bei Campbell, Jutland, sind mE 2 Turmtreffer bei Derfflinger geschildert, die neben weiteren charakteristisch sind: die Explosionswirkung fand trotz kompletten Durchschlag nach außen statt, so dass die Turmbesatzung nur geringe Verluste erlitt. Bei Lion oder Tiger gab es einen ähnlichen Vorfall.
Ist das der beschriebene Effekt?
DERFFLINGER erlitt Turmtreffer, die nicht komplett durchschlugen. D.h. das Geschoß detonierte beim Aufschlag / Durchschlag in der beschriebenen Weise, nicht dahinter. Meistens sind in solchen fällen, solange das in den KC Panzer geschlagene Loch noch unterkalibrig ist, kaum Wirkungen hinter der Platte zu verzeichnen (abgesehen von Schock, Rauch und Gas).
Erst wenn das Loch etwa Kalibergröße erreicht fallen zuerst Plattentrümmer an (SEYDLITZ in der Doggerbankschlacht), später dringen zusätzlich auch die vorderen Teile des Geschosses ein (SEYDLITZ in der Skagerakkschlacht). Die volle Detonation eines Geschosses hinter der Platte haben auf deutscher Seite nur zwei Schiffe erlebt. Zum einen DERFFLINGER bei einem 15" Treffer, der durch die 230mm starke Barbette von "C" ging und dahinter detonierte und zweitens bei MOLTKE, die einen 15" Treffer erlitt, der den 200mm starken, oberen Seitenpanzer durchschlug und über den Kohlenbunker zur vollen Detonation kam.
An letzterem Treffer kann man auch sehr gut die Schutzwirkung von Kohle studieren. Schwere Schäden unterhalb von No.6 Kasematte, Splitter durchschlugen den Munitionsversorgungsschacht, setzten 15cm Kartuschen in Brand, knockte das 15cm Geschütz permanent aus. Keine Schäden jedoch bei dem, von Kohlebunkern gedeckten 50mm starken Böschungsteil direkt unter der Detonationsstelle oder dem 25mm starken Hauptpanzerdeck nahe der Detonationsstelle. Die exakten Details des Kohlestatusses von MOLTKE fehlen zwar, doch war nach Campbell das Schiff nicht voll beladen und die Kohle zur Verbesserung des Seitenschutzes getrimmt. Wenige dm Kohle dispersieren die Schockwelle einer Detonation und ein halber m Kohle bringt neutralisiert die Bewegungsenergie der schwersten Geschoß- und Plattentrümmer.
Atwood gibt in einer Quelle von 1904 (Warships. Construction), S.194 die Funktionen von Kohlebunkern an:
1. Ballistischer Schutz vor Durchschlag schwerer Geschosse. Bei Versuchen entsprachen 2 Fuß Kohle der Schutzwirkung von 1" (=25,41mm) Eisen. Gleichzeitig ergeben die Versuche, dass die Detonation von selbst schwersten Geschossen die Kohle räumlich nicht verdrängen kann und dass die These der spontanen Entzündungsgefahr der Kohle durch eine Geschoßdetonation nicht bestätigt werden konnte.
Deswegen sind Kohlebunker ein integraler Bestandteil der Schutzwirkung von Seiten und Decksschutz (in diesem Zusammenhang besonders erwähnt von ihm sind die geschützten Kreuzern, die Kohlebunker oberhalb des Panzerdecks führen)
2. Im Falle der Durchlöcherung des Seitenpanzers würden Kohlebunker mit Wasser vollaufen und daher wichtiges Raumvolumen bereits in Anspruch nehmen Ein ft^3 Kohle nimmt 5/8 des Raumes ein, Wasser kann nur in 3/8 des Volumens dispersieren, während in einem leeren Raum, Wasser zu 8/8 eindringen kann. Damit wird die Wasseraufnahme NACH einer Beschädigung begrenzt
3. Kohlenbunker helfen, die primäre, metazentrische Stabilität bei Flutschäden zu bewahren und das Ausmaß der Krängung zu begrenzen.
Warum einige vitale Teile nicht von Kohlebunkern geschützt waren, entzieht sich meiner Kenntnis. In späteren Versuchen entsprachen 6ft Kohle = 1" stärkerer CA Panzerung des Gürtelpanzers. Aber "Lücken" im Panzerschema englischer Schiffe sind keine Seltenheit. Die Barbetten z.B. waren lächerlich dünn gepanzert (10" bei den QUEEN ELIZABETH´s und REVENGE) und die Panzerquerschotte stellten ebenfalls eine Lücke dar.
Die IRON DUKE hatten 12" GP und dahinter 9ft Kohlebunker Mittschiffs. Dies entspricht einem Seitenschutz von 13,5 Zoll, was dem Hauptkaliber dieser Schiffe in etwa entspricht. Homogenität war hier nicht angestrebt.
Bei der KAISER- und KÖNIG-Klasse war hinter dem 350mm Gürtelpanzer nochmal ein 3,5m tiefer Kohlebunker. Die maximale Dicke entspricht damit 400mm KC vertikal. Dies ist auch die Dicke der vertikalen Frontteile des gepanzerten Kommandoturmes, die 15 Grad geneigten Seitenteile waren auf 350mm ausgedünnt (infolge der Neigung ebenfalls mit 400mm Äquivalent). Lediglich Türme und Barbetten fallen heraus, die sind "nur" 300mm stark und entsprechen damit der Kaliberstärke.