Ich bewundere das Sozialsystem der skandinavischen Länder, sehe aber Schweden und Norwegen auch sehr kritisch. Es ist zwar eine Marginalie, die die meisten Menschen nicht betrifft, die nicht auf übermäßiges öffentliches Interesse stößt.
Die Betäubungsmittelgesetze in Norwegen und Schweden waren sehr repressiv, Substitutionsbehandlungen inflexibel und kaum möglich.
Amsterdam und Rotterdam waren Ende der 1970er und 1980er Jahren von einer Methadon-Tourismus-Kolonie bevölkert. Die pure Verzweiflung hatte diese Leute nach Amsterdam gespült. Die meisten stammten aus Deutschland und Frankreich, es waren aber auch viele Schweden und Norweger darunter. Was sie von Zuhause erzählten, ließ einen die Haare zu Bergen stehen. Berichte von völlig unzureichender ärztlicher Versorgung, Berichte von Haftaufenthalten wegen relativ geringfügiger "Vergehen", Berichte von Blockaden von Reformen, Berichte von Polizeigewalt.
Es war und ist ein großes Verdienst der Niederlande auch der Stadt Amsterdam, dass sie unbürokratisch Tausende von sehr unbequemen Leuten geduldet haben, dass sie Substitutionsmittel auch an "Ausländer" ausgeben haben-dass sie im Grunde das an Prävention, Prophylaxe und nicht zuletzt auch an medizinischer Minimalversorgung und Humanität geleistet haben, worum sich vor allem die BRD, F, Schweden und Norwegen einzig aus ideologischen Gründen gedrückt haben.
Auch den Anwohnern von Vierteln wie dem Zeedijk gebührt Respekt. Sie haben weit über 10 Jahre menschliches Strandgut aus ganz Europa geduldet-und so unbequem, unangenehm, zuweilen schockierend das Ganze auch für sie gewesen sein muss-die überwältigende Mehrheit hat sich nicht für mehr Repression ausgesprochen, hat nicht vermeintlich simplen Lösungen Beifall gespendet und mit privaten Spenden von Kleidung, Lebensmitteln sicher in vielen Fällen auch schlimmste Not verhindert.
Respekt verdient auch die unglaublich pragmatische Arbeit der Polizei Amsterdams, die sich mit sprunghaft steigender "Beschaffungskriminalität" beschäftigen musste. Dafür haben die Niederlande wenig Dank und heftige Kritik bekommen-Die Niederlande hätten vor der Drogenflut kapituliert, dabei haben sie etlichen Deutschen, Franzosen und Skandinaviern zumindest eine neue Perspektive und medizinische Grundversorgung geboten, die diese im eigenen Land nicht bekommen konnten.
Die alten Zeiten sind zum Glück vorbei, wenn man von manchen "Fällen" spricht, schüttelt man heute ungläubig die Ohren, es wirkt das alles wie ein Relikt aus einer barbarischen Vergangenheit.
Auf diesem Gebiet hat sich vor allem in der Bundesrepublik doch einiges zum Besseren verändert. Die Bundesrepublik ist darin in vielem inzwischen weit liberaler, als Schweden und Norwegen.