Hopliten

Das hat mit viel von jemandem halten wenig bis nichts zu tun. Heute das Damals zu bewerten, ist zwar das freie Recht eines jeden, aber die heutigen Maßstäbe an Ehrhaftigkeit usw. anzulegen, bringt in der Diskussion wohl kaum jemand weiter.
Es gibt ja verschiedene Ansichten von, we heute wegläuft, könne morgen wieder kämpfen, bis zu Erinnerungen an Tapferkeit. Ehre erscheint dann nützlich, wenn sie zum Erfolg beiträg. Wieso sollte wegzulaufen klug sein? Ein flüchtiger Infanteriehaufen in Auflösung ist die sichere Beute der Kavallerie.
Allerdings gehören existierende Moralvorstellungen zur Einschätzung der Kampfkraft und zur Nachvollziehbarkeit der Abläufe einer Schlacht der Hopliten dazu.
 
Kampfweise der Hopliten

Wenn du dich über die Kampfweise der Hopliten kundig machen willst, empfehle ich dir das Buch "Gates of Fire" von Stephen Pressfield. Da geht es um die Schlacht bei Termophylae. Es wird sehr anschaulich aus der Sicht eines Heloten die Erziehung und Ausbildung der spartiatischen Krieger beschrieben und der Einsatz der Phalanx gegen die Perser bei Thermophylae. Was ich besonders interessant fand, ist, dass zum einen die Phalanx die Tendenz hatte, nach rechts abzuwandern oder auszuweichen, weil jeder Krieger unbewusst den Schutz durch den Schild des rechts von ihm gehenden Hopliten suchte, und zum anderen der Speer nicht aus der Hüfte oder unter dem Arm geführt wurde, sondern über der rechten Schulter, also mit dem kleinen Finger voran, sodass der Stoß von oben nach schräg unten geführt wurde. Bei einer vier oder fünf Glieder tiefen Phalanx kann man sich das also wie eine Maschine aus ebensovielen zustoßenden Speerspitzen vorstellen, die wie ein Hächsler die gegnerische Front bearbeitete. Anzumerken wäre außerdem, dass die enge Beziehung zwischen "Rittern" und "Knappen", also erfahrenen Veteranen und auszubildenden jungen Kriegern, die wohl sogar als "Liebesbeziehung" verstanden werden kann, durchaus aus taktischen Gründen bestanden hat, weil so der Kampfeseifer und der Zusammenhalt der Phalanx weiter gestärkt wurde.
 
humprof schrieb:
und zum anderen der Speer nicht aus der Hüfte oder unter dem Arm geführt wurde, sondern über der rechten Schulter, also mit dem kleinen Finger voran, sodass der Stoß von oben nach schräg unten geführt wurde. Bei einer vier oder fünf Glieder tiefen Phalanx kann man sich das also wie eine Maschine aus ebensovielen zustoßenden Speerspitzen vorstellen, die wie ein Hächsler die gegnerische Front bearbeitete.
du meinst jede Reihe, zieht sich nach dem zustoßen wieder zurück, sodass in einer fließenden Bewegung 4 Reihen nacheinander ihre Speere im Gegner versenken? dann hättest du die Phalanxkampfweise komplett missverstanden. Wer vorne war, kämpfte. eine Rückwärtsbewegung gab es erst, wenn hinter dir alles frei war.
PS: wenn auch immer du gerade ansprichst. Mit Empfehlungen von Romanen, über deren Authenzität du nichts aussagen kannst, solltest du vorsichtig sein.
 
Pressfield ist in vielen Dingen ziemlich schlecht was das historische angeht. Das Buch ist trotzdem unterhaltsam geschrieben.

sondern über der rechten Schulter, also mit dem kleinen Finger voran, sodass der Stoß von oben nach schräg unten geführt wurde. Bei einer vier oder fünf Glieder tiefen Phalanx kann man sich das also wie eine Maschine aus ebensovielen zustoßenden Speerspitzen vorstellen,

Das bringt verschiedene Zeiten durcheinander und verkennt was das Primärmerkmal der klassischen Phalanx ist, nämlich der Hoplon als Schild der es einem erlaubt beide Hände zu verwenden und der Stoß mit der Lanze mit beiden Händen.

Die gezeigte Stoßweise über dem Kopf gab es tatsächlich, sie ist auch entsprechend auf Vasen usw dargestellt. Das war aber vor allem in der Frühzeit der Phalanx bzw in ihrer Entstehungszeit. Zu diesem Zeitpunkt waren aber die Lanzen (besser Speere) deutlich kürzer. D.h. das die 4 und 5 Reihe nicht mehr vorne kämpften, schon die Dritte war vorne nicht mehr mit ihren Speeren, weil diese gar nicht vorreichten.

Das Bild eines Hächslers ist grundfalsch. Die vordere und teilweise die zweite Reihe stieß mit den Speeren von oben herab. Das war aber noch während bzw in der Entstehungszeit der Phalanx.

Das entscheidende Merkmal der klassischen Phalanx war demgegenüber der beidhändige Stoß mit der Lanze. Man führte die Lanze mit beiden Händen, gerade deshalb hatte der Hoplon ja einen Durchgriff für die linke hand.

Man führte die Lanze auf der rechten Seite auf Brust oder Hüfthöhe gerade nach vorne und stieß sie dann beidhändig gegen den Feind. Genau diese Kampfweise hat Sparta !! als erster entwickelt im Krieg gegen die Messener. Das heißt, daß die Spartiaten an den Thermopyhlen, wenn sie dort überhaupt als Phalanx gekämpft haben (was auch nicht klar ist !!) schon sehr lange nicht mehr von oben stießen.

Die Rechtsdrift von Phalangen gab es aber auch da noch aus den genannten Gründen und sie wurde auch von geschickteren Feldherrn taktisch genutzt, aus ihr entwickelte sich die schiefe Schlachtordnung (Stichwort Leuktra)
 
Quintus Fabius schrieb:
Man führte die Lanze auf der rechten Seite auf Brust oder Hüfthöhe gerade nach vorne und stieß sie dann beidhändig gegen den Feind. Genau diese Kampfweise hat Sparta !! als erster entwickelt im Krieg gegen die Messener. Das heißt, daß die Spartiaten an den Thermopyhlen, wenn sie dort überhaupt als Phalanx gekämpft haben (was auch nicht klar ist !!) schon sehr lange nicht mehr von oben stießen.

Hm, verzeih', dass ich widerspreche. Was Du hier beschreibst ist die Kampfweise der makedonischen Phalanx mit der langen Sarisse und dem kleinen Schild.
Der Hoplon bzw. Aspis war dafür da, einen Schildwall zu errichten. Deshalb auch die Rechtsverschiebung, um diesen geschlossen zu halten. Wie soll man mit zwei Händen die Lanze waagerecht nach vorne halten, wenn die linke hand hinter dem Schild liegt (nicht darüber hinausragt) und der Schild seine Vorderseite dem Gegner frontal entgegenhält?

Das "klassische Bild" ist, dass die Lanze über der Schulter geführt wird. Im hängenden Arm (also auf Hüfthöhe) kann die Lanze nicht gestoßen werden, da man die Reihen dahinter gefährdet. Hier kann sie also nur stabil geführt werden. Das ist genau der Unterschied von griechischer und makedonischer Technik, daraus ergeben sich die weiteren Unterschiede wie Lanzenlänge, Schildgröße, Reihenabstand etc.

Der Übergang dahin war wohl um 340 v.Chr. in Makedonien, nach dem makedonischen Sieg über die Griechen auch in Griechenland selbst um 300 abgeschlossen. Weiterhin aber bestanden (übrigens auch bei den Makedonen) "klassische" Phalanx-Abteilungen, sie waren aber nicht mehr das Kernstück des Heeres.
 
Deshalb auch die Rechtsverschiebung, um diesen geschlossen zu halten. Wie soll man mit zwei Händen die Lanze waagerecht nach vorne halten, wenn die linke hand hinter dem Schild liegt (nicht darüber hinausragt) und der Schild seine Vorderseite dem Gegner frontal entgegenhält?

Weshalb ja der Schild nicht gerade sondern schräg gehalten wurde. Was zugleich den Aufprall einer feindlichen Lanze ablenkte und gerade wegen der deshalb nach vorne befindlichen Spalten die Rechtsdrift um eben diese Spalten klein zu halten. Man hielt so meine Interpretation den Schild eben schräg und nicht gerade.

Der Hoplon hat meist ungefähr 80 bis 90 cm Durchmesser gehabt. Das heißt von der Mitte aus 40 bis 45 cm bis zum Rand. Das entspricht genau der Länge eines typischen männlichen Unterarmes vom Ellbogen bis zu den Fingerknöcheln, das heißt, daß man durch die Schlaufe am Rand das Handgelenk stecken kann und wenn man dann den Schild schräg hält nach vorne und nicht gerade ermöglicht dies zwei Dinge:

1 das man die Lanze mit zwei Händen greifen kann und 2 das man näher zusamen rücken kann. Dazu kommt noch der Unterstützende Riemen über die Schulter, der sonst keinen Sinn machen würde.

Aber es stimmt, man führte die Lanze gerade in der Anfangszeit der Phalanx einhändig, über dem Kopf im Stoß von Oben wie auch noch lange Zeit ebenso eingelegt zwischen Arm und Brustkorb.

Im hängenden Arm (also auf Hüfthöhe) kann die Lanze nicht gestoßen werden,

Nicht am hängenden Arm sondern die wurde gegriffen wie die Ritter im Mittelalter dann die Lanzen einlegten, also zwischen angewinkeltem Arm und Brustkorb eingelegt.

da man die Reihen dahinter gefährdet

Die gefährdet man auch beim Stoß über dem Kopf.



Hier sieht man den klassischen Stoß von Oben:

http://www.hoplites.co.uk/images/hoplites/middle_pic.gif

Diese Art zu stoßen war in der Anfangszeit die übliche, wurde aber dann zunehmend aufgegeben.

Gerade beim Kampf von Formationen ist die Dichte und damit der Druck der Formation entscheidend um die andere Formation dadurch zu zerschlagen. Deshalb rückten solche Formationen immer enger zusammen, was den Freihändigen Einsatz über dem Kopf aber wiederum schwierig machte.

Dazu kommt das Reichweitenproblem: wie den Rittern im Mittelalter zielte man darauf, die Reichweite der Lanze zu erhöhen, um sich aber die Fechtweise mit der kürzeren Lanze im Einzelkampf nicht zu nehmen erhöhte man die Reichweite indem man die Lanze weiter hinten griff, was man aber nicht einhändig über dem Kopf tun kann, da dann das Gleichgewicht nicht mehr gegeben ist.


Es gibt auch selten die Darstellung der Kampfweise der Lanze am hängenden Arm, wie das folgende Beispiel zeigt:

http://www.hoplites.co.uk/images/time_line/stone_fig.jpg

Ab dem Zweiten Messenischen Krieg zeigen die Darstellungen dann immer mehr die die Lanze mit angewinkeltem Arm oder nebem dem Schild auf Brust oder Hüfthöhe während die Darstellungen der Lanze über dem Kopf immer mehr abnehmen.

Paralell nimmt dazu die Länge der Lanzen zu.

Anfangs waren die Hoplitenlanzen noch 1,8 m lang, während der Perserkriege 2,5 m und während der Kriege Athens gegen Sparta dann 2,8 m. Schon ab 2,5 m Länge wird es sehr schwierig, eine solche Stange noch über dem Kopf stoßend einzusetzen, es macht auch wenig Sinn, da man die Lanze immer noch mittig greifen muß, was dazu führt, daß sie zu weit nach hinten ragt, den Hintermann gefährdet und nur wenig mehr Reichweite nach vorne bringt.

Das alles deutet für mich darauf hin, daß die Stoßweise über dem Kopf schon während der Perserkriege nicht mehr die übliche gewesen sein kann, weil die Nachteile einfach die Vorteile überwiegen. Wozu, wenn es bessere Methoden des Einsatzes gibt eine solche Stoßweise ?

Um 500 v Chr überwiegt noch bei den Vasen die Darstellung des Stoßes über dem Kopf bzw über der Schulter, schon ab 420 überwiegt die Darstellung des Stoßes auf Hüfthöhe bzw mit angewinkeltem Arm, die Lanze zwischen Arm und Brustkorb eingeklemmt.

Beschließend muß ich aber anmerken, daß die genaue Einsatzweise der Lanze durch die Hopliten durchaus umstritten ist und viel diskutiert wird. Von daher ist das nur eine Interpretation.

Praktischer Fakt: ich hatte mal die Möglichkeit einen Hoplon und eine solche Lanze zu benutzen, es war mir möglich, die Lanze beidhändig zu greifen, vorausgesetzt der Schild wurde schräg nach vorne gehalten. Am sichersten und angenehmsten empfand ich jedoch den Einsatz mit angewinkeltem Arm wenn die Lanze eingelegt geführt wurde (wie die Ritter im Mittelalter dann) den Stoß über dem Kopf empfand ich dagegen als schlechter, was mit der Länge von 2,5 m zusammen hängt.
 
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Quintus Fabius schrieb:
Weshalb ja der Schild nicht gerade sondern schräg gehalten wurde. Was zugleich den Aufprall einer feindlichen Lanze ablenkte
....
in den Körper des Nebenmanns? Dann müsste man eigentlich die Formation auflockern statt schließen. Naja.

Mir stellt sich die Frage ohnehin anders. Es wird vom othismus bei Phalanxschlachten berichtet, also dem Aufeinanderprallen der Schlachtreihen und dem Geschiebe der Hintermänner, womit die Formation des Gegners aufgebrochen werden sollte. Wenn dieses Schieben stattgefunden haben sollte, kann man die Vorstellung, dass man mit der Lanze mehr als 1 oder 2-mal zustoßen konnte ohnehin vergessen, da die Formationen mit Schrittgeschwindigkeit mit den Schilden aufeinanderprallten. Da bringt dann eine Lanze eh' nichts mehr, egal ob 2 oder 2,5 Meter lang.
Die bringt's nur, wenn der Gegner flieht oder kein Hoplit ist oder in der Sekunde vor dem Zusammenstoß.
Wenn die Spartaner für besonders kurze Schwerter bekannt waren, dann hieß das wohl, dass man nach dem Zusammenstoß in der ersten Reihe kurze Waffen brauchte, weil lange nicht mehr handhabbar waren. Wenn die hinteren Reihen nach vorne schoben so stark sie konnten, war an koordinierten lanzeneinsatz auch nicht so recht zu denken.
Wenn dann also längere Lanzen aufkamen, die eingelegt wurden, weist das darauf hin, dass die Tendenz hin zum Distanzkampf ging. Mit langer eingelegter Lanze Schild an Schild zu prallen, wäre wohl eher seltsam...
Die makedonische Phalanx schließlich wurde wohl gar nicht mehr "handgemein", sondern stocherte so lange in der Gegend rum, bis der Gegner flüchtete, dann kamen die Leichtbewaffneten bzw. traditionell ausgerüsteten Hopliten und machten die fliehenden fertig, wenn diese ihre Formation nicht halten konnten. Individuelles Zielen war kaum möglich, denke ich, da man als taktischer Verband wirkte.
Nun, da war die Taktik und Bewaffnung im peloponnesischen Krieg und der spartanischen hegemoniephase wohl sehr im Wandel (siehe auch Peltasten, Söldnereinsatz etc.)

...übrigens hatte beim Hoplon der Schulterriemen keine Stütz- sondern ausschließlich eine Tragefunktion. Die Stützfunktion führte erst Philip II bei seinen Makedonen ein.
 
Quintus Fabius schrieb:
Praktischer Fakt: ich hatte mal die Möglichkeit einen Hoplon und eine solche Lanze zu benutzen, es war mir möglich, die Lanze beidhändig zu greifen, vorausgesetzt der Schild wurde schräg nach vorne gehalten. Am sichersten und angenehmsten empfand ich jedoch den Einsatz mit angewinkeltem Arm wenn die Lanze eingelegt geführt wurde (wie die Ritter im Mittelalter dann) den Stoß über dem Kopf empfand ich dagegen als schlechter, was mit der Länge von 2,5 m zusammen hängt.
Dabei bist Du sicherlich um einiges größer als der Hoplit der Perserkriege. Das sollte man bei der ganzen experimentellen Archäologie nicht außer Acht lassen.:fs:
 
Wenn die Spartaner für besonders kurze Schwerter bekannt waren,

Anbei der Spruch eines Spartaners warum sein Schwert derart kurz sei:

Damit ich näher an den Feind muß.

Das spricht durchaus für die von dir angesprochende Kampfweise.

in den Körper des Nebenmanns?

Eher an diesem Vorbei zum Hintermann.

Ich weiß es ja auch nicht genau, wie gesagt ist das ganze ziemlich umstritten. Wenn man mit dem Hoplon einen Schildwall bildet, dann ist die Formation auch nicht so dicht weil sich sonst die Schilde zu sehr überlappen und man ständig den Schild des nebemannes mit der kante in den Arm kriegt:

http://www.hoplites.co.uk/images/events/history_ages/sheilds2.jpg

Wenn dieses Schieben stattgefunden haben sollte,

Die Frage ist, wie oft das überhaupt wirklich bis in die letzte Konsequenz stattfand und in wie weit nicht eine der Seite schon vor dem eigentlichen Schieben brach und floh, was zugleich die Verluste beider Seiten ausreichend niedrig gehalten hätte.

Wenn man wirklich in der beschriebenen radikalen Weise aufeinander losgeht, noch krasser mit einem kurzen Ansturm (wovon die Quellen auch berichten) dann wären die Verluste demographisch problematisch geworden.

...übrigens hatte beim Hoplon der Schulterriemen keine Stütz- sondern ausschließlich eine Tragefunktion. Die Stützfunktion führte erst Philip II bei seinen Makedonen ein.

Interessant ! Das wußte ich bisher nicht.
 
Brissotin schrieb:
Dabei bist Du sicherlich um einiges größer als der Hoplit der Perserkriege.
Wie groß war den ein antiker Grieche?

Der Hoplon hat meist ungefähr 80 bis 90 cm Durchmesser gehabt. Das heißt von der Mitte aus 40 bis 45 cm bis zum Rand. Das entspricht genau der Länge eines typischen männlichen Unterarmes vom Ellbogen bis zu den Fingerknöcheln, das heißt, daß man durch die Schlaufe am Rand das Handgelenk stecken kann und wenn man dann den Schild schräg hält nach vorne und nicht gerade ermöglicht dies zwei Dinge:
Ich will mich nicht zum Maß aller Dinge aufspielen, aber meine Unterarme sind vom Handgelenk bis zum Ellenbogen 23cm (innen)/ 29 cm(außen). Dazukommen 10 cm Handfläche. Der Mittlere Gurt würde mir ziemlich in den Unterarm schneiden. Ich bekomme übrigens manchmal zu hören meine Arme wären etwas affig und zu lang.
Außerdem muss die Hand doch leicht angewinkelt werden um die Lanze nach vorne zu richten. Damit man nicht an den Schildrand stößt (was durch die Biegung imho noch begünstigt wird) sollte der Handriemen schon lieber in der Handfläche oder Handgelenk liegen als am Fingeransatz.
 
Quintus Fabius schrieb:
Wenn man wirklich in der beschriebenen radikalen Weise aufeinander losgeht, noch krasser mit einem kurzen Ansturm (wovon die Quellen auch berichten) dann wären die Verluste demographisch problematisch geworden.
...genau. Schätzungsweise 10-15% Tote je ausgefochtener Schlacht.
Athen hatte in seiner Expansionsphase jählich ca. 3000 tote Hopliten zu beklagen (Quelle habe ich leider nicht zur Hand, habe in letzter Zeit zu viel durcheinander gelesen). Bei 40000 Bürgern Ausgangszahl nicht eben sehr nachhaltig als Politik.
Sparta musste sich nach jeder größeren Schlacht jahrelang zurückhalten. So war mittelfristig die Schlacht bei Tanagra trotz des Sieges verheerend für Sparta, da man nicht mehr genug Leute übrig hatte, um weiteren Angriffen der Athener entschlossen entgegenzutreten und so verlor man viele Verbündete durch Bündniswechsel oder Eroberung.

Quintus Fabius schrieb:
Die Frage ist, wie oft das überhaupt wirklich bis in die letzte Konsequenz stattfand und in wie weit nicht eine der Seite schon vor dem eigentlichen Schieben brach und floh, was zugleich die Verluste beider Seiten ausreichend niedrig gehalten hätte.

Das war ja der Gag - oft kam's halt nicht dazu und darauf hat v.a. Sparta stark gebaut. Wenn's aber dazu kam, galt es, den Gegner sofort zum einknicken zu bringen. Ob man danach die Fliehenden niedermetzelte oder nicht - je nachdem. In Sparta hat man oft davon abgesehen - damit man selbst nicht die Formation auflöste und deshalb angreifbar würde. Nur bei den Argivern machte man gerne öfters mal eine Ausnahme...
 
Princeps schrieb:
...genau. Schätzungsweise 10-15% Tote je ausgefochtener Schlacht.
Athen hatte in seiner Expansionsphase jählich ca. 3000 tote Hopliten zu beklagen (Quelle habe ich leider nicht zur Hand, habe in letzter Zeit zu viel durcheinander gelesen). Bei 40000 Bürgern Ausgangszahl nicht eben sehr nachhaltig als Politik.
Von den 40.000 waren aber nicht alle Zeugeten ("Hoplitenrohmaterial"). Bei Marathon trat fast jeder Athen mit dem nötigen Einkommen für die Panhoplia an: ca. 9.000. Nur kanpp die Hälfte der gesamten Polis. Der ärmere Rest war nur als Ruderer aktiv. Die 3000 erscheinen mir daher zu hoch. ODer sind vielleicht alle Streitkräfte in der Zahl erfasst? Dann könnten auch Metöken (auch als Ruderer rekrutiert) erfasst sein, die in einer der Seeschlachten und Stürme mitertrunken sind.
 
@Themistokles, ich glaube sogar schon von einer geringeren Zahl von Athenern gelesen zu haben, die trotz 1-2 Tausend Mann Bündnistruppen einen überragenden Sieg bei Marathon erkämpft haben, da die Perser über ungefähr 24.000 Mann verfügten (ein Verhältnis von 1:5-1:3 habe ich im Hinterkopf). Hier kommt das mit dem Rennen. Soweit ich weiß, sollen die Hopliten den Geschosshagel der Perser, welche damals auch zu Fuß schon gute Bogenschützen gehabt haben sollen, unterlaufen haben. (das ist dann auch später immer die Taktik des Sturmangriffs) Dadurch soll ein Schock bei den Persern eingetreten sein, welcher den Sieg sehr begünstigte. (außerdem fehlte wohl die Kavallerie der Perser) Die Athener hatten allerdings nach meiner Kenntnis auch das Gelände für sich, welches ihre Unterlegenheit nicht so gravierend auswirken ließ, da die Perser die Athener nicht überflügelten.
Aber über die Zahl der anwesenden Truppen beider Seiten, noch mehr der der Perser als bei den Athenern, bleiben wohl auf immer viele Vermutungen offen.
 
Themistokles schrieb:
Von den 40.000 waren aber nicht alle Zeugeten ("Hoplitenrohmaterial"). ... ODer sind vielleicht alle Streitkräfte in der Zahl erfasst? ...

Hm, hast wohl recht. Ich glaube mich zu erinnern, dass es um 3000 Bürger ging, nicht um Hopliten. Thanks.
 
Quintus Fabius schrieb:
Aber es stimmt, man führte die Lanze gerade in der Anfangszeit der Phalanx einhändig, über dem Kopf im Stoß von Oben wie auch noch lange Zeit ebenso eingelegt zwischen Arm und Brustkorb.



Nicht am hängenden Arm sondern die wurde gegriffen wie die Ritter im Mittelalter dann die Lanzen einlegten, also zwischen angewinkeltem Arm und Brustkorb eingelegt.



Die gefährdet man auch beim Stoß über dem Kopf.



Hier sieht man den klassischen Stoß von Oben:

http://www.hoplites.co.uk/images/hoplites/middle_pic.gif

Diese Art zu stoßen war in der Anfangszeit die übliche, wurde aber dann zunehmend aufgegeben.

Obwohl ich hier eine Weile noch Anmerkungen treffen könnte beschränke ich mich auf das nötigste:
Wir können keine irgendwie geartete Aussage treffen, ab wann welche Art den dory einzusetzen üblich wurde.
Lediglich die Darstellung änderte sich ein wenig.
So finden sich die "am langen Arm" oder "eingelegten" Lanzen meist auf Darstellungen von Einzelkämpfern bzw. Zweikämpfen, während noch bis in die frühellenische Phase bzw. zum aussterben der rotfigurigen Malerei Phalanxen immer ihre Speere erhoben halten, wenn sie auf den Feind eindringen.

Das hat auch einen ganz simplen Grund, die klassische Phalanx setzt eben auf othismos, also Druck. Man pfercht die Leute in Interwallen ziemlich zusammen. Will man hier mit einem eingeklemmten, herabhängenden Arm kämpfen, reduziert man folglich schwer seinen Kampfwert und gefährdet durch die saurota, den Lanzenschuh des dory massiv den Hintermann, der diese tiefen Stöße nicht abfangen kann.

Und noch einmal der Hinweis: Hoplon ist nicht der korrekte Begriff für das große Schild der Griechen, dies ist die Aspis.
Hoplitai, die Schwerbewaffneten, Hoplomachia, der Kampf unter Waffen sind beides Ableitungen, die dies verdeutlichen.
 
Mmh, ich gehe beim Kampf zwischen Phalangen abgesehen von der Anfangszeit trotzdem eher von einem Stoß mit eingelegter Lanze aus, die Vorteile sind:

Ich kann die Lanze weiter hinten greifen, habe also eine längere Reichweite, d.h. ich treffe mit der Lanze den Gegner bevor er mich trifft.

Die Lanze kann kontrollierter geführt werden, d.h. ich kann bei den wenigen Zielflächen diese kontrollierter treffen.

Vorausgesetzt ich bewege mich schnell, im Laufschritt etc habe ich mehr Wucht bei meinem Stoß.

Daher ist es meine Theorie, daß von Sparta ausgehend ab dem zweiten Peloponesischen Krieg die Lanze zunehmend eingelegt genutzt wurde.

und gefährdet durch die saurota, den Lanzenschuh des dory massiv den Hintermann, der diese tiefen Stöße nicht abfangen kann.

Ich gefährde meinen Hintermann mehr, wenn ich die Lanze mittig über dem Kopf in einer Hand führe.

Man pfercht die Leute in Interwallen ziemlich zusammen. Will man hier mit einem eingeklemmten, herabhängenden Arm kämpfen, reduziert man folglich schwer seinen Kampfwert

Die Lanze seitlich zu führen reduziert nicht den Kampfwert, das einzige was es reduziert ist die Dichte der Formation, aber auch das nur geringfügig. Bedingt durch den Schild war die Dichte ohnehin nicht so groß was meiner Ansicht nach auch einer der primären Nachteile gegen makedonische Phalangen war.

Ferner berichten die Antiken Texte z.b. daß die Lanzen häufig beim ersten Aufprall zerbrachen und dann mit dem Schwert weiter gekämpft wurde. Die Lanzen waren aus Esche. Eine Eschenstange zu zerbrechen, dazu bedarf es aber einer gewissen Wucht.

Ein Stoß mit einer Hand frei über dem Kopf ist dazu meist unzureichennd, ein eingelegter Stoß aber kann die Lanze abbrechen da er viel mehr Wucht entwickelt.

Zur Frage der Dichte der Formation muß man meiner Meinung nach noch berücksichtigen, daß die Schilde als Rundschilde ja bei zu dichter Formation mit dem Rand dem Nachbarn gegen den Arm schlagen. Die Formation kann also gar nicht so dicht gewesen sein. Sie war meiner Meinung nach deutlich weniger dicht als die makedonische Phalanx.

http://www.hoplites.co.uk/images/events/history_ages/sheilds2.jpg

Wie gesagt bestreite ich nicht, daß es den Stoß von über dem Kopf gegeben hat, eventuell hat man auch beides gemacht, die erste Reihe stößt mit eingelegten Lanzen, die zweite hält ihre über dem Kopf bereit zum Stoß.

Das wäre meine Meinung nach die logischste Anordnung.

Ich muß mich aber noch bei Humprof entschuldigen da meine Ansichten offenkundig nicht vollständig richtig sind.

Ich habe mir gerade mal eine Stange gegriffen und im Garten etwas frei über dem Kopf zugestoßen und dann im Vergleich eingelegt. Jeder das ausprobiert erkennt sofort, daß der Stoß über dem Kopf weniger Wucht und weniger zielgenau ist.

Trotzdem gab es diesen Stoß sicher, ich sehe ihn als typisch für die zweite Reihe an, da diese ja beim Aufprall dann ihre Lanzen auf diese Weise immer noch sicher einsetzbar hatte.

So weit meine Hypothese.

(Innenarm 26 cm bis zum Handgelenk, außen 32,5 cm bis zum Handgelenk, bis zu den Fingerknöcheln (halbe Hand) 41 cm)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Du hast einen völlig falschen Eindruck der klassischen Phalanx, so leid es mir tut das zu sagen.

Wie beschrieben, und darauf weißt sowohl Darstellung in der Kunst als auch die raren Schriftquellen hin, wird eben mit othimos gekämpft, Druck.
Vielmehr kann man davon ausgehen, dass man sich eben sehr nahe steht beim Kampf, mit einer nur durch den Schräg gehaltenen Schild mitunter, zwischen den Druckstößen hergestellten Absatnd.
Darum haben u.a. auch Lanzeby und Franz Berechnungen zum "Mindestabstand" angestellt, den man zum Einsatz des nur rund 2 Meter langen dory benötigt. Dabei erweist sich eben der Einsatz über dem Kopf als ideal.

Auch ist deine Vermutung, der über dem Kopf geführte dory gefährde ebenso wie der tief geführte den Hintermann völlig falsch.
Jede Darstellung zeigt eine Schräghaltung des dory, bei der die saurota "in den Himmel zeigt", statt der genau waagerechten tiefen Haltung.
Auch entspricht dies eben den vorher getroffenen Angaben, denn steht man eng beieinander kann mit einer Stangenwaffe nur auf diese Weise noch auch Treffer gehofft werden.
Auch entspricht dies der durch den "tradutierten" und von dir zitierten spartanischen Ausspruch, der Nähe als notwendiges Mittel darstellt.

Da die Tradition dieser Darstellung sich also wie schon bewiesen sich von "Anfang" bis "Ende", also der Einführung der eher deinen Vorstellungen entsprechenden makedonischen Phalanx mit ihren langen Sarissai hielt ist dies ein deutliches fanals, welches sich mit Xenophons Beschreibungen deckt.

Abgesehen davon, sprechen wir von der klassischen Phalanx sprechen wir vor allem von innergriechischen Auseinandersetzungen, also fast gleicher Bewaffnung, die ein "ich treffe vor dem Gegner" als schlichten Trugschluß einordnet.

Entschuldige bitte die harten Worte, aber ich staune warum du in deiner Vorstellung der griechischen Phalanx von einer anfänglich recht realistischen hin zu einer hellenistischen gerutscht bist.

Nachtrag: ich habe einen dory hier stehen und durfte diverse Kämpfer mit der beschriebenen Methode bereits umgehen sehen und konnte nicht erkennen, dass es einen Qualitativen Unterschied gab.
Auch halte ich ein "schnelles austesten" als nicht repräsentativ.
Im Gegenteil, wenn du nur den Unterarm nutzt, wie es etwa Speerschleuderer oft tun wirst du erstaunt sein über die Wucht des zugefügten Stoßes, zumal wenn du die entsprechenden Muskelpartien traineirst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Jede Darstellung zeigt eine Schräghaltung des dory, bei der die saurota "in den Himmel zeigt", statt der genau waagerechten tiefen Haltung.

Wenn dem so ist, kann man dann daraus ableiten, daß die Beine das Hauptziel waren ?

und von dir zitierten spartanischen Ausspruch, der Nähe als notwendiges Mittel darstellt.

In Bezug auf Schwerter !

aber ich staune warum du in deiner Vorstellung der griechischen Phalanx von einer anfänglich recht realistischen hin zu einer hellenistischen gerutscht bist.

Ich rutsche gar nicht, ich teste verschiedene Sichtweisen aus. Das meine Ausführungen die ich jetzt machte offenbar nicht stimmig sind, habe ich ja schon eingeräumt.

Noch eine Seite mit einer Reihe Verknüpfungen:

http://www.4hoplites.com/Links.htm

Schwertkampf:

http://www.ospreypublishing.com/content2.php/cid=217

Schilde:

http://www.ospreypublishing.com/content2.php/cid=203

Weitere Verküpfungen:

http://intranet.dalton.org/groups/Greece/
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
In der Tat gibt es einen Hinweis auf die Position der Beine in der "Trefferhierarchie". Nämlich die Dicke der aufgefundenen ocrae, bei der eine Schiene, die linke dicker ausfällt, was der klassischen Darstellung eines kämpfenden Hopliten entspricht, im rechten Winkel zum Schild zu kämpfen und dabei entsprechendes Bein nach vorne zu schieben und zu exponieren.

Gleichzeitig spricht die Helmentwicklung ebenfalls Bände.
Illyrische, thrakische und korinthische Helme (letzere die Verbreitesten der Klassik) verfügen über Formen des Gesichtsschutzes.

Der hellenistische Pilos Helm, u.a. boöitschen Typus verzichtet zunehmend auf diesen Schutz. Das heißt zwar nicht das er ausstarb, denn immer noch ist Kopf und Gesicht ja Treffer, aber die Notwendigkeit, barbutaähnliche Helme Glocken aufzusetzen wird nicht mehr gegeben.

Und hier kommt wieder die Reichtweitenbrechnung ins Spiel.
Nach Franz sind 0,4 Meter die Mindestreichtweite, also der Abstand der benötigt wird einen 1,80 - 2 Meter langen dory einzusetzen.
Die Veränderung der Reichweite in Richtung Maximum ist mit Übung im übrigen kein Problem, so kann ohne Probleme vom Kampf um den Kopf ein Stich in Richtung Beine abgeleitet werden.
 
Das mit der Trefferhierarchie finde ich hochspannend. Auch wenn's irgendwie schwierig sein dürfte, über den eigenen Schild hinweg das Bein des Gegners anzuvisieren.
Aber wie dem auch sei. ein über dem Arm geführter Speer zeigt immer mit der Rückspitze nach oben. Ergibt sich irgendwie automatisch...
 
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