Nochmals. Du nimmst eine (zugegebenrmaße katastrophale) Momentaufnahme und projezierst sie auf einen sehr langen Zeitraum und dazu aus der Sicht ihrer Feinde.
Woran willst du diese Behauptung festmachen? Der Standard der Hygiene und Ernährung kann gar nicht niedriger sein als bei der Royal Navy. Ein Indikator hierführ kann höchstens die Anzahl von Verlusten durch Seuchen und Skorbut sein und die war m.W. bei den Spaniern und Franzosen nicht höher als bei den Briten.
Ich hab ja noch gar keine Momentaufnahme gemacht. Hole ich aber gerne nach. Ich lege dem gem. der Ausgangsfrage im wesentlichen die zweite Hälfte des 18. Jh. zu Grunde.
ASNOM - Historique du Service de Santé de la Marine
A la suite des travaux du docteur Lind et dès 1795, la marine anglaise rend obligatoire le "limon juice", jus de citron de Sicile additionné de 10% de brandy, distribué à raison d’une cuillerée par jour et par personne. Connaissant l’effet bénéfique des escales et des "rafraîchissements", les Français ne prendront conscience du rôle spécifique du jus de citron que dans les années 1850.
Au mois de janvier 1756, la triste guerre de sept ans est engagée contre l’Angleterre. Le 4 novembre 1757, les premiers bâtiments de l’escadre de M. Dubois de Lamotte, revenant en catastrophe de Louisbourg qu’ils défendaient, arrivent en rade de Brest. Le reste des bâtiments suit dont une partie est déroutée sur la rade d’Aix. Les équipages épuisés par le scorbut et décimés par le typhus, cette fameuse "fièvre des vaisseaux", ne suffisent plus à la manœuvre et le personnel du port doit intervenir. Au milieu d’un désordre indescriptible, l’épidémie atteint bientôt la population civile.
L’enquête ultérieure fera état de 10 000 morts parmi cette dernière et de 3 600 chez les marins.
Zu Deutsch: Nach der Niederlage von Louisbourg kam eine pestilente französische Flotte heim nach Brest, wo die versch. Krankheiten auf die Stadt übergriffen, 10 000 Tote, davon 3600 Seeleute.
Während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges hatten die Flotten Frankreichs und Spaniens 1779 die Seeherrschaft im Ärmelkanal errungen - sie standen sozusagen allein vorm leeren Tor. Nach englischen Quellen herrschte an der Südküste und in der Navy Panik, weil man der Übermacht nichts entgegenstellen konnte. Dazu eine US-Quelle: Ferling, John, Almost a miracle. The American Victory in the War of Independence, New York 2007, p. 379 f.:
"The French fleet, troubled with recruitment problems and having difficulty securing materials needed for maintaining its ships [...] reached Corunna three weeks late, only to discover that the Spanish fleet [...] was not fully present for another six weeks, until [...] more than sixty days past the planned target date for sailing for the Channel. In the interim, the French sailors not only consumed half the comestibles that they had brought from Brest, but the French ships, living up to their reputation for squalor, were swept with debilitating illnesses, mostly typhus and smallpox. [...] By [the end of that summer] disease had reached pandemic proportions in the French fleet. Half of the 1,100 men aboard the flagship were sick or dead."
Ähnlich schlecht soll (zugegebenermaßen nach britischen Quellen) der Zustand der spanischen Besatzungen gewesen sein. Und ich kenne aus dem Stehgreif keine britische Flottenoperation im Untersuchungszeitraum, die außerhalb der notorisch fieberverseuchten Karibik auf Grund von Epidemien zusammengebrochen ist.
Zur Moonlight-Battle 1780 ebenda, p. 397:
"Eight days later he [Rodney] surprised the Spanish fleet off Cape St. Vincent. The Spanish [...] were also undermanned, as many of their ships were in port for repairs."
Die Spanier wurden von Rodney schwer geschlagen, obwohl sie vorgewarnt waren, das ganze vor ihrer Haustür und kurz nach ihrem Eintritt in den Krieg.
Was sagen denn französische und spanische Quellen zum Zustand von Villeneuves Besatzungen zwischen der Jagd nach Westindien und zurück und Trafalgar? Meine behaupten, dass die Vereinigten Flotten auch hier einen enorm hohen Krankenstand gehabt hätten, deswegen viele Besatzungsangehörige an Land gegeben werden mussten und genau deshalb noch viel mehr ungelerntes Personal insbesondere auf spanischer Seite bei Trafalgar gekämpft habe. Die Flotte Nelsons scheint ja fit genug gewesen zu sein, um gleich zur Blockade von Cadiz übergehen zu können.
Hast Du Zugang zu Aufstellungen der spanischen Verpflegung an Bord? Dann würde ich mal meine britischen abtippen und wir könnten die Diät beider Seiten vergleichen...
Dito bezüglich der britischen Behauptungen, Franzosen und Spanier würden ihre Toten bis zur Heimkehr im Schiffsballast bestatten. Wenn das stimmt, dürften verwesende Leichen sicherlich nicht positiv zur ohnehin miesen Luftqualität an Bord beigetragen haben...
Wenn ich nicht irre, dürfte die medizinische Versorgung in der französischen Marine sogar besser gewesen sein. Und weder bei Franzosen noch Spanier hat es (m.W.) solche massiven Meutereien auf Grund schlechter Lebensbedingungen gegeben wie bei der Royal Navy.
Möglicherweise waren die französischen Schiffsärzte tatsächlich besser qualifiziert als ihre britischen Kollegen - dazu gehörte nicht viel, wirkliche Mediziner waren an Bord der Kriegsschiffe selten, die meisten waren Chirurgen / Wundärzte mit dem Ausbildungsstand eines Abdeckers. Die Meutereien von 1797 waren jedoch kaum den schlechten Lebensbedingungen geschuldet. Die Flottenmeuterei in Spithead war praktisch ein Arbeitskampf, in dem die Seeleute lediglich die längst überfällige Erhöhung ihrer Entlöhnung forderten, die die Inflation notwendig gemacht hatte. Darüberhinaus wurde die Abstellung eher individueller Missbräuche und Fehlverhalten (brutale Offizier, betrügerische Zahlmeister) gefordert. Der Ausstand richtete sich weniger gegen institutionelle Beschwernisse. Die Meuterei in der Nore ging ebenfalls in erster Linie wegen der Bezahlung los, die auch diese Besatzungen für sich einforderten. Die Meuterei wurde jedoch politisiert, was damals viele auf den Einfluss französischer Revolutionäre schieben wollten. In der Tat wurde von der herrschenden Klasse Englands ein Überschwappen der Revolution auf die Insel - mit Recht - gefürchtet und die Nore-Meuterei hätte tatsächlich eine Art Brückenkopf sein können. Allerdings brach diese Meuterei von innen heraus zusamen, da die meisten Besatzungen mit den Absichten ihrer Rädelsführer nach einer Eskalation, die bis zum Versuch, London von der Versorgung abzuschneiden, nicht mehr übereinstimmen wollten.
Die Briten haben z.B. den Konsum von Zitronensaft als Vorbeugung gegen Skorbut erst nach den Spaniern eingeführt. Es war zwar seit 1715 bekannt, dass Zitrusfrüchte diesen Effekt hatten, man gab den Leuten aber lieber Essig weil es billiger war und genau so sauer schmeckte, also genau so wirken musste (was nicht stimmte).
Malaespina hat mit seiner Flotille von 1789 bis 1794 eine wissenschaftliche Weltumsegelung durchgeführt und dabei kaum Verluste gehabt, unter anderem auf Grund der Menge an Zitrusfrüchte die er mitführte. Bei der Royal Navy wurde das erst 1795 allgemein eingeführt.
Dazu muss man aber auch sagen, dass alle teilnehmenden Nationen ihre besten Köpfe und eine intensive wissenschaftliche Beratung einsetzten. Cook hatte nach Versuch und Irrtum eine ganze Menge an Maßnahmen angewandt, die er für Skorbut vorbeugend hielt, die es im einzelnen aber kaum oder gar nicht waren. Heraus kam aber eine abwechslungsreiche und relativ frischkostlastige Ernährung seiner Männer, die insgesamt deren Gesundheitszustand sehr zuträglich war. Unabhängig von den hervorragenden Leistungen der französischen und spanischen Südsee-Erforscher behaupte ich jedoch, dass der Gesamtzustand von deren Marine nach wie vor schlechter war. Selbst wenn man das notwendige Wissen hatte, was ich nicht ernsthaft in Zweifel ziehen will, so fehlten den Marinen der beiden notorisch klammen Festlandsstaaten doch häufiger die Gelder oder schlicht der Zugang zu den notwendigen Ressourcen und Technologien. Dazu kommt der Reinlichkeitsfimmel vieler protestantischer/calvinistischer/hugenottischer britischer Offiziere...