Strupanice
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Komischerweise wird Heinrich I. 1277, Sohn der Sophie von Brabant, dann auf der Mader Heide als erster hesssicher Landgraf von den hessischen Landesständen bestätigt. Die Mader Heide wat wohl schon in fränkischer und vorfränkischer zeit wichtiger Versammlungsort der dortigen Bevölkerung, vermutlich der sog. populus hassiorum. Jetzt stellt sich die Frage, warum ausgerechnet "Thüringer" auf einer hessischen Versammlungsstätte den ersten hessischen Landgrafen in seinem Amt bestätigen sollten. Zwischen der Entstehung der beiden unabhängigen Landgrafschaften Thüringen und Hessen und der des fränkisch-thüringischen Konfliktes im 6. Jahrhundert besteht ein so großer Zeitabstand, dass man anhand dessen nicht über die Zuordnung des frühmittelalterlichen Hessengaues zum fränkischen bzw. thüringischen Machtbereich spekulieren sollte. Wenn du hier schon Vergleiche anstellst, die sich über einen Zeitraum von 700 Jahren (6. Jhdt. - 13. Jhdt) erstrecken, dann musst du allerdings auch zugestehen, dass man über ethnische und geographische Gemeinsamkeiten der Chatten und Hessen thesieren darf. Zwischen letzter Erwähnung der Chatten 213 und Ersterwähnung der Hessen 738 liegen grobgesagt nur 525 Jahre im Gegensatz zu dem von dir angestellten Vergleich.
Da hast du mich wohl falsch verstanden, es ging mir nicht um die Kontinuität thüringischer Bevölkerung über einen Zeitraum von 6. Jh. bis 13. Jh., sondern darum, daß genau in den Gebieten, in denen im 6. Jh. die Eingliederung Thüringens in das fränkische Reich begann, im 12. Jh. eine gleichlautende Landgrafschaft installiert wurde, ohne, daß die "Landgrafen" Landesherren in besagter Gegend waren, vielmehr bedeutenden Eigenbesitz verstreut über das heutige Hessen und Thüringen besaßen. Die Mehrheit der Besitzungen lag im heutigen Hessen. Da stellt sich doch eher die Frage, warum die Ludowinger dann als Landgrafen von Thüringen eingesetzt wurden, nicht als die von Hessen ?
Keineswegs wollte ich hier sagen, daß die -mar oder -lar Ortsnamen spezielle hessischen oder thüringischen Ursprungs waren. Vielmehr war es aber wohl ein Zeichen, daß in beiden Regionen Menschen mit gleichen Vorstellungen über die Benennung von Orten lebten, und somit wohl eine Isolation über längere Zeit zu einer eher unterschiedlichen Veränderung der betreffenden Ortsnamen gefüht hätte.Achso, hier darf man dann die Etymologie wieder nutzen. Wer sagt den überhaupt, dass Orte, die auf -mar enden unbedingt hessisch-thüringischen Ursprungs sein müssen. Es gibt genug dieser Orte, die nicht mal am Rande der ehemaligen thüringischen Interessensphäre liegen, nimmt man als Basis nicht gerade Grahn-Hoeks Ausführung, die das thüringische Königreich zur mitteleuopäischen Hegemonialmacht hochstilisiert. Zu nennen wären:
Lohmar im Rhein-Sieg-Kreis, Villmar bei Limburg, Hadamar ebenfalls bei Limburg. Vielmehr wäre doch zu vermuten, dass sich die unterschiedlichen Stämme eines ähnlichen Vokabulars bedienten und ihre Orte eben nach Gegebenheiten ihrer Umwelt benannten. Das -mar bedeutet nämlich nicht mehr als Sumpf, Moor, stehendes Gewässer, und die gab es sowohl im Königreich Francien, im Königreich Thüringen als auch im rückständigen Hessen
Das Gebiet der Chatten des 3. Jh. wurde einfach nach und nach mit neu ankommenden Gruppen besiedlet, wobei ältere Gruppen in diese integriert wurden. Übernahme von Gebräuchen und Traditionen durch Neuankömmlinge waren dabei von verschiedensten Faktoren abhängig. So wurden im 9. und 10. Jh. zahlreich Slawen an Werra und Fulda angesiedelt, ohne daß wir es dort mit einer slawischen Insel zu tun haben.