Vor ca. 20 Jahren las ich ein Buch über den Einfluss des Wetters auf die Geschichte. Seitdem mein Vater mir mal in meiner Kindheit von der Varusschlacht erzählt hatte, mein erster Kontakt wieder mit diesem Thema.
Ich finde zwei Bücher, die sich mit dem Thema befassen (Ronald D. Gerste, Wie das Wetter Geschichte macht und Jan Klage, Wetter macht Geschichte. Der Einfluss des Wetters auf den Lauf der Geschichte), letzteres könnte es von den Publikationsdaten her sein (2002), ersteres eher nicht (2015). Aber vermutlich war es ein anderes Buch. (Wenn man richtig sucht, findet man es auch, das damals gelesene Buch war Erik Durschmied, Als die Römer im Regen standen. Der Einfluss des Wetters auf den Lauf der Geschichte. (London 2000, Berlin 2002.))
Ich habe damals, weil Durschmied so überhaupt gar keine Anklänge an Quellenkritik machte, mich sogar gefragt, ob Arminius überhaupt existiert habe, mich dann aber schnell davon überzeugen lassen. 2005 hatte ich mich eben noch nicht mit der Varusschlacht intensiv auseinandergesetzt.
Wir diskutieren hier im Forum ja andauernd über die Varusschlacht und die Schilderung des Cassius Dio, dass die Römer arg vom Wetter gebeutelt worden seien, wo ich mich immer wundere, warum die Germanen nicht. Damit kann ich mich nicht beim gesamten Publikum durchsetzen, viele begnügen sich damit, dass die leichter gerüsteten Germanen eben auch weniger Stoff am Leib hatten, der sich vollsog, etc. Und als die Baumkronen herabstürzten, weil der Sturm so heftig wütete, seien die Germanen halt nicht im Wald gewesen. Gut akzpetiert (für den Augenblick und als argumentatives Patt.)
Nun ist es ganz zweifelsohne so, dass Wetter und Klima Einfluss auf die Geschichte haben bzw. wetterbeeinflussende Umweltkatastrophen, wie Vulkanausbrüche. So sagen die Isländer, dass der Ausbruch des Laki 1784 (Mit)Ursache für die frz. Revolution 1789 gewesen sei. Und 1816, das Jahr ohne Sommer, ging auf den Ausbruch des Tambora 1815 zurück, der noch jahrelang damatische Folgen zeitigte und zu Hungersnöten führte, aber eben auch zu politischen Maßnahmen. (Wer sich jetzt fragt, was Vulkanausbrüche mit dem Wetter zu tun haben: Aufgrund von Aschestaubpartikeln, die über Wochen, Monate und Jahre in der Stratosphäre herumschwirren, verändert sich lokal, regional oder sogar global die Intensität der Sonnenstrahlung auf de Erde, der Winkel etc. so, dass es z.B. kälter ist, weniger Verdunstung stattfindet, es daher weniger regnet etc. - Physik und Metereologie sind nicht so meine Gebiete, daher bitte Nachsicht walten lassen).
Derzeit beschäftige ich mich mit dem Aufstand von ˁUmar ibn Ḥafṣūn, der zwischen 889 und 917 die Macht der Emire von Córdoba herausforderte (der Aufstand endete 929):
Muḥammad ibn ʿAbd ar-Raḥman (Muḥammad I.). 852 – 886
al-Mundir 886 – 888
ʿAbd Allāh ibn Muḥammad (ʿAbd Allāh I.) 888 – 912
ʿAbd ar-Raḥmān III. 912 – 929, als Kalif 929 - 961.
Hauptquelle für die Aufstände der ˁUmar ibn Ḥafṣūn ist der kalifennahe Schreiber Ibn Ḥayyān (nicht zu verwechseln mit dem Chemiker), mit seinem Hauptwerk Muqtabis, der sich wiederum auf den Zeitgenossen Abū Bakr Aḥmad ibn Muḥammad ibn Mūsā al-Rāzī al-Kinānī stützte, dessen Werk aber nicht auf uns gekommen ist. Auf uns gekommen ist eine kastilische Übersetzung, welche wiederum aus dem portugiesischen übersetzt wurden, die kastilische Übersetzung benutzt die beiden portugiesischen Übersetzungen, die Crónica del Moro Rasis ist also ein doppelt übersetzter Auszug aus dem Original aus dem 10. Jhdt.
Ibn Ḥayyān überliefert uns nun, wie groß die Schwierigkeiten der emiralen Truppen waren, mit den auftständischen Truppen fertig zu werden - kein Wunder, dass der Aufstand fast 40 Jahre dauerte. Der Aufstand wird ethnosozioökonomische Gründe gehabt haben, er wurde zunächst von den Berbern und muwalladun (islamisierten Hispanogoten/Hispanorömern, muwallad 'Klient') getragen - wobei schon interessant ist, dass zwischen diesen beiden Gruppen differenziert wird, da in dieser Lesart ja auch die Berber eigentlich muwalladun waren, nur eben, dass sie zur Gruppe der vor der Eroberung al-Andalus' islamisierten gehörten und nicht erst danach. Im Laufe des Aufstands, 899, kehrte ˁUmar ibn Ḥafṣūn zum Christentum zurück, ob das eine Überzeugungstat war oder dazu diente, mehr Rückhalt in der ländlichen Bevölkerung zu gewinnen, ist unklar, jedenfalls schaffte er sich damit neue Feinde, seine Position schwächte das aber nicht. Das Gebiet, welches Ibn Ḥafṣūn kontrollierte, reichte bis fast an die Stadtmauern von Córdoba heran und - abgesehen vom äußersten Osten - entsprach in weiten Teilen dem Königreich Granada, welches ca. 300 Jahre später entstehen sollte (wer Andalusien kennt, wird ahnen, dass das an den diversen stark zerklüfteten Karstgebirgen südlich des Guadalquivir liegt).
Jedes Jahr führte das Emirat von Córdoba eine bis zwei aṣ-ṣā'ifah(s) (span. --> aceifa, das arabische Wort ist von ṣayf, ṣuyūf/aṣyāf 'Sommer' abgeleitet) gegen die Rebellen durch. Dabei passierte es mehrfach, dass für die Jahreszeit ungewöhnlich (starker) Regen die emiralen Heere in Bedrängnis brachte, im Falle der Belagerung von Álora, ging den Belagerten schon das Trinkwasser aus, als ein Sturm einsetzte, welcher die Belagerer zwang, ihre Zelte zusammenzubauen und sich an die Küste zu begeben, um Schutz vor dem Sturm zu finden. (Da mir die Muqtabis nicht vorliegt, beziehe ich mich auf eine Darstellung von Roberto Marín Guzmán.)
Welche Ereignisse fallen euch ein, wo das Wetter einen Strich durch die Rechnung gezogen haben soll?
Ich finde zwei Bücher, die sich mit dem Thema befassen (Ronald D. Gerste, Wie das Wetter Geschichte macht und Jan Klage, Wetter macht Geschichte. Der Einfluss des Wetters auf den Lauf der Geschichte), letzteres könnte es von den Publikationsdaten her sein (2002), ersteres eher nicht (2015). Aber vermutlich war es ein anderes Buch. (Wenn man richtig sucht, findet man es auch, das damals gelesene Buch war Erik Durschmied, Als die Römer im Regen standen. Der Einfluss des Wetters auf den Lauf der Geschichte. (London 2000, Berlin 2002.))
Ich habe damals, weil Durschmied so überhaupt gar keine Anklänge an Quellenkritik machte, mich sogar gefragt, ob Arminius überhaupt existiert habe, mich dann aber schnell davon überzeugen lassen. 2005 hatte ich mich eben noch nicht mit der Varusschlacht intensiv auseinandergesetzt.
Wir diskutieren hier im Forum ja andauernd über die Varusschlacht und die Schilderung des Cassius Dio, dass die Römer arg vom Wetter gebeutelt worden seien, wo ich mich immer wundere, warum die Germanen nicht. Damit kann ich mich nicht beim gesamten Publikum durchsetzen, viele begnügen sich damit, dass die leichter gerüsteten Germanen eben auch weniger Stoff am Leib hatten, der sich vollsog, etc. Und als die Baumkronen herabstürzten, weil der Sturm so heftig wütete, seien die Germanen halt nicht im Wald gewesen. Gut akzpetiert (für den Augenblick und als argumentatives Patt.)
Nun ist es ganz zweifelsohne so, dass Wetter und Klima Einfluss auf die Geschichte haben bzw. wetterbeeinflussende Umweltkatastrophen, wie Vulkanausbrüche. So sagen die Isländer, dass der Ausbruch des Laki 1784 (Mit)Ursache für die frz. Revolution 1789 gewesen sei. Und 1816, das Jahr ohne Sommer, ging auf den Ausbruch des Tambora 1815 zurück, der noch jahrelang damatische Folgen zeitigte und zu Hungersnöten führte, aber eben auch zu politischen Maßnahmen. (Wer sich jetzt fragt, was Vulkanausbrüche mit dem Wetter zu tun haben: Aufgrund von Aschestaubpartikeln, die über Wochen, Monate und Jahre in der Stratosphäre herumschwirren, verändert sich lokal, regional oder sogar global die Intensität der Sonnenstrahlung auf de Erde, der Winkel etc. so, dass es z.B. kälter ist, weniger Verdunstung stattfindet, es daher weniger regnet etc. - Physik und Metereologie sind nicht so meine Gebiete, daher bitte Nachsicht walten lassen).
Derzeit beschäftige ich mich mit dem Aufstand von ˁUmar ibn Ḥafṣūn, der zwischen 889 und 917 die Macht der Emire von Córdoba herausforderte (der Aufstand endete 929):
Muḥammad ibn ʿAbd ar-Raḥman (Muḥammad I.). 852 – 886
al-Mundir 886 – 888
ʿAbd Allāh ibn Muḥammad (ʿAbd Allāh I.) 888 – 912
ʿAbd ar-Raḥmān III. 912 – 929, als Kalif 929 - 961.
Hauptquelle für die Aufstände der ˁUmar ibn Ḥafṣūn ist der kalifennahe Schreiber Ibn Ḥayyān (nicht zu verwechseln mit dem Chemiker), mit seinem Hauptwerk Muqtabis, der sich wiederum auf den Zeitgenossen Abū Bakr Aḥmad ibn Muḥammad ibn Mūsā al-Rāzī al-Kinānī stützte, dessen Werk aber nicht auf uns gekommen ist. Auf uns gekommen ist eine kastilische Übersetzung, welche wiederum aus dem portugiesischen übersetzt wurden, die kastilische Übersetzung benutzt die beiden portugiesischen Übersetzungen, die Crónica del Moro Rasis ist also ein doppelt übersetzter Auszug aus dem Original aus dem 10. Jhdt.
Ibn Ḥayyān überliefert uns nun, wie groß die Schwierigkeiten der emiralen Truppen waren, mit den auftständischen Truppen fertig zu werden - kein Wunder, dass der Aufstand fast 40 Jahre dauerte. Der Aufstand wird ethnosozioökonomische Gründe gehabt haben, er wurde zunächst von den Berbern und muwalladun (islamisierten Hispanogoten/Hispanorömern, muwallad 'Klient') getragen - wobei schon interessant ist, dass zwischen diesen beiden Gruppen differenziert wird, da in dieser Lesart ja auch die Berber eigentlich muwalladun waren, nur eben, dass sie zur Gruppe der vor der Eroberung al-Andalus' islamisierten gehörten und nicht erst danach. Im Laufe des Aufstands, 899, kehrte ˁUmar ibn Ḥafṣūn zum Christentum zurück, ob das eine Überzeugungstat war oder dazu diente, mehr Rückhalt in der ländlichen Bevölkerung zu gewinnen, ist unklar, jedenfalls schaffte er sich damit neue Feinde, seine Position schwächte das aber nicht. Das Gebiet, welches Ibn Ḥafṣūn kontrollierte, reichte bis fast an die Stadtmauern von Córdoba heran und - abgesehen vom äußersten Osten - entsprach in weiten Teilen dem Königreich Granada, welches ca. 300 Jahre später entstehen sollte (wer Andalusien kennt, wird ahnen, dass das an den diversen stark zerklüfteten Karstgebirgen südlich des Guadalquivir liegt).
Jedes Jahr führte das Emirat von Córdoba eine bis zwei aṣ-ṣā'ifah(s) (span. --> aceifa, das arabische Wort ist von ṣayf, ṣuyūf/aṣyāf 'Sommer' abgeleitet) gegen die Rebellen durch. Dabei passierte es mehrfach, dass für die Jahreszeit ungewöhnlich (starker) Regen die emiralen Heere in Bedrängnis brachte, im Falle der Belagerung von Álora, ging den Belagerten schon das Trinkwasser aus, als ein Sturm einsetzte, welcher die Belagerer zwang, ihre Zelte zusammenzubauen und sich an die Küste zu begeben, um Schutz vor dem Sturm zu finden. (Da mir die Muqtabis nicht vorliegt, beziehe ich mich auf eine Darstellung von Roberto Marín Guzmán.)
Welche Ereignisse fallen euch ein, wo das Wetter einen Strich durch die Rechnung gezogen haben soll?