Sonnwendfeuer: originär germanisch oder geschichtsideologischer Ursprung?

Martin 69

Mitglied
Fragestellung, einführende Links und Begriffe:

Im parallelen thread "Vorteile der Christianisierung" wurden die Frage aufgeworfen, wieviel Anteile heidnisch/germanisch/slawischer/... Mythologie und Religionsvorstellung/-ausübung in christlichen Festtagen enthalten seien. Dabei fiel das Beispiel der Sonnwendfeuer, ein auch heute weit verbreitetes Sommerspektakel - wer von uns kennt es nicht oder hat nicht schon eines erlebt. http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=10891&page=3)


Wieviel Anteile am Sonnwendfest/Sonnwendfeuer bzw. des Johannisfestes/Johannisfeuers sind nachweislich vorchristlich und falls, welcher Art?

Vorrausgeschickt sei, daß man beim googeln hundertfach auf eine vermutete heidnisch/germanische Herkunft stößt, jedoch in der Regel keine Quellen genannt bekommt. Selbst auf christlichen/katholisch-/evangelisch-kirchlichen Webpages wird ein heidnisches Fest angenommen, aber nirgends so weit ich bisher finden konnte belegt.

Sommersonnenwende: 21. Juni
Johannistag/-feuer: 24. Juni

Die Begrifflichkeiten für Feuerfeste, die um die Sommersonnenwende herum datiert, sind vielfältig und regional unterschiedlich. Folgender österreiche Link differenziert in Jahresfeuer, Sonnwendfeuer, Johannifeuer und Herz-Jesu-Feuer. (weitere wären Sunnawenhansl-Frohfeuer, Rotfeuer, ... )
http://www.uibk.ac.at/volkskunde/infoservice/jahresfeuer.html
Die nordeuropäischen Feuerfeste und Begrifflichkeiten werden hier ausführlich gelistet:
http://de.wikipedia.org/wiki/Mittsommerfest

Auch die aktuelle Version der einschlägigen Wikiseiten beinhaltet keine Diskussion der Herkunft, eben so sehr vermisst man auch Quellenangaben:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sonnwende
http://de.wikipedia.org/wiki/Johannisfeuer



Die gängige christlich/kirchliche Herleitung des Johannistages lautet folgend:
Der kirchliche Festkalender, so glauben heute Forscher zu wissen, hat das Fest der Geburt Johannes des Täufers (...) mit Bedacht auf den 24. Juni gelegt. Schon der hl. Augustinus (354 - 430) (meine Anm. ist das korrekt?) kennt für Afrika diesen Termin. Bestimmend dafür war die Vorgeschichte der Geburt Jesu, wie sie vom Evangelisten Lukas berichtet wird (Lk 1, 5–80). Ziemlich exakt sechs Monate vor der Geburt Jesu (25.12.) wird die Geburt des Johannes angesetzt (25.06.). Dies ist konsequent, weil ... Die einzige zeitliche Irritation im gegenwärtigen deutschsprachigen Festkalender ergibt sich durch ...

Eine der gängigen heidnisch/germanische Herleitungen aus gleicher Quelle:
Die Sonnwendfeuer, manchmal auch „Rotfeuer” genannt oder „Sunnawenhansl-Frohfeuer” (Steiermark), hat es wahscheinlich schon in vorchristlicher, germanischer Zeit gegeben. Sie erleuchteten die Nacht, wenn Wotan Walhall verließ und segnend über die Erde schritt. Da dieses Brauchtum auch zum christlichen Festanlass passte, wurde es übernommen. Der Johannistag wurde zur „Sommerweihnacht”.
http://www.religioeses-brauchtum.de/sommer/johannistag.html

Vermutete Verbreitung der christlichen Johannisfeuer seit dem 12. Jhd:
Das Entzünden von Johannisfeuern ist seit dem 12. Jahrhundert bekannt und seit dem 14. Jahrhundert häufig belegt. Im Mittelalter führte man vor allem Tänze rund um die "Johannisfeuer" auf.?Da das Fest des heiligen Johannes in die Zeit der Sommersonnenwende fällt, war es im Volksglauben mit vielen Bräuchen - besonders Reinigungs- und Fruchtbarkeitsriten - verbunden.
http://www.uibk.ac.at/volkskunde/infoservice/jahresfeuer.html
 
originär germanisch oder geschichtsideologischer Ursprung?

Hallo zusammen,

nun etwas präziser gefragt:

Sind die Sonnwendfeuer als originär germanisch auszumachen oder geschichtsideologischen Ursprungs?

Die weit verbreitete Einschätzung den Johannisfeuern lägen ältere, heidnisch-germanische Rituale zu Grunde ist auffallend. Das christliche Johannifeuer sei ein christianisiertes Fruchtbarkeitsritual heidnischer Naturreligion oder sogar Metamorphose eines explizit germanischen Kultus. Jeder möge sich aufgerufen fühlen, Quellen herbeizutragen, die selbige vorchristliche Bedeutungschicht darlegen. Ich konnte dafür bisher KEINE plausible Beweisführung/Quelle aufstöbern.

Alternative Sichtweise wäre es, hier eine Fatamorgana der Geschichtswissenschaften des ausgehenden 19. Jhds / beginnenden 20. Jhds zu vermuten:


1. Quelle: Susanne Grünwald, Burgwallforschung in Sachsen um 1900
(Professorin für Ur- und Frühgeschichte Uni Leipzig)
http://www.uni-leipzig.de/~ufg/reihe/files/l15_gesamt.pdf Seite 26ff

Grünwald schrieb:
Spätestens seit dem frühen 20. Jh. galten vor- und frühgeschichtliche Burgwälle innerhalb der mitteleuropäischen Archäologie als die Kristallisationspunkte der politischen Geschichte einer Landschaft.

Im Jahr 1893 verfiel er nach eigener Aussage "auf eine Idee, die, wie mir scheint, alle Schwierigkeiten auf einfache Weise beseitigt": Seinber Meinung nach seien die Schlackenwälle durch Oster- und Johannifeuer entstanden, welche auf heidnische Bräuche zurückgingen (Schierenberg 1893, 154). Schierenberg steht mit diesen Überlegungen, die in keiner Weise auf archäologischen Urntersuchungen, sondern ausschließlich auf theoretischen Erwägungen beruhen, inhaltlich in der Tradition des 19. Jhs.

Anhand von archäologischen Untersuchungen wird die Deutung der Entstehung von Schlackewällen bei keltisch-germanischen Wehranlagen wiederlegt. Die Annahme von Schierenberg (1893) war, die germanischen Sonnwendfeuer hätten selbige Gesteinsverschlackung verursacht. (Nach heutigem Kenntnisstand sind in Brand von im Brand gestandenem Mauergestein ursächlich für die Verschlackungen.) Der Kult eines germanischen Sonnwendfeuers wurde jedoch von Schierenberg irrtümlicher Weise herangezogen, um das Phänomen der Schlackewälle zu erklären (und um zugleich die korrekte Frühdatierung der Wehranlagen argumentativ hermetisch hinzubekommen.) Somit waren die Sonnwendfeuer auf einmal Teil einer Beweisführung geworden und somit immanent (und in einer lagerfeuernden-freiluftromantischen Rezeption sicherlich auch schon damals faszinierend ...)

Erst später konnte Schuchardt durch vergleichende Studien Stück für Stück seine alternative Auffassung untermauern ...

Quintessenz: Um die Jahrhundertwende war die Existenz germanischer Sonnwendfeuer "state of the Art" der historischen Forschung und wesentlicher argumentativer Baustein um die Rückdatierungen von germanischen/keltischen Wehranlagen zu vollziehen. Erst im Laufe des beginnenden 20. Jhd setzt sich in Wissenschaftskreisen das alternative Erklärungsmodell durch, eine Existenz von Sonnwendfeuern auf Wallanlagen wird für die Archäologie obsolet.



2. Quelle: Manfred Kandler, GUIDO LIST, ADOLF HITLER UND CARNUNTUM
(Stv. Direktor des Österreichischen Archäologischen Instituts)
http://homepage.univie.ac.at/elisabeth.trinkl/forum/forum0300/14kand.htm

In der fraglichen Zeit - Ende der 19ten und Anfang des 20. Jhd - bilden sich die rassisch-völkische Ideologie heraus, insbesondere der Nationalsozialismus mit Rassenlehre. Der Bezug auf das Arische, das Germanische ist Pfeiler dieser Ideologie. Die obig im Detail erörterte Geschichtsauffassung passt da ohne Zweifel genau in diese (verquere) Logik. Dieses Gedankengebäude verlangte nach historischen Herleitungen und selbige wurden gefunden (unabhängig ob sie nun beweisbar waren):

Kandler schrieb:
Am Abend des 24. Juni 1875 trafen sich fünf junge Männer unter dem Bogen des Carnuntiner Heidentores, nachdem sie am Nachmittag mit einem Boot von Wien nach Deutsch-Altenburg donauabwärts gerudert waren. Ihr Anführer und der Initiator dieser Feier war der 27jährige Guido List (1848-1919) [1], der sich selbst in der Beschreibung dieses nächtlichen Ausfluges als Feueranbeter bezeichnete [2]. Das Datum der Feier war nicht zufällig, sondern ganz bewußt gewählt: ausführlich legt er seinen Freunden die Gründe dar, warum er sie gerade an diesem Tag nach Carnuntum geführt habe. Seiner Überzeugung nach sei nämlich Carnuntum zur Sommersonnenwende des Jahres 375 n. Chr. von einem vereinigten germanischen Heer bestehend aus Quaden und Markomannen zerstört worden, es galt demnach, der 1500. Wiederkehr dieses Ereignisses zu gedenken [3].

Warum ist die Zerstörung Carnuntums für List ein so wichtiges Ereignis? Sie bedeutet für ihn, dessen Ideal die in den Germanen sich dokumentierende "arische Herrenrasse" darstellt, das Ende eines "fünfhundertjährigen Ringens" zwischen Römern und Germanen und den Beginn der Völkerwanderung.

War List 1875 in der Öffentlichkeit noch völlig unbekannt, so hatte sich dies 1911 völlig gewandelt. Seit gut zwanzig Jahren, vor allem aber seit der Jahrhundertwende, war er zu einer der führenden Persönlichkeiten (Abb. 3) in der alldeutschen Bewegung geworden.

Auf diese Weise wurde er der bedeutendste "präfaschistische Esoteriker"

Diese beide Quellen / wissenschaftliche Studien legen eine Argumentation nahe, dass die Rezeption der Johannifeuer als explizit germanische Sonnwendfeuer auf ein Geschichtsbild des ausgehenden 19. Jhds / Anfang des 20. Jhds zurückzuführen sind. Somit in ihrer germanisch-kultischen Interpretation ein Erbe der völkischen Ideologie wären und mitnichten originär historisch-germanisch.

Herzliche Grüße, Euer Martin
 
Ich sehe da ein generelles Problem: die fälschliche Interpretation von Schlackehalden als Reste von Sonnwendfeuer ist ja kein Beweis dafür, dass es keine Sonnenwendfeuer gegeben habe. Was berichten den Tacitus, oder die Sagas?

Ich befürchte, man muss sich hier auf den wackligen Boden der Ethnologie begeben und Vergleiche zwischen den Völkern anstreben: wo sind weltweit Sonnwendfeiern mit Sonnenwendfeuern belegt. Wie verbreitet sind solche Feiern in christlichen Gemeinschaften? Welche anderen Rituale sind mit Sonnenwendfeiern verbunden und welche Namen tragen die Feiern, Rituale, besonderen Speisen und Getränke?
Möglicherweise kann auch die Archäologie weiterhelfen: Gibt es einen besonderen Zusammenhang von dem Johannes geweihten Kirchen zu vorchristlichen Kultstätten? Was wissen wir aus Quellen und Grabungen über diese Kultstätten?
Und wenn die Antworten im Sinne der Fragestellung positiv ausfielen, dann überrascht das wohl kaum, denn Synkretismus ist nun einmal ein Element, mit dem manch ein Missionar sich seine Aufgabe erleichtert hat. Ich kann nur empfehlen mal nach Lateinamerika zu fahren, in México etwa gibt es die Virgen de la Muerte, eine synkretistische Verbindung der Jungfrau (Virgen) Maria mit einer aztekischen Gottheit, die meist als Skelett (Muerte = Tod) dargestellt wird, und die besonders in den Unterschichten und von Kleinkriminellen verehrt wird, dann die vielen Varianten von Allerheiligen und Allerseelen in LA, die durchaus präkolumbianische Züge aufweisen.
 
germanisch?

El Quijote schrieb:
Ich sehe da ein generelles Problem: die fälschliche Interpretation von Schlackehalden als Reste von Sonnwendfeuer ist ja kein Beweis dafür, dass es keine Sonnenwendfeuer gegeben habe.

Kern der Frage sind die explizit als germanisch bezeichneten/hergeleiteten Sonnwendfeuer.
Sonnwendfeuer/Johannifeuer gab und gibt es und manch ein Sunnawenhansl mag es auch auf einer Wallanlage entzündet haben.

El Quijote schrieb:
Ich befürchte, man muss sich hier auf den wackligen Boden der Ethnologie begeben und Vergleiche zwischen den Völkern anstreben: ...

Zum Nachweis naturreligiös motivierter Sonnenwendfeiern dürfte wohl das Ziehen von Parallelen zu vergleichbaren vorchristlichen Kulturen erlaubt sein. Aber auch hier wäre ein archäologischer, schriftlicher, ... Nachweis die glücklichere Variante. Ein explizit germanischer Kultus - und das ist entschieden mehr als ein difus naturreligiös vermutetes Ritual - wäre erst einmal zu belegen.

Herzlicher Gruß, Martin
 
Sonnenwendfeste mit Feuer anzünden und sonstigen Freudenfeiern sind im persischen und auch in Pan-türkischen Kulturkreisen uralt und hochaktuell, sie sind sogar in einigen Ländern offizielle feiertage:

http://de.wikipedia.org/wiki/Nouruz

So sind wir schon von den Germanen zu den Indogermanen gewandert.

Ach so , wegen Indo-Germanen: das hier gibts auch noch:


http://de.wikipedia.org/wiki/Holi

die Zünden auch Feuer aus selbigen Grunde an.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Sonnenwendefeuer ist wohl aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Seßhaftwerdung und dem Ackerbau zurückzuführen. Man geht davon aus, daß der Mensch hierzu seine astronomischen Beobachtungen dazu nutzte und erkannte, daß der Lauf der Sonne für erfolgreichen Ackerbau elementar wichtig ist. (optimale Zeiten der Aussaat und Ernte usw.) Beweisen läßt sich dies zum heutigem Zeitpunkt zwar nicht, aber aufgrund von ethnologischen Vergleichen mit anderen Kulturen stellte man Gemeinsamkeiten bei der Verehrung der Sonne und der Symbolik des Feuers in diesem Zusammenhang fest. (Inkas um 1500, Ägypter um 2600- 2450 v.u.Z. mit dem ältestem Schriftzeugnis hierzu u.a.)
In diesem Zusammenhang ist die Verehrung der Sonne und das Sonnenwendfeuer höchstwahrscheinlich wesentlich älter als der germanische und christliche Kultus.


Verwandte Literatur (bezieht sich mehr auf den Thread über die Christianisierung):

The Archaeology of Cult and Religion, Herausgeber Prof. Francois Bertemes und Dr. Peter F. Biehl
www.praehist.uni-halle.de (allerdings hatte ich vor einiger Zeit einmal ausgeliehen und liegt mir zur Zeit nicht vor)
Im Reich der Geister und tanzenden Hexen. Jenseitsvorstellungen, Dämonen und Zauberglaube, Kurt Lussi
(der Inhalt bezieht sich vom wissenschaftlichen Standpunkt mehr auf den Alpenraum)


ein wenig von hier und da herausgelesen:

Götter und Kulte der Germanen, Rudolf Simek
Religion und Mythologie der Germanen, Rudolf Simek
Der Glaube der Germanen, Rudolf Simek
Die Christianisierung Europas im Mittelalter, Lutz E. von Padberg
Autorität und Heiligkeit. Aspekte der Christianisierung des Römischen Reiches, Peter Brown
Mythologie der Germanen, Elard Hugo Meyer
Altgermanische Religionsgeschichte, R. M. Meyer
Johannes der Täufer. Sein wahres Leben und Wirken, seine Wiederkehr, Hans B. Altinger


Zur christlichen Symbolik folgender Link:
http://www.bistum-wuerzburg.de/bwo/dcms/sites/bistum/pfarreien/homepages/pfr/margetshoechheim/11_00_interessant/03_symbole/feuer.html
 
Hardegen schrieb:
Das Sonnenwendefeuer ist wohl aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Seßhaftwerdung und dem Ackerbau zurückzuführen. Man geht davon aus, daß der Mensch hierzu seine astronomischen Beobachtungen dazu nutzte und erkannte, daß der Lauf der Sonne für erfolgreichen Ackerbau elementar wichtig ist. (optimale Zeiten der Aussaat und Ernte usw.) Beweisen läßt sich dies zum heutigem Zeitpunkt zwar nicht, aber aufgrund von ethnologischen Vergleichen mit anderen Kulturen stellte man Gemeinsamkeiten bei der Verehrung der Sonne und der Symbolik des Feuers in diesem Zusammenhang fest. (Inkas um 1500, Ägypter um 2600- 2450 v.u.Z. mit dem ältestem Schriftzeugnis hierzu u.a.)
In diesem Zusammenhang ist die Verehrung der Sonne und das Sonnenwendfeuer höchstwahrscheinlich wesentlich älter als der germanische und christliche Kultus...

Dazu der Fund der Kreisgrabenanlage von Goseck (ca. 5.000 v. Chr.)

http://de.wikipedia.org/wiki/Kreisgrabenanlage_von_Goseck

ein Observatorium, gebaut um die Sonnenwenden in Winter und Sommer festlegen zu können.

Dazu wurden dort Gruben mit Opferresten gefunden.

Wir wissen zwar noch nicht, wie die Sonnenwendfeiern begangen wurden, aber, daß sie gefeiert wurden, darauf deuten diese Funde hin.

Auch ich glaube, daß das Entzünden von Sonnenwendfeuern seinen Ursprung lange vor der Entstehung der Germanen hatte.

mfG Jürgen
 
Hardegen schrieb:

ein wenig von hier und da herausgelesen:

Götter und Kulte der Germanen, Rudolf Simek
Religion und Mythologie der Germanen, Rudolf Simek
Der Glaube der Germanen, Rudolf Simek
Die Christianisierung Europas im Mittelalter, Lutz E. von Padberg
Autorität und Heiligkeit. Aspekte der Christianisierung des Römischen Reiches, Peter Brown
Mythologie der Germanen, Elard Hugo Meyer
Altgermanische Religionsgeschichte, R. M. Meyer
Johannes der Täufer. Sein wahres Leben und Wirken, seine Wiederkehr, Hans B. Altinger

Bei Simek und Padberg sicher nicht.
Elard Hugo Meyer und R. M. Meyer sind derart überholte Schinken (vgl. hierzu Simek), die hier nur von dir,

Titus_Livius
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=3655&postcount=17

und Liminith
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=89224&postcount=9

zitiert werden.

Du bist entlarvt.
 
askan schrieb:
Sonnenwendfeste mit Feuer anzünden und sonstigen Freudenfeiern sind im persischen und auch in Pan-türkischen Kulturkreisen uralt und hochaktuell, sie sind sogar in einigen Ländern offizielle feiertage:

http://de.wikipedia.org/wiki/Nouruz

So sind wir schon von den Germanen zu den Indogermanen gewandert.

Ach so , wegen Indo-Germanen: das hier gibts auch noch:


http://de.wikipedia.org/wiki/Holi

die Zünden auch Feuer aus selbigen Grunde an.
Über das Alter des Feuers ist da nichts präzises gesagt.
Ich denke eher, dass Feuer seit jeher etwas Besonderes war. Daher dürfte überall und unabhängig voneinander zu bestimmten Zeiten heilige Feuer entzündet worden sein. Dazu braucht man nix zu übernehmen.
 
Sonnenobservatorium und Haine

Jürgen schrieb:
Dazu der Fund der Kreisgrabenanlage von Goseck (ca. 5.000 v. Chr.)
...
Wir wissen zwar noch nicht, wie die Sonnenwendfeiern begangen wurden, aber, daß sie gefeiert wurden, darauf deuten diese Funde hin.

Auch ich glaube, daß das Entzünden von Sonnenwendfeuern seinen Ursprung lange vor der Entstehung der Germanen hatte.

Hallo Jürgen,

Goseck hatte ich auch schon im Kopf. Zur Bedeutung schreibt Wiki:
Die Kreisgrabenanlage bzw. das Sonnenobservatorium von Goseck ist das mit Abstand älteste bekannte Henge-Monument – rund 2.000 Jahre älter als Stonehenge – und belegt, dass in Europa astronomische Kenntnisse weit früher vorhanden waren, als bis zu seinem Fund erwartet werden durfte.

Die kosmischen Beobachtungen/Kenntnisse, insbesondere der Sommersonnenwende, können wir für Germanen, Slawen, Wikinger, Kelten, ... zur Zeit vor der Christianisierung annehmen. Ebenso eine Gliederung des Jahreslaufs mit Festen, welche die Naturbeobachtungen/Kenntnisse wiederspiegelten. (Wie sehr das einer agrarischen Kultur geschuldet sei, ist wohl nicht von vorrangiger Bedeutung.) Soweit will ich Dir zustimmen - die Sommersonnenwende war nicht nur vorchristliche Kenntnis, sondern wohl auch Teil naturreligiöser Riten. Wie genau diese Riten jedoch aussahen wissen wir anscheinend nicht?! Ich habe gerade Tacitus, Germania durchstöbert und bin auf viele Haine und Wälder im Bezug auf Festlichkeiten und kultische Handlungen gestoßen. Anwendungen von Feuer zur Totenbestattung, aber sonst keine Feuerrituale, keine Feuerfeste im Allgemeinen oder von einem Sonnwendfest im Speziellen spricht Tacitus nicht. (Mal kucken was da noch an/in anderen Quellen zu finden sein wird?!) http://www.gottwein.de/Lat/Lat.Lektuere.php#Tacitus

Herzlicher Gruß, Martin
 
J. Grimms "Deutsche Mythologie"

Hallo zusammen,

ich bin auf meiner ideologiekritischen Fährte weiter fündig geworden und das an ganz prominenter Stelle. Schneider sieht in Grimm den Schöpfer einer germanisch-mythologischen Kontinuität. (er bezieht sich auf Jakob Grimm, Deutsche Mythologie, 1835)


Einführung in die Europäische Ethnologie (1, WS 2005/06)

Ao. Univ. Prof. Dr. Ingo Schneider (Uni Innsbruck, Europäische Ethnologie / Volkskunde)
http://www.uibk.ac.at/volkskunde/aktuelles/termine/einfuehrung_ws_05_-_06_skriptum.pdf Seite 36ff
Schneider schrieb:
Jakob Grimm ist überzeugt von der ungebrochenen Kontinuität, von der „Treue der Überlieferung“. Deshalb ist er auch gegen jeden Eingriff in Sagen und Märchen. Es geht ihm um die Suche nach den Ursprüngen, besonders um die Hervorhebung der deutschen Mythologie, (...) Immer wieder werden dabei z.T. noch heute geübte Bräuche auf heidnische, germanische Ursprünge zurückgeführt – so schreibt er z.B.: im Kapitel III: Gottesdienst, Opfer:

„Die osterfeuer, maifeuer, sonnwendfeuer mit ihren mannigfachen gebräuchen, leiten auf heidnische opfer zurück ...“

Resümee:
(...) „Deutsche Mythologie“ übte große Wirkung auf die nachromantische Volkskunde, Geschichts und Altertumsforschung aus, die nun immer unbedenklicher Fakten der Gegenwart mit Vorstellungen der germanischen Mythologie verband. Die „mythologische Theorie“ ist zwar in der Wissenschaft längst als unhaltbar erkannt worden, in der Öffentlichkeit wirkt sie aber im Grunde genommen bis heute nach (...)


Resümee zur mythologischen Schule:

(...) Sitten und Bräuche wurden als Mittel zu Rekonstruktion einer vermeintlichen Urform einer germanischen Mythologie herangezogen. Zu diesem Ansatz, zu dieser mythologischen Schule, trugen Generationen von Forschern bei, (...).

Obwohl seit den Anfängen des 20 Jahrhunderts als unhaltbar erkannt, wirkt die mythologische Theorie bis heute nach, und wir begegnen mythologischen Ansätzen in den Medien, in der Bevölkerung auch bei manchen Fachvertretern bis heute, (...). Zu ihrer Erklärung bedarf es der Mythologie aber nicht.


Die Grimmsche Projektion einer originär-germanisch-mythischen Sonnwend bildet die Grundlage, welche später von Schierenberg zur Frühdatierung von Wallanlagen (Schlackewälle) eingesetzt wird. Schierenbergs Sonnwendfeuer sind demnach ein gutes Beispiel des von Schneider konstatierten Niederschlags der "Deutschen Mythologie" in den nachromantischen Wissenschaften. Zugleich hatte damit das heidnische Sonnwendfeuer seine Metamorphose vom Brauchtum über den mythologisch verorteten Ritus zum vermeindlich wissenschaftlich fundierten/fundierenden Baustein genommen. (Insofern erstaunt die auch heute noch weitverbreitete Rezeption eines germanisch-heidnischen Sonnwendfeuers wenig, bedient seine Genese doch alle Wahrnehmungen - von volkstümlich bis (pseudo-)wissenschaftlich.)



Eine weitere Untersuchung in diesem Sinne:
http://hsozkult.geschichte.hu-berli...&recno=9&sort=datum&order=down&geschichte=124
Wiwjorra schrieb:
Konrad Köstlin (Wien) sprach über „völkische Ortsbesetzungen in Österreich“, wobei er zunächst Lönssteine und Jahnhügel als Kristallisationsplätze eines deutschnationalen Bekenntnisses vorstellte und dann auf Feuerbräuche in der zum „Nibelungengau“ stilisierten Wachau exemplarisch einging. Diese westlich von Wien gelegene stark frequentierte Ausflugsregion habe sich seit Ende des 19. Jahrhunderts zu einem „völkischen Aufmarschgebiet“ entwickelt. Köstlin schilderte die sich seit den 1920er-Jahren verstärkenden Auseinandersetzungen um die Deutung der in bäuerlicher, katholischer Tradition stehenden Johannisfeuer und den Versuchen, diese als Sonnwendfeuer in einen genuin völkischen Kontext zu überführen.

(Univ. Prof. Dr. Konrad Köstlin lehrt am Institut für Europäische Ethnologie, Wien)


Meines Erachtens verdichten sich die Fakten mittlerweile sehr stark. Das Sonnwendfest/Sonnwendfeuer ist wohl ideologiekritisch von seinem überhöht-mystischen Ballast freizusprechen. Nach Entschlüsselung einer "germanischen" Bedeutungsaufladung - begonnen eben mit Grimm - leuchtet das Sonnwendfeuer vorerst einmal als ein rein christliches Johannisfeuer. (Wobei es mir auch als äußerst interessant erscheint eine rein christliche Dimension/Brauchtum dieser Sommersonnenwendefeuer genauer zu "durchleuchten" ... )

off topic:
Interessant ist ja schon die starke Repräsentanz österreichischer Wissenschaftler die sich mit dem Thema Brauchtum/Ideologie beschäftigen. Woran liegt das wohl? Zum einen an einer selbstbewußten Rezeption eigenem Brauchtums und damit einhergehend einer heute selbstkritischen Zunft von Volkskundlern und Historikern? Oder motiviert die heimattümelnde "Gegenseite" zu genauerem Nachforschen, welche besonders gerne mystisch-national(istisch)e Sonnwendreden schwingen. Was da das web so alles ausspuckt ...
:cool: :still: :pfeif:

Herzlicher Gruß, Martin
 
Zuletzt bearbeitet:
Als es aber Morgen geworden war, stellten sie den Adler an das Osttor, bauten der Siegesgöttin einen Altar und verehrten sie in ihrem eignen heiligen Ritus gemäß der Irrlehre der Väter; im Namen gleicht sie Mars, im Bild den Säulen des Hercules, im Ort der Sonne, die die Griechen Apollo nennen.
...
...
Dies alles aber geschah, wie uns die Überlieferung unserer Vorfahren berichtet, an einem 1.Oktober; und dieser Tag des Irrtums wurde auf Anordnung frommer Männer in Fasten, Gebete und Opfergaben für alle vor uns verstorbenen Christen verwandelt.

Ein Beispiel aus dem Uraltschinken Die Sachsengeschichte von Widukind von Corvay 1. Buch Kapitel 12



Sonnenwendfeuer

leuchtet das Sonnwendfeuer vorerst einmal als ein rein christliches Johannisfeuer. (Wobei es mir auch als äußerst interessant erscheint eine rein christliche Dimension/Brauchtum dieser Sommersonnenwendefeuer genauer zu "durchleuchten

Das älteste schriftliche Zeugnis über ein Sonnenwendfeuer ist ein ägyptisches Papyrus. Von Christen oder christlicher Beeinflussung kann man rund 2600 Jahre vor der Geburt Jesu aber nicht sprechen.

PS:

Mercy zu deinem Kommentar fällt mir nur ein Zitat von Nietzsche ein: " Wer weiß, ob du nicht in 10 Jahren jünger aussiehst als ich in 10 Jahren! ... Irgendwann wird mich jeder, der es nicht besser weiß, für den älteren Bruder halten (und Lisbeth vielleicht...) für unser Enkelchen."

Das könnte aber auch ganz gut passen:

"Erst der grosse Schmerz ist der letzte Befreier des Geistes, als der Lehrmeister des grossen Verdachtes."
Such dir eins aus und die Sache ist abgehakt.
 
Hardegen schrieb:


Mercy zu deinem Kommentar fällt mir nur ein Zitat von Nietzsche ein: " Wer weiß, ob du nicht in 10 Jahren jünger aussiehst als ich in 10 Jahren! ... Irgendwann wird mich jeder, der es nicht besser weiß, für den älteren Bruder halten (und Lisbeth vielleicht...) für unser Enkelchen."
...
die Sache ist abgehakt.

Mir das:
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=185241&postcount=83

Und nun walten wir unseres Amtes.
 
ägyptisch

Hardegen schrieb:
Ein Beispiel aus dem Uraltschinken Die Sachsengeschichte von Widukind von Corvay 1. Buch Kapitel 12

Ideologiekritisch wäre es ja jetzt interessant den ganzen Haufen der historischen Schmöcker aus der Phase "nachromantische Wissenschaften" mal nach ein paar Beispielen abzusuchen, um dem Gang der Grimmschen und Schierenberger Sonnwendfeuer auf den sächsischen Schlackewällen im Detail auf die Schliche zu kommen ...

Hardegen schrieb:
Das älteste schriftliche Zeugnis über ein Sonnenwendfeuer ist ein ägyptisches Papyrus. Von Christen oder christlicher Beeinflussung kann man rund 2600 Jahre vor der Geburt Jesu aber nicht sprechen.

Ups.
Statt postulierten germanischen jetzt ägyptische Sonnwendfeuer. Ein wenig plötzlich und weit ist der Sprung (wenn auch wohl ideologiekritisch gesehen aus einer nicht so fernen Ecke stammend), aber: Natürlich dürften die Sonnwendfeuer auch ägyptischen Ursprungs sein - wenn ein stichhaltiger Beweis dafür vorgebracht wird. Aber bisher sehe ich nur Quellen (ich habe mir mittlerweile schon eine kleinere Menge Text zu diesem Thema einverleibt) die ein christliches Johannisfeuer belegen. Von ägyptisch-abgeleiteten Sonnwendfeuern in Mitteleuropa schrieb bisher niemand.

Mit freundlichem Gruß, Martin
 
Querverweis germanische Sagen

Hinweis am Rande:
Auf Streifzug nach Quellen bin ich auf den Nachbarthread gestoßen. Wo es hier um vermeindlich "germanisches" Brauchtum und seine Bezüge/Ursprünge geht, wurde dort u.a. über germanische Sagen debattiert. Wie mir scheint haben diese "germanischen" Herleitungs-Themen den gleichen literarisch/volkskundlich/geschichtsideologischen Kontext. Insbesondere die Gebrüder Grimm erwachsen mit ihren Werken immer mehr zum Kristallisationspunkt ...

:rechts: http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?p=188910
 
Martin 69 schrieb:
Selbst auf christlichen/katholisch-/evangelisch-kirchlichen Webpages wird ein heidnisches Fest angenommen, aber nirgends so weit ich bisher finden konnte belegt. ... Jeder möge sich aufgerufen fühlen, Quellen herbeizutragen, die selbige vorchristliche Bedeutungsschicht darlegen.
Einige Quellenhinweise sollen für eine weitere Quellenarbeit anregen:

Die Sonnwendfeier hat ihren Ursprung in der Steinzeit. Schon damals haben die Menschen den längsten Tag gefeiert.

Quelle: http://netnewsletter.de/letter/archiv/0225.html

Wissen.de weiß - wie der Name schon sagt - dass die Sonnwende der einzige Tag war, an dem der Übergang zwischen der Elfen- und der Menschenwelt offen stand und die Menschen die Tiere und die Natur verstehen konnten. Die Feuer wurden als Zeichen für die Sonne angesehen und sollten helfen die Seele zu reinigen.

Der Täufer erhielt seinen Festtag in Rom sechs Monate vor dem Geburtsfest Jesu. Auch Augustinus kannte für Afrika dieses Datum. Neben Jesus und Maria ist Johannes der einzige, dessen Geburtstag gefeiert wird, woran seine besondere heilsgeschichtliche Bedeutung deutlich wird. Sein Hinweisen auf den Erlöser ist wohl der Grund, warum sich das alte keltische Sonnenwendfest, der Tag des Sieges der Sonne und des Lichtes über Dunkelheit und Tod, als Johannistag geeignet erwies, um christlich überformt zu werden. Johannes- oder Sonnwendfeuer werden weithin an diesem Tag abgebrannt; seit dem 10. Jahrhundert war es üblich, dazu geweihten Wein zu trinken. Mancherorts werden Brunnen und Quellen besonders geschmückt. Ein "Feuersegen" findet sich im deutschen Benediktionale der katholischen Kirche.

Quelle: http://won.mayn.de/vcp/stamm/inhalt/johannistag.html

Seit dem 5. Jahrhundert wird der 24. Juni als Geburtfest Johannes des Täufers gefeiert.

Quelle: http://www.derweg.org/mwbrauch/johannistag.html

Seit dem zwölften Jahrhundert bezeugt und über ganz Europa verbreitet findet sich das Johannisfeuer (das verchristlichte Sonnenwendfeuer; wurde von Predigern auf Joh. 5, 35 hin gedeutet): Ein Holzstoß wird entzündet, umtanzt und übersprungen; Rauch, Glut und Asche dienten zu mag. Zwecken.

Quelle: Brockhaus-Encyklopädie

Deshalb übernahmen die Christen kurzerhand den Brauch und machten daraus das Johannifest: Benannt nach Johannes dem Täufer, der seinen Geburtstag am 24. Juni feierte, berichtet das Institut für Europäische Ethnologie. So wurde aus dem Sonnwend-Feuer das Johanni-Feuer, das auf den Hügeln der Dörfer, weit sichtbar für alle, abgebrannt wurde.

Quelle: http://netnewsletter.de/letter/archiv/0225.html
 
Horst schrieb:
Der Täufer erhielt seinen Festtag in Rom sechs Monate vor dem Geburtsfest Jesu. Auch Augustinus kannte für Afrika dieses Datum.

Dieses Datum für Afrika würde mich interessieren. War es eher früher oder später im Jahr? :pfeif:
 
Keltische Sonnenwendfeiern:

http://en.wikipedia.org/wiki/Lughnasadh

----

Interessant auch die Winterfeste und die dazugehörigen Opferriten, die sich im Weckmann / wicker man manifestieren.

Generell sind Lichtfeste - ob zu Sommer oder Winter, Frühling oder Herbst - ein uraltes Phänomen. Dass man dabei gefeiert und ein Feuerchen angezündet hat, ist ja logisch.
 
Zurück
Oben