Ave zusammen,
entschuldigt, dass ich so lange nicht geantwortet habe, aber ich liege schon die ganze Woche mit schwerer Bronchitis im Bett, ich komme jetzt erst wieder auf die Beine.
@maelo:
maelo schrieb:
....Lieber Trajan, ich würde mich freuen, wenn du diese Ankündigung: „ich kann dir gerne eine (Begründung) dafür zurecht legen dass es die Schlacht am Angrivarierwall war“ umsetzen würdest, und die Argumente dafür hier niederschreibst. Vielleicht fällt dir dann etwas auf....
So was kann man leicht, weil es völlig trivial ist. Positivistische Beweisketten erhälts du, indem du alles aufführts was stimmig klingt und alles nachteilige einfach weglässt. So einfach ist dass, klappt immer und für alles.
@Cherusker:
Cherusker schrieb:
.... Da selbst Augustus von der Elbe-Grenze ausging und Drusus bereits bei seinen Feldzügen Lager an Weser und Elbe errichten ließ, kann ich mir nicht vorstellen, daß Varus auf einem bekannten Weg, der nur eine ernsthafte Gefahr an dieser Engstelle hat, so in sein Verderben lief. ....
Da sind wir uns im Grundsatz ja einig. Nur, als er dort oben ankam, war er schon so gerupft, dass er keine andere Wahl mehr hatte. Den Quellen nach nahm er sich sein Leben ja bereits vor der Endschlacht, er musste schon gewusst haben, dass es für ihn da kein Durchkommen mehr geben würde.
Cherusker schrieb:
...Auch wären die Varus-Legionen nicht von Wäldern und Sümpfen eingeschlossen gewesen, sondern hätten auf dem gleichen Weg den Rückzug zur Weser antreten können. ...
Der Topos von Tacitus und Dio passt prima zu der Werretaltheorie. Gebirge, Wasser, Wälder,und was du sonst noch willst, alles vorhanden; dann endlich erreichten sie offenes Gelände (Durchbruch durchs Wiehengebirge), das lässt sich bestens vereinen. Aber der Rückzug an die Weser ? Was sollte dass bringen, es wartete dort niemand ausser dem Feind. Nein, es gab nur den Weg zum Rhein der wenigstens ein wenig Aussicht auf Erfolg hatte.
Cherusker schrieb:
...Übrigens halte ich Bökemeiers Überlegungen auch für in vielen Punkten für nicht glaubhaft. ...Auch seine vielen entdeckten Römerlager sind eher zweifelhafter Natur. ....
Das ist sein Problem, er macht immer alles gleich zum Römerfund. Mal mag er richtig liegen, mal wieder falsch, dem Leser bleibt da immer die Last des Rätselns.
Cherusker schrieb:
....Ich selbst habe keinen bestimmten Ort der Varusschlacht, aber ich berücksichtige in meinen Überlegungen die provinzialrömsichen Funde und Lager.....
Der Satz hat nun zwei Teile. Was die zweite Hälfte angeht: na als ob wir dass nicht auch täten!
Aber der erste Halbsatz ist von der Faustschen Sorte „Ich bin der Geist, der stets verneint...“
Nun, da lobe ich mir den Bökemeier, der redet halt nicht nur, der nimmt auch mal den Spaten in die Hand und versucht Butter bei die Fisch zu tun. Auch wenn seine Interpretation, insbesondere die PLH, oft weit daneben liegen, er hat schon bemerkenswerte Funde gemacht.
Das Problem ist halt: Jede Theorie lässt sich letztlich nur durch Funde belegen, ewiges herumtheoretisieren führt nur zu sieben Engelein auf einer Nadelspitze.
Cherusker schrieb:
....Paterculus schreibt: "in cuius mediis finibus ad caput Lupiae fluminis hiberna digrediens princeps locaverat.", d.h. "dort hatte er, mitten im Landesinneren an der Quelle des Flusses Lippe, vor seiner Abreise als erster die Winterlager aufgeschlagen."....
ne ne, so ganz schrieb er dass nicht. Es heisst im überlieferten Original:
.....reduxit in germaniam, in cuius mediis finibus ad caput iuliae fluminis hiberna digrediens princeps locaverat...
also wörtlich übersetzt in etwa: ....kehrte er zurück nach Germanien, mitten in dessen Grenzen, an der Mündung des Flusses Julia, wo der Princeps bei seinem Fortgang ein Winterlager angelegt hatte....
Er schrieb also „ ad caput iuliae“ nicht „ad caput Lupiae“. Das ist nämlich schon die Hälfte einer abenteuerlichen Übersetzung, denn an der Quelle der Lippe müsste ja heissen
„ad fontes luppiae“ was wenig mit dem Original
„ad caput iuliae“ gemein hat. Diese Übersetzung ist eben genauso ein Klassiker wie die Mindentheorie Mommsens, obwohl durch nichts weiteres belegt, halten sie sich zäh in den Köpfen. Hier die Lippe sehen zu wollen, ist reines Wunschdenken.
Cherusker schrieb:
....Von Varus wird ein völlig falsches Bild wiedergegeben. Er wird als faul, geldgierig und trottelig dargestellt, wie so ein Statthalter im Asterix-Heft.
Das war er aber überhaupt nicht.....
Genauso ein Klassiker, indeed.
@Cato:
Cato schrieb:
.....Dabei gehst Du jedoch von der Annahme aus, dass der gesamte Nordwestdeutsche Raum bereits gründlich mit Metallsonden abgesucht wurde. ....
Nein, natürlich nicht, ganz im Gegenteil ! Metallsonden moderner Bauart wurden ja erst durch Clunn bei den Profiarchäologen eingeführt, vor ca. 1990 spielten die in Deutschland keine wesentliche Rolle. Daher sind auch fast alle Fundverteilungskarten, ausser evtuell den wirklich neuesten, kaum durch Metallsonden beeinträchtigt.
Cato schrieb:
......Du hast zwar Recht, dass auch schon vor 1987 immer wieder römische Denare und Aurei im Acker von Kalkriese gefunden wurden .... Das heißt aber lediglich, dass es ein Glücksfall war, dass dieses Gebiet seit Jahrhunderten intensiv bewirtschaftet wurde und die auffälligen Silber- und Goldmünzen bei der Feldarbeit entdeckt wurden. ......
Auch hier kann ich nicht zustimmen, landwirtschaftlich intensive Nutzung finden man in Deutschland ja praktisch überall. Im Gegenteil war gerade die Plaggenwirtschaft in Kalkriese eher eine Wirtschaft die Zufallsfunde unterdrückt hat, da durch dass Auflegen der Plaggen die Fundschichten dem Pflug etwas mehr als anderswo entzogen wurden.
Ausserdem ist zwischen dem begriff Glücksfall und Zufall kein Unterschied, es sind eben, wie anderswo auch Zufallsfunde, im statistischen Durchschnitt sind sie absolut gleichberechtigt. Tatsache ist eben dass sich vor 1987 der augusteiische Fundplatz Kalkriese um einen Faktor von mehr als 100 von allen anderen abhob. Heute liegt der Faktor im 1000er Bereich, wg. der professionellen Prospektion, aber er war, er ist, und mit tödlicher Sicherheit wird er auch immer so EXORBITANT abgehoben bleiben. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Endpunkt der Varusschlacht. Alles andere wäre wahrlich ein riesen Wunder.
Cato schrieb:
.......Deshalb war der Fundplatz lange Zeit in Vergessenheit geraten, bis Tony Clunn auf die Idee der Nachsuche kam. ....
Na der war nie in Vergessenheit, nämlich wegen dem Mommsen. Anfangs sind auch viele Kollegen auf den Zug aufgesprungen, sind dann aber mehr und mehr dem Gegenargument gefolgt, dass die Kupferasse, das Soldatengeld fehle.
Das Gegenargument war aber keins, denn erstens hatte Mommsen auch ein Kupferstück vorzuweisen, und zweitens stellt das bevorzugte Auffinden von Silber- und Goldstücken lediglich eine statistische Verzerrung dar, da dass blosse Auge des Laien das kaum korrodierte Silber und Gold leichter wahrnimmt. Auf die Art waren den Grafen von Bar so um die 300 Stücke zugekommen.
Cato schrieb:
......Ich möchte damit sagen, dass die Tatsache, dass bisher kein weiterer vergleichbarer Fundplatz in Nordwestdeutschland bekannt ist, nicht gleichzeitig bedeutet, dass es keinen solchen gibt.....
Das hat auch keiner behauptet, aber es ist eben sehr, sehr, sehr unwahrscheinlich.
Cato schrieb:
....Angenommen das wirkliche Varusschlachtfeld befindet sich in bewaldetem Gebiet, das nicht agrarisch bewirtschaftet wird, so ist es denkbar, dass die Fundstücke noch unentdeckt im Boden ruhen. ....Andererseits ist das Gebiet um Detmold und Hörste bereits so gründlich abgesucht worden, dass Herr Bökemeier aufgrund seiner spärlichen Funde eigentlich sagen müsste: „Hier war es mit Sicherheit nicht“. Gleiches gilt übrigens für Herrn Friebe und Halberstadt. ......
Richtig, womit die PLH dann auch gleich überflüssig wäre.
Cato schrieb:
.....Es ist also ein Fehler zu sagen „Wo bis heute nichts gefunden wurde, da ist auch nichts!“....Zu sagen, was bis heute nicht bekannt ist, existierte nicht, ist einfach falsch.....
Auch das habe ich ja nie behauptet. Nur bis mindestens in die 1990er Jahre hinein waren Metallsonden keine grosse Geschichte, die Fundverteilungskarten geben damit ein ziemlich gutes mit gleichen Wahrscheinlichkeiten behaftetes Spektrum ab!
Argumentieren kannst du aber nur mit dem, was tatsächlich da ist, nicht mit dem was da sein könnte! Und da kannst du wirklich e.d.l. dass der grösste Fundanfall augusteiischen Materials im Weserbergland der Varusschlacht geschuldet ist.
Ich habe inzwischen etliche Fundkarten studiert und die archäologische Literatur des Weserberglandes angebaggert, die Funde sind da, die Werretaltheorie ist ein echter Volltreffer.
Cato schrieb:
..... noch das schlimmste Beispiel: Hedemünden.
Bis 2003 wusste man zwar aus literarischen Quellen, dass Drusus ...... da der archäologische Beweis fehlte. Dabei hätte man nur am bekannten (!) Bodendenkmal des Hünenrings von Hedemünden nochmals (!) suchen müssen und man hätte nicht nur etliche römische Münzen, sondern auch zahllose römische Militaria geborgen. ....Da das Schanzwerk jedoch im tiefen Wald liegt und man sich mit den Untersuchungen von Peters von 1965 zufrieden gab, blieben die Funde bis vor kurzem unentdeckt. (Zu allem Überfluss hatte Schuchardt bereits vor über hundert Jahren im Lager von Hedemünden eine römische Dolabra entdeckt, publiziert, jedoch falsch gedeutet.) ........
Yep, so ist es. Bei genauer Nachsuche wird aus einer germanischen Hünenburg auch mal ein Römerlager. Man wachte übrigens erst auf, als Amateure, nämlich Raubgräber, schwunghaften Handel mit römischen Beutegut aus Hedemünden trieben.
Und ähnliches gilt nun auch für dass erste Lager des Varus: tac.ann.61,2„...Das erste Lager des Varus erwies sich als dem weiten Umfang und den Ausmassen des Hauptquartiers nach als das Werk dreier Legionen...“ und Dio 56,21,1 „...nachdem sie dann zahlreiche Wagen und sonstige Gegenstände, die nicht unbedingt erforderlich waren, verbrannt oder zurückgelassen hatten, zogen sie am anderen Morgen in etwas besserer Ordnung weiter...“.
Nun dieses erste Lager, dass nach dem ersten Kampftag errichtet wurde, sollte heute noch erkennbar sein. Auch wenn nicht alle 30.000 Römer und Konsorten darin lagerten, aber selbst wenn es nur 15.000 waren, ordentlich angelegt, mit einem Hauptquartier im Zentrum; die Truppen wurden gestrafft und reorganisiert, vieles verbrannt, nicht zuletzt auch viele Scheiterhaufen errichtet. Kaum weniger auffällig als das ominöse Sommerlager, dass müsste doch zu finden sein ?
Und Tatsache, das Lager ist natürlich auffällig, es wurde vermutlich bereits an seinem westlichen und südlichen Rand archäologisch erfasst, aber ganz anders zugeordnet, da die Ausgräber die Mommsen-Mindentheorie präferierten.
Beste Grüße, Trajan.