Ich persönlich halte nicht viel von Geschlechtermarkierungen in Sprachen, aber stören tun sie mich auch nicht. Meiner Meinung nach ist das Geschlecht relativ unwichtig und gerade das zu markieren arbiträr. Ob auf einem medizischen Fachkongress mehr Männer oder mehr Frauen anwesend sind, ist mir egal. Erstrecht wird es sinnlos, wenn vorallem Unbelebtes, wie Gegenstände und Ideen, männlich oder weiblich sein soll. Aber Sprache ist nunmal nicht logisch.
Die Linguistik beschreibt die Sprache, wie sie ist. Sie kann sich fragen, warum die Sprache sich so entwickelt hat, wie sie sich entwickelt hat - die Antwort darauf gibt der von Maglor verlinkte Artikel in Teilen - und
ggf. sogar, wie sie sich
mutmaßlich weiterentwickeln
könnte. Etwas davon zu halten, wie die Sprache ist, ist keine linguistische sondern eine politische oder sagen wir mal ideologische* Position.
Außerdem lassen sich Sprachen nicht einfach so gelenkt ändern, weil sich die Leute nicht vorschreiben lassen würden, wie sie zu sprechen haben.
Steter Tropfen höhlt den Stein. Es kommt also darauf an, ob die Sprecher merken, dass ihre Sprache manipuliert wird. Der Versuch aus ideologischen** Gründen geschlechtergerechte Sprache durchzusetzen wird von vielen als Aufoktroyierung wahrgenommen und führt zu Reaktanz und nicht selten zu einer reaktionären Gegenideologie** (bzw. die Ideologie** ist meist schon vorhanden, sie wird halt gesellschaftlich sichtbar). Abgesehen davon natürlich, dass die Geschlechtergerechtigkeit (zumindest in der momentanen Lösung) sprachlich unöknomisch ist.
Tatsächlich verändert sich Sprache aber auch durch Regiolekt, Dialekt und Soziolekt. Man passt sich sprachlich an. Oder durch die Werbung: "Da werden Sie geholfen." - Zunächst scherzhaft adaptiert, wurde das durch stete Wiederholung immer richtiger.
Ein Bsp. wo die Sprache sich fast unbemerkt verändert hat, ist etwa der Audruck
das macht Sinn.
Den benutzt fast jeder. Ist aber ein versteckter Anglizismus:
that makes sense. Stilistisch viel schöner - auch weil
tun und
machen so unschön langweilige Verben und - ist der ursprüngliche deutsche Ausdruck
das ergibt Sinn. Steter Tropfen halt und ganz ohne ideologischen Hintergrund.
So finden sich in der deutschen Alltagssprache Doppelformen mit dem Suffix "-innen" auch nicht.
Ich verstehe gerade nicht, was du mit diesem Satz sagen willst. Erkläre das mal deutlicher.
Entwicklungen finden von sich aus statt, z.B. richtet sich das Personalpronomen mittlerweile manchmal nach dem Sexus statt Genus und in einigen nördlichen Dialekten sind das Femininum und Maskulinum zum sogenannten "Utrum" verschmolzen.
Es ist schwierig nachzuvollziehen, was du im Einzelnen meinst, wenn du keine Beispiele für die beschriebenen Phänomene bringst. Was sind nördliche Dialekte? Redest du vom Indoeuropäischen? Vom Deutschen? Von welchen Worten redest du? Welches Beispiel meinst du, wo sich Personalpronomina nach Sexus anstatt Genus richten?
Und gerade weil Sprachen nicht logisch sind, faszinieren mich ihr Aufbau, ihre Funktionsweisen und ihre Geschichte. In vielen Sprachen haben Substantive nunmal Geschlechter und sind männlich oder weiblich, selbst wenn das, was sie bezeichnen, gar keins hat. Da frage ich mich erstmal nur: "Warum?"
Sprachen an und für sich sind meistens sehr logisch. Sie wirken nur manchmal unlogisch, wenn man von ihrer Entwicklung keine Ahnung hat. Die Frage nach dem Warum für die Geschlechtlichkeit sächlicher Dinge geht mitunter - wie an Maglors Link zu sehen war - sehr weit in die Geschichte zurück.
Manchmal ist es aber schlicht die Phonetik, die über das Genus bestimmt. Bis vor einigen Jahren war
der Krake ein männliches Tier, weil aber der Auslaut Schwa mit dem Femininum verbunden wird und die Bevölkerungsmehrheit
die Krake sagte, ist der Duden eingeknickt (ein wertendes Wort obwohl ich nicht so werte, wie das Wort impliziert) und aus
dem Kranken - folgerichtig seiner Politik, dass das richtig ist, was die Mehrheit der Bevölkerung sagt -
die Krake gemacht. Ein Bsp. wie die Phonetik die Grammatik beeinflusst. Im Englischen sind alle Tiere einfach
it.
*ich meine den Begriff hier völlig wertfrei. Ideologie kann sowohl gut als auch schlecht sein.
**hier meine ich den Begriff nicht mehr wertfrei.