Ein paar Anmerkungen.
Nipperdey sieht in den Denkmälern die Möglichkeit, quasi als Quelle, einen Zugang zur damaligen Denkmalsbewegung, auch Nationaldenkmäler zu gewinnen und dadurch zentrale Ideologieinhalte der Nationalbewegung und des nationalistischen Patriotismus zu entschlüsseln. (vgl. Kap 5, Nationalidee und Nationaldenkmal ..)
In diesem Sinne sind Denkmäler zum WW1 der immanente und teilwese retrospektive Ausdruck des Versuchs einer Deutungshoheit über den Sinn der Opfer zu erhalten. Und natürlich auch Ausdruck eines spezifischen deutsch-preußischen Militarismus.
In diesem Sinne formuliert Tucholsky: "Das Kriegerdenkmal. die französischen Kriegerdenkmäler sind nicht weniger schauerlich als die unseren - aber nicht so aggressiv. Oft tragen sie einfach auf einem schlichten Obelisk nur die Namen der Gefallenen..." (vgl. dazu z.B. Sarow
https://www.tagesspiegel.de/kultur/gedenken-an-den-ersten-weltkrieg-helden-und-opfer/10157164.html
Das generelle Problem, das Leid der Opfer von Krieg und Gewalt angemessen darzustellen und in einer alle Parteien einbeziehenden Erinnerungskultur einzuschließen, hat Koselleck recht zutreffend beschrieben: " Das absurde Massenschlachten von Hunderttausenden auf wenigen Quadratkilometern und in wenigen Wochen auf diese Weise in Sinnhaftigkeit zu überführen hieße wahrlich, das Absurde selbst als sinnvoll zu deklarieren. Dasfreilich übersteigt die Erfahrungsfähigkeit unserer Generation. Nachdem die Absurdität zum Ereignis geworden war, sollte sie nicht auch noch mit Sinnzumutungen Absolution erhalten. Die Beschwörung, die sich auf Kriegerdenkmälern wiederholt, dass die Gefallenen nicht umsonst gefallen sein mögen, meinte noch einen anderen Tod als den, den wir heute betrauern müssen."
Das problematische an der Erinnerungskultur um die Toten des WW1 war, dass sie nach 1918 in den Kontext des Selbstbetrugs "Im Felde unbesiegt" und hinterrücks "erdolcht" durch die "Novemberverbrecher" stand. Und damit primär einer Instrumentalisierung durch die politischen "Zerfallsprodukte" der Alldeutschen, DNVP, NSDAP etc., unterlag.
Die Distanz und die Kritik an diesen Kriegerdenkmälern nach 1945, vor allem auch durch die "Friedensbewegung" oder die 68er-Bewegung, stellt nicht primär auf die Erinnerung ab, sondern auf die "Sinngebung" , die als Legitimation für einen Neuen Krieg, den WW2, herangezogen worden ist. In diesem Sinne war die Erinnerungskultur an den WW1 in den zwanziger Jahren kein "stilles Gedenken" an die Toten, sondern die "moralische Rechtfertigung" bzw. "moralische Ertüchtigung" für einen Revanchekrieg, den WW2.
Letztlich stellt Kselleck diese Betrachtungen zur Erinnerungskultur in das Resümee bzw. die Aufforderung: "Die Geschichte ist weder ein Gericht noch ein Alibi." (Koselleck, Kap III) Eine Erinnerung, die man vielen "Revisionisten" immer und immerwieder vorhalten muss.
Koselleck, Reinhart (2014): Vom Sinn und Unsinn der Geschichte. Aufsätze und Vorträge aus vier Jahrzehnten. Berlin: Suhrkamp
Nipperdey, Thomas (2013): Kann Geschichte objektiv sein? Historische Essays. München: Beck
Tucholsky, Kurt (2018): Gesammelte Werke. Köln: Anaconda.
Vgl. z.B. Denkmal in Neydens / Fr.