Wobei man hier vielleicht sogar einschränkend sagen müsste: in zentralisierten Staaten trifft dies gewiss zu, in dezentralisierten weniger. Aus dem Reichtum des mittelalterlichen Nürnbergs lässt sich nicht unbedingt auf die Zustände im gesamten Heiligen Römischen Reich schließen …
Aber über den Stadtstaat Nürnberg (der ja abseits der Stadtmauern doch ein beträchtliches abhängigs Umland besaß) und vor dessen Selbstständigkeit vielleicht immerhin etwas über die fränkische Region, vielleicht sogar in Ansätzen etwas über Oberdeutschland, als wirtschaftsgebiet, wenn man es in Verbindungen mit anderen wichtigenn Zentren, wie Augsburg, München, Salzburg, Passau, Ulm, Konstanz oder Straßburg betrachtet
Chris Wickham
Chris Wickham – Wikipedia argumentiert in seinem Mittelalterbuch, dass die frühmittelalterliche Herrschaftsausübung das vormalige römische staatliche Wirtschaftssystem samt Administration (Steuerwesen etc) nicht zu übernehmen oder aufrecht zu erhalten in der Lage war, dass personale Bindungen/Verpflichtungen (Feudalwesen) stattdessen vereinfacht gesagt "schlechter wirtschafteten" und infolgedessen der Wohlstand im Vergleich zum spätrömischen Reich deutlich sank (verringertes bis partiell versiegendes Handelsnetz etc).
Ich weiß nicht, ob das am Wirtschaften liegt, aber der Abnehmende Urbanisierungsgrad, die Abschaffung von Sklaverei und Berufsarmee dürften vor allem zwei Bereiche sehr schwer getroffen haben, nämlich zum einen Wissens- und Bildungsmanagement, zum Anderen die Aufrechterhaltung von Infrastruktur.
Wissen ist, im Besonderen, wenn es kein ausgebautes Verkehrssystem gibt, nur an stark zentralisierten Orten wirklich effektiv zu vermitteln und die Straßensysteme, Wasserversorgung etc. der Antike war von Heerscharen von Sklaven und zum Teil auch von Soldaten aus dem Boden gestampft worden.
Die Belastung das alles zu pflegen, war für kleine Gruppen, die sich obendrein selbstverstogen mussten nicht zu stämmen, zumal so strak ausgebaute Wege für die kleineren Transportbedüfnisse der schrumpfenden Städte sicherlich auch irgendwo die Frage nach dr Verhältnismäßigkeit aufwarfen.
Dieser Trend setzte sich fort bis ins Hochmittelalter. Bei Wickham kann von einem relativen Reichtum des mittelalterlichen Europas nicht die Rede sein (ausgenommen Byzanz bis zu den beginnenden Kreuzzügen).
Ich habe vor einiger Zeit mal in Thomas Ertls "Bauern und Bänker" als Einführungswerk in die Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters hineingelesn (ich kann es btw. nur empfehlen). Da wird irgendwann zwischen dem Hochmittelalter und dem Spätmittelalter eine explzite Trendwende festgegmacht und das wird vor allem auch am Verhältnis Westeuropas zu Byzanz festgmacht.
In dem entsprechenden Kapitel wird dargelegt, dass bis ins Hochmittelalter hinein, das lateinische Europa in vielen Wirtschaftszweigen schlecht entwickelt war und vor allem Rohstoffe und Edelmetall nach Byzanz eexportierte um sich von dort qualitativ gute fertigwaren zu holen, sich diese Verhältnis aber im Laufe des Spätmittelalters umkehrte und dabei das byzantinische Reich mehr oder minde, leicht überspitzt gesagt zu einer Exportkolonie der italienischen Seestädte, im Besonderen Venedigs degradiert worden sei.
Ich weiß nicht genau, wie belastbar das ist, weil ich nun absolut kein Mittelalter-Experte bin aber vielleicht sollte man das hier mal erwähnt haben.
Ich bin leider bisher nicht dazu gekommen, das Buch, dass ich aus der Bibliothek entliehen hatte vollständig zu lesen, aber es lohnt auf jeden Fall.
Was man bei der These der "Verschlechterung" durch die nachrömischen Verhältnisse vielleicht hinzusetzen sollte, sofern wir über ganz Europa rede, ist, dass das natürlich nur da gelten kann, wo vorher römiche Wirtschaftsweisen auch tatsächlich Einzug gehalten hatten.