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hyokkose
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Stimmt das Klischee vom Germanien als unwegsamem Land der Sümpfe und Urwälder?
Heiko Steuer, Besiedlungsdichte, Bevölkerungsgrößen und Heeresstärken während der älteren Römischen Kaiserzeit in der Germania magna, in: Gustav Adolf Lehmann und Rainer Wiegels (Hrsg.), Römische Präsenz und Herrschaft im Germanien der augusteischen Zeit, Göttingen 2007 wirft die Frage auf, "warum die Römer unbedingt Germanien bis zur Elbe erobern und zur Provinz machen wollten" und "warum es nicht gelang, mit gut organisierten Streitkräften diese menschenarmen Gebiete zu erobern" und gibt die Antwort: "Ich denke, es wird einfach unterschätzt, welche Besiedlungsdichte geherrscht und welches militärische Potential damit auf der Gegenseite bestanden hat".
Steuer bringt einige Beispiele für Gegenden, in denen sich aufgrund einigermaßen vollständiger Ausgrabungsbefunde Bevölkerungszahlen errechnen lassen. Eines dieser Beispiele betrifft eine gut abgrenzbare Siedlungskammer mit der Fläche von 23,5 km² im Weser-Mündungsgebiet das Ergebnis, daß dort pro Dorfwurt mit 45 Gehöften zu rechnen ist. "Bei 6 bis 8 Bewohnern pro Haus kommt man dann auf 270/360 bzw. 360/480 Einwohner im Dorf. Bei insgesamt 8 Wurten bringt das eine Bevölkerungszahl für diesen Streifen Land von über 2000 bis 3000 Menschen auf 23,5 km², von denen 400 bis 600 Krieger gestellt werden konnten."
Zusammengefaßt heißt es:
Steuer meint, die Germania sei "nicht dünner besiedelt" gewesen "als die ländlichen Gebiete der römischem Provinzen" außerhalb der städtischen Agglomerationen.
Heiko Steuer, Besiedlungsdichte, Bevölkerungsgrößen und Heeresstärken während der älteren Römischen Kaiserzeit in der Germania magna, in: Gustav Adolf Lehmann und Rainer Wiegels (Hrsg.), Römische Präsenz und Herrschaft im Germanien der augusteischen Zeit, Göttingen 2007 wirft die Frage auf, "warum die Römer unbedingt Germanien bis zur Elbe erobern und zur Provinz machen wollten" und "warum es nicht gelang, mit gut organisierten Streitkräften diese menschenarmen Gebiete zu erobern" und gibt die Antwort: "Ich denke, es wird einfach unterschätzt, welche Besiedlungsdichte geherrscht und welches militärische Potential damit auf der Gegenseite bestanden hat".
Steuer bringt einige Beispiele für Gegenden, in denen sich aufgrund einigermaßen vollständiger Ausgrabungsbefunde Bevölkerungszahlen errechnen lassen. Eines dieser Beispiele betrifft eine gut abgrenzbare Siedlungskammer mit der Fläche von 23,5 km² im Weser-Mündungsgebiet das Ergebnis, daß dort pro Dorfwurt mit 45 Gehöften zu rechnen ist. "Bei 6 bis 8 Bewohnern pro Haus kommt man dann auf 270/360 bzw. 360/480 Einwohner im Dorf. Bei insgesamt 8 Wurten bringt das eine Bevölkerungszahl für diesen Streifen Land von über 2000 bis 3000 Menschen auf 23,5 km², von denen 400 bis 600 Krieger gestellt werden konnten."
Zusammengefaßt heißt es:
Steuer schrieb:Die Abschätzungen der Zahlen für die gesamte Germania müssen immer noch besonders willkürlich erscheinen, weil nicht feststeht, welche Areale überhaupt besiedelbar waren und welche Gebiete aufgrund der Höhenlage oder der Moorflächen auszuschließen sind. Aber immerhin werden Größenordnungen für Teillandschaften geliefert: Für die Wurtenzone werden 60 bis 160 Menschen pro km² als Siedlungsdichte angenommen. Ethnographische Parallelen bieten in einfachen Agrargesellschaften ebenfalls bis zu 60 Einwohnern pro km².
Die Germania zwischen Rhein und Oder umfaßt etwa (Deutschland heute 357.000 km²) - ohne Süddeutschland und Gebiete westlich des Rheins, aber mit Jütland etc. - 250.000 km². Bei einer Bevölkerungsdichte von 60 Einwohnern pro km² wären das ingesamt 15 Millionen; geht man von einer besiedelbaren Fläche von 50% aus, dann bleiben noch 7,5 Millionen Menschen zwischen Nordsee und Main, bei nur 25% Fläche noch 3 bis 4 Millionen, die dann rund 800.000 Krieger stellen konnten.
[Johannes] Fried [Der Weg in die Geschichte. Die Ursprünge Deutschlands bis 1024, Berlin 1994, Taschenbuchausgabe 1998] rechnet für die Zeit um 700 mit 3,5 Millionen Menschen in Mitteleuropa bzw. in Deutschland, um die Jahrtausendwende mit rund 5 Mill. Waren das viele oder wenige Menschen? Sie verteilten sich räumlich sehr ungleichmäßig, siedlungsleere Areale wechselten mit dicht besiedelten Gebieten."
Steuer meint, die Germania sei "nicht dünner besiedelt" gewesen "als die ländlichen Gebiete der römischem Provinzen" außerhalb der städtischen Agglomerationen.
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