Hallo
@Maglor
Ich halte die These von der byzantinischen Provinienz der Fibel für abenteuerlich.
Kleinkunst mit Alamandineinlagen sind seit dem 5.Jh in germanischem Kontext archäologisch belegt. Im 7.Jh hat Bischof Eligius mindestens 2 Stücke mit Alamandineinlagen gefertigt (Kelch von Chelles [mittlerweile verloren] das Eligiuskreuz aus St,Denis [m.W. existiert nur noch ein 10cm Fragment im Musee de Cluny]). Das zeigt,das die Goldschmiedekunst + Almandineinlagen auch von german. Goldschmieden, oder besser von Goldschmieden außerhalb Roms und Byzanz gefertigt wurden.
Warum wurde die Fibel von Jan Bemmann byzantinischen Werkstätten zugeordnet?
1. Zeitstellung des Grabbefundes: das Grab wird in die Mitte des 5.Jahrhunderts datiert.
a) der Kamm der jungen Frau: "
Kämme mit zwei halbrunden Zierleisten, deren Mittelfeld durch geometrische Muster geschmückt wird, zählt M. C. Blaich zu seiner Gruppe 4 und datiert sie in das späte 4. und gesamte 5. Jahrhundert . In einer Bestattung aus Baljevac am Fluss Ibra tritt solch ein Kamm in Kombination mit einer Münze des Arcadius (395 – 408) auf."
b) die Ohrringe: "
An den Seiten des Kopfes befand sich ein Paar goldener Ohrringe von 3,5 cm Durchmesser mit durchbrochen gearbeiteten Polyedern und Almandineinlage , die im Karpatenbecken schon in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts auftreten, im alamannisch-fränkischen Gebiet jedoch erst gegen Ende des 5. Jahrhunderts auszumachen sind"
c) die Schnalle:"
Knapp oberhalb des rechten Beckens lag eine silberne, vergoldete, 6,5 cm lange Schnalle mit einer nierenförmigen Riemenkappe, deren wellenförmiges Stegwerk plan geschliffene Almandine auf vergoldeten Silberfolien hält . Anhand der beiden rautenförmigen Zellen mit einer weißlichen Schwefelfüllung und einem gesondert gefassten mugeligen Almandin im Zentrum lässt sich das Exemplar aus Oßmannstedt mit der Schnalle aus Rüdern, Lkr. Esslingen, derjenigen aus Wolfsheim, Lkr. Alzey-Worms, und dem rechteckigen Beschlag aus Blučina, okr. Brnovenkov, zu einer in das dritte Viertel des 5. Jahrhunderts zu datierenden Gruppe mediterraner Arbeiten verbinden."
Zusammenfassend Bemmann:"
Die Bestattung von Oßmannstedt ist das früheste und einzige childerichzeitliche Grab in Mitteldeutschland mit polychrom verzierten Artefakten; anscheinend alle Gegenstände im Grab und auch die Person selbst sind fremder Herkunft. Versucht man anhand einer Überschneidung der Verbreitungskarten ein Fazit zu ziehen, liegt der Gedanke nahe, dass die junge Frau in den ostgotisch beherrschten römischen Provinzen des Karpatenbeckens in einer Familie aufgewachsen ist, die Zugang zu den Produkten aus den besten mediterranen Werkstätten hatte und sie prächtig ausgestattet nach Thüringen schicken konnte."
Herkunft des Schmuckes und deren Trägerin:
a) der Schädel der Frau: "
In 210 cm Tiefe war eine 165 cm große 25-jährige Frau, deren Schädel durch Bandagieren während der Wachstumsphasen artifiziell deformiert worden war, in einem 80 cm breiten Grabschacht mit Absatz in einem Brettersarg beigesetzt worden."
b) der Bronzespiegel als Grabbeigabe:
"Unter dem linken Fuß lag ein vergangener Beutel mit Silberbeschlägen, darin befand sich ein zweireihiger Dreilagenkamm mit kreuzförmigem Durchbruchsmuster im Mittelfeld, darunter lag ein Bruchstück eines mit 13 bis 15 cm Durchmesser ungewöhnlich großen, gegossenen Bronzespiegels vom Typ II nach Anke . Spiegel dieser Form, zumal zerbrochen, beigegeben finden sich vor allem im Karpatenbecken."
c) die Kombination der Funde und Verbreitungsgebiete z.B. des Kammes:"
Weist die Kombination von Polyederohrringen, deformiertem Schädel und Beigabe eines Spiegelfragments schon auf die Herkunft der Bestatteten aus dem Karpatenbecken hin, setzt der 13,4 cm lange und 8,3 cm hohe, kunstvoll gefertigte Kamm zumindest einen Kontakt zu provinzialrömischen Werkstätten voraus, weil die Verbreitung von vergleichbar gestalteten Kämmen eine klare Bindung an das provinzialrömische Gebiet zeigt. Hervorzuheben ist, dass die filigran wirkenden Kämme mit drei gegeneinander versetzten Reihen kreuzförmiger Durchbruchsmuster ausschließlich im östlichen Teil des Verbreitungsgebietes vorkommen, solche mit einem einreihigen Kreuzdurchbruchsmuster hingegen nur im Westen vertreten sind."
d) die Adlerfibel selbst: "
Den unteren Abschluss bildeten drei Ösen, von denen nur zwei erhalten sind und die zur Aufnahme von Pendilien dienten. Letztere kennzeichnen kostbare spätrömische Arbeiten: „Als wesentliches Kennzeichnen der Kaiserfibeln hat neben den großen edelsteinbesetzten Zierfeldern vor allem die Anbringung der Pendilien zu gelten“. Diese Fibel spiegelt das Bedürfnis der jungen Frau bzw. ihrer Familiengruppe wieder, sich in der Selbstdarstellung den höchsten Führungsschichten im Imperium anzugleichen."
Zusammenfassend: die Fibel wird früher datiert als vergleichbare Funde aus germanischen Produktionsstätten.
Die Pendilien (Tropfenperlen) gehören zum Trachtbestandteil byzantinischer Kaiserinnen.(M. Nawroth, Der Fund von Domagnano, Republik San Marino. Einflüsse der byzantinischen Hoftracht auf Schmuck und Kleidung der Goten. Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2000, 89ff.) Möglich wäre es, dass die junge Frau in ihrer Kindheit noch unter hunnischer Oberhoheit im Karpatenbecken aufgewachsen ist.
Meiner Ansicht nach ist die Beurteilung der Adlerfibel ein Beispiel, wie wichtig es ist Fundzusammenhang und dessen Eingruppierung (Verbreitung, Technik, Vergleich mit anderen Funden) nicht zu vernachlässigen, um ein einzelnes Schmuckstück beurteilen zu können.
Mitteldeutschland im 5. Jahrhundert – Eine Zwischenstation auf dem Weg der Langobarden in den mittleren Donauraum?
Unten Marmorbüste der Kaiserin Theodora 5430/540 mit, Kopfschmuck mit tropfenförmigen Perlen (Pendilien)