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Wer sagt denn, dass die Reichsgründung "zu spät" erfolgte?Hallo,
inwiefern war die deutsche Reichsgründung 1871 "zu spät"?
Weil die liberalen Bewegungen der Bevölkerung abebbten?
Liebe Grüßee
Für die, die es 1848 versucht haben mit dem Reich, kam's ein bissel zu spät, ja...
Wer sagt denn, dass die Reichsgründung "zu spät" erfolgte?
Ich bin mir nicht sicher, ob man das so sehen kann. Ging es 1848/49 um Reichsgründung? Mir scheint es eher so zu sein, dass es eher um Widerstang gegen die Restaurationsbestrebungen des Adels ging. Die zentralen Anliegen waren bürgerliche Freiheit und Volkssouveränität (wie schon 1832 beim Hambacher Fest formuliert). Man glaubte damals bloß, diese Ziele nur mittels einer "Reichsgründung" erreichen zu können. Es gab ja nur ein einziges Vorbild: den Nationalstaat Frankreich. Auf die Idee, dass auch bundesstaatliche Lösungen eine Alternative sein könnten, ist man damals einfach nicht gekommen, weil es keine Bundesstaaten gab, die als "Muster" hätten dienen können. Die Reichsgründung war also eher ein "alternativlos" scheinendes Werkzeug, nicht das "Ziel" des Prozesses.
Letztlich haben die Herrschenden dann die "vaterländisch" ausgerichtete Strömung übernommen und die Idee des Nationalstaats mit den alten Herrschaftsformen verbunden. Keine Fürsten, keine Könige mehr. Stattdessen ein Kaiser. Das war nicht die Ablösung alter Herrschaftsmodelle, die mit der 1848er Revolution eigentlich angestrebt war. Indem der Adel sich bürgerlich-revolutionäre Bestrebungen zunutze gemacht hat, hat er etwas erreicht, was jahrhundertelang mittels dauernder Kleinkriege zwischen den eigenständigen Fürstentümern vergeblich versucht wurde: Zentralisierung von Macht. Die Schaffung des Zentralstaats war so betrachtet der kleinste gemeinsame Nenner zwischen dem Adel und dem revoltierenden Bürgertum.
Meiner Ansicht nach hat das alles wenig mit dem Zeitpunkt der Reichsgründung zu tun. Mir ist nicht klar, was anders verlaufen wäre, wenn die Reichsgründung früher erfolgt wäre. Ganz sicher kann man nicht sagen, dass die "zu späte" Reichsgründung negative Folgen hatte, weil liberale Bestrebungen nachgelassen hätten. Tatsächlich wuchsen sie immer weiter an und haben sich letztlich sogar durchgesetzt.
Ich bin mir nicht sicher, ob man das so sehen kann. Ging es 1848/49 um Reichsgründung?
Man glaubte damals bloß, diese Ziele nur mittels einer "Reichsgründung" erreichen zu können. Es gab ja nur ein einziges Vorbild: den Nationalstaat Frankreich.
Deshalb ist mir auch nicht klar, wo die These herkommt, dass die Reichsgründung "zu spät" erfolgt sein könnte.
Hallo,
inwiefern war die deutsche Reichsgründung 1871 "zu spät"?
Weil die liberalen Bewegungen der Bevölkerung abebbten?
Wer sagt denn, dass die Reichsgründung "zu spät" erfolgte?
Es wird ja davon gesprochen, dass der napoleonische Einfluß - Stichworte Code Civil, Säkularisierung und Mediatisierung - eine bedeutende Rolle auch für die deutschen Staaten gespielt hat. Wenn ich dies so lese, kommen mir natürlich Zweifel, ob dies nicht übertrieben ist?Das führte dieser Hypothese zufolge zu einem Traditionsbruch, den auch die Reichsgründung von 1871 nicht heilen konnte, da es keine gewachsenen demokratischen und verfassungsstaatlichen Strukturen gab. Die Hypothese zieht daraus die Konsequenz, dass das Bürgertum für Hitlers nationalsozialistische Ideologie anfällig war, weil es hinsichtlich seiner Zukunft verunsichert und zweifelnd blieb.
Deine Vermutung kommt in Befürchtungen der franz. Politik von 1814 (Talleyrand an Ludwig XVIII. 17.Okt. 1814) zum tragen:Ich glaube ein vereintes deutsches (Kaiser)Reich, wobei ob Kaiser, König oder lediglich wie in Großbritannien nach Außen hin aber weitgehend ohne politische Macht, gar nicht so wichtig ist, sondern eben die Bündelung der jeweiligen Landstriche, (freien) Städte zu einem "Ganzen". Das hätte eine ganz andere europäische Geschichte hervorgebracht bin ich mir sicher.
Beim Rest bin ich noch beim recherchieren, wobei ich schon gesehen habe beim Russlandfeldzug 1812 sind Preußen und Österreich im englischen Wikipedia als "Allierte" aufgeführt, während die anderen Teilnehmer (Herzogtum Warschau/Neapel, Neapolonische? Schweiz, Napoleanisches Spanien und der Rheinbund werden praktisch wie in modernen Kriegen als "Teilstreitkräfte" oder in dem Fall Französische Armeen/Heeresgruppen etc. Ist ja nun für damalige Zeit mit 685.000 Mann laut Wikipedia nur aus der "Grande Armée" und 198,250 Russen am 20. Juni aber insgesamt dann doch 210.000 tote Russen (die Russen kriegen das echt von klein auf reingeprügelt,
man muss Opfer bringen aber dann kann man alles schaffen und in dem Fall jeden Angriff abwehren, auch wenn hier wiegesagt weniger heimliche Hilfslieferungen der Allierten oder fanatische Rotarmisten sondern tatsächlich die Kälte und fehlende Pferde/Transportmittel die Grande Armée letztendlich meines Wissens nach selbst in Moskaus eroberten Häusern fast erfrieren ließ, da nicht viel zurückgelassen wurde (auch eine russische Tradition - "verbrannte Erde").
Plessner ist mir ein Begriff. Vielen seiner Aussagen stimme ich auch zu. Allerdings bezieht er sich auf Entwicklungen, die schon Jahrhunderte vor der Reichsgründung stattgefunden haben. Und letztlich geht er von dem Paradigma aus, dass eine Reichsgründung nötig war, um eine "Nation" zu begründen. Dieses Paradigma halte ich für unsinnig. Aber ich bin sehr wohl auch der Meinung, dass die ganzen blutigen Irrungen und Wirrungen deutscher Geschichte damit zu tun haben, dass Deutschland auf den Zustand, eine "Nation" zu sein, ím Jahr 1871 nicht genügend vorbereitet war.Im wesentlichen formulierte Plessner diese These.
Helmuth Plessner ? Wikipedia
Relevant wurde diese These zur Begründung des deutschen "Sonderwegs". Plessner sieht die Ursachen der autokratischen Tradition, inklusive Militarismus, in der nicht ausreichenden Entwicklung des liberalen Bürgertums als politischer Akteur.
Stimmt. Es sollte aber ein Staat werden, dem als oberste Instanz ein Kaiser vorstand. Ein zentrales Regime. Der öffentliche Diskurs drehte sich - wie Du richtig bemerkst - eher um die Frage, ob es eine "großdeutsche" oder eine "kleindeutsche" Lösung geben sollte.Das stimmt so nicht unbedingt. Das Reich sollte gemäß der Verfassung von 1849 durchaus als föderaler Staat aufgebaut werden (zwei Kammern mit Einfluss der Staatsregierungen).
Lieber @Reinecke, ich würde Dir jetzt entschieden wiedersprechen, wenn Du nicht auch folgendes geschrieben hättest:Ja. Die Schaffung eines deutschen Nationalstaates in Form eines "Deutschen Reiches" war ein Ziel der Revolution 1848; daneben stand das Verlangen nach einer bürgerlichen, konstitutionellen Verfassung, das in der spezifischen Situation aber aufs engste mit dem Nationalstaatsgedanken zusammenfiel.
Genau das wollte ich nämlich sagen. Zentrales Ziel war die Gründung eines bürgerlichen Staates, in dem das Volk die Souveränität (kurz: Volkssouveränität) haben sollte. Die Sache hatte bloß den "Webfehler", dass selbst die Frankfurter Nationalversammlung es für "alternativlos" gehalten hat, einen "Kaiser" an die Spitze der Nation zu stellen. Auf die Idee, dass man sowas auch ohne Kaiser, König oder Kanzler erreichen kann, ist man damals mangels Vorbildern einfach nicht gekommen. Gescheitert ist die Sache damals auch nicht deshalb, weil der designierte Kaiser (Friedrich Wilhelm) die Macht nicht gewollt hätte. Gescheitert ist sie, weil er darauf bestand, die Krone nicht "aus der Gosse" - von Revolutionären - gereicht zu bekommen. Er bestand darauf, "von Gottes Gnaden" Kaiser zu werden.Die versuchte Reichsgründung 1848 hatte einen bürgerlichen Staat zum Ziel, in dem die Souveränität beim Volk liegen sollte. Die dann erfolgte Reichsgründung 1871 schuf einen autoritären, undemokratischen Staat, in dem weiterhin die Fürsten die Souveräne waren.
Ich denke, das siehst Du falsch. Die deutsche Geschichte ist geprägt von dem Bestreben herrschender Kreise, die "Nachfolge" des römischen Weltreichs anzutreten. Deshalb haben deutsche Könige auch immer angestrebt, Italien zu beherrschen und Kaiser zu werden. Italien war so ziemlich die letzte "Nation", der es gelungen ist, sich vom "Heiligen römischen Reich deutscher Nation" zu emanzipieren.Ich habe das auch nicht direkt gehört/gehabt in der Schule. Jedoch stets der Hinweis, dass es ja ein "Deutschland" wie wir es kennen praktisch erst seit dem Sieg der deutschen Heere gegen Frankreich im Frankreichkrieg 1870/71 gibt. Wenn wir da an Frankreich, Spanien, Portugal denken... bei Italien bin ich jetzt nicht so gut informiert, aber ich glaube auch die hatten eine ältere Monarchie und später noch vor Beginn des 2. Weltkrieges hat Italien in seinen afrikanischen Kolonien gekämpft und knapp 5 Monate vor Beginn des Krieges hat man noch schnell das kleine Albanien besetzt - auch wenn man damit bereits überfordert war.
Stimmt. Es sollte aber ein Staat werden, dem als oberste Instanz ein Kaiser vorstand. Ein zentrales Regime. Der öffentliche Diskurs drehte sich - wie Du richtig bemerkst - eher um die Frage, ob es eine "großdeutsche" oder eine "kleindeutsche" Lösung geben sollte.
Eine zentrale Regierung steht einem Bundesstaat aber nicht entgegen sondern bedingt ihn. Alles andere ist ein Staatenbund und den hatte man mit dem Deutschen Bund und wollte man grade nicht haben.
Genau das wollte ich nämlich sagen. Zentrales Ziel war die Gründung eines bürgerlichen Staates, in dem das Volk die Souveränität (kurz: Volkssouveränität) haben sollte. Die Sache hatte bloß den "Webfehler", dass selbst die Frankfurter Nationalversammlung es für "alternativlos" gehalten hat, einen "Kaiser" an die Spitze der Nation zu stellen. Auf die Idee, dass man sowas auch ohne Kaiser, König oder Kanzler erreichen kann, ist man damals mangels Vorbildern einfach nicht gekommen.
Na, ja, so einfach war es dann nicht. Eine dt. Einheit war 1814/15 unmöglich. Keine der Großmächte England, Rußland oder Frankreich hätte sich aus den in # 11 genannten Gründen bereit gefunden, eine solche den Kontinent dominierende Macht zuzulassen. Und so war dann der lockere Deutsche Bund mit den Großmächten Österreich und Preußen und einer Reihe von Mittelstaaten Teil des Europäischen Gleichgewichts. Es gab keine andere Alternative.Und der Deutsche Bund war nicht deshalb "ungewollt", weil ihm die zentrale Regierung fehlte, sondern weil er dazu dienen sollte, die altbekannten monarchischen Kleinstaatsstrukturen zu erhalten und wieder zu festigen.
MfG
Maelonn schrieb:Und der Deutsche Bund war nicht deshalb "ungewollt", weil ihm die zentrale Regierung fehlte, sondern weil er dazu dienen sollte, die altbekannten monarchischen Kleinstaatsstrukturen zu erhalten und wieder zu festigen
Es gab während der 1848 auch Republikaner, die für einen Staat ohne MNonarchen an der Spitze eintraten; nur war das eine Minderheit. Auch gab es natürlich Vorbilder für eine republikanische Staatsverfassung, bspw die französische Erste Republik.
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