1. Ja, die Diskussionen sind mir noch gut im Gedächtnis. Und die Ergebnislosigkeit derselben ebenfalls.
2. Ich will diese unselige und vor allem fruchtlose Diskussion keinesfalls fortführen. Was mich interessiert:
3. Ich hoffe, dass man mir da weiterhelfen könnte, denn das Thema würde mich sehr interessieren.
zu 1. Es ist bemerkenswert, dass Dir im Rahmen der damaligen Diskussion die wichtigsten Theoretiker zur Erklärung der Bildung von Nationen angeboten wurden, die allerdings nicht mit Deiner Meinung kompatibel sind, und Du bewertest diese Diskussion als "ergebnislos". Dass Du in der Zwischenzeit diese Ansätze nicht in Deinen Interpretationsansatz zur Formierung "Deutschlands" als kultureller bzw. politischer Nation integrieren konntest, spricht nicht gerade für die "Offenheit" Deiner Sichtweise.
zu 2. Diese Anregungen als "unselig" und "fruchtlos" zu qualifizieren verstärkt leider den Eindruck, dass Du nicht nach neuen Erkenntnissen sucht, sondern im wesentlichen das Ziel verfolgst, Deine Vor-Urteile offensichtlich noch besser abzusichern.
zu 3. Andernfalls hättest Du Dich den Thesen der referierten Literatur gestellt und wärest argumentativ darauf eingegangen und es hätte Dich durchaus weiter bringen können, was ein K.W. Deutsch zu diesem Thema gesagt hat.
Ich meine auf jeden Fall die Zeit vor der Emanzipation, auf gut deutsch: von Süßkind von Trimberg bis ins frühe 18. Jahrhundert.
Wie die Juden sich aber selbst betrachteten, seit wann sie sich selbst "Deutsche" nannten, seit wann sie Deutschland als ihre Heimat betrachteten und ob die nichtjüdischen Deutschen sie auch als "Deutsche" anderen Glaubens oder als "Fremde" betrachteten, wird dort nicht geklärt.
Da dieses die Variation Deiner bisherigen Thesen ist, leicht variiert durch die Betrachtung der Situation der Juden im HRR, erfolgt eine im Prinzip identische Antwort.
http://www.geschichtsforum.de/f44/deutsche-identit-t-bei-den-schweizern-40984/index4.html
Vereinfacht kann man nach wie vor argumentieren, dass es keine Grundlage gab im HRR, dass sich eine kollektive Identität ausprägt, die über die regionalen Bezüge bzw. die Bindung an die jeweiligen Höfe hinausging.
Unabhängig von Ausnahmen einzelner Persönlichkeiten, die für sich proto-nationale Ideologien bereits formuliert haben. Diese aber mangels einer Kommunikations-Infrastruktur oder via nicht vorhandener sozialer Netzwerke nicht verbreiten konnten.
Zudem ist zu vermerken, dass es keinerlei historische Anlässe gab, die in der "normalen" Bevölkerung eine kollektive Identität begünstigt hätten, die als proto-nationalistische deutsche Orientierung hätte angesprochen werden können. Kein Mythos, der identitätsstiftend hätte wirken können. Das kam deutlich später!!!
Man war preußisch, hessisch etc. in der Sichtweise, vielleicht ergänzt auch durch evangelische oder katholische Werte, oder auch auch Adeliger oder Bürger in seiner mentalen Haltung, aber sicherlich nicht deutsch in der kollektiven Identität!!!
Man fühlte sich nicht selten noch direkt seinem König etc. verbunden, nicht zuletzt da wir zu diesem Zeitpunkt es auch im HRR mit absolutistischen Regierungsormen zu tun hatten, wie unvollkommen sie auch im Einzelnen ausgeprägt waren.
http://books.google.de/books?id=Tmp...&sa=X&ei=iwelUf6rAojbOp69gagH&ved=0CDIQ6AEwAA
In diesem Kontext und unter dieser Voraussetzung die Frage nach einer nationalen Identität der Juden im frühen 18. Jahrhundert in den einzelnen Staaten im HRR aufzuwerfen wirkt da merkwürdig.
Sofern man überhaupt von substantiellen, historischen Voraussetzungen zum Aufbau einer kollektiven Identität an die jeweiligen Königreiche (z.B. Preußen) ausgehen kann, wirkte sich die Verleihung der vollen Bürgerrechte sicherlich förderlich aus (z.B. Preußen 1812) (vgl. Rapport, S. 166).
Wie insgesamt zu diesem Zeitpunkt ein geringer Antisemitismus vorhanden war, so Rapport. .
Und im Rahmen der Formierung des liberalen Nationalismus waren es 1848 im Frankfurter Parlament beispielsweise mit Eduard Simson und Gabriell Risser zwei Politiker jüdischer Abstammung, die den liberalen Natinonalstaatsgedanken mit formuliert haben. Wobei sie sich ihrer Abstammung vermutlich weder positiv noch negativ bewußt waren, da sie für die damalige politische Diskussion im Kreise des liberalen Nationalismus keine Rolle gespielt hat.
Ähnlich wie bereits im revolutionären Frankreich fünfzig Jahre früher, in dessen Verlauf religiöse Konfliktlinien in den Hintergrund getreten sind.
1848: Year Of Revolution - Mike Rapport - Google Books
In der vorherigen Diskussion wurde bereits auf wichtige Publikation verwiesen. Zwei hervorragende Reader zu dem Thema mit sehr konträren Positionen und Ansätzen.
Nationale und kulturelle Identität - Google Books
Nationales Bewußtsein und kollektive Identität - Google Books
Sehr kritisch und kompetent und in komparativer Perspektive:
Staat und Nation in der europäischen Geschichte - Hagen Schulze - Google Books
Mehr populärwissenschaftlich
Die Erfindung der Deutschen: Wie wir wurden, was wir sind - Klaus Wiegrefe, Dietmar Pieper - Google Books
Zwei gute Übersichtdarstellungen zum aktuellen Stand der Nationalismusforschung
Nationalbewegungen und Nationalismus in Europa - Siegfried Weichlein - Google Books
Nation- Nationalität- Nationalismus - Christian Jansen, Henning Borggräfe - Google Books
Sofern man sich mit den Grundlagen der Wissenssoziologie beschäftigen möchte (um zu verstehen welche Prozesse der ideologische Formierung der Akteure bzw. Intelligenz in der 2. Hälfte des 18. Jahrhundert abliefen), ist Mannheim nach wie vor die Referenzgröße. Er stellt sich die Frage, warum bestimmte Generationslagerungen an bestimmte Werte bzw. Ideologien glauben, die sich distinkt von anderen unterscheiden.
Ideology and Utopia - Karl Mannheim - Google Books
In einem neueren Ansatz fortgeführt durch die Kognitions-Soziologie bzw. auch Kognitions-Psychology.
Social Mindscapes: An Invitation to Cognitive Sociology - Eviatar Zerubavel - Google Books