Immer mit der Ruhe! Ich meinte keineswegs, dass man heute so einfach wieder die Monarchie einführen sollte!
Und das im British Empire, nicht alles zum "Besten" bestellt war
damals wie heute, war mir auch schon klar! Ich meinte damit eigentlich, dass das Deutsche Kaiserreich, nicht unbedingt von einem MANN regiert bzw. repräsentiert werden müsste.
Was spielt da jetzt für die systemischen Rahmenbedingungen für eine Rolle, ob Mann oder Frau regiert?
Queen Victoria, hat dies ja in England auch ganz gut hingekriegt! Auch wenn Sie, wie meisten hochstehenden Damen der damaligen Zeit, eigentlich nur die Rolle der "Zuchtstute" innehatte. Sie hat es trotzdem geschafft, die Monarchie zu stabilisieren bzw. retten und hat sich um Ihr Land durchaus Verdienste erworben!
Die Dame hatte definitiv nicht die schlichte Rolle einer "Zuchtstute" inne, schon deswegen, weil man in Großbritannien sich ja noch nie auf eine einzige Dynastie versteift hatte, sonder mithin bereit war, sich nötigenfalls auch mal aus taktischen Gründen Monarchen zu importieren. Das hatte es in der britischen Geschichte oft genug gegeben und gewissermaßen war Queen Victoria ja durchaus Produkt dessen.
Wo die Dame im Hinblick auf die politische Hierarchie, im Besonderen auch ihrem Mann Albert von Sachsen-Coburg-Gotha gegenüber anzusideln war, manifestiert sich darin, dass letzterem Zeitlebens niemals der Rang eines "King" zugestanden wurden. Da stand sie in der sozialen Hackordnung zweifelsohne höher.
Natürlich, dürfen wir heute lebenden Menschen, nicht unsere Maßstäbe an die damalige Zeit anlegen! Wenn, ihr mich fragt, ich halte Kolonien auch für den größten Blödsinn! Aber es war seinerzeit nun einmal so!
Ich möchte an dieser Stelle weiter gehen und behaupten, dass es systemimmanent aus dem Handlungsrahmen der imperialen Konkurrenz heraus im Grunde genommen töricht war, das Thema Kolonien nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen.
Das "wie" ist eine andere Frage, zumal sich mit etwas Geduld ja möglicherweise durchaus die Möglichkeit ergeben hätte, seinen eigenen Einfluss auszudehnen, auch ohne dabei in Konflikt mit den anderen Großmächten zu geraten.
Am Vorabend des ersten Weltkriegs, war man sich mit den Briten unter der Hand einig, was den Verbleib der portugiesischen Kolonien für den Fall anging, dass Portugal diese irgendwann wegen zu starker Belastung würde abstoßen müssen.
Eine ähnliche Regelung im Hinblick auf Belgisch Kongo war seinerzeit von der Reichsleitung angedacht, hätte sich gegebenenfalls irgendwann realisieren lassen.
Man hätte sicherlich die Möglichkeit gehabt im Zusammengehen mit Russland oder Japan den eigenen Einfluss in China auszubauen.
In Persien und Siam, ließ sich auf Grund der Mittellage dieser Staaten als Puffer zwischen zwei imperialen Blöcken, vielleicht nicht unmittelbar Territorium gewinnen, aber hier war recht günstig an informellen Einfluss zu kommen. Im Hinblick auf das verbliebene Osmanische Reich übte man de facto zunehmend starken Einfluss aus, man hätte, wenn man unbedingt Territorien hätte haben wollen, sich mit Österreich-Ungarn, Russland und Großbritannien auch sicher auf eine Art "Teilungsplan" und eine Regelung der Interessensphären einigen können.
Möglicherweise wäre man von russischer Seite her bereit gewesen den Westbalkan dauerhaft Österreich-Ungarn zu überlassen, wenn man dafür die Meerengen unter eigene Kontrolle bekommen hätte.
In Afrika wäre, wenn man das final gewollt hätte, möglicherweise auch in Sachen Abessinien noch etwas machbar gewesen. Dann hätte man sich irgendwie mit den Italienern einigen müssen, die bekanntlich auch darauf schielten, aber auch das wäre sicher nicht völlig aussichtslos gewesen.
So verteilt, wie es gerne dargestellt wird, war die Welt dann doch noch nicht. Da ließ sich auch ohne großen Krieg und ohne unsinnige Kraftmeierei noch so einiges bewegen, mit ein wenig Geduld und Fingerspitzengefühl, aber das fehlte eben leider.
Ich wollte lediglich verdeutlichen, dass das damalige Deutsche Reich, durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, zu einem modernen Staat zu werden, in welchem wir theoretisch auch heute noch gut leben könnten bzw. würden wenn, es denn anders gekommen wäre.
Wie genau sollte man sich das vorstellen? Das Deutsche Reich, so wei es zu Wilhelms Regierungsantritt verfasst war, war ohne größere Umbrüche nicht zu einem modernen Staatswesen zu machen. Da hätte man sich möglicherweise hinreformieren können, nur hätte dieser moderne Staat dann eben mit nämlichem Deutschen Reich nicht mehr allzu viel gemein gehabt.
Und was die Fürsten betrifft, natürlich konnte es laut Verfassung nur einen Kaiser geben! Aber, dieser Kaiser, war eigentlich dazu angehalten wenn, nicht schon sein Volk in Form des Reichtages, doch wenigstens seine Standesgenossen im Bundesrat um Ihre Meinung zu fragen. Außerdem hatten sie durchaus Möglichkeiten. Vor allem, was das Heereswesen angeht! Sowohl Bayern, als auch einige andere Staaten des Reiches, hatten ja immer noch eigene Armeen. Und diese wiederum, konnten nur mit deren Zustimmung eingesetzt werden. So war es also durchaus nicht ganz so einfach in den Krieg zu marschieren.
Bayern, Sachsen und Würtemberg hatten zwar eigene Armeen, es war aber ganz klar, dass man sich mit kleinen Abweichungen im wesentlichen an preußische Reglements anpasste und dass in Preußen, als dem größten Föderaten des Reiches im Konfliktfall die wesentlichen Fäden der militärischen Leitung zusammenlaufen würden.
Doch, es war sehr einfach in den Krieg zu marschieren, sofern dieser Krieg der Bevölkerung in irgendeiner Form als Verteidigungskrieg verkauft werden konnte. Denn in diesem Fall, konnten Bayern, Würtemberg und Sachsen ihre militärische Mitwirkung überhaupt nicht versagen, ohne vor der eigenen Bevölkerung als Landesverräter darzustehen.
Max von Baden, war ja einer von mehreren Cousins von Wilhelm. Und er hätte ja durchaus eine Alternative zu Wilhelm sein können!
Warum nicht nicht gleich George V. von Großbritannien oder Nikolaus II von Russland? Waren ja auch Cousins von Wilhelm.
Welches, im dynastischen Rahmen sinnvolle Argument gibt es eigentlich den Kaisertitel im Falle einer "Amtsunfähigkeit" des Kaisers nach Baden zu verschieben, wo, ich wierderhole es, ja immernoch ein jüngerer Bruder greifbar war.
Abgesehen davon, dass mir nach wie vor schleierhaft ist, wie du ausgerechnet auf Max von Baden kommst, auf welcher Basis hätte ein Badischer Kaiser irgendeine reale Macht ausüben sollen, brachte doch allein Preußen im Bundesrat die nötige Sperrminorität zusammen um weitgehende Beschlüsse zu verhindern.
Du argumentiert hier dass man durch die föderalen Strukturen mit den süddeutschen Staaten und Sachsen als Gegengewicht zu Preußen Wilhelm hätte ausbremsen können, gehst aber davon aus, dass der Bademax als Kaiser das Reich gegen Preußen hätte regieren können?
Die Annahme halte ich für absurd.
Falls man zu dem Entschluss gelangt wäre, dass der Kaiser amtsuntauglich ist. Daraus hätten sich natürlich andere Akzente in der Politik ergeben. Zum Beispiel, könnte ich mir vorstellen, dass ein Max von Baden durchaus bereit gewesen wäre, die Regierung, nicht nur von seinem Votum abhängig zu machen sondern auch vom Reichstag, genauso wie er es später in seinen Reformvorschlägen niedergelegt hat.
Nur kamen die, halt ein paar Jahre zu spät!
Und wer genau hätte auf Basis von was diesen Entschluss fassen können, wer für die Absetzung des Kaisers gesorgt und vor allem was hätten den Badener für diese Rolle qualifiziert? Und wie wäre man, selbst wenn wir uns auf das spinnerte Experiment mal einließen dem Problem begegnet, das Wilhelm II. dann noch immer Preußischer König gewesen wäre und als solcher via preußischer Sperrminorität im Bundestag, jedes Ansinnen zur Änderung der Verfassung von vorn herein hätte blockieren können?
Hätte man dann auch gleich die Hohenzollern aus Preußen verteiben sollen oder wie?
Was du da diskutierst, ist nichts geringeres, als eine Revolution und mit einer solchen konnte man im Hinblick auf die Zielsetzung wahrlich sinnvolleres Anfangen, als einen de facto gegenüber Preußen ziemlich machtlosen süddeutschen Fürsten zum Kaiser zu machen und darauf zu hoffen, dass er liberal sein möge.