Verläuft die B 68 zwischen Lippe und Diemel auf einer alten Römerstrasse?

Archäologische Nachweise gibt es scheinbar nicht, stattdessen als Indizien schlicht die Ableitung des Ortsnamens Les Trois Chênes einerseits - und die Entfernung von fünf Leugen nach vasates aus unserem Itinerar andererseits.

Ja, und dann stimmen die Leugen nach Sos bzw. Éauze nicht mehr.

Deinem Screenshot zufolge wäre Dein tres arbores in Saint-Michel-de-Castelnau zu suchen, für das wiederum in keiner dieser beiden Datenbanken irgendwas Römerzeitliches verzeichnet ist. Wie kommst Du auf diesen Ort?

Er liegt etwa in der richtigen Entfernung zu Sos, dafür stimmt dann allerdings die Distanz nach Bazas nicht mehr. Das ist halt die Crux, wenn nur eine Entfernungsangabe im Itinerar fehlerhaft ist.

So verführerisch Les Trois Chênes wegen seines Namens ist auch scheinen mag, vermisse ich hier eine in der halbwegs richtigen Richtung verlaufende Straße – die dafür Saint-Michel-de-Castelnau zu bieten hat. Ein alter Kirchenbau direkt an der Straße wurde andernorts oft auf den Fundamenten einer Villa oder Mansio errichtet. Aber das ist zugegeben sehr dünn.

Leider sind die Informationen die ich bislang zum genauen Straßenverlauf finden konnte spärlich und zudem auch noch widersprüchlich. Dieser Teil der Via Aquitania muss wohl als unklar bezeichnet werden.
 
Sicher ist, dass viele der Intervalle sich als nicht korrekt herausgestellt haben und dass es dich bisher vor allem völlig peripher tangiert hat, dass die Intervallendpunkte mal ein Meilenstein, mal ein Gutshof, mal eine Raststation (mutatio oder taberna), mal eine militärische Einrichtung oder etwas völlig anderes waren. Häufig wurde aufgrund von pseudoetymologischen Überlegungen einfach eine römische Herkunft eines Ortsnamens unterstellt und damit eine Straßenstation welcher Art auch immer als erwiesen betrachtet.

Der Vorwurf ist berechtigt, und ich habe mir selber vorzuwerfen, im Laufe der Diskussion Tatsachen und Spekulationen nicht klar getrennt zu haben. Als Konsequenz aus dieser Einsicht beschränkten sich meine Beiträge der vergangenen Woche weitgehend auf gesicherte römischen Straßen zwischen gesicherten römischen Standorten, wie zum Beispiel diesen hier:

  • 22,2 km Tolosa – Badera
  • 22,2 km Nemausus – Ugernum
  • 22,2 km Nemausus – Ambrussum
  • 22,2 km Ambrussum – Sextantio
  • 22,3 km Sextantio – Forum Domitii
  • 20,0 km Hebromagus – Carcassone
  • 20,0 km Carcassone – Liviana
  • 22,2 km Forum Popilii – Faventia
  • 22,2 km C. S. Pietro Terme – Felsina
  • 22,2 km Parma – Fidenzia
  • 22,2 km Fiorentiola – Placentia
  • 20,0 km Ariminum – Butrium
  • 19,7 km Butrium – Forum Popilii
  • 22,4 km Camillo Magus – Pontis Coronis
  • 22,2 km Colonia Julia Dertona– Libarna
  • 20,5 km Castrum Maxientiae – Novaria
  • 22,1 km Novaria – Vercellea
  • 19,8 km Vercellae – Rigomagus
  • 20,0 km Vercellae – Viae Longae
  • 20,0 km Tres Tabernae – Forum Appii
  • 22,2 km Tullium Leucorum – Scarponna
  • 22,2 km Mosae Traiectum – Coriovallis
  • 20,0 km Marsallum – Ad Duodecimum
  • 22,2 km Augusta Treverorum – Ad Decimum Lapidem
[Edit] Und hier noch eine 100%ige Kette aus Deutschland:
  • 22,2 km Bingium – Volsovia (Oberwesel)
  • 20,0 km Volsovia – Baudobriga (Boppard)
  • 20,0 km Baudobriga – Confluentes (Koblenz)
HIC RHODOS HIC SALTA
;)


[Edit zum vorhergehenden Beitrag] Soeben fand ich in einem Geschichtswerk von 1839 einen Hinweis darauf, dass die Mutatio Stomatas nebst Straße in La Brède vermutet wurde. Dann passen zwar die 9 Leugen nach Sirione/Cérons und die 7 Leugen nach Burdigala, aber die Distanz von Cérons nach Basaz bleibt viel zu lang.
 
Zuletzt bearbeitet:
22,2 km Nemausus – Ugernum
  • 22,2 km Nemausus – Ambrussum
Mal abgesehen davon, dass ich mir nur schwer vorstellen kann, dass die Römer bzw. Kelten Städte nach Entfernungen anstatt nach topographischen Gesichtspunkten angelegt haben, bekomme ich bei diesen beiden Beispielen andere Zahlen heraus (weitere habe ich nicht überprüft). Nach Ugernum sind es auf ziemlich gerader Strecke 24,x km, bei Ambrussum 26,x km, wobei hier die moderne Straßenführung nicht direkt verläuft.
Ich sehe auch keinen Mehrwert darin, evtl. die dazwischenliegenden Ortschaften noch auf eine römische Herkunft zu überprüfen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, und dann stimmen die Leugen nach Sos bzw. Éauze nicht mehr.
Bist Du schon mal über Jacques Dassié und seine "große gallische Leuge" gestolpert? Er postuliert unter anderem für die fragliche Straße eine Leuge mit 2450m anstelle der sonst üblichen 2222m. Damit wären wir fein raus, was unseren Itinerar betrifft. So umgerechnet kämen wir auf Luftliniendistanzen von

vasatas - tres arbores 5,3 Leugen
tres arbores - oscineio 7,96 Leugen
oscineio - scittio 7,83 Leugen
vasatas - tres arbores - oscineio - scittio 21,09 Leugen aufsummiert.
 
Mal abgesehen davon, dass ich mir nur schwer vorstellen kann, dass die Römer bzw. Kelten Städte nach Entfernungen anstatt nach topographischen Gesichtspunkten angelegt haben,

Mir kommt es auch verrückt vor.

Trotzdem, oder gerade deshalb, würde ich gerne eine rationale Erklärung für das Phänomen finden. Und das möglichst bevor esoterische Spinner Wind von der Sache bekommen und Bestseller über Erdstrahlenknotenpunkte und außerirdische Landeplätze schreiben...

bekomme ich bei diesen beiden Beispielen andere Zahlen heraus (weitere habe ich nicht überprüft). Nach Ugernum sind es auf ziemlich gerader Strecke 24,x km, bei Ambrussum 26,x km, wobei hier die moderne Straßenführung nicht direkt verläuft.

Laut aktueller Fachliteratur maßen die Römer Entfernungen zwischen Orten in der Regel nicht wie heutzutage üblich von der Ortsmitte aus, sondern ab der Stadtmauer bzw. dem Ende der besiedelten Zone. Besonders bei mutmaßlichen Planstädten sollte man das beachten.

Hier die Screenshots "meiner" Straßenverläufe um Nimes:

[Edit]
Bist Du schon mal über Jacques Dassié und seine "große gallische Leuge" gestolpert? Er postuliert unter anderem für die fragliche Straße eine Leuge mit 2450m anstelle der sonst üblichen 2222m. Damit wären wir fein raus, was unseren Itinerar betrifft.

Sauber! ;)

Gehört hatte ich davon schon, jedoch nicht mehr daran gedacht. Es ist auch das erste Mal, dass ich mich im Gebiet der Großen Leuga herumtreibe.
 

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Ob wir hier eine statistische Häufung haben, die nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit zufällig auftreten kann, müßten wir noch klären. Dazu müßte die Datenbasis aber sauber sein, d.h. vor allem bereinigt von bislang nur angenommenen Standorten, die eben ganz und gar nicht zufällig in die Auswahl gekommen sind, sondern weil sie so wunderbar in die postulierte 9/10-Leugen-Regel passen würden.

Der weniger mathematische, eher "bauchgefühlte" Zufall ist aber sicher keiner: Eine Legion, ein Fuhrwerk, ein berittener Bote, was auch immer mir als Maßstab bzw. Zielgruppe dient, hat nun mal eine bestimmte Tagesmarschleistung. Die ist zwar höchstens unter Laborbedingungen wirklich konstant, schwankt aber auch in der Praxis außerhalb des sterilen Labors in Abhängigkeit von Topographie, Wegezustand, Klima etc. nur in einem überschaubaren Bereich, der sich aus der Lebenserfahrung gut schätzen läßt. Es macht zudem ja keinen Sinn, meiner Zielgruppe schon zu Mittag eine Übernachtungsmöglichkeit anzubieten, ebensowenig eine, die sie erst drei Stunden nach Sonnenuntergang erreichen kann. Solange diese Straßenstationen primär bedarfsorientiert eingerichtet werden und sekundäre, "weiche" Faktoren wie "tolle Aussicht hier" noch keine Rolle spielen, können wir deshalb relativ gleichbleibende Abstände erwarten mit Schwankungen in einem überschaubaren Bereich, wobei im Flachland diese Abstände durchschnittlich etwas größer ausfallen dürften als beim Überqueren eines Alpenpasses. Dazu brauche ich aber keinen staatlichen Vermessungstrupp, der mit der Dioptra exakt soundsoviele Leugen absteckt - es reicht ein durchschnittlich lebenserfahrener Entscheidungsträger mit durchschnittlicher Physis, der irgendwann sagt: So, jetzt bin ich müde und hungrig, hier lagern wir.

Ich stimme dir zu, nur bei der letzten Passage sehe ich es etwas anders. Wenn dem ganzen wie von Divico andiskutiert ursprünglich ein militärisches System zugrunde liegt, wird der Befehl gelautet haben, dass der Streckenabschnitt zwischen 9 und 10 Leugen dimensioniert sein muss, ein gewisses Adaptionspotential an das Gelände musste natürlich vorhanden sein. Kürzer durfte ein Abschnitt nicht sein, eine zu verlegende Einheit sollte ja möglichst schnell am Ziel sein. Länger durfte er aber auch nicht sein, ein Kommandant der noch nie auf der Straße unterwegs war musste wissen, wo zwischen 2 Stationen er sich befand. Bei einem militärischen System wäre als eine Häufung von 9 und 10 Leugen Abständen zu erwarten, um dem Befehl so gerade eben oder so gerade noch Folge zu leisten.

Der Befehl wäre natürlich praktisch auch nicht immer einzuhalten gewesen. Deshalb muss ich auch sagen, je mehr die 9/10-Leugen-Regel bestätigende Ausnahmen es gibt, um so besser halte ich das für die Theorie. Gut wäre quasi so eine Art weißes Leugen-Rauschen mit Peaks bei 9 und 10 Leugen.
 
je mehr die 9/10-Leugen-Regel bestätigende Ausnahmen es gibt, um so besser halte ich das für die Theorie
Wie häufig müßte denn die postulierte 9/10-Leugen-Regel eingehalten werden, um sie als Regel anerkennen zu können? Von Ausnahmen können wir ja überhaupt erst sprechen, wenn wir eine Regelhaftigkeit festgestellt haben. Und die Zahl der Ausnahmen sollte auch nicht zu hoch sein, sonst führt das die Regel ad absurdum.

Ich hab' mir nochmal die Häufigkeitsverteilung im Itinerarium Burdigalense angesehen, genauer: nur auf der Hinreise von Burdigala nach Jerusalem. Ich hab' zunächst ähnlich geclustert wie vorgestern, aber in Kilometer umgerechnet und für die ersten paar Stationen bis Tolosa die "große gallische Leuge" mit 2450m als gegeben angenommen. Das Ergebnis (abb1.gif) zeigt zwei zunächst interessante Peaks: Einmal bei 17,6-20km, also im Bereich der 9 Leugen aus Divicos Regelvorschlag, der andere bei 12,6-15km, dazwischen eine signifikante Lücke bei 15,1-17,5km, die doch einfach kein Zufall sein kann, um im Ductus zu bleiben :pfeif:. Was ist da los? Ist Divicos Annahme womöglich bestätigt, daß da alte militärische Tagesmarschabstände von 9 Leugen noch nachweisbar sind (wenn wir großzügig die signifikant wenigen 10-Leugen-Distanzen ignorieren), daneben eine neue Regel für fußkranke Pilger, die nur 15km schaffen?
Schauen wir uns die Verteilung also lieber in feinerer Granulierung an mit 1km-Abständen im fraglichen Bereich. Das Ergebnis (abb1b.gif) ziegt diesmal einen eindeutigen Peak bei 17,1-18km, also bei 8 Leugen, während bei 9 und 10 Leugen fast schon gähnende Leere herrscht. Im Bereich 13,1-15km spreizt es sich etwas auf, weil in zwei Balken unterteilt; aufsummiert wäre der Wert deutlich höher als unser Peak bei 8 Leugen.
Welche Regelhaftigkeit würdest Du daraus jetzt ableiten? Von einer 9/10-Leugen-Regel jedenfalls kann in diesem Wertefeld keine Rede sein.

Nun ist eine Häufigkeitsgesamtverteilung so eine Sache, wenn wir über mehr als 300 Teilstrecken einer ewig langen Reise reden. Da liegen Berge dazwischen, Pässe, genauso aber Ebenen, Sümpfe ebenso wie Steppen und (Halb-)Wüsten. Außerdem werden unterschiedlichste Provinzen durchquert, in denen die Administration womöglich unterschiedlichsten Aufwand für Erhalt oder Ausbau der Infrastruktur betreibt. Was die fußkranken Pilger betrifft, könnte außerdem deren Zahl stetig zunehmen, je näher wir Jerusalem kommen, entsprechend auch der Bedarf an einem dichteren Stationsnetz. Kurz: Gucken wir uns doch die Häufigkeitsverteilung mal geografisch geclustert an...
Damit das in ein einzelnes Diagramm paßt, hab' ich mir überlegt, ich markiere einfach digital alle zur 9/10-Leugen-Regel passenden Werte in einem vertikalen Balken, so daß regionale Häufungen gleich ins Auge springen. Das Ergebnis war recht löchrig im ersten Anlauf mit einem Filter, der alle Distanzwerte zwischen 19 und 23km markiert hat - sind nur rund 12% aller Werte. In einem zweiten Durchlauf hab' ich den römischen Geometern deshalb etwas mehr Fehlerspielraum gegeben, der Filter akzeptiert alle Werte zwischen 18 und 24km - damit wären wir immerhin bei 36% Treffern und schon deutlichen regionalen Konzentrationen. Rein interessehalber hab' ich den Filter in einem dritten Durchlauf dann nochmal weiter aufgedreht auf 17 bis 25km (falls die Geometer Pi-mal-Daumen unterwegs waren beim Abmessen ihrer 9 bzw. 10 Leugen), was aber die Trefferzahl nur sehr unwesentlich erhöht hat; falls sich also wenigstens regional so eine 9/10-Leugen-Regel ableiten ließe, können wir wenigstens zur Ehrenrettung der römischen Landvermessung davon ausgehen, daß da nicht pur mit einem Schätzomaten gearbeitet wurde. Im Ergebnisdiagramm (abb2.gif) hab' ich zur besseren Orientierung rechts noch ein paar Ortsnamen an passender Stelle angehängt.
 

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Womit du nun bewiesen hast, dass die Römer das metrische System 17 Jahrhunderte vor seiner Einführung kannten?
Warum gelten plötzlich 20 km, wo es doch sonst angeblich 22,2 km sein sollen?
 
Womit du nun bewiesen hast, dass die Römer das metrische System 17 Jahrhunderte vor seiner Einführung kannten?
Warum gelten plötzlich 20 km, wo es doch sonst angeblich 22,2 km sein sollen?

Ähem.

Es geht hier und in anderen Themen seit über zwei Jahren um auffällige Distanzen von 9 Leugen = 20,0 km und 10 Leugen = 22,2 km = 15 m.p.

Darum schreibe ich auch seit geraumer Zeit des öfteren von der "9/10-Leugen-Hypothese".

Zur Erinnerung an das eigentliche Thema Westfalen: auch zwischen Schloss Neuhaus, Lichtenau, Ossendorf, Anreppen, Hemmern, Brilon etc. findet man 9-Leugen-Distanzen (20 km).

[Edit]

Ginge es nur um 22,2 km, dann käme die Gallische Leuga gar nicht ins Spiel, da 22,2 km ziemlich genau 15 m.p. entsprechen.

9 Leugen (20,0 km) hingegen sind 13,5 m.p. – eine sehr unrömische Zahl.

Deshalb die Gallischen Leugen, dann läuft es rund – wie es vor der Erfindung des Kommas üblich war.
 
Zuletzt bearbeitet:
PISAE – FOSSAE PAPIRIANAE – TABERNAS FRIGIDAS

  • 20,0 km PISAE – LUCA
  • 20,0 km PISAE – FOSSAE PAPIRIANAE
  • 22,2 km FOSSAE PAPIRIANAE – TABERNAS FRIGIDAS

;)
 

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Ginge es nur um 22,2 km, dann käme die Gallische Leuga gar nicht ins Spiel, da 22,2 km ziemlich genau 15 m.p. entsprechen.

9 Leugen (20,0 km) hingegen sind 13,5 m.p. – eine sehr unrömische Zahl.

Deshalb die Gallischen Leugen, dann läuft es rund – wie es vor der Erfindung des Kommas üblich war.
Ab wann bemaß Rom denn Entfernungen in Leugen? Pisae gilt ja als etruskische Gründung, der Ort Luca wird im späten 3. Jhd. BC erstmals namentlich genannt.
 
Ich weiß nicht, wie du auf die Entfernungsangaben kommst, ich habe mir beispielsweise gerade bei Google Maps die Entfernung zwischen Pisa und Versilia (Fossa Papirianae) anzeigen lassen, habe dabei darauf geachtet, dass es die Route über die Via Aurelia war und bin dabei auf 27 km gekommen.
 
Ab wann bemaß Rom denn Entfernungen in Leugen? Pisae gilt ja als etruskische Gründung, der Ort Luca wird im späten 3. Jhd. BC erstmals namentlich genannt.

Das ist ja das Merkwürdige: Rom maß offiziell niemals in Leugen. Ich zitiere mich selbst aus einem älteren Thema:

Man muss sich fragen, warum die Leuga überhaupt eingeführt wurde. Als einzige logische Erklärung scheint mir, dass dieses Streckenmaß bei der lokalen Bevölkerung schon gebräuchlich war und zwar schon vor der römischen Okkupation. Auch Mommsen kam zu dieser Vermutung:

"Auf einem Gebiet tritt uns eine sehr merkwürdige Erscheinung gallischen Wesens entgegen. Das gallische Wegmaß, die leuga (Linie) gleich 1 1/2 Millien, findet sich auf älteren Meilensteinen nicht. Auf diesen sind alle Entfernungen in "Millien" (millia passuum) angegeben. Unter Severus wurden in Gallien die Meilensteine nach Leugen berechnet. Woher kommt dieses ganz vereinzelte und ungewöhnliche Hervortreten nationaler Eigentümlichkeiten? Wenn man vor einem solchen Problem steht, fängt man an zu raten und zu phantasieren: sollte die Erhebung des Clodius Albinus, der ja eine Zeit lang Mitregent von Severus war, damit in Verbindung stehen? Es ist nicht undenkbar, dass seine gewissermaßen nationale Erhebung die Wiederherstellung dieser der Sache nach stets bestehenden Einrichtung auch offizielll versucht haben sollte. Das Publikum wird immer nach Leugen gerechnet haben, solche Vorstellungen sitzen außerordentlich fest und lassen sich nicht so leicht verbannen, und es wäre nicht unmöglich, dass die Regierung nach der Niederwerfung des Aufstandes dies beibehalten hätte."
[Theodor Mommsen: Römische Kaisergeschichte.- Hg. Barbara und Alexander Demandt, C. H. Beck, 1992]

Dafür, dass es sich tatsächlich um ein altes keltisches Maß gehandelt haben könnte spricht auch, dass z.B. Lyon und Macon offenbar schon in vorrömischer Zeit bestanden.

Einen interessanten Spezialfall stellt Rätien dar. Obwohl hier anders als in Teilen Galliens und der Germania die Leuga nicht [offiziell] eingeführt wurde, findet man dennoch die typischen 10-Leugen-Abstände auf der von den Alpen über Augsburg nach Norden führenden Straße. Auch das könnte ein Indiz für eine schon bestehende Nutzung dieses Maßes durch die keltische Urbevölkerung sein.


Ich weiß nicht, wie du auf die Entfernungsangaben kommst, ich habe mir beispielsweise gerade bei Google Maps die Entfernung zwischen Pisa und Versilia (Fossa Papirianae) anzeigen lassen, habe dabei darauf geachtet, dass es die Route über die Via Aurelia war und bin dabei auf 27 km gekommen.

Versilia?!

Mein Wegpunkt Fossa Papirianae liegt auf der Brücke über den namensgebenden Kanal im heutigen Viareggio (ganz genau genommen ein paar Meter südlich resp. nördlich der Brücke):
 

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Das ist ja das Merkwürdige: Rom maß offiziell niemals in Leugen. Ich zitiere mich selbst aus einem älteren Thema...
Und nun würde mich der gedankliche Twist interessieren, warum römische Planer irgendwann um den 1. Punischen Krieg herum absichtlich und vorsätzlich im Gelände 9 gallische Leugen ausgemessen haben sollen, um dort einen Pfahl in die Erde zu rammen mit dem Ausruf "hic est luca!"
Mein Wegpunkt Fossa Papirianae liegt auf der Brücke über den namensgebenden Kanal im heutigen Viareggio (ganz genau genommen ein paar Meter südlich resp. nördlich der Brücke):
Lag da die Straßenstation nach Deinen Informationen?

Nachtrag, weil ich ihn mir einfach nicht verkneifen kann:
Einen interessanten Spezialfall stellt Rätien dar. Obwohl hier anders als in Teilen Galliens und der Germania die Leuga nicht [offiziell] eingeführt wurde, findet man dennoch die typischen 10-Leugen-Abstände auf der von den Alpen über Augsburg nach Norden führenden Straße. Auch das könnte ein Indiz für eine schon bestehende Nutzung dieses Maßes durch die keltische Urbevölkerung sein.
Der sehr viel interessantere Spezialfall ist Kilikien und Kappadokien, findest Du nicht? Da sehe ich in meinem Diagramm oben eine der deutlichsten regionalen Konzentrationen von 9/10-Leugen-Abständen.
 
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Lag da die Straßenstation nach Deinen Informationen?

Nach meinen Informationen wird sie in Viareggia vermutet. Die Brücke über die fossa passt wie man sieht als Wegpunkt im 9/10-Leugen-System perfekt.

Vergleichbar mit z. B. Maastricht, wo es genau von der Maasbrücke nach Coriovallis 22,2 km sind.

Der sehr viel interessantere Spezialfall ist Kilikien und Kappadokien, findest Du nicht? Da sehe ich in meinem Diagramm oben eine der deutlichsten regionalen Konzentrationen von 9/10-Leugen-Abständen.

Das schaue ich mir morgen früh einmal genauer an.
 
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