Irgendwo wirst Du aber bestimmt jemanden finden, der das Gegenteil glaubt (= dass dies ein ehrlich gemeinter Vorschlag gewesen sei ohne Hintergedanken/Absichten).
Lassen wir mal die Frage nach der rhetorischen Absicht dieser Formulierung außen vor, dann stellt sich dennoch die Frage, ob es im Rahmen der Politik ein - vielleicht auch altruistisches - Verhalten gibt, das ohne "Hintergedanken / Absichten" agiert. Spätestens seit den Arbeiten von H.E. Carr können wir ein derartiges Verhalten, zumal im Bereich der Außenpolitik, deutlich verneinen.
Und natürlich hat sich Stalin mit seinen Noten etwas gedacht, wie beispielsweise Mastny (Die NATO im sowjetischen Denken und Handeln 1949 bis 1956, in: Mastny / Schmidt: Konfrontationsmuster des Kalten Krieges 1946-1956, 2003, S. 381ff) die unterschiedlichen Handlungsstränge verdeutlicht.
Für Stalin war durchaus eine komplexe weltwirtschaftliche Situation um 1950 entstanden, die auch sehr stark unter den Eindrücken in Fern-Ost stand. Dem Gewinn der Macht durch Mao und den anfänglichen Erfolgen in Korea, allerdings auch eine komplizierten Situation in Europa.
Aber ewar auch geprägt durch Stalins ambivalenten Einschätzung der Amerikaner, einerseist nicht fähig zu sein, zwei "große Kriege" gleichzeitig zu führen und andererseits die Gefahr zu sehen, den potentiellen Verlust in Korea durch einen Angriff auf die CSSR zu kompensieren. Der unkontrolliert in einen atomaren Krieg eskalieren konnte.
Vor diesem Hintergrund rief Stalin die osteuropäischen Parteichef vom 09. bis 12. Janur 1951 nach Moskau, um sie auf massive konventionelle Aufrüstung einzuschwören, die in 2 bis 3 Jahren einsatzbereit zu sein hätten.
Aber auch um 1951/ 1952 die Rüstungsausgaben deutlich für die UdSSR zu reduzieren.
Für Stalin veränderte sich die Wahrnehmung der Situation in Europa insofern, als im Rahmen der Implementierung von NSC-68, eine massive anti-sowjetische amerikanische Außenpolitik implementiert wurde (vgl. die Einteilung der Phasen bei Gaddies: Strategies of Containment, 1982).
Die ergänzt wurde durch eine massive Anstrengung der USA, durch gesteigerte Militärausgaben (vgl. z.B. Fordham: Wirtschaftliche und soziale Folgen amerikanischer Militärausgaben, in: Greiner, Müller, Weber (Hrg.) Ökonomie des Krieges, 2008, S. 216) , die militärische Konfrontation mit der UdSSR, auch in Korea, bestehen zu können (Militärausgaben der USA von 4 % auf 14% des BIP während des Korea-Krieges angestiegen).
Vor diesem Hintergrund ergibt sich eine gewisse Rationalität der Noten Stalins. Die durchaus auf eine Neutralisierung Deutschlands hinauslaufen sollten. Ob und wie umfangreich seine Vorstellungen einer "Finnlandisierung" Deutschlands einhergingen, sei dahingestellt. Das Annehmen der Note durch die westlichen Allierten und durch Deutschland hätte für Stalin erhebliche Vorteile gehabt und insofern war die Formulierung auch "ehrlich" gemeint, allerdings mit sehr egoistischen Absichten.
Nicht übersehen darf man in diesem Kontext die relativ guten Beziehungen Frankreichs zu Sowjetunion. Beide Staaten einte das ausgeprägte Interesse, ihre Sicherheitsvorstellungen gegen den ehemaligen Gegner, Deutschland, durchzusetzen.
Die Systemrivalität beider Blöcke führte jedoch, zunehmend seit dem Abgang von FDR, zu einer "interaktiven Aggression" und keiner der beiden Kontrahenten konnte und wollte seine subjektiven Vorstellungen von Sicherheit aufgeben.
In diesem Sinne waren die Noten vielleicht "Trojanische Pferde", die nicht unbedingt die Rote Armee an den Atklantik bringen sollte, sondern primär eher die Amerikaner aus Europa raus bringen sollte. Sie zielte sekundär auch darauf ab, eine Störung der Konsolidierung der transatlantischen Partnerschaft vorzunehmen, sie wollte die Bewaffnung Westdeutschlands verhindern und auch!!!! in einen Dialog über die Zukunft Deutschlands einsteigen, wie Kissinger m.E. zu Recht die Noten bewertet.