Mensch Timotheus, dass es Dich hier noch gibt...
Sorry, daß ich nie auf Deine beiden Anfragen geantwortet hatte. Ich habe sie erst mit etwa fast vier Jahren Verspätung gelesen. So lange war ich nicht im Forum.
Auch ich war mal aktiver Bogenschütze. Allerdings endet meine "Gewichtsklasse" bei etwa 45-55lbs, wenn ich wirklich ein paar Pfeile schießen und nicht nur ein Mal ziehen will.
Ich besitze einen originalgetreu nachgebauten Mongolenbogen mit 50lbs, habe ihn aber ehrlich gesagt noch nie geschossen, weil mir die handgearbeiteten Pfeile zu schade sind. Er hängt nur an der Wand. Es ist ein kurzer Recurve-Bogen mit einer speziellen Verstärkung/Form der Wurfarme im Bereich der Nocken. Dadurch soll angeblich die Pfeilgeschwindigkeit größer werden als bei einem "normalen" Bogen, wie der Bogenbauer behauptete.
Ich kann mit Sicherheit sagen, dass es mit einem 40lbs Bogen, das ist die übliche Stärke für Herren Turnierbogen, überhaupt kein Problem ist auf 100m zielgenau zu schiessen. Mit Blankbogen, also ohne Visier, Stabilisatoren, etc. ist das mit dem Zielen natürlich eine andere Sache. Das brauchte man aber in der Regel in mittelalterlichen Schlachten auch nicht, weil man in die Menge schoss. Irgenwen hat es schon getroffen.
Die Geschichte mit dem Bosporus-Schuß kenne ich auch. Ich meine sogar gelesen zu haben, dass es eine generelle Aufnahmeprüfung für eine bestimmte türkische Elite gewesen sein soll.
Jedenfalls gelten türkische Bogen wirklich als die besten und stärksten. Sie waren oft auch aus Horn und nicht aus Holz.
Englische Langbogen (ursprünglich stammen sie aus Wales) waren aus Eibenholz gefertigt und haben wirklich Zugstärken von 80-120lbs gehabt. Man kann sich heute gar nicht mehr vorstellen, wie schwer so ein Bogen zu spannen gewesen sein muss. Die Menschen waren im Durchschnitt damals einfach kräftiger als wir. Das lag vor allem daran, dass fast jeder permanent körperlich Arbeiten musste. Es nicht stimmt jedenfalls nicht, dass der Bogen "die erste Verteidigungswaffe derer, die mehr Hirn und weniger Bizeps hatten" gewesen ist, wie oft behauptet wird.
Mit einem solchen 120lbs Bogen konnte man angeblich locker durch eine Eichentür schießen. Unter Verwendung entsprechenden Spitzen wurden definitiv die Rüstungen, auch Helme, des 14Jhd. durchschlagen und die hatten oft schon Platten-Harnische. Die dafür nötige Distanz kann ich nicht aus dem Kopf genau sagen. Ich schätze sie so auf ca. 150m. Man sollte dafür mal in Berichten über Crécy und Agincourt nachschlagen. Das kann ich bei Gelegenheit gene mal tun.
Ob die schweren Feldplattenrüstungen der Renaissance - sie waren so stark gepanzert, dass die Ritter wegen des Gewichtes z.T mit Flaschenzügen auf das Ross gehievt werden mussten - noch von Bogen duchschlagen werden konnten, weiß ich nicht. Wahrscheinlich nicht. Allerdings waren zu der Zeit Bogen auch weitgehend von den Schlachtfeldern Europas verschwunden.