Wie mein Vater zur Waffen-SS kam

"Zwangsweise" hört sich immer so an, als ob man unter Waffengewalt aus dem Haus geholt und in die Uniform gesteckt wurde. Im Regelfall lief es wohl eher wie eine "Wehrpflicht" für Volksdeutsche ab, z.T. in Abkommen mit den Heimatstaaten geregelt.

Wir sollten auch nicht vergessen, dass die deutschsprachigen Minderheiten nicht sonderlich beliebt waren, gerade in den ehemaligen Feindstaaten des 1. Weltkriegs. Und sich das Misstrauen gegenüber den "Deutschen" in schlechterer Behandlung in den jeweiligen Armeen ausdrückte.

Hier eine Diplomarbeit zum Thema mit Schwerpunkt Rumänien und Ungarn.
 
"Zwangsweise" hört sich immer so an, als ob man unter Waffengewalt aus dem Haus geholt und in die Uniform gesteckt wurde. Im Regelfall lief es wohl eher wie eine "Wehrpflicht" für Volksdeutsche ab, z.T. in Abkommen mit den Heimatstaaten geregelt.
Der Unterschied zum Reich ist jedoch, dass dort die Wehrpflicht zum Eintritt in die Wehrmacht zwang. In Rumänien und Ungarn konnte man in den ersten Kriegsjahren in der heimischen Armee landen oder aktiv sich der SS anschließen.

Anders war es in Serbien. Dort wurde ein Wehrpflicht eingeführt, welche die Volksdeutschen in die Waffen-SS zwang. Eine Alternative

  • Eintritt in die Wehrmacht
  • Eintritt in eine serbische Streitkraft
gab es für diesen Personenkreis nicht. In meiner Familie war die Zugehörigkeit meines Großvaters zur Waffen-SS immer ein Tabuthema, Darüber wurde möglichst wenig gesprochen. Und gegenüber Personen außerhalb der Familie wurde dies generell nicht erwähnt. Unsere Familie sah die Zugehörigkeit zur Waffen-SS als Makel. Jedoch war dies keine Optierung für den Nationalsozialismus, sondern einfach eine Vorgabe aus Berlin, die Menschen betraf, welche keine deutschen Staatsangehörigen waren.

Ganz anders sieht es bei dem Großvater mütterlicherseits meiner Ehefrau aus. Die Familie lebte im Reich. Dieser Vorfahre hat sich relativ früh der SS angeschlossen. Damals gab es SS-Siedlungen. In Gemeinschaftsarbeit wurden diese Siedlungshäuschen im Kollektiv errichtet. Der Großvater meiner Frau hat sich in den 1930er Jahren solch ein Häuschen gebaut. Nach dem Kriegsausbruch war er - nach der Familiensage - Wachmann in einem Konzentrationslager. Wieder nach der Familienerzählung hätte er es nach einiger Zeit diese Aufgabe nicht mehr ertragen und sich freiwillig an die Front gemeldet. Historisch belegt ist, dass er dann als Angehöriger einer Waffen-SS-Division im Fronteinsatz ums Leben gekommen ist. Ich finde es bemerkenswert, dass sein Name im Ehrenmal seiner Heimatstadt für Kriegsgefallene aufgeführt wird. Da hat sich bisher noch keine neue Historikergeneration mit beschäftigt, sonst wäre ein Tilgen der ehemaligen KZ-Wächter am Ehrenmal wohl schon ein Thema in den lokalen Medien geworden.
 
Anders war es in Serbien. Dort wurde ein Wehrpflicht eingeführt, welche die Volksdeutschen in die Waffen-SS zwang. Eine Alternative

  • Eintritt in die Wehrmacht
  • Eintritt in eine serbische Streitkraft
gab es für diesen Personenkreis nicht.

An der Stelle würde mich technisch interessieren, aus welchem Grund in Serbien lebende sogenannte "Volksdeutsche" nicht in die Wehrmacht aufgenommen wurden.

Mir ist im Bezug auf Rumänien bekannt, dass den dortigen deutschsprachigen Bevölkerungsteilen kein Zugang zur Wehrmacht ermöglicht wurde, um das mit NS-Deutschland verbündete rumänische Regime nicht vor den Kopf zu stoßen und ich denke ohne es exakt zu wissen, dass im Hinblick auf das ebenfalls mit NS-Deutschland verbündete Ungarn die Gründe ähnlich gewesen sein werden.

Aber ein verbündetes Regime in diesem Sinne gab es ja in Serbien nicht, der kroatische Marionettenstaat der Achsenmächte umfasste ja die im Kern serbischen Territorien nicht und bis auf einen Teil des Banats der Ungarn angegliedert wurde, gab es da ja keinen mit Deutschland verbündeten Staat mit dessen Interessen das kollidiert wäre.
 
An der Stelle würde mich technisch interessieren, aus welchem Grund in Serbien lebende sogenannte "Volksdeutsche" nicht in die Wehrmacht aufgenommen wurden.
Weil sie jugoslawische Staatsbürger waren? Daher galt die deutsche Wehrpflicht nicht. Das NS-Regime war immer konsequent widersprüchlich. Manchmal hielt man sich an Regeln, manchmal pfiff man drauf. Und wenn Himmler potenzielle Soldaten lieber für seine Germanenarmee haben wollte, durfte die Wehrmacht sich wohl hinten anstellen.

"WIKIPEDIA" schrieb:
Obwohl in der ersten Phase der Aufstellung (Frühjahr 1942) die Bezeichnung 7. SS-Freiwilligen-Gebirgs-Division eingeführt und auch weitergenutzt wurde, wurde schon bald flächendeckend eingezogen. Bis zum Januar 1944 wurden aus dem Banat und Serbien an die 22.000 Männer eingezogen, von denen nur etwa 600 bei der Wehrmacht und mehr als 15.000 in der Waffen-SS dienten, während eine nicht genau bestimmbare Zahl der Banater Polizei angehörte.

https://de.wikipedia.org/wiki/7._SS-Freiwilligen-Gebirgs-Division_„Prinz_Eugen“
 
Für "echte" Freiwillige gab es ein Angebot, die Waffen-SS (zumindest fürs Heer). Wer unbedingt kämpfen wollte, ging da hin. Wozu sollte die Wehrmacht also eine zusätzliche Verwaltung zur Rekrutierung Freiwilliger aufbauen?

Es ging ja auch "nur" um einige zehntausend Männer in Jugoslawien, die in Frage gekommen wären. Zudem eigentlich nur um den serbischen Teil des jugoslawische Staatsgebiet, Kroatien war offiziell ein unabhängiger Staat, andere Teile unter italienischer und bulgarischer Besatzung, da konnte eine "staatliche" Armee kaum Werbung für sich machen, eine "außerstaatliche" hingegen schon.

Der Großteil der deutschsprachigen Minderheit in Serbien lebte nördlich der Donau. Ungarn hatte davon rund die Hälfte annektiert, in der anderen Hälfte gab es sowas wie eine "Autonome Banaterschwäbische Republik" (nein, das ist nicht der offizielle Name), in der die dort lebenden Volksdeutschen sich auf Kosten der Serben und Juden austoben konnten.

Als es später personell eng wurde, hatte die SS schon die Infrastruktur, um eine Quasi-Wehrpflicht durchzusetzen.
 
Ich habe mal einen alten Herren kennengelernt, der hatte damals nur die Wahl SS oder Fallschirmjäger.

Theodor Holländer (Jung betroffen. Unter braun und rot. Essen 1982) schreibt, dass er damals den Einberufungsbefehl für die SS erhalten habe, zu seinem Pfarrer gerannt sei und dieser ihm gesagt habe, dass es nur die Verpflichtung gebe, zur Wehrnacht zu gehen. Die Details weiß ich nicht mehr, jedenfalls sei er dann mit Hilfe des Pfarrers zur Wehrmacht gekommen. Da er dort angab, Priester werden zu wollen, wurde er als Schreibübkraft dem Stab zugeteilt und geriet dort dann in russische Kriegsgefangenschaft.
 
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