collo
Aktives Mitglied
Viele Männer hier haben ja noch Wehr- oder Zivildienst geleistet, welche Erinnerungen habt Ihr daran?
Ich bin, nachdem ich nach der ersten Musterung wegen einer Sportverletzung als "vorübergehend untauglich" eingestuft worden war, kurz nach meinem 23. Geburtstag eingezogen worden. Völlig untypisch nur 30km von Zuhause weg.
Völlig untypisch auch der Truppenteil, 861. Transportbataillon, eine Einheit des Territorialheeres (bei der Stammeinheit in Stadtallendorf bei Marburg kannte die Verwaltung den Standort und die Einheit überhaupt nicht).
Die ersten Tage dürften ja für die meisten gleich verlaufen sein. Stube beziehen, Einkleidung, Friseur, wenn nötig Formalausbildung (unser Zugführer ließ uns nach "Ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm, und vorwärts, rückwärts, seitwärts" marschieren. Muss mit 40 Mann komisch ausgesehen haben).
Auch das Schießen und die infanteristische Ausbildung dürfte sich nicht großartig unterschieden haben. Unsere Kompanie bestand aber aus 50% "mit Einschränkungen in der Grundausbildung", kurz T3, Tauglichen. Sprich, nur kurze Märsche und Entlastung beim Marschgepäck.
Als T3er waren wir prädestiniert für einen Bürojob, wir wurden für dem "Materialnachweistrupp" ausgebildet, der zum Instandsetzungszug der Stabskompanie eines Bataillons gehörte.
Unsere Waffe war eine Schreibmaschine, mechanisch, die Munition das Anforderungsformular mit 5 Durchschlägen im Format A5. Der Materialkatalog, der auch einzelne Schrauben, Muttern und Dichtungsringe enthielt war hochmodern auf Mikrofiche abgespeichert.
Man sieht, schon damals war die Bundeswehr technisch auf dem allerneusten Stand.
Da ich nicht direkt nach dem Abitur zur Bundeswehr kam, war mein Quartal mit Leuten besetzt, die schon eine Ausbildung hinter sich und wenigstens ein paar Monate richtig gearbeitet hatten. Mit mir gabs nur noch 3 mit Abitur. Manche Kameraden fanden das nicht so toll.
Nach 3 Monaten Grundausbildung gings eben nach Stadtallendorf. Meine Einheit war eigentlich die 1. Kompanie des Panzerbataillon 141, da dieses aber "gekadert", sprich nicht vollständig aktiv war, verrichtete ich meinen Dienst in der 1. PzBtl 143.
Viel zu tun gabs nicht. Die Wartung und Instandhaltung brauchten Ersatzteile, ich suchte im Katalog die verschiedenen Nummern raus und tippte das 6-fache Formular, vom Vorgesetzten unterschreiben lassen. Das Gros machte Treibstoff und Munition aus
Der MatNachwTrp wurde von einem Feldwebel geführt, ihm zur Seite stand ein Unteroffizier, mit mir 3 Manschaftsdienstgrade, aber nur für 3 Monate, dann erst mal zu zweit, bis der nächste Neuling kam.
Ich war zweimal auf Truppenübungsplätzen, Baumholder und Bergen. Im herbstlichen Manöver im Raum Alsfeld war dann das PzBtl 141 tatsächlich mit Reservisten aufgefüllt und ich dort tätig. Von den "Kämpfen" hab ich nichts mitbekommen, der Bataillonsstab war günstig in einer Gaststätte aufgebaut.
Unsere Einheit musste turnusgemäß ein Unterstützungskommando für ein "Sonderwaffenlager" der US Army stellen. Mit erhöhter Alarmbereitschaft, kein Ausgang, aber auch keinen normalen Dienst, G3 auf Stube.
Wir hatten das Pech, tatsächlich alarmiert zu werden. Eine Viertelstunde, um gefechtsbereit, sprich mit 80 Schuss scharfer Munition pro Mann abzurücken. Nach einer weiteren halben Stunde dann vorbereitete Stellungen beziehen. Mit dem scharf geladenem Gewehr die Spaziergänger beobachten.
Nach einer Stunde war dieser Spuk vorbei. Weil wir wohl nicht schnell genug vor Ort waren, durften wir zwei Tage später wieder raus. Allerdings brauchten wir nicht mehr absitzen, wir waren wohl schnell genug da.
Im Stabsgebäude gabs eine große Vitrine mit "Erinnerungsstücken" des 5. Panzerregiments der Wehrmacht, in dessen Tradition sich das Bataillon sah. Dies war auch im Abzeichen des Bataillons sichtbar. Der "Kampfruf" der Transporttruppe lautete, "Räder müssen - Rollen!". Heute undenkbar, damals gang und gebe.
Auf dem Truppenübungsplatz Bergen hätte man die Gedenkstätte Bergen-Belsen im Rahmen des gesellschaftlichen Unterrichts besuchen können. Stattdessen gings ins Panzermuseum Munster.
Ich will damit nicht sagen, dass die Bundeswehr damals voller Neonazis war, aber es galt noch das Märchen von der "guten Wehrmacht" und einen gewissen Stolz vor deren militärischen Leistungen.
Ich will hier keine "dummen Sprüche" der Ausbilder zitieren und bitte auch darum, dass zu unterlassen. Aber ein, wie ich immer noch finde kluger Satz meines Kompaniechefs meiner Ausbildungskompanie, Hauptmann und Zeitsoldat, hat sich bei mir eingebrannt:
"Ich bin Soldat geworden, damit ich nie auf Andere schießen muss"
Mit meiner Geschichte, Sohn eines schwer Kriegsbeschädigten, hätte ich eine Kriegsdienstverweigerung selbst vor dem 1983 abgeschafften Prüfungsausschuss ohne Mühe durchgebracht. Meine Klassenkameraden mussten das noch durchlaufen, 1987 genügte das Begründungsschreiben. Als "abgebrochener" Student wollte ich aber nicht noch mehr Zeit verlieren.
Da ich bereits am 1. März meinen Vorbereitungsdienst bei der Bundespost antrat, bekam ich den letzten Monat "geschenkt" (ich hatte nur noch eine Woche Urlaub) und musste nur zur Uniformabgabe noch einmal für zwei Tage zurück in die Kaserne.
Ich bin, nachdem ich nach der ersten Musterung wegen einer Sportverletzung als "vorübergehend untauglich" eingestuft worden war, kurz nach meinem 23. Geburtstag eingezogen worden. Völlig untypisch nur 30km von Zuhause weg.
Völlig untypisch auch der Truppenteil, 861. Transportbataillon, eine Einheit des Territorialheeres (bei der Stammeinheit in Stadtallendorf bei Marburg kannte die Verwaltung den Standort und die Einheit überhaupt nicht).
Die ersten Tage dürften ja für die meisten gleich verlaufen sein. Stube beziehen, Einkleidung, Friseur, wenn nötig Formalausbildung (unser Zugführer ließ uns nach "Ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm, und vorwärts, rückwärts, seitwärts" marschieren. Muss mit 40 Mann komisch ausgesehen haben).
Auch das Schießen und die infanteristische Ausbildung dürfte sich nicht großartig unterschieden haben. Unsere Kompanie bestand aber aus 50% "mit Einschränkungen in der Grundausbildung", kurz T3, Tauglichen. Sprich, nur kurze Märsche und Entlastung beim Marschgepäck.
Als T3er waren wir prädestiniert für einen Bürojob, wir wurden für dem "Materialnachweistrupp" ausgebildet, der zum Instandsetzungszug der Stabskompanie eines Bataillons gehörte.
Unsere Waffe war eine Schreibmaschine, mechanisch, die Munition das Anforderungsformular mit 5 Durchschlägen im Format A5. Der Materialkatalog, der auch einzelne Schrauben, Muttern und Dichtungsringe enthielt war hochmodern auf Mikrofiche abgespeichert.
Man sieht, schon damals war die Bundeswehr technisch auf dem allerneusten Stand.
Da ich nicht direkt nach dem Abitur zur Bundeswehr kam, war mein Quartal mit Leuten besetzt, die schon eine Ausbildung hinter sich und wenigstens ein paar Monate richtig gearbeitet hatten. Mit mir gabs nur noch 3 mit Abitur. Manche Kameraden fanden das nicht so toll.
Nach 3 Monaten Grundausbildung gings eben nach Stadtallendorf. Meine Einheit war eigentlich die 1. Kompanie des Panzerbataillon 141, da dieses aber "gekadert", sprich nicht vollständig aktiv war, verrichtete ich meinen Dienst in der 1. PzBtl 143.
Viel zu tun gabs nicht. Die Wartung und Instandhaltung brauchten Ersatzteile, ich suchte im Katalog die verschiedenen Nummern raus und tippte das 6-fache Formular, vom Vorgesetzten unterschreiben lassen. Das Gros machte Treibstoff und Munition aus
Der MatNachwTrp wurde von einem Feldwebel geführt, ihm zur Seite stand ein Unteroffizier, mit mir 3 Manschaftsdienstgrade, aber nur für 3 Monate, dann erst mal zu zweit, bis der nächste Neuling kam.
Ich war zweimal auf Truppenübungsplätzen, Baumholder und Bergen. Im herbstlichen Manöver im Raum Alsfeld war dann das PzBtl 141 tatsächlich mit Reservisten aufgefüllt und ich dort tätig. Von den "Kämpfen" hab ich nichts mitbekommen, der Bataillonsstab war günstig in einer Gaststätte aufgebaut.
Unsere Einheit musste turnusgemäß ein Unterstützungskommando für ein "Sonderwaffenlager" der US Army stellen. Mit erhöhter Alarmbereitschaft, kein Ausgang, aber auch keinen normalen Dienst, G3 auf Stube.
Wir hatten das Pech, tatsächlich alarmiert zu werden. Eine Viertelstunde, um gefechtsbereit, sprich mit 80 Schuss scharfer Munition pro Mann abzurücken. Nach einer weiteren halben Stunde dann vorbereitete Stellungen beziehen. Mit dem scharf geladenem Gewehr die Spaziergänger beobachten.
Nach einer Stunde war dieser Spuk vorbei. Weil wir wohl nicht schnell genug vor Ort waren, durften wir zwei Tage später wieder raus. Allerdings brauchten wir nicht mehr absitzen, wir waren wohl schnell genug da.
Im Stabsgebäude gabs eine große Vitrine mit "Erinnerungsstücken" des 5. Panzerregiments der Wehrmacht, in dessen Tradition sich das Bataillon sah. Dies war auch im Abzeichen des Bataillons sichtbar. Der "Kampfruf" der Transporttruppe lautete, "Räder müssen - Rollen!". Heute undenkbar, damals gang und gebe.
Auf dem Truppenübungsplatz Bergen hätte man die Gedenkstätte Bergen-Belsen im Rahmen des gesellschaftlichen Unterrichts besuchen können. Stattdessen gings ins Panzermuseum Munster.
Ich will damit nicht sagen, dass die Bundeswehr damals voller Neonazis war, aber es galt noch das Märchen von der "guten Wehrmacht" und einen gewissen Stolz vor deren militärischen Leistungen.
Ich will hier keine "dummen Sprüche" der Ausbilder zitieren und bitte auch darum, dass zu unterlassen. Aber ein, wie ich immer noch finde kluger Satz meines Kompaniechefs meiner Ausbildungskompanie, Hauptmann und Zeitsoldat, hat sich bei mir eingebrannt:
"Ich bin Soldat geworden, damit ich nie auf Andere schießen muss"
Mit meiner Geschichte, Sohn eines schwer Kriegsbeschädigten, hätte ich eine Kriegsdienstverweigerung selbst vor dem 1983 abgeschafften Prüfungsausschuss ohne Mühe durchgebracht. Meine Klassenkameraden mussten das noch durchlaufen, 1987 genügte das Begründungsschreiben. Als "abgebrochener" Student wollte ich aber nicht noch mehr Zeit verlieren.
Da ich bereits am 1. März meinen Vorbereitungsdienst bei der Bundespost antrat, bekam ich den letzten Monat "geschenkt" (ich hatte nur noch eine Woche Urlaub) und musste nur zur Uniformabgabe noch einmal für zwei Tage zurück in die Kaserne.