Wenn vom Vorabend der Reformation in Bezug auf die Mark Brandenburg die Rede ist, wie weit kann zeitlich gesehen der Vorabend dann eingeordnet werden? Gibt es ein bekanntes Datum, bestimmte Eigenschaften, ein Ereignis oder auch ein Herrscherwechsel (vielleicht ab dem Kurfürsten Joachim I.) ab dem sozusagen die Vorgeschichte der Reformation speziell auf dieses Territorium dokumentiert werden kann?
Die Reformation ist ein Ereignis, welches über mehrere Jahre zu erkennen ist. Sollte das Ende des Vorabends dann der Beginn 1517 darstellen oder eher die endgültige Durchsetzung seitens des Herrschers?
Vielen, lieben Dank für hilfreiche Beiträge!
Liebe Grüße,
Waterpolo
Ich muss in diesem Zusammenhang zu allererst an Albrecht von Brandenburg denken, der 1513 -gegen kanonisches Recht-im zarten Alter von 23 Erzbischof von Mainz, Administrator von Halberstadt und 1514 auch noch Erzbischof von Magdeburg wurde. Dass Albrecht solche Pfründen besetzen konnte, war nur durch Handsalben möglich. Mit großer Wahrscheinlichkeit fädelte Johannes Zink, der Cheflobbyist der Fugger den Deal ein und versprach Leo X. die Hälfte der Ablassgelder, statt des üblichen Drittels. Um die Riesensummen wieder hereinzubekommen, wurden Ablassprediger losgeschickt, um den Gläubigen Angst vor dem Fegefeuer einzujagen. Offiziell ging es um einen Jubelablass zum Bau des Petersdoms. Der Beginn des Ablasses war auf den 1. August 1514 datiert, der Tag an dem Leo X. Raffaello de Santi als Architekten des Baus ernannte. Der Deal, einem Kirchenfürsten erlaubte, einen Großteil der deutschen Katholiken zu schröpfen, wurde auch von den Zeitgenossen als unerhört empfunden. Alle anderen Ablässe wurden damit ungültig und aufgehoben mit Ausnahme der Pfründen, in denen die Fugger vorher schon exklusive Ablässe kassiert hatten. Kirchenfürsten, die ohne Fuggersche Mitwirkung Sonderablässe gesichert hatten, mussten auf ihre Einnahmen verzichten. Damit auch ja nichts schiegfging, hatte Zink das päpstliche Dekret auf 8 Jahre absichern lassen. 48.236 Fl kostete der Handel Jakob Fugger. Der Wirtschaftshistoriker Aloys Schulte (1857-1941) schrieb darüber: "Dass ein Ablass nicht deutlich den Zweck hatte, den der Antragsteller dabei verfolgte, haben wir oft gesehen, dass aber ein Ablass auf St. Peter lautete, um einem Kirchenfürsten die zur Simonie notwendigen Gelder und das Kummulieren von Bistümern zu erlauben, steht doch ohne Beispiel da".
Unter den Ablasspredigern war der bekannte Dominikaner Johann Tetzel, der u. a. in der Nähe von Wittenberg, in Jüterbog Ablassbriefe verkaufte, einer der wortgewaltigsten. Gewitzt wie ein moderner Vertreter, lockte Tetzel die Gläubigen zur dreifach gesicherten Ablasstruhe. "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt, " predigte Tetzel. Während die frommen Laien ihre letzen Kreuzer investierten, um für sich und Verwandte, selbst Verstorbene Erlösung vor den Höllenqualen zu erwerben, regten sich unter Intellektuellen wie Ulrich von Hutten oder dem Augsburger Domherren Bernhard Adelmann die ersten Kritiker des Ablasshandels.
Als schließlich der damals 34jährige Dr. der Theologie Martin Luther seine 95 Thesen veröffentlichte, war das der Tropfen der das Fass zum überlaufen brachte. Durch den Buchdruck wurden Luthers Thesen schnell bekannt. Mitglieder seiner Gemeinde hatten in Jüterbog Ablassbriefe von Tetzel gekauft. Tetzel habe gepredigt, selbst wenn einer die Muttergottes geschändet hätte, könne er mit Ablassbriefen Vergebung erlangen.