Strupanice schrieb:
Oder bist du nach all den Beiträgen hier im Forum immer noch der Meinung, daß es ein "Sächsisches Volk" gegeben hat?
Es hat einen Stamm der Sachsen gegeben, von dem auch jene Sachsen abstammen, von denen Matthias Springer annimmt, es handele sich um die Vorgänger der Wikinger. Offensichtlich sind in den Stamm der Sachsen auch jene Stämme aufgegangen, die in dem Gebiet lebten, das von den Sachsen übersiedelt wurde. Wie anders wäre sonst die Unterscheidung zwischen Angeln und Sachsen in Britannien zu erklären? Willibroard hatte einen Hausvater von sächsischer Abkunft, kam allerdings aus dem von Angeln beherrschten Northumbrien.
Strupanice schrieb:
Dafür wurden aus genau diesem Gebiet in "Nordschwaben" die Siedler in das Ost-Harz-Gebiet umgesiedelt, die daher fortan auch als "Suebi" auftraten.
Nach vorherrschender Auffassung kamen die Nordschwaben aus dem Havelgebiet. Sie selbst nannten sich Schwaben, und wurden nur wegen ihrer nördlichen Sitze am Harz Nordschwaben genannt.
beorna schrieb:
Und im Krieg losten sie durch Zufall einen Führer? Auch bei gentes mit Königen? Der trat dann beiseite und ließ einem Niederen den Vorrang?
Tacitus sagt, Könige wählten sie nach Maßgabe des Adels, Heerführer nach der Tapferkeit. Selbst die Könige haben keine unbeschränkte oder freie Herrschergewalt, und die Heerführer erreichen mehr durch ihr Beispiel als durch Befehle. Tacitus steht im Verdacht ein verherrlichtes Bild der Germanen mitgeteilt zu haben, aber in dieser Hinsicht teilt er offenbar richtiges mit, denn auch die Franken Karl Martell oder Pippin der Mittlere waren keine Könige, führten aber das fränkische Heer.
beorna schrieb:
Es ist jedoch eine berechtigte Frage, wie demokratisch solche Treffen waren.
Demokratisch im Sinne von Wählen und Abstimmen war bei den Sachsen sicherlich nicht üblich, derartige Erscheinungen sind neuzeitlich. Es gab folglich auch keine gewählten Abgeordneten. Volksherrschaftlich waren die Sachsen nach Hucbald von St. Amand im Sinne einer Beteiligung an der Herrschaftsausübung (Föderalismus), der Gesetzgebung (Anhörung der Stände) und der Rechtsprechung (Verfahren). Es gab offenbar nach Beda ein Verfahren, bei dem die Häuptlinge gleichberechtigt waren, das Heer zu führen. Nach Hucbald von St. Amand betraf das auch die Friedenszeit. Eine jährliche Versammlung gab es auch bei den Franken; sie war offenbar nach Tacitus bei den Germanen allgemein üblich. Verwirft man Tacitus und Hucbald von St Amand, weil sie nicht zeitgeschichtlich berichten, so verbleibt Beda, der von einem einheitlichen Oberbefehl bei den Sachsen berichtet. Verwirft man Beda, weil er die Verhältnisse der Angeln und Sachsen auf die Sachsen des Festlandes überträgt, so bleibt nichts mehr. Jeder kann dann herumspinnen, wie er will.
beorna schrieb:
Die kleineren Gaue sind somit kleinere Siedlungskerne, wie es sie auch in Germanien gegeben haben mag.
Folglich kann man auch Rückschlüsse ziehen, die eine ungefähre Festlegung der Gaue in Sachsen erlauben.
beorna schrieb:
Also wenn Beda von der Bestrafung des Dorfes durch den satrapa spricht, dann soll das erfunden sein.
Wenn du Beda eins zu eins umsetzt, dann wurden die Ewalde in den Rhein geworfen, und nach anderen Quellen in der Ruhr gefunden. Das ist wahrlich ein Wunder.
beorna schrieb:
Anstatt über Probleme und Fragestellungen ernsthaft nachzudenken, drehst du dir alles so wie es dir passt.
Meines Wissens handelt es sich bei meiner Auffassung um die vorherrschende Ansicht, aber ich mag mich da auch irren. Die Sachsen hatten zur Zeit der Ewalde mit dem Rhein nach herrschender Auffassung keine Verbindung. Dieser Schluß ergibt sich wenigstens daraus, das die Sachsen die Brukterer (oder auch die Hattuarier) bekämpften, was eine Verbindung zum Rhein erst einmal ausschließt. Noch etwas ist erstaunlich, wenn man den Metzer Jahrbüchern, Prokop und Theuderich folgt, dann haben die Thüringer die Sachsen beherrscht, da das Reich der Thüringer bis zum Rhein und zum Meer gereicht haben soll; demnach wären auch die Brukterer und die Hattuarier unter thüringische Herrschaft gelangt. Die vorherrschende Ansicht ist, die Thüringer hätten lediglich eine Verbindung zum Rhein an der Mainmündung gehabt. Mit der Niederwerfung des Reiches der Thüringer sollen die Franken auch Gewalt über die Sachsen erlangt haben. Diese Gewalt haben sie angeblich nur zeitweise verloren, allerdings nur deshalb, weil fränkische Grafen die Herrschaft in Sachsen an sich gerissen hätten (Widukind sei also Franke gewesen). Zur Zeit Karls des Großen hätten die Karolinger die Gewalt über die Sachsen dann angeblich längst wieder ausgeübt. Die Sachsen hätten also durch Aufstände innerhalb des fränkischen Reiches die Abgaben des öfteren verweigert, was im Jahr 772 zu einem dreiunddreißigjährigen Krieg (Aufstand) der in Kleinkönigreiche aufgesplitterten Sachsen gegen die Franken geführt haben soll, wobei die nördlichen Kleinkönigreiche zunächst nicht von dem Aufstand betroffen gewesen sein sollen. Wie kann das überhaupt sein, da die Sachsen doch angeblich nur Küstenräuber waren, die sich aus Teilen der Germanen, den ehemaligen Söldnern der Römer, zusammensetzten. Sie trafen allerdings nicht eigene Entscheidungen, was Söldner gewöhnlich tuen, sondern wurden von Kleinkönigen beherrscht, was wiederum seltsam ist, da deren Königreiche sich auf die Planken ihrer Schiffe beschränkt haben müßten. Der Name der Sachsen soll sich, folgt man Matthias Springer, von diesen Küstenräubern auf jene Kleinstämme, die selbstverständlich von (thüringischen?/fränkischen?) Kleinkönigen beherrscht wurden, übertragen haben, die in Niedersachsen, Holstein, Britannien und der Bretagne siedelten. Warum dies alles so nicht von den Quellen berichtet wird, entzieht sich der vorherrschenden Auffassung gänzlich.