Dennoch, wie Kleßmann schreibt, (Napoleon und die Deutschen, S. 165) ist eine ambivalente Haltung gegenüber Napoleon in "Deutschen Landen" vorhanden, wie beispielsweise im September 1808 in Erfurt, anlässlich des Treffens von Napoleon mit dem Zaren.
So meint ein damaliger zeitgenössischer Chronist, dass Napoleon völlig gefahrlos alleine durch Erfurt hätte laufen können, ohne irgendwelchen Gefahren ausgesetzt zu sein.
In diesem Sinne wird man wohl, je nachdem wo man hinschaut, Antipathie, eine neutrale Haltung oder Sympathie vorfinden.
Natürlich wird man unterschiedliche Haltungen feststellen, allein schon, weil die Interessen unterschiedlich waren. Dies traf auch auf Erfurt zu.
Erfurt ist ein gutes Beispiel. Ohne Frage hätte sich Napoleon allein auf die Strasse wagen können. (Schon allein deshalb, weil sich Napoleon längst im Kreis derer von Gottes Gnaden befand, für deren Gesundheit allsonntäglich gebetet wurde)
Und schließlich war alles getan worden, um den Freund, den Zaren Alexander I. zu beeindrucken. Nicht allein durch die Galerie der anwesenden Rheinbundfürsten oder durch aufwändige Konzerte und Aufführungen, nein, im Vorfeld und im Verlauf des Fürstentreffen wurde alles getan, um die Bevölkerung ruhig zu halten.
Ohne Frage war die Bevölkerung von Erfurt freudig gestimmt, dass ihre Stadt "Austragungsort" des Fürstentreffens war. Der Kaiser persönlich würde kommen! Das weckte natürlich auch Hoffnungen, dass die Lasten, die auf der Stadt drückten, gemildert wurden.
Der neue Generalgouverneur, Oudinot, ließ Petitionen zu, in deren Ergebnis es zu Truppenverlegungen kam und Magazine geöffnet wurden, um die drückensten Probleme zu lindern.
Eine wichtige Rolle kam der Geheimpolizei zu. Eine Abteilung unter Napoleons Lieblingsspion Schulmeister zog in die Stadt und beobachtete alle Fremden, alle Gaststätten und Kneipen, die für verdächtig gehaltenen Mitglieder der Stadtverwaltung ...
Nicht nur das, auch versuchte Teuerungen wurde von der Polizei verhindert.
In der Summe wurde also eine Atmosphäre geschaffen, die für Ruhe sorgte und eine befürchtete Revolte verhinderte.
Da könnte sich der Empereur allein auf der Straße zeigen, wenn er denn gewollt hätte. Dass er dies nicht tat, mag an Zeitmangel, vllt. auch an der Episode gelegen haben, von der sein Kammerdiener Constant aus Erfurt berichtet: Constant hatte alle Fenster, Läden etc. verschlossen. Ein Angreifer auf das Leben des Kaisers hätte über die Wachen vor der Tür an Roustam und ihm verbeigemußt. Der Kaiser schlief schlecht, erwachte und berichtete von seinem Traum, dass ihn ein Bär angegriffen hätte ... Da könnte man fragen: Traum oder Trauma?
Ach, ja, nach dem Fürstentreffen wurde eine ständige Truppe der Geheimpolizei in Erfurt installiert. Davout trug dafür Sorge.
Anfangs positiver mit zunehmend skeptischen Sichten, da hinter der Fassade des Aufklärers und des Modernisierers der zerstörende und unterdrückende Feldherr immer deutlicher wurde.
Zustimmung!
Grüße
excideuil