Letzte öffentliche Rede Hitlers

MoosbachBube

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Stimmt es, dass Hitler am 8.11.1943 in München seine letzte Rede vor Publikum hielt?

Habe das vor Jahren in einer Doku gehört. Konnte aber bis jetzt nicht herausfinden, ob es auch stimmt.
 
Das ist eine gute Frage.

Hitler hält am 8. November [1943] seine letzte öffentliche Rede in München - zum Jahrestag des Feldherrnhallen-Putschs von 1923.
Widerstand gegen Hitler: Stauffenbergs Vorläufer

Am 26. Juni 1944 hielt Hitler seine letzte öffentliche Rede.
Die Mobilisierungs-Diktatur

Hitlers letzte öffentliche Rede 30. 12. 1944
Österreichische Mediathek

Traudl Humps wird Zeugin des Stauffenberg-Attentats, tippt Hitlers letzte öffentliche Rede im Januar 1945
Deutsches Historisches Museum Berlin

Das scheint die Rede vom 30. Januar 1945 gewesen zu sein, möglicherweise nur über Rundfunk?
An Bord des deutschen Schiffes spricht gerade der "Führer". Über Lautsprecher wird seine Rede zum Tag der "Machtergreifung" exakt zwölf Jahre zuvor übertragen. Es ist Adolf Hitlers letzte öffentliche Rede, und sie endet mit dem Abspielen der Nationalhymne.
Katastrophen
 
Danke für die Antwort!

Am 30.1.1945 war es jedenfalls nur eine Rundfunkansprache. Das war jedenfalls das letztemal das die Deutschen ihren Führer hörten. Auch das musste Goebbels ihm abringen. Denn Hitler hatte keine Lust mehr darauf sich an das Volk zu wenden.
 
Ich habe noch mal ein bisschen im Fest geblättert, leider ohne Sachregister wie beim Kershaw. Da heißt es S.922:
Seit Stalingrad scheute Hitler zusehends die Öffentlichkeit und hat danach im Grunde nur noch zwei große Reden gehalten.
Darauf wird eine Rede vom 8.11.1942 erwähnt, als "eine seiner letzten Reden" (S.923), ja richtig, 1942. Druckfehler? Wenn ja, dann ist die vom 8.11.1943 gemeint, aber nur als "eine seiner letzten Reden". Man gibt sich in dieser Frage unbestimmt.
 
Ich habe mir jetzt auf YouTube die Hitler Rede vom 8.11.1942 angesehen bzw. angehört (es war keine Filmaufnahmen, es wurden nur Fotos gezeigt). Ich hatte zwar oft Ausschnitte von Reden gehört und gesehen. Natürlich auch den Ausschnitt wo er Stalingrad anspricht, habe ich oft gehört. Eine ganze Rede habe ich aber noch nie gehört. Ich war etwas enttäuscht. Na ja ich fand ihn rhetorisch nicht sehr faszinierend. Er war ein Monster, aber das Reden halten war ja seine große Stärke. Da finde ich Goebbels und Fritzsche rhetorisch besser. 1942 war er wohl auch nicht mehr in Hochform.
Was mich etwas wunderte, war das er so oft auf den Herbst 1918 verwies. Im November 1942 waren die Offensiven in Ägypten und den Kaukasus gescheitert. Aber offiziell lief es ja noch gut. Auch auf die Sowjetunion ging er nicht so oft ein. Vor allem griff er Roosevelt und Eden an.
Wenn 9.11.1943 die letzte „wirklich“* öffentliche Rede von ihm war, dann würde ich sie gerne hören oder lesen. Wenn er im November 1942 schon so nervös war, was war dann ein Jahr später.

* vor eine großen Gruppe und öffentlich übertragen.
 
1942 war er wohl auch nicht mehr in Hochform.
Was mich etwas wunderte, war das er so oft auf den Herbst 1918 verwies. Im November 1942 waren die Offensiven in Ägypten und den Kaukasus gescheitert. Aber offiziell lief es ja noch gut. Auch auf die Sowjetunion ging er nicht so oft ein. Vor allem griff er Roosevelt und Eden an.
Wenn 9.11.1943 die letzte „wirklich“* öffentliche Rede von ihm war, dann würde ich sie gerne hören oder lesen. Wenn er im November 1942 schon so nervös war, was war dann ein Jahr später.

Hierzu:

Der Bezug zum November 1918 ist in dieser Rede deswegen so stark, weil sie anlässlich des Jahrestags des Hitlerputsches in München am 8/9 November* 1923 gehalten wurde.
Die Nazis und die anderen involvierten Rechtsextremen unternahmen den Putsch ja durchaus vor dem Hintergrund der Dolchstoß-Legende um das was sie als das "Regime" derer, die sie für "Novemberverbrecher" hielten betrachteten, also die Republik und die Demokratie per se zu zerstören.

Dementsprechend nimmt der Bezug auf den Herbst 1918 da natürlich eine prominente Rolle ein, weil es eben um die Inszenierung und Glorifizierung dieses Putschversuches ging.

Kleiner Literaturverweis zum Theme dieser Rede:

"[...]Als Hitler am 7. November 1942 wieder nach München reiste um am folgenden Tag seine Traditionelle Rede zu halten, hatte der deutsche Herrschaftsbereich zwar seine größte Ausdehnung erreicht. Doch in der Sowejtunion wurde erbittert um Stalingrad gekämpft, und auch die aktuellen nachrichten aus Nordafrika waren denkbar schlecht für das NS-Regime.
Am 2. November hatten britische Pannzer die deutsche Front durchbrochen und Rommel hatte den Rückzug befohlen, noch bevor Hitlers strikter "Sieg-oder Tod-Befehl" bei ihm eingetroffen war. Während der Bahnfahrt wurde Hitler nun auch noch gemeldet, dass Turppen der Aliierten in Algerien landeten. Damit griffen amerikanische Bodentruppen in die Kämpfe auf dem europäischen Kriegsschauplatz ein. Die Idee des Außenministers Ribbentropp, Friedenfühler zu Stalin auszustrecken, lehnte Hitler kategorisch ab. "Ein Augenblick der Schwäche sei nicht der geeignete Zeitpunkt für Verhadlungen mit dem Feind." Wenige Stunden vor dem Beginn des Treffens im Löwenbräukeller wurde die Meldung von der Landung der amerikanischen Truppen in Nordafrika im Rundfunk verbreitet, und sie rief nicht nur in der Bevölkerung Bedenken und Sorgen hervor, sondern beunruhigte auch die "Alten Kämpfer". Das der Beginn von Hitlers Rede um eine Stunde auf 18 Uhr verschoben wurde, erhöhte die Nervosität noch. Die Parteiversammlung sei "elektrisiert", hielt Goebbels in seinem Tagebuch fest, "jetzt muss der Führer reden Er zieht sich kurz zu einer Ausarbeitung seiner Rede zurück; sie wird sozusagenn aus dem Stehgreif entworfen." Hitler kam auf die Landung in Algerien kaum zu sprechen und konzentrierte sich ganz auf die Eroberung und das Halten von Stalingrad. Er verstieg sich zu der Behauptung, er habe Stalingrad bis auf "ein paar ganz kleine Plätzchen" bereits erobert und machte aus der Stadt einen "gigantischen Umschlagplatz" der sowjetischen Kriegsindustrie, der endlich ausgeschlatet werden müsste. Mit dieser Rede verbaute Hitler sich selbst die letzte Möglichkeit, die deutsche Armee vor dem Einbruch des Winters aus Stalingrad zurückzuziehen, die Frontlinie nach Westen zurück zu nehmen und so weniger anfällig zu machen. Er wollte jedes Anzeichen von Schwäche vermeiden und setzte alles auf die vage Hoffnung, dass die sowjetische Verteidigung bald irgendwie zusammenbrechen würde.
In Anspielung auf den November 1918 erklärte er: "Das Deutschland von einst hat um drei Viertel 12 die Waffen niedergelegt - ich höre grundsätzlich erst 5 Minuten nach 12 auf!" Hinter ihm stehe "die deutsche Heimat" und "die ganze Nationalsozialistische Partei" als Gemeinschaft." Das unterscheide die jetztige Zeit von der einstigen. Hitler zog auch Parallelen zwischem dem 9. November 1923 und dem Winterfeldzug 1941/1942. So wie der 9. November 1923 schließlich zum 30. Januar 1933 geführt habe, so gelte "Der Sturm, der uns im vergangenen Winter nicht umgeworfen hat, der hat (...) uns nur stärker gemacht!" Die bereits seit Jahren von der Propaganda verkündete "Logik", dass Niederlagen am Ende zum Sieg führten, wenn man nur willensstark, kompromisslos und fanatisch sei, war nun besonders gefordert. "Ich verlange von jedem Parteigenossen, dass er mit äußerstem Fanatismus genau so wie in der Kampfzeit Träger des Glaubens an den Sieg und an den Erfolg ist."
Goebbels schwärmte im Tagebuch in den allerhöchsten Tönen von dieser Rede Hitlers, für die ihm die "Alten Kämpfer" eine Ovation nach der anderen gebracht hätten. Die Berichte des SD belegen dagegen, dass Hitlerreden bei den meisten Deutschen jetzt "nur noch oberflächliche Wirkungen" auslösen konnten. Das galt nach nach dem Urteil von Ian Kershaw ganz besonders für die vom 8. November 1942. "Diese Rede zählte nicht zu Hitlers rhetorischen Glanzleistungen. Er war stets dann ein überzeugender Redner, wenn es ihm gelang die Wirklichkeit auf eine für sein Publikum plausible Weise zurechtzubiegen. Aber jetzt klammerte er Tatsachen aus oder stellte sie auf den Kopf. Die Kluft zwischen Rhetorik und Realität war zu breit geworden." [...]"


Zitiert nach: Niess, Wolfgang: Der Hitlerputsch 1923, Geschichte eines Hochverrats, München, 2023 S.294-296.


Der starke Bezug auf den November 1918 dürfte sowohl dem Umstand, geschuldet gewesen sein, dass die Veranstaltung auf der Hitler diese Rede hielt, im Wesentlichen eine Veranstaltung von Nazis für Nazis, bzw. für die Veteranen von 1923 war, bei denen die Dolchstoßlegende "common sense" war, die der militante Widerstand gegen diejenigen, die sie für "Novemberverbrecher" hielten zusammengebracht hatte und der Tatsache, dass angesichts der immer prekärer werdenden Lage, Hitler es wohl für notwendig hielt seiner eigenen Gefolgschaft zuzusichern, dass sich das mit ihm nicht wiederholen würde.
Das die Rede kein rhetorisches Glanzstück war, mag daran liegen, dass sie, wie Niess und Kershaw betonen einfach den Spagat zwischen Rhetorik und Realität nicht mehr hin bekam, möglicherweise, wenn man Goebbels glauben darf, dass sie in Teilen improvisiert war, auch damit, dass Hiter sie im Gegensatz zu früheren Reden nicht entsprechend einstudieren und an der Wirkung arbeiten konnte.









*Hitlers berüchtigert Auftritt im "Bürgerbräukeller" fand am 8., der Zug der Putschisten durch die Münchner Innenstadt, der dann vor der Feldherrenhalle von der Bayerischen Landespolizei gestoppt wurde, fand am Tag darauf statt.
 
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