Ich soll den Untergang der Republik erklären.
Doch die Quellen unterscheiden sich.
Manche sagen, dass die Republik mit den Bürgerkriegen unterging.
Doch jetzt habe ich gelesen, dass die Republik mit dem Neffen von Caeser (Augustus) unterging, da er das Prinzipat einführte.. Das ist doch kein Untergang sondern ein Neuanfang oder?...
Ganz kurz ausgedrückt könnte man sagen: Augustus (Caesars Großneffe) gewann die Bürgerkriege und wurde so zum Alleinherrscher, der dann das Prinzipat einführte.
Aber um es etwas komplizierter zu machen:
Wie El Quijote schon geschrieben hat, ist der Untergang der Republik ein langwährender Prozess, bei dem man keine klare Zäsur setzen kann. Die Republik selbst war nichts Statisches, das irgendwann plötzlich geendet hätte. Eine geschriebene Verfassung, an die sich obendrein alle gehalten hätten, gab es ohnehin nicht. Im Prinzip war die Geschichte der Republik im letzten Jahrhundert von zwei gegenläufigen Bestrebungen geprägt:
Auf der einen Seite gab es Kräfte, die eine aristokratisch geprägte Republik wünschten mit einem starken Senat als eigentlichem Entscheidungsträger, Volksversammlungen, die den Willen des Senats abnickten, und Magistraten, die sich dem Senat unterordneten und dessen Willen exekutierten.
Auf der anderen Seite gab es Politiker, die möglichst große Macht für sich selbst wünschten und/oder sich in erster Linie auf die Volksversammlungen stützen wollten und dabei den Senat möglichst ignorieren.
(Diese beiden "Seiten" waren aber nicht immer klar geschieden. Es kam z. B. auch vor, dass die Anhänger der Senatsaristokratie einem der ihren Sondervollmachten übertrugen, um damit die Gegner auszubremsen.)
Im Laufe des letzten Jahrhunderts der Republik kam es immer wieder vor, dass einzelne Politiker für sich (zeitlich begrenzt oder unbegrenzt; teilweise gewaltsam) Sondervollmachten durchsetzten. Beispiele dafür wären die mehrjährige Diktatur Sullas (eigentlich durfte ein Dictator nur maximal 6 Monate amtieren) und Caesars oder die Sondervollmachten, die Pompeius immer wieder erhielt (z. B. zum Kampf gegen die Piraten, zur Getreideversorgung oder dass er 52 v. Chr. alleiniger Konsul wurde). Auch das 2. Triumvirat (Octavian, Marcus Antonius und Lepidus) ließ sich Sondervollmachten erteilen, mit denen diese drei Männer faktisch allein regieren konnten.
Dazu kam natürlich noch die Macht des Faktischen: Wer eine starke Armee, die sich mehr ihm als dem Staat verbunden fühlte, kommandierte, der hatte meist auch Macht.
Als Augustus das Prinzipat einführte, machte er im Prinzip nichts anderes: Auch er ließ sich verschiedene Sonderrechte erteilen, durch die er faktisch zum Alleinherrscher wurde. Der Unterschied zu früher war allerdings der, dass Augustus' System dauerhaft wurde: Obwohl er sich seine Rechte formell nur für zehn bzw. fünf Jahre erteilen ließ, ließ er sie sich immer wieder verlängern, und nach seinem Tod wurden sie auf seinen Nachfolger Tiberius übertragen usw.
Augustus brach also nicht offen mit der hergebrachten Ordnung. Dass der Sieger in einem Bürgerkrieg Sonderrechte erhielt, war nichts Neues mehr. Die Dauer machte den Unterschied. Diese Dauer ist es auch, die es rechtfertigt, das Prinzipat von der Republik abzugrenzen und davon zu sprechen, dass mit der Einführung des Prinzipats die Republik unterging, obwohl abgesehen von den Sondervollmachten eigentlich kaum etwas an der republikanischen Ordnung geändert wurde.
Die Bürgerkriege spielten insofern beim Untergang der Republik eine Rolle, als sie sowohl Symptom als auch Verstärker zugleich waren: Auf der einen Seite brachen sie immer wieder aufgrund von Machtkämpfen zwischen einzelnen Politikern oder zwischen einzelnen Politikern und der Senatsaristokratie aus. Auf der anderen Seite führten sie immer wieder dazu, dass der Sieger nach Ausschaltung seiner Gegner Sondervollmachten für sich durchsetzen konnte - zuletzt eben Augustus.
Der Unterschied zwischen Augustus und früher war der, dass er lange lebte und seine Macht behielt. Seine Vorläufer waren nach relativ kurzer Zeit ermordet worden oder zurückgetreten oder hatten das Auslaufen ihrer Sondervollmachten akzeptiert. Wäre Augustus (der oft schwer krank war) bereits nach wenigen Jahren gestorben, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen.
Wie sehr übrigens das Prinzipat von seinem Machthaber abhing, zeigte sich, als Augustus für ein paar Jahre im Osten des Reiches weilte: In der Zwischenzeit brachen in Rom wieder die alten "republikanischen" Zustände aus, inkl. Straßenschlachten vor den Konsulatswahlen, bis der Senat einem amtierenden Konsul eine Sondervollmacht erteilte, um die Unruhen zu beenden.