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Ferner sind es einfach zu wenig Knochengruben, um eine Vernichtungsschlacht darzustellen.
Ich weiß natürlich nicht, was nach 2000 Jahren natürlicher Erosion und landwirtschaftlicher Bearbeitung von einer Vernichtungsschlacht noch an Knochenresten erwartet werden kann.
Definitiv zu wenig. Das hat dann die Kalkrieser Archäologen auch zu einer Meinungsänderung veranlaßt.
Kannst Du die mal zitieren oder verlinken?
Das kann ich Dir beantworten.
[Der Rest des Beitrags geht mit keiner Silbe auf die Knochengruben ein]
Meine Frage lautete:
Kannst Du die mal zitieren oder verlinken?
@El Quijote und hyokkose:
Die Äußerungen sind auf öffentlichen Vorträgen im Museum von Kalkriese (2002)bzw. Osnabrück (2004), Springe (2005), Detmold (2006) erfolgt.
[Der Rest des Beitrags geht abermals mit keiner Silbe auf die Knochengruben ein]
S. 94/95 schrieb:Im Wald liegende Skeletteile waren vermutlich auch nach einigen Jahren zumindest noch in Resten erkennbar, während auf den ursprünglich offenen Arealen, wo intensive Kampfhandlungen mit vermutlich vielen Toten anzunehmen sind, die Knochenreste unter nunmehr hoch gewachsenen Büschen und Sträuchern weitgehend verborgen gewesen sein dürften. Zum Zeitpunkt der Knochendeponierung einige Jahre nach der Schlacht waren also auch dort sicherlich noch Knochen erhalten, wurden aber nicht eingesammelt, da das schwer durchdringbare Gebüsch, u. a. dornige Sträucher wie Brombeeren, das Lokalisieren und Aufsammeln sehr erschwerte bzw. verhinderte. Diese grundlegende Veränderung der Vegetationsverhältnisse hat wahrscheinlich dazu geführt, dass in den während der Schlacht offenen Bereichen zwar direkt im Anschluss an die Kampfhandlungen besonders erfolgreich durch die Germanen geplündert werden konnte, sechs Jahre später - die Verbindung mit den antiken Schriftquellen vorausgesetzt - dort aber kaum Überreste von Gefallenen durch die Römer eingesammelt und bestattet wurden, während die Vegetation in anderen, schon während der Kämpfe stärker bewaldeten Arealen den Bestattern keine größeren Schwierigkeiten beim Zusammentragen der Knochen bereitete. Mit diesen Überlegungen lassen sich die zahlreichen Gruben im Ostteil ebenso erklären wie das Fehlen derartiger Befunde im mittleren Wallabschnitt.
S.112/113 schrieb:Die klaren Hinweise auf Kampfverletzungen bei einigen Menschenfunden [...] lassen darüber hinaus keinen Zweifel daran zu, dass es sich um Leichen- und Kadaverreste aus der auf dem Oberesch belegten Schlacht handelt. Insofern bezeugen die Knochengruben eien Bestattungsaktion auf dem Oberesch, die neben dem eigentlichen Schlachtgeschehen ein weiteres Ereignis darstellt, das hier seinen archäologischen Niederschlag gefunden hat. Naturgemäß ruft dies sofort den Gedanken an die bei Tacitus (Ann. I 61-62) erwähnte Bestattungsaktion des Germanicus für die Opfer der Varusschlacht wach.
Bevor jedoch die Knochengruben auf dem Oberesch mit diesem historischen Ereignis verknüpft werden dürfen, müssen andere Möglichkeiten für die Entstehung der Knochengruben überprüft werden. Insbesondere ist daran zu denken, dass schon kurz nach dem Schlachtereignis aus hygienischen Gründen Kadaver und Leichen verlocht worden sein können. Dem widerspricht allerdings der Inhalt der bis jetzt gefundenen Knochengruben. Wie aus den Detailbeschreibungen der Lage einzelner Skelettteile bei der Freilegung [...] entnommen werden kann, befanden sich die Knochen bei ihrer Einlagerung in die Gruben nicht mehr in erkennbaren Skelettverbänden. Nur so ist zu erklären, dass Equiden- und Menschenknochen durcheinander und kreuz und quer in den Gruben lagen und sich auch nicht wieder zu ganz oder auch nur teilweise rekonstruierbaren Skelettverbänden zusammenfügen ließen. Verlochungen aus hygienischen Gründen werden normalerweise möglichst vor dem Einsetzen der Verwesung vorgenommen oder schlimmstenfalls, wenn der Verwesungsgestank unerträglich wird. Auch dann hängen die meisten Skeletteile noch zusammen. Eine Verlochung aus hygienischen Gründen erübrigt sich, wenn die Weichteile verwest und die Skelettverbindungen aufgelöst sind, weil bleiche Knochen nicht unhygienischer sind als herumliegende Steine.
Leider lässt die schlechte Erhaltung der Funde aus den Knochengruben in den Schnitten 24 und 25 kaum noch Rückschlüsse auf den Zustand der Knochen zum Zeitpunkt ihrer Einlagerung zu. Hier gibt nur die willkürliche Gemengelage der Reste von Mensch und Tier (siehe Beitrag Langguth) Auskunft darüber, dass weder die tierischen noch die menschlichen Skelette beim Einsammeln der Knochen als solche zu erkennen waren. Lediglich einzelne menschliche Schädel scheinen erkannt und gezielt am Boden einer Grube deponiert worden zu sein. Die Tatsache, dass auch zahlreiche Tierknochen in die Gruben gelangten, zeigt, dass auch die Tierkadaver so weit zerfallen waren, dass die Zugehörigkeit der Knochen zu einem Tierskelette nicht mehr zu erkennen war.
Wenn Tacitus (Ann. I 62) schreibt, dass bei der Bestattung der Gefallenen aus der Varusschlacht nicht mehr zwischen Angehörigen und Fremden unterschieden werden konnte, so ist auch dies ein Hinweis auf den Zustand der sterblichen Überreste. Anderes wäre sechs Jahre nach dem Schlachtereignis auch nicht zu erwarten gewesen. Daraus ergibt sich die Frage, ob der zeitliche Abstand zwischen dem Tod der Menschen und Tiere und der Bestattung ihrer Knochen in den Gruben genauer bestimmt werden kann. Derzeit ist uns kein Verfahren bekannt, das hierzu eine ausreichend genaue Aussage zulässt. Empirisch kann man wohl davon ausgehen, dass sich der oben geschilderte, aufgelöste Zustand der Skelette erst nach zwei bis vier Jahren eingestellt haben dürfte. Ab drei Jahren an der Oberfläche beginnen Knochen zu verwittern und zu zerkrümeln. Nach zehn bis zwölf Jahren sind sie in der Regel zu unscheinbaren Fragmenten zerfallen. Insofern sprechen die taphonomischen Beobachten nicht gegen einen zeitlichen Abstand von etwa sechs Jahren, wie er vorliegen müsste, wenn die Knochenruben anlässlich des Besuches der Truppen des Germanicus auf dem ehemaligen Schlachtfeld angelegt worden wären.
[...]
Ein Fragment vom Schaft eines Oberarmknochens von einem Maultier zeigt deutliche Spuren der Benagung durch ein Tier.
Diese Beobachtung bringt einen weiteren taphonomischen Faktor in die Diskussion, der bei Betrachtungen zur Einbettungsgeschichte der Knochenfunde vom Oberesch berücksichtigt werden muss. Wenn nach dem Kampfereignis die Leichen der Gefallenen und die Kadaver der umgekommenen Tiere auf dem Schlachtfeld liegen blieben, so müssen diese alle möglichen tierischen Aasfresser angelockt haben, und entsprechende Spuren müssten auf den Skelettresten zu sehen sein. Als tierische Aasfresser kamen vor rund 2000 Jahren in der Gegend um den Fundplatz sicherlich noch Bären, Wölfe und Füchse vor, die als Carnivoren auch gerne Fleisch verzehrten, das sie nicht selbst erjagt hatten. Auch der Dachs zählt zu dieser Gruppe. Diese Tiere benagen auch die Knochen, wenn das anhaftende Fleisch ihren Hunger nicht gestillt hat. Angesichts der zu vermutenden Zahl der Kadaver und Leichen dürfte dies kaum der Fall gewesen sein, so dass die relative Seltenheit von Nagespuren nicht prinzipiell überrascht.
[...]
Die größte Aasmenge dürfte aber von den Wildschweinen vertilgt worden sein, die als Allesfresser auch derartige Nahrung nutzen. Wildschweine benagen keine Knochen, können aber weichere Gelenkenden zerquetschen und kleinere Knochen oder Fragmente mitfressen. Beim Zerteilen eines Kadavers wirkt die Wildschweinrotte zusammen und sorgt so auch für die Zerstreuung der zurückbleibenden Knochen. Insgesamt dürfte in den ersten Wochen nach der Schlacht - so lange die Kadaver für aasfressende Wirbeltiere noch verwertbar waren - durch die tierischen Aktivitäten ein größerer, wenngleich nicht wirklich quantifizierbarer Teil der Knochen in die Wälder und Moore um den Kampfplatz herum verschleppt worden sein. Auch der zerfledderte Zustand der Überreste, wie er sich aus der anatomischen Unvollständigkeit der später eingesammelten Skelettteile ergibt, dürfte auf die Einwirkung der Aasfresser zurückzuführen sein.
S. 175 schrieb:Das Fehlen von Bissmarken großer Aasfresser an jeglichen Knochenfunden ist auffällig, da sie bei Funden, die längere Zeit an den Oberflächen gelagert haben, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Möglicherweise liegt hier ein Hinweis auf eine große Anzahl von Toten vor, denn je größer die ursprüngliche Ausgangsmenge an Leichen, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, an einem einzelnen Knochen Bissmarken zu finden.
Zitat:
Cherusker
Ferner sind es einfach zu wenig Knochengruben, um eine Vernichtungsschlacht darzustellen.
Zitat:
hyokkose
Ich weiß natürlich nicht, was nach 2000 Jahren natürlicher Erosion und landwirtschaftlicher Bearbeitung von einer Vernichtungsschlacht noch an Knochenresten erwartet werden kann.
Zitat:
Cherusker
Definitiv zu wenig. Das hat dann die Kalkrieser Archäologen auch zu einer Meinungsänderung veranlaßt.
Zitat:
hyokkose
Kannst Du die mal zitieren oder verlinken?
Zitat:
Cherusker
Das kann ich Dir beantworten.
[Der Rest des Beitrags geht mit keiner Silbe auf die Knochengruben ein]
Zitat:
hyokkose
Meine Frage lautete:
Zitat:
hyokkose
Kannst Du die mal zitieren oder verlinken?
Zitat:
Cherusker
@El Quijote und hyokkose:
Die Äußerungen sind auf öffentlichen Vorträgen im Museum von Kalkriese (2002)bzw. Osnabrück (2004), Springe (2005), Detmold (2006) erfolgt.
[Der Rest des Beitrags geht abermals mit keiner Silbe auf die Knochengruben ein]
Hallo hyokkose,
was gibt es dir eigentlich, den kalten Kaffee wieder aufzuwärmen? :fs:
Das ist doch alles schon lange abgestanden. Ich glaube zwar auch, dass bei Kalkriese die Varusschlacht stattgefunden hat, aber die Knochen sind nun wirklich nicht das geeignete Beweismaterial. Trotzdem, alle Achtung vor dem fleißigen Zitieren....:fs:
* * *
Mittlerweile konnte ich das Buch Susanne Wilbers-Rost u. a., Kalkriese 3 - Interdisziplinäre Untersuchungen auf dem Oberesch in Kalkriese - archäologische Befunde und naturwissenschaftliche Begleituntersuchungen, Mainz 2007 einsehen. Hier geht es schwerpunktmäßig um die Knochenfunde.
Diesem Band entnehme ich folgendes:
Eine genauere Quantifizierung der ursprünglichen Opferzahlen ist anhand der erhaltenen fragmentarischen Reste in den Knochengruben nicht möglich. Wenn sich Cherusker mit seiner Behauptung "Definitiv zu wenig" auf die Kalkrieser Archäologen beruft, so ist dies - angesichts der von diesen Archäologen schwarz auf weiß nachzulesenden Artikeln - grob irreführend.
Vielmehr lassen sich die vorhandenen Reste sehr gut mit der Varusschlacht und ihren hohen Opferzahlen in Einklang bringen.
Tja...anscheinend widerspricht sich die gute Frau. So hat sie 2003 in "Archäologie in Niedersachsen" einen Bericht verfaßt, in dem sie die Anzahl der Legionäre deutlich anzweifelt.
Ich habe mich vergeblich bemüht, diesen Band über die Bibliothek zu bekommen. Ich bitte Dich daher hiermit zum dritten Mal, die Aussagen zu zitieren, auf die Du Dich beziehst.
Es geht um den Inhalt der Knochengruben, Deiner Behauptung nach "definitiv zu wenig" für eine Vernichtungsschlacht, und genau das habe die Kalkrieser Archäologen zu einer "Meinungsänderung veranlaßt".
Trotzdem hat das Knochengruben-Argument einen Haken.
Man kann zwar aussagen, dass die Knochen ungefähr zwischen zwei und zehn Jahren an der Oberfläche lagen. Wer diesen Befund allerdings in den Varusschlachtkontext einbinden möchte, der muss sich mit zwei Problemen auseinandersetzen:
1.) Die Existenz des von Tacitus überlieferten Grabhügels müsste glaubhaft in Frage gestellt werden können
2.) Man kann nicht belegen, dass alle Knochen am gleichen Tag unter die Erde kamen.
Wenn manche Knochen zwei, andere wiederum zehn Jahre an der Oberfläche lagen, entspräche das ebenfalls der Analyse aus Göttingen.
Nicht besonders glaubwürdig, dass das Schlachtfeld immer mal wieder aufgeräumt worden sein soll.
Damit Du beruhigt bist:
"Da bei den Untersuchungen außerhalb des Oberesches aber auch ein erheblich geringeres Fundaufkommen festgestellt wurde, ergibt sich die Frage, ob diese Befund- und Fundsituation am Kalkrieser Berg die Reste eines weitgehend vernichteten römischen Heeres von drei Legionen einschließlich Hilfstruppen und Tross widerspiegeln kann, wenn dies tatsächlich, wie bisher angenommen, die Beteiligung von rund 20000 Mann bedeutet hätte. Kritiker könnten in diesen Beobachtungen ein Indiz sehen, dass der Ort der Varusschlacht nicht in Kalkriese zu lokalisieren sei. Grundsätzlich ist aber zu prüfen, ob die bisher weitgehend aus der Interpretation der antiken Quellen gewonnen Zahlen für die Stärke des in den Hinterhalt geratenen Varus-Heeres wirklich zutreffen. Die Anzahl der Beteiligten wird von den antiken Autoren nie konkret genannt, und so ist die These berechtigt, dass die tatsächliche Stärke der einzelnen Legionen deutlich unter der bislang angenommenen Sollstärke von 5000 Mann gelegen haben könnte. ..."
Archäologie in Niedersachsen; 2003; S.36
Ich persönlich halte es einfach nicht für zwingend, dass alle Knochen im Tumulus eingebettet wurden und bin offen für die These, dass er eine Erfindung des Tacitus sei.
Sehr gut, dann führe ich den Gedanken weiter und nehme an, dass nicht nur der Tumulus, sondern die gesamte Bestattungsaktion von Tacitus erfunden wurde. Was spricht dagegen?
Im Prinzip nichts. Nur stelle ich mir das so vor: Tacitus hat Nachricht von einer Bestattung der Legionen. Da in der Regel Tumuli errichtet wurden (vgl. römisches Gräberfeld bei den Haltener Lagerkomplexen) schrieb er naturgemäß von einem Tumulus.
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