Ihr lasst da den 10jährigen Militärdienst weg, der vor der Wahl in das 26-Männer-Gremium und auch vor der Wahl zum Militärtribun erfolgen musste. Auch das wird so manchen Ritter schon vom cursus honorum ausgeschlossen haben. In der Späten Republik war der Militärdienst kürzer, aber jeder, der gewählt werden wollte, musste gedient haben. Und kein Militärtribun war militärisch ohne Erfahrung, obwohl das immer wieder behauptet wird.
Auch dazu hat Wikipedia zugeschlagen:
Cursus honorum und
Vigintisexviri und
Militärtribun.
Und die Plebejer hatten in den Ständekämpfen durchgesetzt, sich um Ämter bewerben zu dürfen. Allerdings hatten wohl nur Ritter reale Chancen, gewählt zu werden. Trotz des Militärischen Namens hing die Zugehörigkeit zum Ritterstand (Ordo equester) nur vom Vermögen ab. (Und schon Ciceros Vorfahren waren Ritter.) Damit gehörten, eben wegen ihres Vermögens auch die Patrizier und die Senatoren zum Ritterstand.
Und dadurch wurde Roms Oberschicht zusammengehalten, da zur Ritterschaft eigene Kulte und Veranstaltungen gehörten. Man kannte sich, und die Senatoren konnten ihren Einfluss geltend machen, um ihre Kandidaten durchzudrücken.
Erst in der Kaiserzeit wurden die Senatoren von den Rittern klar abgesondert. Dabei wurde dann auch das Mindestvermögen eingeführt. Und da die Ämterbesetzung vom Kaiser abhing, wundert es kaum, dass er im Bedarfsfall einfach zum Mittel der Schenkung griff.
Wir brauchen aber nicht theoretisch zu bleiben. Es ist auch konkretes überliefert:
Der Knackpunkt in Ciceros Kariere war seine Wahl zum Konsul. Es war bekannt, dass ein großer Teil der Wähler zu seinen Ungunsten bestochen war. Aber zunächst zu seinem Wahlkampf allgemein:
In den Briefen Ciceros an Atticus gibt es Stellen, die der Theorie etwas mehr Anschaulichkeit verleihen:
"Sobald ich ausgekundschaftet habe, was die nobiles vorhaben, werde ich Dir wieder schreiben."
"Deine baldige Auskunft ist mir sehr vonnöten; man ist nämlich fest davon überzeugt, dass es Aristokraten gibt, Freunde von Dir, die meinem Amt [wir würden sagen Kandidatur] entgegenarbeiten wollen. Mir diese Leute günstiger zu stimmen, würdest Du mir, wie ich sehe, von größtem Nutzen sein."
Sein Bruder Quintus verfasste eine "Denkschrift zur Bewerbung um das Konsulat" (Commentariolum petitionis), eine Art antiker Wahlkampfplanung. Auch die Gegner werden analysiert, ein Bündnis -es mussten ja 2 Konsuln gewählt werden- vorgeschlagen. Cicero folgte dem.
Seine Gegner, insbesondere Catilina gingen mit allen Mitteln auf Wählerfang. Der Senat wollte gegen allzu skrupellose Wählerbeeinflussung ein Gesetz erlassen, was ein Volkstribun verhinderte. Cicero hielt daraufhin am Wahltag seine berühmte, nicht erhaltene, Rede "in Toga candida". (Kandidaten mussten in reinweißer Toga [Toga candida] auftreten, wie sie für religiöse Anlässe vorgeschrieben war.)
Nach erhaltenen Zusammenfassungen geißelte er aber nicht in erster Linie die Methoden des Wahlkampfes, sondern griff das Vorleben der anderen Kandidaten an. Dabei übertrieb er nicht nur gehörig, sondern schilderte die Vergehen wie in einem Roman.
Er wurde angeblich einstimmig gewählt.
An Empfehlungen der Denkschrift seines Bruders Quintus, wie übertriebene Wahlversprechungen, halten sich auch heute noch Politiker. (Und wie man an Donald Trump sieht, werden Berater mitunter immer noch aus der Familie genommen.)