Ja, das dürfte schon stimmen. Z. B. wird bei "dass"-Konstruktionen statt des im klassischen Latein üblichen knappen Accusativus cum infinitivo gerne "quod" als "dass" verwendet, was mehr Platz braucht. Außerdem tendierte man dazu, statt korrekter Bildung von Formen sie zu umschreiben, z. B. durch die Verwendung der Präposition "de" als Genitiversatz, indem also statt des Genitivs eines Wortes de + der Ablativ des Wortes geschrieben wurde. Es wurden überhaupt mehr Präpositionen (und auch Demonstrativpronomina) verwendet, auch in Fällen, wo das im klassischen Latein nicht nötig war. Auch das Passiv wurde gerne umschrieben, indem z. B. statt der korrekten Passivform eines Verbs eine Form von sein + ein Partizip des Verbs geschrieben wurde. Auch Gerundiv und Gerundium wurden gerne umschrieben.
Generell kann man sagen, dass die mittellateinische Grammatik der deutschen wesentlich ähnlicher war als die des klassischen Latein. Ob das aber mit der nichtlateinischen Muttersprache der Autoren zu tun hat, weiß ich nicht, dazu weiß ich auch zu wenig über die nichtlateinischen Sprachen des Mittelalters. Immerhin neigt auch heute noch das Englische (zumindest das Geschriebene) oft zu wesentlich knapperen Ausdrucksweisen (z. B. Partizipkonstruktionen) als das Deutsche, in dem heute gerne wortreich viel umschrieben wird.