Welcher Art, Vertrag o.ä., war denn der Abschluß nach dem ersten Zusammenkommen zwischen Russland-Frankreich 1892 - mE galt die Militärkonvention erst seit 1894?
Erst 1894 wurde die Militärkonvention ratifiziert.
Auch als Defensivbündnis kam für Russland nicht in Betracht je nach Aktenlage mit A gegen B oder mit B gegen A zu marschieren. Das würde bedeuten, zwei sich widersprechende Feldzugspläne vorzuhalten. Wie sollten denn da vorher Absprachen mit A und/oder B stattfinden?
Es war Zar Nikolaus seine eigene Idee. Übirgens kann man Abmachungen modifizieren und ein Generalstab ist immer in der Lage mehrere Feldzugspläne zu erstellen und der aktuellen Sitaution entsprechend zu aktualisieren. Der Grund für das Scheitern von Björkö liegt nicht hier, sondern weil die russische Regierung aus rein prinzipiellen Erwägungen so eine Abmachung mit dem Deutschen Reich ablehnte. Es war schon ein unschönes Spiel, was die Russen da mit den Deutschen gespielt haben. Und für Frankreich kam eine Allianz mit dem Deutschen Reich ebenfalls grundsätzlich nicht in Frage, denn das hätte ja bedeutet, das man definitv auf eine Revanche und der Rückgewinnung von Elasß-Lothringen verzichtet hätte.
Auch denke ich - weiss es aber jetzt nicht und sehe gerne deiner Antwort entgegen - dass beide Verträge nicht nur Bündnispflicht vorsahen sondern eine wohlwollende Neutralität bei anderen Konflikten.
Björkö sah nur, wie ich schon oben schrieb, das der eine Partner dem anderen beisteht, wenn dieser von einer anderen dritten europäischen Macht angegriffen wird. Nach Lage der Dinge konnte es sich nur um Großbritannien handeln. Und Frankreich sollte ja beitreten.
Wenn Bülow - wie du vermutest - mit diesem Passus Probleme hatte, zeigt dies meiner Meinung nach seine gedankliche Begrenztheit
Ich vermute es nicht, ich weiß es.
Wenn es zum Krieg zwischen Grossbritannien und dem Deutschen Reich gekommen wäre (als Bündnisfall zwischen Entente und Dreibund) dann braucht man Russland für den Landkrieg nicht, im Seekrieg ist es ebenfalls keine Hilfe, durch seine Neutralität hingegen gewinnt der Dreibund und Grossbritannien stünde einsam wie 1940
Im Jahre 1905 gab es keine militärischen Abmachungen zwischen Großbritannien und Frankreich. Die Entente Cordiale war ein weltweiter kolonialpolitischer Interessenausgleich zwischen diesen beiden Ländern. Militärische Absprachen wurden erst viel später getroffen. Großbritannien und Russland hatten zu jener Zeit noch reichlich Konflikstoff, der noch auf eine Lösung, die erst im Jahre 1907 zustande kam, gefunden wurde. Italien war zu dieser Zeit als Bündnisparter bereits reichlich unzuverlässig und mindest ein unsicherer Kantonist. Russland wurde also benötigt, denn die britsche Flotte konnte von der deutschen nicht bezwungen werden.
Mein negatives Urteil über Bülow begründet sich auf eine Summe von Fehleinschätzungen die Bülows Politik begleiten (z.B. Russland und England kommen nie zusammen), verantwortungslosem Handeln (z.B. in der Daily Telegraph Affaire) und gemeingefährlichem "Krisenmanagement" bei Krisen, die man z.T noch selbst verursacht hat (z.B. Marokko-Krise, bosnische Annexionskrise 1908). Alles in Allem stand das Deutsche Reich bei seinem Abgang als Reichskanzler isolierter da als zu Beginn. Seine "Weltpolitik" war ein Disaster, die Scherben hinterließ er seinem Nachfolger (an dem er kein "gutes Haar" liess - was seinen Charakter trefflich kennzeichnet!)
Mit der Fehleinschätzung, das auf den britisch-russischen Gegensatz dauerhaft zu rechnen ist, befand sich Bülow aber in bester Gesellsschaft. Mit ist kein deutscher Diplomat bekannt, der diesen Ausgleich vorhergesehen hat. Die deutsche Außenpolitik hat damit erheblich an Bewegungsspielraum verloren gehabt. Man hat ja auch nicht an den Ausgleich zwischen Frankreich und Großbritannien glauben wollen, obwohl es hier Warnungen aus deutsche Botschaft in London gegeben hat.
Die Weltpolitik wurde von Kaiser und Nation gefordert. Bülow hatte diese zu vollstrecken. Sicher, er war ein Nationalist und Imperialist, aber das war zu jener Zeit keiner Besonderheit. Die ganzen außenpolitischen Zusammenhänge sind reichlich kompliziert und lassen sich nicht auf wenige Zeilen darstellen.
Zur Dailey Telegraph Affäre möchte ich nur anmerken, das es m.E. nach fragwürdig ist, das Bülow das Interview wirklich nicht gelesen hat. Er verfügte über viel zu viel Erfahrung und gerade mit Wilhelm, als das er sich so einen Faupax leisten würde. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob er Wilhelm nicht mit Absicht "ins offene Messer" hat laufen lassen, um Wilhelm ein wenig zu diziplinieren; was ja dann auch tatsächlich gelungen ist. Bülow war sauer auf Wilhelm, weil dieser meinte sich in die Personalpolitik das AA einmischen zu müssen. So hatte Bülow seine Kandiaten für das Amt des Staatssekretärs mehrfach nicht durchsetzten können, sondern musste die des Kaisers akzeptieren.