Untergang des römischen Reichs

Bei Ostrogothas Beitrag fiel mir ein, dass öffentliche Spektakel mit Venationes und Wagenrennen auch von einigen gotischen Königen wie Theoderich und Totila gepflegt wurden, unter desssen Regentschaft die letzten öffentlichen Spiele in Italien und Rom veranstaltet wurden.
 
Bei Ostrogothas Beitrag fiel mir ein, dass öffentliche Spektakel mit Venationes und Wagenrennen auch von einigen gotischen Königen wie Theoderich und Totila gepflegt wurden, unter desssen Regentschaft die letzten öffentlichen Spiele in Italien und Rom veranstaltet wurden.

...was nur beweist wie sehr sich die Herrscher der föderierten Goten in ihre ausgeübte Rolle als römische Administratoren (im Auftrag Ostroms) einfügten. Korrigiert mich, denn meines Wissens machte der Christ Theoderich bei den letzten Spielen deutlich, das er sie persönlich verabscheue. Sie fanden also nicht zur Ergötzung seiner Goten statt, sondern ganz in antiker Tradition und ohne menschliche Opfer. Interessanterweise wird hier und da Theoderich in diesem Zusammenhang sogar als Kaiser tituliert, eine Würde die er sicher abgelehnt hätte um die Einigkeit mit Konstantinopel zu demonstrieren. Gleichwohl gewährte ihm Byzanz einige, fast kaisergleiche Ehren (darunter ein Diadem und das Recht sich in Purpur zu kleiden). Es gibt hier sicher Leute die meine Aussage zu den Spielen im Zweifel korrigieren können. Die letzten Wagenrennen fanden etwa 550 statt unter Totila, als ganz Italien bereits vom Gotenkrieg erschüttert wurde. Es war wieder ein Versuch die Herzen der Italier für die gotische Regentschaft zurück zu gewinnen. Als Ostrom die Goten schließlich vernichtet hatte, war die Spätantike Geschichte geworden. Obwohl nun wieder dem legitimen Kaiser ganz Untertan geworden, fand sich kein Sponsor mehr der diese typisch römischen Veranstaltungen fortgesetzt hätte! In der östlichen Reichshälfte blieben die Wagenrennen aber weiterhin populär.

Im Gegensatz zu Theoderich galt Totila in Ostrom als Rebell, da die alten Föderatenverträge dort mit der Kapitulation des Witichis 540 als Erloschen angesehen wurden. Bis zu dieser Kapitulation befand sich Ostrom rein Rechtlich in einem 'Bürgerkrieg' mit den reichangehörigen Föderaten in Italien!

Indem ich die von Theoderich propagierte Kontinuität (zum Römischen Reich) betone, sowie den 'Rechtsstatus' des Ostgotenreiches bis zur Kapitulation des Wittichis, erlaube ich mir eine provokante Frage: Wie viel sanktionierter war doch diese Herrschaft - im Auftrag eines legitimen (römischen) Kaisers in Konstantinopel - als die Herrschaft des Usurpators Romulus Augustus die im Jahre 476 endete und gerne als Zäsur für das Ende des (West-) Römischen Reiches herhalten muss?

Die Fakten sind verwirrend:
Der von Ostrom anerkannte Kaiser des Weströmischen Reiches, Julius Nepos lebte zu diesem Zeitpunkt noch und hielt eine ‚Reststaatlichkeit’ auf dem Balkan aufrecht. Kaiser Nepos war 474 inthronisiert worden, aber bereits 475 durch seinen Heermeister Orestes (dem man einen vorherigen hohen Posten im untergegangenen Reich des Hunnenkönigs Attila nachsagt) aus Italien vertrieben worden. Orestes setzte dann seinen eigenen Sohn als Kaiser ein der immerhin bis 476 nominell regierte. Natürlich hatte nicht der höchstens 15 Jahre alte Augustulus die Macht in den Händen, sondern sein Vater!
Als Odoaker der Herrschaft dieses Usurpators ein Ende bereitete, war man Anfangs in Konstantinopel erleichtert. Odoaker ließ jedoch Kaiser Nepos nicht mehr nach Rom zurück, sondern übersandte die kaiserlichen Insignien nach Konstantinopel und unterstellte sich dem dortigen Kaiser. In der Theorie war damit nur die (zeitweise) Teilung des Römischen Reiches wieder beendet worden, doch Ostrom verweigerte Odoaker die Anerkennung und forderte die Rückkehr Kaiser Nepos an die Macht, was wiederum Odoaker nicht erlaubte. Nachdem im Jahre 480 der landlose Kaiser ermordet worden war, eroberte Odoaker dessen Territorium unter dem Vorwand diesen Mord rächen zu wollen. Vielfach wird angenommen, das Odoaker diesen Mord in Wirklichkeit sogar in Auftrag gegeben hatte! Von da ab verschlechterten sich die Beziehungen zum Kaiser in Konstantinopel (in dessen Namen Odoaker zu herrschen beanspruchte).
Nach Verhandlungen zwischen dem König der (als Volk mit Konstantinopel föderierten und in dessen Reich lebenden) Ostgoten (Theoderich – der mit den Circusspielen) und dem Kaiser in Konstantinopel erhielten die Goten den Auftrag der (widerrechtlichen) Herrschaft des Odoaker in Rom ein Ende zu machen. Der genaue Vertrag zwischen Ostgoten und Ostrom ist nicht mehr genau bekannt, doch sollte der König der Ostgoten (inklusive seiner Erben) im befreiten Italien anschließend im Namen des Kaisers herrschen (quasi als sein Vasall). Odoaker konterte die Bedrohung folgenlos mit der Erhebung seines Sohnes Thela im Jahre 490 zum Gegenkaiser! Interessanterweise beanspruchte dieser neue ‚Kaiser’ allerdings nur den minderen Titel ‚Caesar’ (statt Augustus), wodurch er sich selbst im Rang unterhalb des legitimen ‚Augustus’ Zenon in Konstantinopel ansiedelte.
Was unterscheidet diesen „Caesar Thela“ von dem anderen Usupator, der sich selbst als ‚Augustus’ betiteln ließ und sich Romulus Augustus als Herrschernamen ausgesucht hatte? Beides sind Usurpatoren geblieben. Romulus Augustus wurde nicht erschlagen, sondern mit einer „Rente“ abgeschoben, während Thela wie sein Vater letztlich im Krieg gegen die siegreichen Ostgoten zu Tode kam. Theoderich und seine Nachfolger bis zu Witichis haben an den Traditionen Roms festgehalten, da sie ihren Herrschaftsbereich als Teil des Römischen Reiches ansahen. Ihre Münzen wurden mit dem Porträt des Kaisers versehen, sie ließen die römische Verwaltung bestehen, banden den Senat in Rom in die Politik und Verwaltung ein und erhielten selbst vom Kaiser in Konstantinopel römische Ehren und Titel verliehen.
 
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...Es gibt hier sicher Leute die meine Aussage zu den Spielen im Zweifel korrigieren können. Die letzten Wagenrennen fanden etwa 550 statt unter Totila, als ganz Italien bereits vom Gotenkrieg erschüttert wurde. Es war wieder ein Versuch die Herzen der Italier für die gotische Regentschaft zurück zu gewinnen. ...

An der Jahreszahl gibt es nichts zu korrigieren. Im Netz steht zwar überall 549 n. Chr., aber da stand Totila gewissermaßen noch draußen vor Roms Türen. Die 2. Einnahme der Stadt erfolgte erst am 16.01.550 n. Chr.; 549 n. Chr. ist also unmöglich.

Ebenso hast Du Recht, dass Theoderich den Spielen nichts abgewinnen konnte, lediglich Wagenlenkern sprach er Anerkennung aus; allerdings mehr unter dem Aspekt des Umgangs mit den Pferden.

Das sind aber Punkte, die wir hier nicht weiter vertiefen wollen, schließlich geht es eigentlich um den "Untergang" des Römischen Reiches, und das war ja nun schon "untergegangen".
 
Einen kleinen Nachtrag erlaube ich mir doch noch, da ich jetzt das Buch zur Hand habe.

Für Theoderich d. Gr. war das Spiel „Verdrängung der ernsten Gesinnung, Verführung zu leichtfertigen Streitigkeiten, ein Krebsschaden für die Ehrbarkeit, ein immer sprudelnder Quell von Zänkereien. Was das Altertum heilig hielt, machten die zanksüchtigen Nachkommen zu einer Fratze“ (aus dem Schreiben an den Präfekten Faustus).

Weiter heißt es:
„Staunen muss man, wie im Zirkus mehr als bei anderen Spielen die Leidenschaft sich von einer sinnlosen Heftigkeit hinreißen lässt…. Nur wenige ja gewinnt die Vernunft, und dünn gesät sind die, welche eine beifallswürdige Aufgabe erfreut; die Masse lässt sich lieber zu dem führen, was zur Entspannung der Sorgen erfunden ist…“

Eine deutliche Absage an die römische „Unterhaltungsindustrie“, wobei ich Dir dazu Recht geben muss
...
Da wird man sich aber fragen dürfen, ob man es einem ärmeren Römer übelnehmen konnte, wenn es ihm um seine ureigensten Interessen ging, nämlich ob es Spiele und Unterhaltung und damit verbunden Geschenke gab und ob die Getreideversorgung aus Ägypten und der Cyrenaica stand. Was kümmerte es einen römischen Proletarier, ob sich die Parther in Armenien regten, ob die Daker oder Markomannen die Donau passierten, um in Pannonien Beute zu machen?

Ich bin mal ganz provokant und behaupte, dass Roms Unterhaltungsindustrie zugleich ein Indikator für den Zustand des Imperiums war...

Der Masse fehlten Perspektiven, in der „Führungsebene“ ging es drunter und drüber. Warum sich also nicht Ablenkung verschaffen?

Wir vergessen zu leicht, das auch die Gladiatorenspiele nicht nur eine Unterhaltungswirkung, sondern auch eine politische Botschaft verkünden sollten!

Damit hast Du Recht und wenn wir uns Byzanz betrachten, so war der Zirkus auch Ort politischen Geschehens, nicht nur politischer Botschaften. Als Beispiele seien hier nur genannt das Angebot seines Rücktritts (Kaiser Anastasios 512 n. Chr.) und der Nika-Aufstand (Kaiser Justinian 532 n. Chr.)
 
hallo alle zusammen, w ich würde gerne noch etwas über den Untergang des Oströmischen-Reiches anfügen, und zwar: Ein wichtiger Grund für den "Nichtuntergang" mit dem Wesrömischen-Reich war wohl die geographische Lage von Byzanz. Denn der Bosporus und das Schwarze Meer bilden einen sehr guten Schutz dieser Gegend vor Angriffen aus dem Nord-Westen Europas und da die Oströmischen Kaiser immer noch über eine sehr starke Flotte verfügten konnte ein Übersetzten z.B. der Hunnen oder Goten verhindert werden. Die Plünderung Griechenlands und weiterer Osteuropäischer Gebiete konnte natürlich nicht verhindert werden und es kam (so weit ich weiß) auch zu einer Umrundung der des schwarze Meeres durch die Hunnen (jedoch ein Einzelfall). So hatte Byzanz ein paar sehr sichere Provinzen, und Geld zum bezahlen einer Armee, wozu Westrom durch den Verlust und die ständige Plünderung immer weiterer Provinzen nicht in der Lage war. Auch war der Untergang Roms nicht ganz so schleichend, es war eher ein apruptes Ende, was durch einen plötzlichen Qualitätsverlust in den Keramik- und Münzfunden der Archeologen, sowie auch eine gravierende Rückentwicklung in der Bautechnik beweist. Außerdem gab es in dieser Zeit viel Tod und Elend unter der Bevölkerung.
 
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... Ein wichtiger Grund für den "Nichtuntergang" mit dem Wesrömischen-Reich war wohl die geographische Lage von Byzanz. Denn der Bosporus und das Schwarze Meer bilden einen sehr guten Schutz dieser Gegend vor Angriffen aus dem Nord-Westen Europas und da die Oströmischen Kaiser immer noch über eine sehr starke Flotte verfügten konnte ein Übersetzten z.B. der Hunnen oder Goten verhindert werden. ...

So hatte Byzanz ein paar sehr sichere Provinzen, und Geld zum bezahlen einer Armee, wozu Westrom durch den Verlust und die ständige Plünderung immer weiterer Provinzen nicht in der Lage war. Auch war der Untergang Roms nicht ganz so schleichend, es war eher ein apruptes Ende, was durch einen plötzlichen Qualitätsverlust in den Keramik- und Münzfunden der Archeologen, sowie auch eine gravierende Rückentwicklung in der Bautechnik beweist. Außerdem gab es in dieser Zeit viel Tod und Elend unter der Bevölkerung.

In Kürze:
Ostrom hat es verstanden, ein Volk, das gefährlich werden konnte, wie z. B. die Ostgoten, nach Westrom "abzuwälzen".
Die Lage der "sicheren" Provinzen war z. B. Mitte des 6. Jh. n. Chr. folgende:
Kutrigurische Bulgaren überschritten die Donau, verheerten Thrakien und Illyrien und überrannten die Langen Mauern vor Byzanz. Ein anderes Bulgarenheer drang bis zum Isthmos vor und suchte Griechenland heim. Es gab Kaperfahrten an der kleinasiatischen Küste.

Der Perserkönig Chosroes I. war ein harter Gegner. Die Perserkriege haben Byzanz viel Kraft gekostet. Eine der wichtigsten Städte -Antiochia- wurde von den Persern zerstört.

Das eroberte Vandalenreich blieb lange ein Unruheherd.

In Byzanz herrschte um 541/542 "Endzeitstimmung", der mit Bittprozessionen begegnet wurde. Grund: Erdbeben und Pest. In Ägypten brach die Beulenpest aus, die sich über Palästina bis nach Byzanz ausbreitete und sogar endemisch wurde. Die Pest suchte auch Italien heim, insofern hast Du Recht, dass es im ehemaligen WRR viel Tod und Elend gab, sofern das nicht darauf basierte, dass Ostrom einen Krieg mit dem Ostgotenreich vom Zaum gebrochen hatte. Aber lt. Prokop raffte es die Hälfte der Bevölkerung des ORR dahin, was sicher sehr übertrieben ist. Doch wenn es 20 - 25 % waren, ist es auch schon recht viel. Handel, Landwirtschaft, die ganze Infrastruktur wurden in Mitleidenschaft gezogen. Dann kam der Hunger. Es gab Rekrutierungsengpässe. Kaiser Justinian wollte oder konnte kein Geld locker machen, um Belisars Heer gegen den Ostgotenkönig Totila zu finanzieren. Belisar bezahlte die Soldaten aus eigener Tasche bzw. sie lebten vom Plündern in Italien.
So viel in Kürze zu den sicheren Provinzen und dem Geld für die Armee.

Was die gravierende Rückentwicklung der Bautechnik angeht: die hatten die Römer selbst schludern lassen und vieles dem Verfall preisgegeben. Der Ostgotenkönig Theoderich finanzierte in vielen Fällen den Wiederaufbau, so z. B. den Palast auf dem Palatin, Wasserleitungen.

Deine Argumentation reicht also nicht aus.
 
Vandalen

Das eroberte Vandalenreich blieb lange ein Unruheherd.

......Servus Ostrogotha:winke:...heute muss i mal wieder hier schreiben. Lesen tu ich eh fleißig..
Wie meinst das mit den Unruheherd ehemaliges Vandalenreich?
Wer machte dort Unruhen? Die heimische Bevölkerung oder gab es noch Vandalen? Ich dachte die wurden wie so viele andere Völker auch von den Oströmern :gun:ausgerottet oder deportiert!?!?
Erzähl mal!!


P.S. "der TSV...der TSV..der TSV ist wieder da!!!:yes:!"
 
...
Wie meinst das mit den Unruheherd ehemaliges Vandalenreich?
Wer machte dort Unruhen? Die heimische Bevölkerung oder gab es noch Vandalen? Ich dachte die wurden wie so viele andere Völker auch von den Oströmern :gun:ausgerottet oder deportiert!?!?
Erzähl mal!!

Hm, ich möchte eigentlich vermeiden, hier allzu sehr abzudriften. Aber der Thread heißt ja „Untergang des Römischen Reiches“ und nicht „…des Weströmischen….“. Außerdem bildet jeder Aufstand, jede Unruhe ein Puzzlesteinchen im späteren „Niedergangsbild“. Also zu den Problemen, die Byzanz mit dem eroberten Vandalenreich hatte, aber nur ganz kurz:

Der praefectus praetorio Africae „räumte auf“ mit den nicht genehmen Arianern, Heiden, Juden und führte die oströmische Verwaltung inkl. Steuersystem ein. Das sorgte für Unruhe unter der Bevölkerung, sowohl der einheimischen als auch bei den enteigneten Vandalen. Zudem erhielten die oströmischen Truppen nicht mehr pünktlich ihren Sold, was 536 n. Chr. in einer Meuterei gipfelte, der sich Berber, Vandalen anschlossen. Mit den Berbern hatten bereits die Vandalen Probleme, jetzt begannen neue Unruhen. Zwischenzeitlich gelang es Belisar und nach ihm Germanos vorübergehend für Ruhe zu sorgen, die Heerführer nach ihnen waren aber nicht fähig, der Lage Herr zu werden. 563 n. Chr. konnte Johannes Troglita einen erneuten Aufstand niederschlagen. Prokop beklagt, dass das Land durch die Kriege entvölkert sei und in einem Panegyricus auf Justin II. ist von „Afrikanern im Elend“ die Rede. (Damit wären wir also wieder bei Camerones Textstellen „Geld zum bezahlen einer Armee“ und von „Tod und Elend“)

Für Unruhe sorgte außerdem auch der Drei-Kapitel-Streit.
 
@Verfall von Kunst & Kultur, sowie abruptes Ende Westroms:

[FONT=&quot]Auch war der Untergang Roms nicht ganz so schleichend, es war eher ein apruptes Ende, was durch einen plötzlichen Qualitätsverlust in den Keramik- und Münzfunden der Archeologen, sowie auch eine gravierende Rückentwicklung in der Bautechnik beweist. Außerdem gab es in dieser Zeit viel Tod und Elend unter der Bevölkerung.[/FONT]
Die Theorie des ‚relativ abrupten Untergangs des Weströmischen Reiches’ sollte man kritisch hinterfragen. Die Welt hatte sich gewandelt! Sie hatte andere Interessen und Bedürfnisse als das alte Römische Reich gehabt hatte. Öffentliche Ehrenämter, einst eine Quelle von baulichen Wohltaten für die Städte, hatten alles Ansehen verloren. Eine wachsende, zentralistisch ausgerichtete Reichbürokratie beendete den alten Reichsgedanken von einem (theoretischen) Bund diverser Stadtstaaten, was den Ansehensverlust kurialer Ämter zementierte. Den lästigen, teils ruinösen Pflichten eines Kurialen versuchten sich deren Träger mit allen Mitteln zu entziehen. Als Stichworte reichen ‚Erblichkeit’ des kurialen Standes und ‚persönliche Haftung’ für das Steueraufkommen der Gemeinde.
Nicht länger waren die Städte die uneingeschränkten Zentren der Verwaltung, der Politik und des Reichtums! Allein der Grundbesitz sicherte Einkünfte, ohne das sie weiterhin vorwiegend in den Städten „konsumiert“ wurden. Der Kaiserkult hatte die übrigen alten Ausprägungen römischer, staatlicher Selbstdarstellungen in der Kunst verdrängt. Nicht länger der Kaiserkult eines Augustus, sondern die Selbstdarstellung und Selbsterhöhung der Kaiser als von Gott über die Menschen gesetzte Herrscher. Dieser Typus hatte sich seit der Tetrarchie entwickelt, nun mit neuen, christlichen Inhalten transformiert bis zum Basileios der byzantinischen Zeit! Mit ihrer auf die Person des Kaisers ausgerichteten Beamtenschaft, in strenger Hirarchie und rigidem Hofzeremoniell, konnten sich die regierende Schicht relativ wirksam gegen unliebsame Nachrücker abschotten und überhöhte zugleich den Kaiser. Ein Kaiser, der schon in der Tetrarchie nicht länger ein „Bürgerkaiser“, ein ‚Princeps’ sein wollte und absolutistische Züge annahm. Den Senat lohnt keine Erwähnung.

Auch die gerne angeführten ‚Qualitätsverluste’ in Handwerk und Baukunst hat andere Ursachen, als ein Indiz für römischen Niedergang zu sein. Immer gleiche, ständig neu tradierte Bauformen hatten das Römische Reich seit so vielen Jahrhunderten dominiert. Nun wurden diese [endlich?] verändert. Man betrachte heute einige römischen Städte der Antike und stellt eine verblüffende Ähnlichkeit fest, sobald es sich um öffentliche Bauten handelt. Könnte man nicht den Eindruck haben, es sei egal ob sie in Deutschland liegen, in Italien oder im Orient? Das Christentum erlangte einen bestimmenden, künstlerischen Platz in den Städten der Spätantike, wodurch das relative Vakuum öffentlicher Großbauten ersetzt wurde. Öffentliche Baukunst zeigte sich nun Anders. Die grandiose Hagia Sophia beweist diese Aussage und nicht nur Kaiser ließen jetzt Kirchen bauen. Das Rad der Zeit hatte das Alte überholt. Wir trauern um die zeitlose Schönheit vorheriger antiker Kunst? Mag sein, aber ist nicht die rückwärts gerichtete Kunst der Neugotik oder ähnlicher, ‚neuzeitlicher’ Stilrichtungen auch alle mal (technisch) kunstvoller als Popart und heutige moderne Stilrichtungen? Über persönlichen Geschmack lässt sich (nicht) streiten!
Den meisten heutigen Menschen behagt privat eher die schlichtere Linienführung eines ‚Bauhaus’, als die zweifellos anspruchsvollere und kunstsinnigere Machart von ‚Barock’ über Biedermann’ bis ‚Neoklassizismus’ oder was es sonst noch gegeben hat in den letzten 300 Jahren – und das Römische Reich hatte weit länger Bestand gehabt! Die Stilrichtungen der Moderne haben deutlich mit all diesen Kunstrichtungen gebrochen und viele Kenntnisse im Kunsthandwerk werden nicht länger gefragt, ja sind teils vergessen! Vielleicht haben es Kunsthandwerker heute schwerer in Europa als jemals zuvor – wenn man von irgendwelchem ‚Nippes’ absieht? Jede Zeit hat die Kunst die zu ihr passt, ob es uns gefällt oder nicht. Sprechen wir deshalb auch für unsere Zeit von ‚klaren Indizien des Verfalls’? Die Spätantike leitet das Mittelalter ein und hier dominiert eine Kunst die sich nicht länger in den Dienst eines abstrakten Staates (eben des Römischen) stellte, sondern dem Spirituellen – eben dem Christentum zuwandte. Ihm ordnete sich das Meiste so unter, wie einst in der römischen Antike der Staat fast alles in den Dienst der eigenen Selbstdarstellung gestellt hatte – inklusive der Mythologie und Religion. Dies mag als Beispiel genügen.
 
... Allein der Grundbesitz sicherte Einkünfte, ohne das sie weiterhin vorwiegend in den Städten „konsumiert“ wurden...

Ich denke, nicht für Alle sicherte Grundbesitz Einkünfte, von denen die Menschen auch anständig leben konnten. Die tribtum soli (Grundsteuer) für landwirtschaftlich genutzte Flächen stellte Diokletian von „Ist“ auf „Soll“ um. D. h., die Steuer, die einmal festgelegt wurde, musste gezahlt werden, egal ob es ein gutes oder schlechtes Erntejahr war. Pech, wenn sie gerade in einem guten Erntejahr festgelegt wurde.

Daneben musste die „tributum capitis (Kopfsteuer) bezahlt werden. Aber die war abhängig vom Status der Person.

Dann gab es noch die „adiectio“, die Verpflichtung, für die Steuern des Nachbarn aufzukommen, wenn dieser nicht zahlen konnte oder ohnehin das Weite gesucht hatte. Ein Grund u. a. z. B. für den Bagaudenaufstand.

In der Regel trafen diese Steuermaßnahmen die Kolonen am härtesten, denn daneben wollte auch der Großgrundbesitzer noch Pacht. Dessen Einkünfte waren allerdings dadurch gesichert. Kein Wunder, dass Kolonen z. T. unter schlechteren Lebensbedingungen litten als Sklaven.
 
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