöttlichung schon zu Lebzeiten in Rom durchsetzen wollten (Caligula, Nero Commodus), wurden ermordet und in der Regel auch verdammt, so dass sie nicht einmal nach dem Tode göttliche Ehren erhielten. Auch Augustus hatte den göttlichen Titel vermieden und sich nur als Prinzeps bezeichnet. Offiziell war Rom ja keine Monarchie sondern noch immer eine Republik. Der Titel " Herr und Gott" war für den Senat eine Demütigung ,weil Sklaven ihre Herren so ansprachen aber keine freien Männer einen Höhergestellten. Erst unter Diokletian wurde die Anrede Dominus für den Kaiser akzeptiert.
Trajan war klug genug sich wieder volkstümlicher zu geben und den überhöhten Kaiserkult eines Domitian abzuschaffen. Das kam bei den Römern viel besser an, als ein Herrscher im orientalischen Stil.

@Amalaswintha, ich weiß ,dass Du eine gewisse Schwäche für den letzten Flavier hast. Wie er beurteilt worden wäre , wäre er friedlich im Bett gestorben, ist doch ziemlich spekulativ. Das kann nach fast 2000 Jahren niemand mehr sagen. Es gibt ja momentan ohnehin eine Tendenz Tyrannen weiß zu waschen(Winterling- Caligula). Ermordet wurde er nicht von Senatoren sondern von Menschen aus seiner näheren Umgebung, -es soll ja auch seine Frau Domitia Longina involviert gewesen sein- die sich ihres Lebens nicht mehr sicher waren. Es war keiner dabei, der selbst Kaiser werden wollte. Offenbar war das Leben in seiner Nähe unerträglich geworden.

Ich würde Domitian eher mit Tiberius, als mit Nero vergleichen. Wie dieser hatte er durchaus Fähigkeiten ,war aber charakterlich nicht befähigt ein so hohes Amt zu bekleiden.
 
Zur Volkstümlichkeit von Trajan möchte dann doch etwas anmerken. Woher wissen wir das denn, aus den Aussagen eines Plinius, der das in seinem Panegyricus und seinen zur Veröffentlichung gedachten Briefen schrieb und der zuvor unter einem Domitian Karriere gemacht hatte? Ach ja, dann gibt es da noch ein paar Reliefs von Trajan und wie viele haben wir von Domitian, der doch - nach Aussagen von Plinius - alles mit seinen Bildnissen überschwemmt haben sollte?
Andererseits hören wir von Sueton und Cassius Dio, dass Domitian nicht nur Brot etc. an die Teilnehmer öffentlicher Veranstaltungen verteilen ließ, sondern dass er auch - anders als seine Vorgänger - gemeinsame Speisungen mit dem Volk erneut eingeführt hatte. Ich denke schon, dass das einiges an "Volkstümlichkeit" darstellt (wenn man die denn unbedingt braucht), was einfach unter den Teppich fällt. Ein weiteres Indiz für seine Volkstümlichkeit und gegen seine so verhasste Stellung berichtet Sueton in den Reaktionen auf Domitians Tod hin. Verhasste Herrscher - einschließlich des nicht geächteten Tiberius - erlebten eine entsprechende Reaktion. Bei Tiberius hieß es beispielsweise man solle ihn in den Tiber werfen. Caligula erlebte zunächst noch nicht einmal eine ordentliche Bestattung, bei Neros Tod herrschte Jubel, Trubel, Heiterkeit unter dem Volk und man setzte sich Freiheitsmützen auf, im Fall Domitian fand keine der geschilderten Reaktionen statt.
Zur Volkstümlickeit des Trajan bleibt noch anzumerken, dass es in seinem Fall sogar Kritik gab, dass er sich zu wenig in Rom aufhalten würde.
Andererseits hat Trajan in seiner öffentlichen Darstellung einen Gigantismus entfaltet, der so keine erhaltenen Vorbilder noch Nachfolger fand. Allein schon die Bestattung innerhalb des römischen Pomeriums stellte eine unerhörte Einzigartigkeit dar, die es weder jemals zuvor, noch nachher gab.
Die Aussage, was mit Domitian in seinem Nachleben passiert wäre, hätte er ein friedliches Ende gefunden, ist in keiner Weise spekulativ, denn wir haben dazu einige Vorbilder. Derartige Aussagen beruhen nicht auf Spekulationen, sondern auf Analysen der medialen Repräsentation der Herrscherelite.
Über die Ermordung des Domitian gab und gibt es in der Tat Spekulationen, weil die Tat zu ausgeklügelt und auch von zu hohem Symbolwert war, als dass sie von so ein paar relativ unwichtigen Gestalten verübt worden sein konnte. Die antiken Autoren sprechen ja selbst davon, dass es ein geplantes Komplott war und man darf in der Tat daran zweifeln, ob die ausführenden Täter in der Tat auch die drahtziehenden Täter waren, wie dies so oft der Fall ist. Gerade Domitians Rückhalt beim Militär hätte im Fall eines Meuchelns durch den Senat eine gefährliche Situation heraufbeschworen, man hatte ja auch am Fall von Caesar gesehen, dass das keine Lösung war. Als mögliche Drahtzieher werden daher nicht allein Senatoren und Nerva, sondern auch Trajan genannt.

Ich persönlich bin kein Freund der Charakterspekulationen, weil dies einem Blick in den Kaffeesatz etc. gleichkommt, egal ob man damit die Person weiß oder schwarz wäscht. Ich habe keine Schwäche für, sondern Interesse an Domitian. Darin sehe ich für mich einen großen Unterschied.

LG
Amalaswintha
 
Zuletzt bearbeitet:
@Ogrim, da würde ich Dir nicht zustimmen. In Ägypten und im ganzen hellenistischen Orient war es völlig normal den Herrscher als Gottheit zu betrachten. In Rom war das erst nach dem Tode des Kaisers denkbar, dann wurde er, mit der Apotheose zum Gott erklärt und erhielt eigene Tempel und Priester. Als lebende Gottheit wurde er nur in den Provinzen anerkannt. Alle Kaiser, die ihre Vergöttlichung schon zu Lebzeiten in Rom durchsetzen wollten (Caligula, Nero Commodus), wurden ermordet und in der Regel auch verdammt, so dass sie nicht einmal nach dem Tode göttliche Ehren erhielten. Auch Augustus hatte den göttlichen Titel vermieden und sich nur als Prinzeps bezeichnet. Offiziell war Rom ja keine Monarchie sondern noch immer eine Republik. Der Titel " Herr und Gott" war für den Senat eine Demütigung ,weil Sklaven ihre Herren so ansprachen aber keine freien Männer einen Höhergestellten. Erst unter Diokletian wurde die Anrede Dominus für den Kaiser akzeptiert.
Trajan war klug genug sich wieder volkstümlicher zu geben und den überhöhten Kaiserkult eines Domitian abzuschaffen. Das kam bei den Römern viel besser an, als ein Herrscher im orientalischen Stil.

@Amalaswintha, ich weiß ,dass Du eine gewisse Schwäche für den letzten Flavier hast. Wie er beurteilt worden wäre , wäre er friedlich im Bett gestorben, ist doch ziemlich spekulativ. Das kann nach fast 2000 Jahren niemand mehr sagen. Es gibt ja momentan ohnehin eine Tendenz Tyrannen weiß zu waschen(Winterling- Caligula). Ermordet wurde er nicht von Senatoren sondern von Menschen aus seiner näheren Umgebung, -es soll ja auch seine Frau Domitia Longina involviert gewesen sein- die sich ihres Lebens nicht mehr sicher waren. Es war keiner dabei, der selbst Kaiser werden wollte. Offenbar war das Leben in seiner Nähe unerträglich geworden.

Ich würde Domitian eher mit Tiberius, als mit Nero vergleichen. Wie dieser hatte er durchaus Fähigkeiten ,war aber charakterlich nicht befähigt ein so hohes Amt zu bekleiden.


Zur damnatio memoriae sollte man och anmerken, dass der Senat diese auch gegen einen Vertreter des "humanitären Kaisertums", Hadrian aussprechen wollte. Dieser in Rom nie besonders beliebt. Sein Regierungsantritt galt als fragwürdig, man bezweifelte die Addoption durch Trajan, und schlimmer noch, Hadrians Vertrauensmann in Rom hatte einige verdiente Generale Trajans exekutieren lassen. Der Kaiser war oft abwesend von Rom, er stammte aus Spanien, spanische Cousins und Couisinen bekleideten Ämter uind er förderte den Ritterstand. In seinen letzten Lebensjahren hatte Hadrian dazu eine Art Fronde gewittert und einige Senatoren hinrichten lassen.

Der Vergleich mit Tiberius ist gut, Domitian selbst nahm sich in vielen Entscheidungen Tiberius zum Vorbild. Wie dieser hatte er einen Sinn für altrömische Gesinnung wie er im Vestalinnenprozess bewies.

Was die charakterlichen Eigenschaften der meisten Caesaren, aber auch der meisten anderen historischen Alphatiere angeht, breitet man man über vieles am besten den Mantel des Schweigens. Moral hat in der Politik noch nie eine Rolle gespielt, mögen auch viele Herrscher, die ein Imperium auf dem Höhepunkt seiner Macht regieren, als Modelle eines idealen Herrschers wie ihn sich Platon vorgestellt hat, erscheinen.

Wichtiger, als charakterliche Eigenschaften, die ja subjektiv sein können, ist die Tüchtigkeit, das Durchsetzungsvermögen eines Herrschers. Marc Aurel war ein tüchtiger Kaiser, seine militärischen Fähigkeiten waren aber recht begrenzt, und es ist durchaus fraglich, ob sich eine solche Persönlichkeit während der Reichskrise hätte durchsetzen und halten können.

Historiographen wie Tacitus und Sueton haben von Domitian das Bild eines überaus paranoiden, grausamen und tyrannischen Kaisers überliefert, ein Gegenbild wie etwa Velleius Paterculus im Falle des Tiberius ist nicht überliefert. Die Frage ist, wie objektiv ist deren Bild von Domitian, der zudem noch letztlich gescheitert ist an seinem Versuch, eine hellenistische Erbmonarchie zu errichten.

Es kam letztlich in der hohen Kaiserzeit darauf an, wie ein Kaiser es schaffte sich mit dem Senat zu arrangieren. Der Senat hatte zwar nichts mehr zu sagen, aber gefragt werden, wollte er schon. Der Senat war die bedeutendste Körperschaft römischen rechts, er musste einen Kaiser anerkennen, oder über einen entmachteten Kaiser, Gegenkaiser oder Usurpator die damnatio memoriae aussprechen. Von Zeit zu Zeit ging immer mal wieder ein Interimskaiser aus seinen Reihen hervor. Caligula, Nero, Commodus und am Ende auch Domitian sind dabei gescheitert. Domitian war sogar erfolgreich damit, den senat zu entmachten. Wer sich fügte, wurde befördert wie Tacitus und Trajan. Domitian fiel schließlich einer Palastrevolte zum Opfer.

Die Widerherstellung der Republik stand nach Neros Tod schon nicht mehr zur Debatte wie noch nach der Ermordung Caligulas, aber das Verhältnis des Senats zu den Flaviern war von Anbeginn äußerst schwierig und gespannt. Nero und Caligula konnten sich rühmen, Nachfahren des Augustus und römische Patrizier aus bester Familie zu sein. Caligula war Urenkel des Augustus und des Marc Anton zugleich, Nero stammte väterlicherseits von den Domitiern, mütterlicherseits von der julisch- clausischen Dynastie ab und war ein Enkel des Germanicus.

Vespasian hatte den Kaisertitel der Armee und dem Bürgerkrieg zu verdanken, seine Familie gehörte zwar dem Ritterstand an, gehörte aber eben nicht zum stadtrömischen Patriziat. Auch das große Bestechungsgeschenk an das römische Volk, finanziert aus dem Tempelschatz von Jerusalem, das Flavische Amphitheater, änderte wenig daran. Vesapasian hatte zudem den Senat gehörig brüskiert, indem er seinen Sohn Titus als Thronfolger durchsetzte mit der Begründung, er wisse keinen Besseren. Titus hatte vor seiner Amtseinführung einen miserablen Ruf, er galt als zweiter Nero und lebte ganz offen mit seiner Mätresse Berenike, der Tochter Herodes Agrippas zusammen.

Titus Amtszeit war ein Interregnum, und wenn er sich auch noch so sehr bemühte, sich Beliebtheit zu erwerben, so gab es doch einige Attentatsversuche und Verschwörungen. Es war eine schwere Hypothek, die Domitian übernehmen musste, und man sollte sich die Frage stellen, ob es für Domitian eine wirkliche politische Chance für eine friedliche Koexistenz mit dem Senat gab, ob nicht der Kollisionskurs, den der Kaiser steuerte folgerichtig war.
 
Ich habe keine Schwäche für, sondern Interesse an Domitian. Darin sehe ich für mich einen großen Unterschied.
Ich habe mich da etwas falsch ausgedrückt. Mit Schwäche für Domitian meinte ich auch besonderes Interesse. Entschuldige bitte ,es war nicht beleidigend gemeint.
Sicher kann man zu der Volkstümlichkeit des Trajan keine korrekten Aussagen machen aber als Gott ließ er sich in Rom nicht feiern.
 
Zur Volkstümlichkeit von Trajan möchte dann doch etwas anmerken. Woher wissen wir das denn, aus den Aussagen eines Plinius, der das in seinem Panegyricus und seinen zur Veröffentlichung gedachten Briefen schrieb und der zuvor unter einem Domitian Karriere gemacht hatte? Ach ja, dann gibt es da noch ein paar Reliefs von Trajan und wie viele haben wir von Domitian, der doch - nach Aussagen von Plinius - alles mit seinen Bildnissen überschwemmt haben sollte?
Andererseits hören wir von Sueton und Cassius Dio, dass Domitian nicht nur Brot etc. an die Teilnehmer öffentlicher Veranstaltungen verteilen ließ, sondern dass er auch - anders als seine Vorgänger - gemeinsame Speisungen mit dem Volk erneut eingeführt hatte. Ich denke schon, dass das einiges an "Volkstümlichkeit" darstellt (wenn man die denn unbedingt braucht), was einfach unter den Teppich fällt. Ein weiteres Indiz für seine Volkstümlichkeit und gegen seine so verhasste Stellung berichtet Sueton in den Reaktionen auf Domitians Tod hin. Verhasste Herrscher - einschließlich des nicht geächteten Tiberius - erlebten eine entsprechende Reaktion. Bei Tiberius hieß es beispielsweise man solle ihn in den Tiber werfen. Caligula erlebte zunächst noch nicht einmal eine ordentliche Bestattung, bei Neros Tod herrschte Jubel, Trubel, Heiterkeit unter dem Volk und man setzte sich Freiheitsmützen auf, im Fall Domitian fand keine der geschilderten Reaktionen statt.
Zur Volkstümlickeit des Trajan bleibt noch anzumerken, dass es in seinem Fall sogar Kritik gab, dass er sich zu wenig in Rom aufhalten würde.
Andererseits hat Trajan in seiner öffentlichen Darstellung einen Gigantismus entfaltet, der so keine erhaltenen Vorbilder noch Nachfolger fand. Allein schon die Bestattung innerhalb des römischen Pomeriums stellte eine unerhörte Einzigartigkeit dar, die es weder jemals zuvor, noch nachher gab.
Die Aussage, was mit Domitian in seinem Nachleben passiert wäre, hätte er ein friedliches Ende gefunden, ist in keiner Weise spekulativ, denn wir haben dazu einige Vorbilder. Derartige Aussagen beruhen nicht auf Spekulationen, sondern auf Analysen der medialen Repräsentation der Herrscherelite.
Über die Ermordung des Domitian gab und gibt es in der Tat Spekulationen, weil die Tat zu ausgeklügelt und auch von zu hohem Symbolwert war, als dass sie von so ein paar relativ unwichtigen Gestalten verübt worden sein konnte. Die antiken Autoren sprechen ja selbst davon, dass es ein geplantes Komplott war und man darf in der Tat daran zweifeln, ob die ausführenden Täter in der Tat auch die drahtziehenden Täter waren, wie dies so oft der Fall ist. Gerade Domitians Rückhalt beim Militär hätte im Fall eines Meuchelns durch den Senat eine gefährliche Situation heraufbeschworen, man hatte ja auch am Fall von Caesar gesehen, dass das keine Lösung war. Als mögliche Drahtzieher werden daher nicht allein Senatoren und Nerva, sondern auch Trajan genannt.

Ich persönlich bin kein Freund der Charakterspekulationen, weil dies einem Blick in den Kaffeesatz etc. gleichkommt, egal ob man damit die Person weiß oder schwarz wäscht. Ich habe keine Schwäche für, sondern Interesse an Domitian. Darin sehe ich für mich einen großen Unterschied.

LG
Amalaswintha

Nero war innerhalb der plebs urbana überaus beliebt, und Sueton überliefert, dass noch Jahre später Leute aus dem volk seinen geburtstag feierten. "Endlich wohne ich wie ein Mensch!", soll er gesagt haben, als er in der Domus aurea einzog, doch das Volk nahm es ihm nicht übel, wenn er konfiszierte Vermögen einzog. Erst die Zwangsenteignunen von Bauland für die Domus aurea erbitterten die Römer, und es passte gut in die Herrscherideologie der Flavier, die sich volkstümlich gaben und dort das Colosseum bauten. Im griechischen Osten und selbst bei den parthern blieb Nero lange über den Tod hinaus populär und beliebt, so dass in den 80er Jahren auftauchende falsche Neros Anhängerschaft finden konnten, wovon sich in der Apokalypse des Johannes noch anspielungen finden.

Innerhalb des Ordo equester und besonders innerhalb der Armee war Domitian überaus beliebt. Das ging soweit, dass Offiziere seinen Tod rächen wollten wie Sueton berichtet.


Domitian soll sich bei öffentlichen Auftritten überaus tyrannisch aufgeführt haben, wenn er beispielsweise einen Zuschauer hinrichten ließ, der sich über Domitians Spiele, eigentlich über die Bevorzugung seiner Lieblingsgladiatorengattung, der murmillones gegenüber den thraces
mokierte. Die Rennen im Circus maximus soll sich Domitian lieber von seinem Palast auf dem Palatin, als von der Loge angesehen haben, doch eines ist sicher: im Gegensatz zu Tiberius sorgte Domitian für angemessene Unterhaltung und prächtige Spiele.

Zunächst versuchte er seinen Bruder Titus zu übertreffen, der 81 n. Chr. das große Amphitheater einweihen ließ, das aber erst unter Domitian fertig gebaut wurde. Martial feierte den Kaiser in seinen Epigrammen und verglich das Flavische Amphitheater mit den 7 Weltwundern. Darauf feierte Domitian die Säkularspiele als griechische Agone und ließ auf der heutigen Piazza Navona ein riesiges Stadion erbauen, dessen Umriss heute noch den Platz bestimmt. Domitian veranstaltete auch eine Naumachie auf dem Teich, den Augustus dafür hatte anlegen lassen und er ergänzte die konkurrierenden Circus- Parteien blau/weiß, rot/grün um zwei weitere, die factio purpurea und die factio aurea, Die Pupurnen und die Goldenen, die sich allerdings nicht lange über seinen Tod hinaus halten konnten. Dazu veranstaltete Domitian natürlich Gladiatorenspiele, die nicht Teil der staatlichen Ludi waren und venationes, bei denen zuweilen der Kaiser nicht widerstehen konnte, seine Geschicklichkeit als Bogenschütze zu beweisen und wilde Tiere mit Kopfschüssen zu erlegen.

Wie sein Bruder, der sich als amateur in der Fechtweise der Thraker betätigte, mochte auch Domitian Gladiatorenspiele, war aber, wie schon erwähnt, ein Fan der scutarii, des mit einem Scutum Schild bewaffneten murmillos.

Vor allem aber wurde Domitian für Amazonenkämpfe bekannt. Petronius erwähnt in seinem Satyricon dass der Angehörige einer Politikerclique, ein gewisser Titus, als besondere Attraktion eine essedaria kämpfen lassen würde. Eine Gladiatrix, die in der Rüstung eines essedarius von essedum= (britannischer Streitwagen)kämpft.

Domitian ließ Amazonen und Zwerge mit Vorliebe nachts bei fackelschein kämpfen, und Amazonenkämpfe verbreiteten sich offenbar stark, bis Septimius Severus sie verbieten ließ.
 
Was die charakterlichen Eigenschaften der meisten Caesaren, aber auch der meisten anderen historischen Alphatiere angeht, breitet man man über vieles am besten den Mantel des Schweigens. Moral hat in der Politik noch nie eine Rolle gespielt, mögen auch viele Herrscher, die ein Imperium auf dem Höhepunkt seiner Macht regieren, als Modelle eines idealen Herrschers wie ihn sich Platon vorgestellt hat, erscheinen.
Wichtiger, als charakterliche Eigenschaften, die ja subjektiv sein können, ist die Tüchtigkeit, das Durchsetzungsvermögen eines Herrschers.
Ich halte den Charakter einer Führungsperson für nicht so unwichtig. Rechthaberische, völlig beratungsresistente Menschen werden immer schwere Fehler machen. Menschenführung erfordert ein gewisses Geschick, welches nicht jedem automatisch gegeben ist, nur weil er zufällig der Sohn eines fähigen Herrschers ist. Zu dem humorvollem ,bäuerlichem Typ eines Vespasian dürfte sein hochmütiger, misstrauischer Sohn Domitian ein ziemlicher Kontrast gewesen sein.
Die altrömischen Tugenden, die Domitian seinem Volk verordnete trafen auf ihn nicht zu. Schon dass Ein Mensch sich göttliche Ehren zukommen ließ, passte da überhaupt nicht dazu. Auch die, zwar vom Gesetz gedeckte Hinrichtung der unkeuschen Vestalin Cornelia, durch lebend brgraben, zeigte mehr seine Gnadenlosigkeit.

Hadrian war auch ein schwieriger Charakter und hatte ,besonders in seinen letzten Regierungsjahren nicht das optimale Verhältnis zum Senat. Er hatte auch einige verdienstvolle Männer hinrichten lassen ,was wohl der Grund für die geforderte Damnatio war.
 
Domitian soll sich bei öffentlichen Auftritten überaus tyrannisch aufgeführt haben, wenn er beispielsweise einen Zuschauer hinrichten ließ, der sich über Domitians Spiele, eigentlich über die Bevorzugung seiner Lieblingsgladiatorengattung, der murmillones gegenüber den thraces
mokierte. .
Verwechselst Du das nicht mit Caligula?
 
Macht korrumpiert

Ich glaube, man sollte einige Aspekte nochmal etwas geraderücken. Das "Amt" des Kaisers gab es überhaupt gar nicht, due Vorstellung vom kaisertum entwickelte sich erst langsam, zumindest im gesamten ersten Jahrhundert. Augustus hat sich eine Konstruktion auf den Leib geschneidert, die auf ihn persönlich zugeschnitten war, und dieses Konstrukt war ein Ergebnis von "trial and error", das heißt, er mußte probieren, was in der jeweiligen Situation durchzusetzen war, was sich zeigt, wenn er dann darauf verzichtet, sich jedes Jahr zum Konsul zu ernennen. Das Problem dieses Konstruktes zeigte sich, als seine Nachfolger es übernehmen mußten, ohne seine persönliche "auctoritas" zu besitzen, auf die sich Augustus in seinem Tatenbericht ja ausdrücklich beruft. Der Rückzug von Tiberius nach Capri ist ein Zeichen dafür. Im Grunde genommen war keiner der Nachfolger wirklich darauf vorbereitet, diese Position zu übernehmen, der Erste, der es hätte sein sollen, war Nero.
Ob die Nachfolger charakterlich geeignet waren, ist völlig unklar, schon allein, ob die Frage gerechtfertigt ist, scheint fraglich. Was wissen wir über diese Menschen? War Caligula verrückt, Nero grausam, war Vespasian gutmütig und humorvoll, war Hadrian humanistisch? Es wurde schon richtig gesagt, daß die Bewertung eines Kaisers durch seine Zeitgenossen ein sehr tendenzielles Bild ergibt. Ein Kaiser wird gewöhnlich nicht danach bewertet, ob seine Herrschaft für Volk und Reich von Vorteil war, sondern ob er bestimmte Rollenbilder ausfüllte und den jeweils eigenen Interessen förderlich war oder ihnen gefährlich werden konnte. Ob das Leben in der Nähe Domitians erträglich war, können wir nicht sagen. Die Kaiser sind nicht umgebracht worden, weil ihre Mörder eine gerechtere Welt ohne Mord und Grausamkeit erstrebten, sondern weil sie um ihr eigenes Leben fürchten mußten.
Macht korrumpiert. Wenn jemand Kaiser wird, dann tut er in der Regel alles, um seine Machtstellung zu erhalten, und alles, was ihr gefährlich oder auch nur potentiell gefährlich wird, wird beseitigt. Wir dürfen unsere Vorstellungen von Recht und Moral nicht aufs Römische Reich einfach übertragen. Dieses war eine militärisch geprägte Gesellschaft, und der Tod eines Gegners war etwas, was niemand ablehnte, weder in der Schlacht noch als Hinrichtung. Da unterschied sich Caligula nicht von Trajan, der eine war nicht grausamer als der andere. Jeder Dominus, Hausherr und Familenvater, hat nach Römischem Recht die Macht über Leben und Tod in seiner Familie.
Das Problem ist meiner Meinung eher folgender Natur: Die "problematischen" Kaiser wie Caligula, Nero oder Domitian sind zu jung, als sie an die Macht kommen. Sie haben noch nicht den langen cursus honrem hinter sich und die Notwendigkeit erlebt, sich eingliedern zu müssen. Und dann erleben sie den Zwiespalt zwischen der absoluten Machtfülle und der Erwartung der Kooperation mit der Umgebung, der sie meist scheitern läßt. Ich denke, die Darstellung von Caligula in der Biographie von Winterling ist nicht das Reinwaschen eines Tyrannen, sondern ein gelungener Versuch, hinter die Fassade zu schauen.
Man muß also sagen, daß es so etwas wie eine Herrscherideologie gar nicht gab, sondern für die hier diskutierte Zeit ein Widerspruch besteht zwischen einem neuen politischen Rollenbild und althergebrachten gesellschaftlichen Strukturen. Und in diesem Sinne waren sowohl Caligula als auch Domitian eine Art Vorreiter, die Tendenzen forcierten, die politisch gesehen zukunftsweisend waren in der Entwicklung vom Prinzipat zum Dominat, nur brachten sie damit das Gleichgewicht ihrer Zeit durcheinander und mußten deshalb scheitern.
 
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