Hallo,
Ich würde die Problematik grob so beschreiben ...
Der Bevölkerung ging es zu der damaligen Zeit so dreckig, dass ein Wandel geschehen musste. Vorher ging es ihnen doch einigermaßen gut. Doch dann wurde das Brot knapp. Solange die Menschen was zwischen den Zähnen haben, ist doch alles recht so wie es ist. Doch ändert sich dies, wird alles anders. Ein anderer Herrscher hätte vielleicht für Brot gesorgt und es wäre anders gekommen. Aber je größer die Repression des Staats, desto wahrscheinlicher ist ein Platzen der Blase. Ähnlich wie in der Wirtschaftskrise. Dass irgendwann etwas passiert ist eigentlich klar, nur wann und unter welchen Umständen ist offen.
Das mit der Brotknappheit gab es immer wieder und das 18.Jh. war nun nicht mal dasjenige mit so übermäßig vielen Hungerkatastrophen. Ganz im Gegenteil: in Preußen bspw. baute man dagegen unter Friedrich II. durch die Anlage von Magazinen vor.
Was Du beschreiben könntest, wäre die Zuspitzung der Lage vor der Französischen Revolution und auch das träfe Deine Beschreibung nur halb, da eben die Repressionen durch den Staat zu der Zeit nicht zu sondern eher abnahmen. Louis XVI mochte noch über Instrumente wie die Lettres de Cachet verfügt haben, war aber doch eher ein sanftmütiger und kompromisbereiter Herrscher.
Nach und während dem Dreißigjährigen Krieg ging es z.B. der Bevölkerung in Deutschland so dreckig wie noch nie. Es gab einzelne Revolten in Deutschland und dem heutigen Österreich, für eine Revolution fehlte die Basis.
Religion ist der Feind einer Revolution, oder man erfindet eine "neue" Religion. Nun frage ich mich, waren z.B. die Hussiten Revolutionäre?
Im Dreißigjährigen wie auch im Zuge aller möglicher großer Kriege (wie auch im Span. Erbfolgekrieg) gab es zwar Aufstände und auch sehr große Aufstände, aber wie Du richtig sagst fehlt zu einer Revolution die Basis. Nun wäre die Frage, ob man bei der Basis ein Gedankenkonstrukt oder Ziel oder aber eine bestimmte personelle Schicht benötigte, welche bereit und fähig war, sich für die Revolution einzusetzen.
Kann es sein, dass eine Beziehung zwischen Kolonialismus und Aufklärung besteht, wie in manchen intellektuellen Rahmen oft behauptet?
Mir wären 2 mögliche Erklärungen denkbar:
1. Der Kolonialismus schuf bei den Kolonisatoren natürlich das Bewusstsein, dass die fremden irgendwie unter ihnen zu stehen haben. In diesen Moment war es nur konsequent, sich von den unterlegenen kulturrell abgrenzen zu wollen, eben indem man eigene Anschauungen von Aberglauben reinigt.
2. Der Kolonialismus hat ein Überlegenheitsgefühl der Kolonisatoren bereits vorausgesetzt (!), zunächst über das Christentum, dann eben, als auch die Kolonisierten missioniert wurden, über die Aufklärung. Wäre das möglich?
Ich finde das abwegig.
Bei dem Gewinn der Kolonien ging es vorrangig um finanzielle, machtpolitische und wirtschaftspolitische Interessen. Verschiedene Faktoren trugen dazu bei, dass die Eroberung von Kolonien ab dem 15. Jh. möglich wurden (genügendes Bevölkerungspotenzial des Mutterlandes, Fortschritte im Schiffsbau, Entdeckungen, Fortschritte der Wissenschaften...).
Die Kolonien wirkten zwar auf Alteuropa zurück, aber auf ganz manigfaltige Weise, dass man hier nicht alles ausführen kann. Gewiss kann man aber die Vorstellung der guten, natürlichen, also unverdorbenen Wilden, welche in der Aufklärungszeit so beliebt wurden durch die Entdeckungen und Kontakte mit der Urbevölkerung der gewonnenen Länder erklären.
Der Buchdruck hat sicher dazu beigetragen, die Welt zu verändern. Ohne Buchdruck wäre die Reformation nicht so "erfolgreich" gewesen. Doch für die Aufklärung muss es eine andere Erklärung geben, denn zwischen der Etablierung des Buchdrucks und der Aufklärung liegen immerhin 300 Jahre.
Der Buchdruck blieb aber lange verhältnismäßig ungenutzt.
Im 18.Jh. fand tatsächlich eine regelrechte Explosion der Veröffentlichungen statt. Ich müsste nochmal schauen, aber es gibt viel Literatur zum Büchermarkt der Aufklärungszeit und es lässt sich defenitiv feststellen, dass die Zahl der Bücher in den Haushalten rapide innerhalb des Jahrhunderts zunahm.
Der Buchdruck war also schon wichtig, aber im 18.Jh. platzte sozusagen der Knoten, was dazu führte, dass nun deutlich mehr gelesen wurde.
Bezeichnend ist die Verbreitung von Lesezirkeln, öffentlichen Bibliotheken und dem Ideal des gebildeten Menschen welcher direkt mit dem Lesenden oftmals verbunden ist.