"Historiker und Anthropologen finden keine Beweise für eine größere Einwanderung von Kelten auf die Britischen Inseln." Geo Epoche, 47 Die Kelten, Januar 2011.
Um das auch noch mal von einer anderen Seite aufzuziehen: Ich weiß nicht, wie eng hier der Begriff Historiker gefasst wird. Schriftdokumente, welche von der keltischen Einwanderung auf die britischen Inseln erzählen, gibt es natürlich nicht.* Unsere einzige Quelle hierfür sind neben Produkten, die bzw. deren Technik auch anderweitig hierhergekommen sein können, die Ortsnamen keltischen Ursprungs und die Personennamen, die bei den Römern genannt werden. Das Problem ist eben, dass Ortsnamen und Personennamen bei den Römern einschließlich der noch lebendigen keltischen Sprachen immer erst dann nachweisbar sind, wenn sie erstmals dokumentiert sind, also mit den Römern. Es ist allenfalls vernünftig anzunehmen, dass die Namen und Sprachen schon dort waren, bevor sie dort erstmals schriftlich dokumentiert wurden. Deshalb sprach ich auch von Protogeschichte.
Bei Anthropologen sieht es ähnlich aus. Die sind abhängig von den Funden der Archäologen. Nun gibt es zwar latènezeitliche Körperbestattungen, aber die sind gegenüber den latènezeitlichen Feuerbestattungen deutlich in der Minderzahl, ergo, sie sind selten. Anthropologen können aber allenfalls etwas mit den nichtfeuerbestatteten Überresten etwas anfangen. Dabei gilt: Je älter Knochen werden, desto unwahrscheinlicher ist es, dass man noch DNA aus ihnen extrahieren kann. Außerdem bedarf es dann des Zufalls, dass man ausgerechnet den Knochen eines Zugewanderten findet, der enger verwandt mit einem Festlandbewohner war, der auch noch für die DNA verwertbares Knochenmaterial lieferte - wohlgemerkt in einer Gesellschaft, die Feuerbestattung bevorzugte. (Von unterschiedlichen Erhaltungsbedingungen durch das umgebende Bodenmilieu will ich hier gar nicht lange reden.)
Nämliches gilt für die Strontiumisotopenanalyse, mit deren Hilfe man anhand des Zahnmaterials herausfinden (bzw. richtiger wäre eingrenzen) kann, in welchen Regionen ein Mensch im Laufe seines Lebens gelebt hat. In der Migrationsarchäologie ist die Strontiumisotopenanalyse eines der wichtigsten Hilfsmittel. Nun ist aber auch da wiederum notwendig, das geeignete Zahnmaterial zu finden und man müsste schon Leute finden, die selber gewandert sind, deren Nachkommen würden das "Wanderungsmuster" eben nicht mehr tragen. Sprich: Eine fünfköpfige Familie wandert von den französischen Alpen Loire und Seine hinauf zur Küste und setzt nach England über. Nach der Ansiedlung in England wird ein weiteres Kind geboren: Während bei den Eltern, Großeltern und Geschwistern die Mineralienablagerung im Zahnmaterial verraten würde, dass sie einen Großteil ihres Lebens in den französischen Alpen verbracht haben, wäre bei dem Neugeborenen, das vielleicht ein Jahre nach Ankunft geboren worden wäre, und dann zeitlebens in England lebte, die Herkunft aus den französischen Alpen nicht nachweisbar. Aber auch hier wieder: Aufgrund der Vorliebe der latènezeitlichen Kelten für Brandbestattungen sind entsprechende Zahnüberreste wiederum Glücksfälle (wenn der Verstorbene denn überhaupt noch welche im Mund hatte). Ergo: Das Datenmaterial, welches Anthropologen aus der fraglichen Zeit haben, ist allenfalls dünn.
Bei der Hallstattzeit waren auf dem namensgebenden Gräberfeld die Körperbestattungen zwar in der Überzahl, aber die sind entsprechend älter und entsprechend schwieriger ist natürlich der DNA-Nachweis für diese Epoche.
*Der früheste Beleg ist eine irische Sage aus dem Mittelalter, deren Wurzeln aber auf Darstellungen von Nennius und Orosius zurückgehen und die sich dadurch selbst entlarvt, dass sie z.B. aus den militis Hispaniae des Nennius eine irokeltische Dynastie macht, die Míl Espaine (oder Milesier).
Zuletzt bearbeitet: