Verbreitung des Christentums

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
"Post 137 ist durch Post 138 beantwortet worden. "
Wir scheinen verschiedene Sprachen zu sprechen. Anthropos hat mir angeboten, meinem Modell eine Zusammenfassung seiner Positionen entgegenzustellen und ich habe das angenommen und warte...
#137 sollte ihn nur dabei unterstützen, dabei auf meine Positionen einzugehen.
 
In Post 137 stellst du eine Frage, die dir sepiola in Post 138 beantwortet, daraufhin kommt es zu einem Austausch zwischen sepiola und dir, wobei du in Post 141 wiederum auf Post 137 verweist.
 
Wir drehen uns im Kreis.
Ich bitte noch einmal um die versprochene Stellungnahme. Wie sieht Eure umfassende konkurrierende Theorie aus? Weshalb blieb das Judentum nach den verheerenden Aufständen eine religio licita, das Christentum aber nicht?
Warum stimmen die Vorwürfe so gut überein? Warum beschuldigen oder verdächtigen Christen Gnostiker, genau diese Form des Kannibalismus betrieben zu haben? Warum ist mein Modell ausgeschlossen?
Nicht wir drehen uns im Kreis, sondern du, da du keine neuen Argumente bringst.
Ich habe gesagt, dass ich es extre für dich noch einmal zum mitschreiben formuliere und nicht die anderen, kannst zu denen also ein bisschen freundicher sein.
Es wäre auch freundlicher, wenn du nicht drängeln würdest, das ist nämlich unhöflich. Manche Menschen sind vielbeschäftigt und können springen, wenn du hops sagst. Ich hatte nämlich ein bisschen dringender Sachen zu tun, als aus den vorherigen Post nur für dich noch einmal zu formulieren, was vorher schon klipp und klar genannt wurde.
Zu "der umfassenden konkurrierenden Theorie", sowas wirst du von mir nicht bekommen. Ich schreibe dir jetzt einmal den Stand der Wissenschaft mit ihren Belegen auf, damit du siehst, dass dein "Modell" unhaltbar ist.
Grundannahmen
1. Christen sind die Menschen, welche im Namen Christus handeln.
2. Im Römischen Reich musste man dem amtierenden Caesaren opfern und huldigen, da dies die Loyalität und Unterwefung zeigte.
3. Es gab keine Großkirche, die Paulus von Tarsus begründete. Die Großkirche entstand später.
4. Da ein Teil der jüdischen Tempelabgaben an den Caesaren weitergegeben wurde, durften Juden weiter offen jüdisch sein.
5. Es gab Gerüchte, welche die Christen in Verruf brachten (Kannibale, Feuer in Rom, unzivilisiert, "gegen das Menschengeschlecht")
6. Es gibt keine Quelle aus dem 1. Jahrhundert und 2. Jahrhundert, welche besagt, dass es eine Gruppe von sogenannten Christen gab, welche Kannibale waren.
7. Es gab weitverbreitete Gerüchte, dass bei der christlichen Eucharistie Menschenfleisch/Blut verzehrt wurde.
8. Diese Gerüchte waren unwahr, wie zum Beispiel Plinius an Traian schreibt (um eine nichtchristliche Quelle zu nehmen), jedoch ist dies dem Caesaren nicht wichtig und befürwortet die Verurteilungen.
9. In den Prozessakten zu Christenprozesse, sowie an anderer Stelle liest man, dass man freikommen kann, wenn man Christus lästert und dem Kaiser huldigt.
10.Trotz einiger Zwischenfälle durften die Juden weiter ihre Religion ausübern, jedoch wurden sie aus Rom hinausgeschmissen und in Italien verboten, sowie dass sie eine Extra-Steuer (Fiscus Judaicus) ab 70 n. Chr. zahlen mussten. Diese wurde, zwar zuerst auch von Christen eingesammelt. Jedoch führte dies zur zügigen Trennung und es wurde endgültig zwischen Juden und Christen unterschieden. Das Judentum war dabei weiter religio licita und das Christentum eine superstitio illicta.

Wenn man all dies zuammennimmt erkennt man, dass Christen erst lokal verfolgt wurden. In Palästina-Syrien auch zuerst von Juden, welche Stephanus steinigten. Auch in Mk 13,9-13 finden wir die Erwähnung von Verfolgungen. Diese sind aber keine gesamtstaatlichen oder systematischen Verfolgungen. Es sind tolerierte lokale Verurteilungen von Christen als Staatsfeinde.
Spätestens seit dem Aufstand der Juden 70 n. Chr. waren die Christen eine illegale Bewegung, welcher vorgeworfen wurde staatszersetzend zu sein und der vieles schlimmes nachgesagt wurde. Dieses wird aber von vielen Leuten als unwahr bezeugt, die das auch an den Kaiser berichten. Jedoch werden Christen weiter verfolgt und hingerichtet. Es wird sogar mit der Zeit immer schlimmer.

Welche Vorwürfe, meinst du, stimmen so genau überein? Das Christen Kannibale seien? Das ist eine gern genutzte Anschuldigung bei Randgruppen, wurde aber widerlegt, was den Caesaren aber nicht interessierte.
Die einzige Beschuldigung, welche bis jetzt zu Sprache kam, war die von Epiphanius von Salamis. Dieser schreibt Jahrhunderte später und es ist noch nicht einmal gesichert, dass er die Wahrheit sagt.
Dein Modell ist ausgeschlossen, weil du Quellen einfach umdatierst, Zitate fälschst um deine "Argumentation" zu uterstützen, welche keine Belege hat.
Zu der Datierung des Thomasevangelium im nächsten Post mehr.
 
Es wäre auch freundlicher, wenn du nicht drängeln würdest, das ist nämlich unhöflich.
Ich habe Dich nicht gedrängt, sondern nur gesagt, dass ich auf Deine Antwort warte. Das war keinesfalls unhöflich gemeint. Ich habe durchaus heftigere Anschuldigungen lesen müssen (zum Beispiel weiter unten von Dir). Ich wollte nur die Diskussion bündeln. Schließlich muss ich mich gegen eine vielfache Übermacht zur Wehr setzen. Ich danke Dir für Deine Mühe.

Ich hatte nämlich ein bisschen dringendere Sachen zu tun, als aus den vorherigen Posts nur für dich noch einmal zu formulieren, was vorher schon klipp und klar genannt wurde.
Du hattest es mir angeboten und das war eine gute Idee, fand ich.

1. Christen sind die Menschen, welche im Namen Christus handeln.
Einverstanden. Das tuen Gnostiker auch.

2. Im Römischen Reich musste man dem amtierenden Caesaren opfern und huldigen, da dies die Loyalität und Unterwerfung zeigte.
Das ist korrekt, wurde aber nur in Ausnahmen von Juden gefordert.

3. Es gab keine Großkirche, die Paulus von Tarsus begründete. Die Großkirche entstand später.
Das sehe ich anders, ist aber hier nicht so wichtig.

4. Da ein Teil der jüdischen Tempelabgaben an die Caesaren weitergegeben wurde, durften Juden weiter offen jüdisch sein.
Gab es die nach 70 noch? O.K. Ich glaube aber, dass der Grund für die spätere Toleranz die fehlende Mission der Juden war.

5. Es gab Gerüchte, welche die Christen in Verruf brachten (Kannibalen, Feuer in Rom, unzivilisiert, "gegen das Menschengeschlecht")
Einverstanden.

6. Es gibt keine Quelle aus dem 1. Jahrhundert und 2. Jahrhundert, welche besagt, dass es eine Gruppe von sogenannten Christen gab, welche Kannibalen waren.
Im ersten Jahrhundert nicht, aber im zweiten, z.B. Octavius. Vermutlich meinst Du aber mit "besagt" "beweist"?

7. Es gab weitverbreitete Gerüchte, dass bei der christlichen Eucharistie Menschenfleisch/Blut verzehrt wurde.
Das ist schwer zu sagen. Ich verweise auf McGowan's Artikel, die besagte Seite 422.

8. Diese Gerüchte waren unwahr, wie zum Beispiel Plinius an Traian schreibt (um eine nichtchristliche Quelle zu nehmen), jedoch ist dies dem Caesaren nicht wichtig und er befürwortet die Verurteilungen.
Natürlich trafen die Gerüchte auf die Christen unter Plinius nicht zu. Ich vermute, es handelte sich um "Paulus-Christen". Nach der Ausweisung unter Domitian würde ich vermuten, dass danach die Großkirche Rom übernommen hat und von hier aus ihren Siegeszug fortsetzte. Diese Kirche hat nichts mit den Vorwürfen zu tun.

9. In den Prozessakten zu Christenprozessen, sowie an anderer Stelle liest man, dass man freikommen kann, wenn man Christus lästert und dem Kaiser huldigt.
Eindeutig richtig (-> Plinius).

10.Trotz einiger Zwischenfälle durften die Juden weiter ihre Religion ausübern, jedoch wurden sie aus Rom hinausgeschmissen und in Italien verboten, sowie dass sie eine Extra-Steuer (Fiscus Judaicus) ab 70 n. Chr. zahlen mussten. Diese wurde, zwar zuerst auch von Christen eingesammelt. Jedoch führte dies zur zügigen Trennung und es wurde endgültig zwischen Juden und Christen unterschieden. Das Judentum war dabei weiter religio licita und das Christentum eine superstitio illicita.
Das ist eine gängige Sicht. Ich glaube aber, dass sich intern die Christen schon immer von den Juden abgrenzten. Soweit ich die frühen Verfolgungen unter Nero überblicke, richtete die sich nur gegen Christen, oder?

Welche Vorwürfe, meinst du, stimmen so genau überein? Dass Christen Kannibalen seien?
Dies und die Unzuchtsvorwürfe sind sehr stereotyp bei den Apologeten. Natürlich kann hier einer vom anderen abgeschrieben haben, es finden sich dann aber doch interessante Nuancen, die das unwahrscheinlich machen (z.B. Epiphanius).

Das ist eine gern genutzte Anschuldigung bei Randgruppen, wurde aber widerlegt, was den Caesaren aber nicht interessierte.
Welcher anderen Randgruppe werden in Rom denn solch stereotypen Vorwürfe gemacht? Und nicht vergessen: Die Christen lebten mitten unter der übrigen Bevölkerung. Welcher vergleichbaren Gruppe wurden solche Vorwürfe gemacht? Der Christenhass hat eine Sonderstellung und es ist legitim, dafür eine Erklärung zu suchen.

Die einzige Beschuldigung, welche bis jetzt zu Sprache kam, war die von Epiphanius von Salamis.
Im McGowan-Artikel stehen einige Stellen, wo von den Apologeten dieselben Vorwürfe aufgeführt werden. Die nennen natürlich Anschuldigungen, die sie selbst und nicht andere betreffen.

Dieser schreibt Jahrhunderte später und es ist noch nicht einmal gesichert, dass er die Wahrheit sagt.
Wenn ich sage: "Der Zeuge lügt", kann ich alles "widerlegen". Unsere Aufgabe als Historiker ist es doch die Zeugnisse zuerst einmal ernst zu nehmen. Lügner müssen zuerst überführt werden. Das ist gewissermaßen römisches Recht.

Dein Modell ist ausgeschlossen, weil du Quellen einfach umdatierst, Zitate fälschst um deine "Argumentation" zu unterstützen, welche keine Belege hat.
Das sind schwere Vorwürfe. Ich sehe ein, dass mein Eusebiuszitat (IV,26,1) vermutlich (IV,26,9) heißen müsste. Leider fehlen die letzten Stellen in der BKV. Was stimmte sonst nicht? Was habe ich umdatiert? Welches Zitat habe ich gefälscht?
Ich dachte, ich hätte das alles richtiggestellt. Wenn Du den Vorwurf aufrecht erhältst, zähle die Posten bitte noch einmal auf.
Ich würde, wenn Du möchtest, auch unser beider wissenschaftlichen Stil mit Dir diskutieren.

Zu der Datierung des Thomasevangelium im nächsten Post mehr.
Dir steht das frei, aber ich werde in diesem Thread nicht dazu Stellung nehmen, die Gründe habe ich genannt.

Abschließend gehst Du auf meine Indizien nur insoweit ein, dass Du sie für unwahrscheinlich hältst. So können wir uns trennen. Ich finde aber keinen Grund in Deinen Ausführungen, der diesen Christenhass erklärt, der schon zu einer Zeit auftrat, als sie keine erkennbare Bedrohung darstellten. Damit sehe ich keinen Grund, mein Modell zurückzunehmen.
Ich bitte ausdrücklich die anderen, ergänzende Punkte aufzuführen. Ich werde dann gegebenenfalls noch einmal eine Zusammenfassung aufstellen, damit wir auch für Chan die gegensätzlichen und gemeinsamen Positionen ordnen können.
 
Was du beim Octavius übersiehst ist, dass Minucius diesen schrieb, um die Absurdität der Vorwürfe (Kannibalismus, Unzucht, Inzest etc.) zu demonstrieren.
Insofern ist zu fragen, ob Minucius Octavius' Dialogpartner nicht sogar Zerrbilder der antichristlichen Vorwürfe seiner Zeit in den Mund legt.
 
Zur Datierung des Thomas-Evangelium:
Die bei Oxyrhynchus gefundenen Papyri des griechischen Thomasevangelium lassen sich datieren auf 200 n. Chr. Damit hätten wir eine erste Obergrenze für eine Datierung. Bei Nag Hammadi fand man eine ziemlich vollständige Sammlung der 114 Logien, welche auf koptisch verfasst wurden und sich auf 350 n. Chr. datieren lassen, jedoch sind sie eine Abschrift einer älteren Fassung. Beide Fassungen unterscheide sich jedoch beträchtlich.
Als erster Kirchenvater schreibt Hippolyt von Rom über das Thomasevangelium:
"dem Evangelium, das nach Thomas genannt wird: ,Wer mich sucht, wird mich finden unter den Kindern von 7 Jahren an, denn dort im 14. Äon verborgen denn dort im werde ich offenbar."
Dieser Spruch lässt sich nicht jedoch nicht in den vorhandenen Papyri finden.
Auch Eusebius von Casarea und Origenes erwähnen ein Thomasevangelium.
Was bemerkenswert ist, für die Datierung, ist, dass Irenäus von Lyon, Tertullian und Clemes von Alexandria das Thomasevangelium nicht erwähnen, wenn sie sich mit christlichen Strömungen auseinandersetzen. Dies wäre der erste Hinweis für eine Enstehung nach der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts, aber noch kein Beweis.
Im Thomasevangelium finden sich Parallelen zu anderen gnostischen Texten des 2. Jahrhunderts.
Zudem ist allgemeiner Forschungsstand, dass es verschiedene Logien gibt (wie 16 und 63), welche die kanonischen Evangelien voraussetzen und also später entstanden sein müssen. Später heisst also nach 100 n.Chr. der Entstehungszeit des Johannesevangelium.
Zudem gibt es Hinweise, dass das Thomas-Evangelium durch das Lukas-Evangelium beeinflusst wurde.
Auch gibt es Beeinflussungen durch die syrische Abschriften der Evangelien in der griechischen Version des ThomasEvangelium. Zum Beispiel sagt Craig A. Evans, dass Logie 54 sich an der syrischen Version von Mat 5,3 orientiert und nicht an die griechische Version oder an Lk 6,20.
Noch erwähnen möchte ich Nicholas Perrin, denn dieser geht soweit, dass er das Thomas-Evangelium nach 172 entstanden ist, da es auf dem Diatessaron basieren soll, jedoch wird die Argumentation Perrins oft als unlogisch erklärt.
Eines der wichtigsten Punkte ist, dass das Thomas-Evangelium nicht auf die Apokalypse und das Wiederkommen Jesu mit darauffolgendem Weltgericht und Weltende asugelegt ist, da dies die Auffassung der ersten Christen war, welche glaubten, dass Jesus bald wiederkäme und es zur Apokalypse kommen würde.

Alle diese Sachen führen dazu, dass eine Datierung auf 30 n. Chr. komplett unwahrscheinlich ist und man das Thomas-Evangelium eher auf 100-150 datieren muss.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe Dich nicht gedrängt, sondern nur gesagt, dass ich auf Deine Antwort warte. Das war keinesfalls unhöflich gemeint. Ich habe durchaus heftigere Anschuldigungen lesen müssen (zum Beispiel weiter unten von Dir). Ich wollte nur die Diskussion bündeln. Schließlich muss ich mich gegen eine vielfache Übermacht zur Wehr setzen. Ich danke Dir für Deine Mühe.
Ich habe mich sehr gedrängt gefühlt, aber wenn das nur bei mir so ankam, dann habe liegt der Fehler bei mir, dass ich dich dann wohl falsch verstanden habe.
Dass du mit deinen steilen Thesen erstmal alleine dastehst hättest du dir aber denken können, da sie dem Stand der Forschung widersprechen.

Du hattest es mir angeboten und das war eine gute Idee, fand ich.
Naja ich dachte eigentlich nicht, dass ich es bräuchte aber ich setze mich gerne mit dem Thema auseinander, deshalb schreibe ich dir so ausführlich

Das sehe ich anders, ist aber hier nicht so wichtig.
Es ist nicht der wichtigste Punkt in der Argumentation, aber wichtig wenn du sagst, dass etwas auf die Großkirche abgefärbt haben soll.

Gab es die nach 70 noch? O.K. Ich glaube aber, dass der Grund für die spätere Toleranz die fehlende Mission der Juden war.
Ich habe keinen Hinweis darauf gefunden, dass dies irgendwann aufgehört hat.

Im ersten Jahrhundert nicht, aber im zweiten, z.B. Octavius. Vermutlich meinst Du aber mit "besagt" "beweist"?
zu Octavius hat El Quijiote schon etwas geschrieben.
Ja mit "besagt" ist "beweist" oder "zeigt" gemeint.

Das ist schwer zu sagen. Ich verweise auf McGowan's Artikel, die besagte Seite 422.
Bei McGowan haben wir dir schon erklärt, dass du das Englische falsch verstanden hast.

Natürlich trafen die Gerüchte auf die Christen unter Plinius nicht zu. Ich vermute, es handelte sich um "Paulus-Christen". Nach der Ausweisung unter Domitian würde ich vermuten, dass danach die Großkirche Rom übernommen hat und von hier aus ihren Siegeszug fortsetzte. Diese Kirche hat nichts mit den Vorwürfen zu tun.
Hier benutzt du schon wieder den Begriff Großkirche. Ich glaub diesen Begriff sollten wir dann auch mal klären. Es ist nicht nur Plinius der das sagt, keiner hat Beweise dafür, dass es christliche Kannibale gibt.

Das ist eine gängige Sicht. Ich glaube aber, dass sich intern die Christen schon immer von den Juden abgrenzten. Soweit ich die frühen Verfolgungen unter Nero überblicke, richtete die sich nur gegen Christen, oder?
In lokalen Gemeinden wurde manchmal schon getrennt, wenn es zum Bespiel Konflikte zwischen Christen und Juden gab, aber allgemein wurden die Christen noch als Untergruppe der Juden angesehen.

Wenn ich sage: "Der Zeuge lügt", kann ich alles "widerlegen". Unsere Aufgabe als Historiker ist es doch die Zeugnisse zuerst einmal ernst zu nehmen. Lügner müssen zuerst überführt werden. Das ist gewissermaßen römisches Recht.
Als Historiker nehmen ich eben nicht erstmal alles für bare Münze, sondern gehe kritisch an alles dran. Epiphanius ist nun mal besonders angreifbar,

Das sind schwere Vorwürfe. Ich sehe ein, dass mein Eusebiuszitat (IV,26,1) vermutlich (IV,26,9) heißen müsste. Leider fehlen die letzten Stellen in der BKV. Was stimmte sonst nicht? Was habe ich umdatiert? Welches Zitat habe ich gefälscht?
Eusebius war falsch zitiert, das kann natürlich mal passieren (wir sind ja alle nur Menschen). Bei McGowan war die Aussage verfälscht, Justin der Märtyrer war nicht richtig wiedergegeben. Das Thomas-Evangelium hast du dir passend datiert. Und wie gesagt einen Beleg hast du immer noch nicht.
Ich dachte, ich hätte das alles richtiggestellt. Wenn Du den Vorwurf aufrecht erhältst, zähle die Posten bitte noch einmal auf.
Andere haben diese Fehler angemerkt, und du hast sie dann auch nur teilweise zugegeben.
Ich würde, wenn Du möchtest, auch unser beider wissenschaftlichen Stil mit Dir diskutieren.
Das kannst du gerne machen, möchtest du mir dann eine PN schicken?

Dir steht das frei, aber ich werde in diesem Thread nicht dazu Stellung nehmen, die Gründe habe ich genannt.
Du bist hier freiwillig, du musst darauf nicht eingehen, aber ich möchte darauf eingegangen sein, da du mit dem Thomas Evangelium argumentiert hast.

Abschließend gehst Du auf meine Indizien nur insoweit ein, dass Du sie für unwahrscheinlich hältst. So können wir uns trennen. Ich finde aber keinen Grund in Deinen Ausführungen, der diesen Christenhass erklärt, der schon zu einer Zeit auftrat, als sie keine erkennbare Bedrohung darstellten. Damit sehe ich keinen Grund, mein Modell zurückzunehmen.
Ich bitte ausdrücklich die anderen, ergänzende Punkte aufzuführen. Ich werde dann gegebenenfalls noch einmal eine Zusammenfassung aufstellen, damit wir auch für Chan die gegensätzlichen und gemeinsamen Positionen ordnen können.
Ich widerlege deine Indizien die du hast. Dein Modell beruht also nur noch auf Behauptungen, während die Wissenschaft ihre Belege, Hinweise und Indizien hat, dafür dass Christen als Staatsfeinde verfolgt wurden.
Ich werd mich am Montag mal in meiner Uni-Bibliothek umschauen, nach weiteren Primärquellen, vielleicht könntest du dann auch mal Indizien bringen, welche dein Modell belegen, denn da du ein neues Modell einführen möchtes, bist du in einer Art "Bringschuld".
 
Der Christenhass hat eine Sonderstellung und es ist legitim, dafür eine Erklärung zu suchen.
Die frühen Christen sind nicht die einzige religiöse Gruppe, die seitens der römischen (imperialen) Staatsmacht - aus welchen Gründen auch immer - was auf die Mütze bekam. Prominent genug ist, wie man romseits mit der kelt. Druidenkaste umging, ebenso das Verbot mancher als unzüchtig angesehener orientalischer Kulte.
Freilich finden sich bei allen solchen Verboten oft genug vorgeschobene Gründe (z.B. die Kannibalismus- wie auch Ritualofperverdächtigungen).
 
Es ist nicht der wichtigste Punkt in der Argumentation, aber wichtig wenn du sagst, dass etwas auf die Großkirche abgefärbt haben soll.
Allgemein gesehen ist es sogar sehr wichtig und wir sollten das für eine spätere Diskussion vormerken.

Bei McGowan haben wir dir schon erklärt, dass du das Englische falsch verstanden hast.
Ich habe möglichst wenig sekundäre Quellen zitiert, auch wenn ich die primären auf diesem Weg gefunden habe. Die Stelle bei McGowan verstehe ich immer noch gleich: Er sagt, dass die Hinweise darauf, dass die Eucharistie missverstanden wurden, erstaunlich wenige sind und dass sie nicht ausreichen, um diese einfache Erklärung zu beweisen. Um das auszudiskutieren müssten wir die einzelnen Belegstellen im Detail untersuchen. Soweit ich weiß, taugt da wohl nur Justin Martyr.

Als Historiker nehmen ich eben nicht erstmal alles für bare Münze, sondern gehe kritisch an alles dran. Epiphanius ist nun mal besonders angreifbar
Warum ist er besonders angreifbar? Allgemein steht sein unverblümter Hass im Raum, das ist wahr. Aber gerade bei dem Zitat liefert er ungewöhnlich viele Details. Da bedarf es eines Beweises und keiner Meinungen, um dieses Zeugnis zu diskreditieren. Es ist eben ein spätes Zeugnis und das nimmt ihm Beweiskraft. Deshalb bezeichne ich es als Indiz.

Bei McGowan war die Aussage verfälscht
Keinesfalls (s.o.). Im Gegenteil: Du hast den wichtigsten Teil des Satzes weggelassen. Ich würde das aber nicht als absichtlichen Betrugsversuch von Dir werten.

Justin der Märtyrer war nicht richtig wiedergegeben.
Oh doch! Ich habe gesagt, dass Justin es für möglich hält und bleibe dabei. Wenn ich ungefragt von mir gebe, dass ich etwas nicht weiß, dann halte ich es für möglich.

Das Thomas-Evangelium hast du dir passend datiert. Und wie gesagt einen Beleg hast du immer noch nicht.
Das lassen wir offen. Sei versichert, ich habe wahrscheinlich mehr als Du schlucken kannst ;).

Andere haben diese Fehler angemerkt, und du hast sie dann auch nur teilweise zugegeben.
Bleibt nicht viel zum Zugeben, vielleicht für Euch, um Euch zu entschuldigen?

denn da du ein neues Modell einführen möchtes, bist du in einer Art "Bringschuld".
Das bin ich (leider) nicht, ich habe ja das Werk zitiert, das das offensichtlich sehr ähnlich sieht (#121)
 
Prominent genug ist, wie man romseits mit der kelt. Druidenkaste umging, ebenso das Verbot mancher als unzüchtig angesehener orientalischer Kulte.
Aber vermuten wir dort nicht handfeste Gründe? Ich meine, ich hätte gelesen, dass es in Gallien Menschenopfer gab. Eigentlich stehen die Römer kulturell den Galliern gar nicht so fern. Was waren die Zirkusspiele anderes als Menschenopfer?
Aber das ist eine andere Geschichte.
 
Anthropos schrieb:
3. Es gab keine Großkirche, die Paulus von Tarsus begründete. Die Großkirche entstand später.

Das sehe ich anders, ist aber hier nicht so wichtig.

Das sieht Anthropos richtig!

Zu Paulus‘ Zeiten gab es noch keine christliche Großkirche.

Wenn du dich über die Entwicklung der Urgemeinde(n) hin zur frühchristlichen "Großkirche" informieren willst, empfehle ich, den 1. Band des Handbuchs der Kirchengeschichte von Karl Baus (Verl. Herder) zu Rate zu ziehen.

Baus berichtet im 2. Teil des 1. Bandes (S. 245-479) ausführlich darüber.

Einleitend heißt es dort:

Die frühchristliche Großkirche
(ca. 180-324)

Die Wende zum 3. Jh. leitet die Periode der frühchristlichen Kirche ein, in der sie sowohl nach der äußeren Ausbreitung wie nach ihrem inneren Ausbau endgültig zur Großkirche wird.
 
Zu Paulus‘ Zeiten gab es noch keine christliche Großkirche.
Heißt das, dass wir die Diskussion über den möglichen Kannibalismus im ersten Jahrhundert ohne weitere Argumente abgeschlossen haben?
Ich würde die frühe Entwicklung von Christentum und Gnosis gern zum nächsten Thema machen, würde aber noch bis morgen so um 10:00 warten wollen, ob noch jemand etwas zum alten Thema posten will.
Vorab: "Großkirche" für die Pauluskirche ist wirklich etwas hoch gegriffen, ich meinte das nur als Ausdruck der Kontinuität, mit der ich auch Chans Thesen widerspreche.
 
Heißt das, dass wir die Diskussion über den möglichen Kannibalismus im ersten Jahrhundert ohne weitere Argumente abgeschlossen haben?
Meine Empfehlung ist: verabschiede dich von unbelegbaren Mutmaßungen über "möglichen Kannibalismus im ersten Jahrhundert" innerhalb des Frühchristentums. Die Diskussion hier hat doch überdeutlich gezeigt, dass sich für dergleichen keine quellengestützten Belege finden lassen (und dass es auch an Indizien dafür fehlt) und es wäre nun tatsächlich ein sich im Kreise drehen, wenn man das nochmals wiederkäuen müsste. Und ich halte in diesem etwas skurrilen Kontext die kokette Frage nach "weiteren Argumenten" für sehr überflüssig...

Wenn dich Belege für möglichen rituellen Kannibalismus interessieren, dann kannst du dich mit alemannischen Schädelfunden aus der Spätantike befassen: da hat man Exemplare ausgegraben, die Schabspuren haben - es gibt Überlegungen zu diesen Funden, die in Richtung rituellem (Teil)Kannibalismus gehen (allerdings nicht in der dümmlichen Form, dass irgendwer annähme, dort habe der eine Alemanne seinen Kollegen komplett verspeist)

(spaßeshalber sei aus der Eisenbahngeschichte von Mark Twain zitiert: "i ate that cook in a week or less."=))
 
Und ich halte in diesem etwas skurrilen Kontext die kokette Frage nach "weiteren Argumenten" für sehr überflüssig.../ ...(allerdings nicht in der dümmlichen Form, dass irgendwer annähme, dort habe der eine Alemanne seinen Kollegen komplett verspeist)
Wenn ich Euch in dieser polemischen Form angreife, meldet mich bitte bei den Moderatoren!
Ich habe in allem Ernst dazu aufgerufen, die Argumente für und wider zu sammeln, um sie einander gegenüberzustellen. Wenn man an das Ende einer DIskussion kommt, klärt man die Positionen und trennt sich. Das gehört für mich zur Streitkultur.
Du versuchst mich ohne Argumente lächerlich zu machen.
 
Dann hast Du noch die Gruppe der Mörder und Verräter vergessen. Die belegen dasselbe.

Was Einwände dieser Art zur Klärung des Sachverhalts beitragen sollen, ist mir nicht einsichtig.

Frühchristliche Märtyrergeschichten wurden von den Apologeten nicht nur gepflegt, sondern zu einem guten Teil auch erfunden. Gleichermaßen mischen sich bei ihren antihäretischen Schriften "Dichtung und Wahrheit" in einem Ausmaß, dass ein unkritisches Übernehmen solcher Berichte (z.B. jene des Epiphanius) nicht anzuraten ist.
 
Heißt das, dass wir die Diskussion über den möglichen Kannibalismus im ersten Jahrhundert ohne weitere Argumente abgeschlossen haben?

Was mich betrifft, halte ich die Annahme, dass es in (häretischen) frühchristlichen Gemeinden rituellen Kannibalismus gegeben haben könnte und durch Handlungen dieser Art ev. das gesamte frühe Christentum in Verruf kam, für reichlich konstruiert. Daher will ich dieser These auch nicht über Gebühr Aufmerksamkeit schenken.

Vorab: "Großkirche" für die Pauluskirche ist wirklich etwas hoch gegriffen,...

Vor allem sollte man sich im Klaren sein, was gemeint ist, wenn in der Fachliteratur zur Geschichte der Alten Kirche der Begriff "Großkirche" (zuweilen sehr missverständlich) verwendet wird.
 
Ich hoffe, das letzte Thema ist damit abgeschlossen. Wie versprochen würde ich auf Anthropos' Aufforderung etwas über das Problem Großkirche sagen. Besonders, weil das viel mehr mit Chans (bist Du noch dabei?) Entwurf zu tun hat. Mir ist allerdings klar, dass das ein riskantes Unterfangen wird. Wenn schon das winzige Detail, das wir gerade diskutiert haben, solche Entrüstungsstürme auslöst, dann muss ich alle Beteiligten gleich zu Anfang um Mäßigung bitten. Zweitens erfordert das Thema, dass ich - oder besser wir - auch theologische Fragen behandeln, weil sie die Grundlage für die Geschichte des frühen Christentums darstellen. Das muss natürlich unbedingt auf sachlicher Ebene bleiben.
Das werden und sollen die Moderatoren gut im Auge behalten.

Als Einstieg, der auch zur letzten Diskussion passt, möchte ich meine Sicht auf "Großkirche" und "Gnosis" darstellen:

1. "Großkirche"
Ist das Christentum, das wir heute in seiner institutionellen Ausprägung kennen: Orthodoxe und evangelische, protestantische, "freie" Kirchen und die, die sich "katholisch" nennt. Ich hätte lieber das Wort "katholisch" oder "allgemein" verwendet, aber es ist schon vergeben. Eine gute Umschreibung ist: Die Kirchen, die sich auf den Apostel Paulus berufen. Aus diesem Grunde habe ich auch schon die bescheidenen Anfänge als "Großkirche" bezeichnet. Für besser zutreffende Bezeichnungen bin ich offen.
Der zentrale theologische Unterschied ist, dass im Zentrum ein willkürlich handelnder Gott und ein Glauben an Dogmen steht. Das hat diese Religion mit Judentum und Islam gemein.
2. "Gnosis"
Ein viel schwerer zu umreißender Begriff, weil er von christlichen Apologeten pejorativ verwendet wurde und von der (nicht ganz so) modernen Forschung für die wilden Blüten benutzt wird, die diese Richtung im 2. Jhdt und danach getrieben hat. Im Grunde ist es aber eine Richtung, die sich auf Jesus (und meist auch auf Christus) gründet, aber einen anderen Weg zur "Erlösung" sucht: Das Wissen, oft verbunden mit der Vernunft. Die höchste Kraft dieser Bewegung wird als vollkommen betrachtet und handelt nicht willkürlich.

Ich denke, hier sollte ich pausieren und auf Eure Anmerkungen und Einwände warten.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben