Pompei: Pizza, Pinsa, Flammkuchen, Teller?

El Quijote

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Hm...

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Natürlich sieht das im ersten Augenblick aus wie eine Pizza. Aber wenn der Erbeerbaum korrekt als solcher identifiziert ist (die gelben Früchte), dann ist - ohne das die Größe ein Argument wäre - das Gebilde recht klein. Auch einen Granatapfel kann man so nicht essen. Der ist ledrig, man isst nur die Kerne, bzw. presst diese zu Saft. Daher habe ich Zweifel daran, dass es sich hier um einen Vorläufer der Pizza bzw. ein Fladenbrot handelt und tippe eher auf einen Teller (Terra Sigillata), Herr Zuchtriegel. Mich würde aber doch auch überraschen, dass die Erdbeerbaumfrüchte (ich nenne sie ab jetzt spanisch madroño) größer sein sollen, als ein Granatapfel. Das passt perspektivisch nicht. Zitronen?

Es fehlten allerdings "ein paar der typischsten Zutaten wie Tomaten und Mozzarella", hieß es von den Forschern weiter.​

Kunststück: Eine Pizza Magherita mit Tomaten vor 1519 wäre eine echte Sensation!
 
Bei genauem Betrachten will ich die madroñas mal gelten lassen und freunde mich auch mit der Fladenbrotthese an (ohne deswegen die Terra Sigillata-These zu verwerfen): aber wo ist der Granatapfel?
 
Ich glaube wir sind alle Stadtkinder und kennen die Milch nur in der Flasche (Idealfall) und im Karton (Normalfall), nicht aber vom Bauernhof, handgemolken...

Da sind mindestens 2 Granatäpfel (gelb-rot), liegend, mit Kelchblättern (grün) und Kelchzipfeln (grün) am Ende der Scheinfrucht. Die eine Frucht (rechts) ist geschlossen, die andere (links) ist teilgeöffnet. Und ein überreifer Granatapfel auf dem Teller, für den Gast aufgeschnitten, neben dem Messer.
Ein weiterer reifer Granatapfel ist glatt aufgeschnitten (gelb-weißlich und rot).

Macht mal (Stadtkind) eine Google-Bildersuche "Granatapfel"...
 
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Eher. Wahrscheinlich eine Art der Zitronatzitrone (Etrog), wofür auch die Blattform spricht. De. Wikipedia meint dazu:
In der Sammlung römischer Rezepte De re coquinaria, die einem Apicius zugeschrieben wird und in ihrer überlieferten Fassung aus dem 3. oder 4. Jahrhundert n. Chr. stammt, wird unter anderem ein Saucenrezept beschrieben, bei dem Zitronenschale mit Minze und Fenchel in einer Brühe verwendet wird.[10]
10. Helena Attlee: The Land Where Lemons Grow. S. 184.​
Die ›Saucière‹ daneben (mit zwei kleinen Abtropfflächen), worin das Häppchen vmtl. eingetaucht wurde, könnte mit so einer Brühe gefüllt gewesen sein.
 
Dass es pizzaähnliche Gerichte im alten Rom gab, ist doch schon länger bekannt. Spannender ist die Frage, ob sich das Vorkommen von Protopizzen bis in die Zeit der Tomaten in Europa hielt. Das wird ja mal so, mal so bewertet. (Jedenfalls in den Kochbüchern, die ich las.)
 
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Spannender ist die Frage, ob sich das Vorkommen von Protopizzen bis in die Zeit der Tomaten in Europa hielt.
Flammkuchen könnten ein Hinweis darauf sein. Alle Zutaten sind nicht aus den Amerikas importiert. Es ist eigentlich auch keine große Kunst, Brotteig mit ein paar Zutaten zu belegen und dann als Testballon in den Backofen zu schieben, bevor das eigentliche Brotbacken losgeht. Da stellt sich mir natürlich die Frage, wie weit lässt sich der Flammkuchen oder vergleichbare Produkte historisch zurückverfolgen.

@mods Könnten wir aus der "Pizzadiskussion" eventuell einen eigenen Faden machen?
 
Ich glaube wir sind alle Stadtkinder und kennen die Milch nur in der Flasche (Idealfall) und im Karton (Normalfall), nicht aber vom Bauernhof, handgemolken...

Da sind mindestens 2 Granatäpfel (gelb-rot), liegend, mit Kelchblättern (grün) und Kelchzipfeln (grün) am Ende der Scheinfrucht. Die eine Frucht (rechts) ist geschlossen, die andere (links) ist teilgeöffnet. Und ein überreifer Granatapfel auf dem Teller, für den Gast aufgeschnitten, neben dem Messer.
Ein weiterer reifer Granatapfel ist glatt aufgeschnitten (gelb-weißlich und rot).

Macht mal (Stadtkind) eine Google-Bildersuche "Granatapfel"...
Wie Granatäpfel aussehen, weiß ich. Die Blätter, die Blüten, die Früchte. Ich hab sogar schon versucht Granatäpfel zu ziehen. Im dritten Winter ist mir das Pflänzchen leider eingegangen, obwohl das nicht der mit den Kältespitzen war.
Sorry, ich sehe da keine Granatäpfel.

sehe ich neben dem Teller oder neben der "Urpizza" auf einem runden Tablett/Tischauflage noch eine Schüssel mit zwei Griffen, und mein Eindruck ist, dass diese nicht gerade winzig ist (wozu bräuchte man ein winziges Schüsselchen mit zwei Griffen?)
Das soll wohl ein Kratér sein. Schau dir auch mal einen Quaich an.
 
Es ist eigentlich auch keine große Kunst, Brotteig mit ein paar Zutaten zu belegen und dann als Testballon in den Backofen zu schieben, bevor das eigentliche Brotbacken losgeht.
@Ugh Valencia
Statt Elsässer Flammkuchen, der sehr dünn ist, gibt es auch die badische Variante namens "Datschkuchen" zum Ofentemperatur testen: ein etwas dickerer Brotteigfladen wird mittig "eingedatscht", saure Sahne, Speck und Käse drauf, dann in den Backofen -- so war laut Gengenbacher Holzofen-Bäckerei das traditionelle "ursprüngliche" Rezept (ob schon Bürgermeister Grimmelshausen das gegessen hatte, weiß ich nicht). Und das musste man dort vor über 30 Jahren vorbestellen, war prima - inzwischen wird ähnliches als "Schwarzwald-Pizza" quasi verramscht, nivelliert.

(Brot)Teigfladen belegt und gebacken soll den Römern nicht unbekannt sein.
 
Sorry, ich sehe da keine Granatäpfel.
Sehe ich auch nicht. Tippe aber auf das undefinierbare Rote auf der Protopizza, das zu dieser spekulativen Annahme geführt haben könnte.

so unterschiedlich können Wahrnehmungen sein (irgendwie kommt mir beides plausibel vor, große Schüssel und kleine Sauciere) - ich bin gespannt, wie eines Tages die offizielle Erklärung des Bildinhalts lauten wird.
Unterschiedlich sind die Wahrnehmungen nicht; du verwendest lediglich einen Sammelbegriff, während ich allein auf die Nutzung bezogen eine Bezeichnung für eine Saucen-Schüssel wählte und wegen dem Anachronismus in einfache Anführungszeichen setzte. Rein äußerlich handelt es sich wohl um einen Krater, wie von El Quichote festgestellt:
Das soll wohl ein Kratér sein.
hier allerdings metallen aussehend und nicht zum Mischen von Wein, sondern von einer Sauce, zumindest wie ich es vermute.
 
Sehe ich auch nicht. Tippe aber auf das undefinierbare Rote auf der Protopizza, das zu dieser spekulativen Annahme geführt haben könnte.
Falsch getippt. Der Granatapfel befindet sich direkt unterhalb der (möglicherweise silbernen) Schüssel (›Saucière‹, ›Krater‹, …) Hier ein weiteres Bild mit mehr Kontrast von der Wandmalerei, aus “A Proto-Pizza Emerges from a Fresco on a Pompeii Wall”, New York Times, 27. Juni 2023.

(Und noch paar Bilder von der Grabung @ The History Blog.)
 
Was mich nach wie vor stört, ist die Festlegung auf Pizza aka belegtes Fladenbrot. Für mich kann das nach wie vor ein Teller sein.
Was soll das sein2.jpg

Die Deutungen als Granatapfel, wie auch als Frutas de Madroño/Erdbeerbaumfrüchte sind für mich nur schwer nachvollziehbar.

Erdbeerb%C3%A4ume
 
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Für mich kann das nach wie vor ein Teller sein.
Auf diesem feinen Tisch voll Leckereien, also upper class Ambiente (Tagelöhner wohnten eher nicht zwischen Fresken, Wandmalereien, Mosaiken etc), neben einer wohl metallenen (Silber?) "Schüssel"/Krater ein derart primitiv dickrandiger, wulstiger, plumper Teller statt feinem Geschirr? Ich tendiere zum Brotfladen.
 
Ich mußte erst einmal nachsehen, wie ein römischer Teller aussieht. Hier finden sich einige Abbildungen:

Hauptformen römischer Teller, keramische Platten der Römer

Das könnte durchaus ein Teller sein, aber auch ein Teigfladen.


Eher. Wahrscheinlich eine Art der Zitronatzitrone (Etrog), wofür auch die Blattform spricht. De. Wikipedia meint dazu:

Die Ähnlichkeit mit der Zitronatzitrone ist schon frappierend. In dem von @Mashenka verlinkten Wiki-Artikel steht aber auch, dass diese Zitronen erst nach dem Fall Jerusalems 70 n. Chr. von Juden in Südeuropa eingeführt wurde. Falls diese Angaben richtig sein sollten, wäre es erstaunlich, diese Frucht auf einem Fresco in Pompeji zu sehen. Dieses Fresco muß ja 79 TAQ entstanden sein.
 
Einen irdenen Teller sehe ich offen gestanden nicht und fände ich auch etwas befremdlich im dargestellten Geschirrset, das im Übrigen ja offenbar aus Silber gefertigt zu sein scheint. Bei den botanischen Klassifizierungen bin ich raus ;)
 
Auf diesem feinen Tisch voll Leckereien, also upper class Ambiente (Tagelöhner wohnten eher nicht zwischen Fresken, Wandmalereien, Mosaiken etc), neben einer wohl metallenen (Silber?) "Schüssel"/Krater ein derart primitiv dickrandiger, wulstiger, plumper Teller statt feinem Geschirr? Ich tendiere zum Brotfladen.
Terra Sigillata ist Feinkeramik. Dragendorff 36 wird es nicht sein (Seitenansicht passt nicht), aber sieh mal hier:

Dragendorff36.jpg


Ich will aber gar nicht missverstanden werden, dass ich mich gegen das Fladenbrot positionierte. Mich stört eher die Festlegung darauf.
 
Für mich kann das nach wie vor ein Teller sein.
Die Form ist schon sehr regelmäßig dargestellt. Wäre aber auch eher der Meinung wie dekumatland:
Auf diesem feinen Tisch voll Leckereien, also upper class Ambiente (Tagelöhner wohnten eher nicht zwischen Fresken, Wandmalereien, Mosaiken etc), neben einer wohl metallenen (Silber?) "Schüssel"/Krater ein derart primitiv dickrandiger, wulstiger, plumper Teller statt feinem Geschirr? Ich tendiere zum Brotfladen.

Übrigens: ein ähnliches Gefäß aus dem Schatz von Berthouville (@ de. Wikipedia): eine »Skyphos« genannte Schale mit ähnlichem Gebilde über den Henkeln (@ Wikimedia Commons), das m.M.n. zum Halten mit den Daumen bestimmt war, während die Wandmalerei eher eine kleine Plattform zeigt.(›Abtropfflächen‹?) Auch dürfte die Schüssel auf der Darstellung wesentlich größer sein, sofern es sich beim Ding darunter tatsächlich um einen Granatapfel und bei den gelben Früchten um Zitronatzitronen handelt.

Die Ähnlichkeit mit der Zitronatzitrone ist schon frappierend. In dem […] Wiki-Artikel steht aber auch, dass diese Zitronen erst nach dem Fall Jerusalems 70 n. Chr. von Juden in Südeuropa eingeführt wurde. Falls diese Angaben richtig sein sollten, wäre es erstaunlich, diese Frucht auf einem Fresco in Pompeji zu sehen. Dieses Fresco muß ja 79 TAQ entstanden sein.
Eben. Wäre eine kleine Sensation… Keine Ahnung aber, worauf Helena Attlee in The Land Where Lemons Grow ihre Behauptung stützt (S. 180; die Stelle @ Wikipedia als Beleg aufgeführt).
 
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