Der erste moderne Krieg (1789-1914)

Was dem modernen Krieg ausmacht ist seine Wirkung auf die Zivilgesellschaft und die unmoralische, skrupellose, unehrenhafte und feige Bereitschaft gegen die Zivilbevölkerung Gewalt anzuwenden. Gab es in früher Kriegen wenigstens ein Minimum an Humanität so war man im 1. und ganz besonders im 2. Weltkrieg schnell bereit diese zur Seite zu schieben.

Ich glaube, das ist eine Romantisierung früherer Kriege, "wo es noch Mann gegen Mann ging" *schwelg* trifft aber eben auch nicht auf alle Kriege zu, nehmen wir z.B. die Zerstörung Karthagos durch die Römer, oder die Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer, oder den Dreissigjährigen Krieg: alles Gewalt
gegen die Zivilbevölkerung und zwar nicht von Seiten marodierender Banden, sondern "offizieller" Heere. Nein, der moderne Krieg kann nur technisch zu erfassen sein, und deshalb ist für mich der moderne Krieg der, in dem Technik eine bedeutende Rolle spielt und über alte Technologie siegt. Das kann z.B. die Entwicklung von Maschinengewehren sein (wenn man nicht mit Feuerwaffen an sich anfangen möchte), oder eine leistungsfähige Propagandawaffe etc.
 
Was war denn der vormoderne, spätneuzeitliche Krieg?

Habe gestern etwas zu den Hessen im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gelesen:

Die geringe Präzision der damaligen Musketen wurde durch das koordinierte Abfeuern in dicht gestaffelten Pelotons ausgeglichen. Disziplin war oberstes Prinzip, um durch schnelles Nachladen und geordnetes Vorrücken innerhalb dieser Truppenteilen eine höchstmögliche Wirkung zu erzielen. Dann - um dem Feind den letzten Kampfeswillen zu rauben - wurde mit dem Bajonett vorgestürmt. Ein Handgemenge war eigentlich nicht vorgesehen.

Obwohl die Briten letztenendes den Krieg verloren, hielt sich doch diese Art der Truppenführung bis ins späte 19.Jhdt.. Die 'Gentleman-Kriegsführung', inder man versuchte den Gegner frontal und offen in eine Schlacht zu verwickeln ist m.E. charakteristisch für diese Epoche.

Im Ersten Weltkrieg hingegen wurde der Stellungskrieg zur Regel: beide Seiten verschanzen sich und versuchen einander durch dauerhaften Artilleriebeschuss und ständige Infantrieangriffe zu zermürben. Wem es als erstes gelingt, die 'Abnutzungrate' (Verluste und Verbrauch) des Gegners höher zu halten, als seine Nachschubrate, der gewinnt den Schlachtabschnitt.

Dabei war es fast normal, dass man starb ohne jemals den Feind gesehen zu haben. Viele in Verdun kamen schon auf den Nachschublinien um, da diese ununterbrochen bombardiert wurden.

Minenfelder und Giftgaseinsätze (also großflächige und zugleich unsichtbare, heimtückische Waffen) vervollständigen das Bild eines völlig entmenschlichten Krieges. Die horrenden Opfer- und Vermisstenzahlen in der "Hölle von Verdun" machen einen auch heute noch (nach 2.WK, Vietnam und Ruanda) sprachlos.

Entmenschlicht heisst dabei nicht, dass man früher stets zimperlicher mit dem Gegner umging, nein, aber man ging in vielerlei Hinsicht menschlicher mit den eigenen Truppen um. Ritterlichkeit war kein Kriterium mehr, es zählten nur die numerische Differenz und das Ergebnis.
 
Zuletzt bearbeitet:
Entmenschlicht heisst dabei nicht, dass man früher stets zimperlicher mit dem Gegner umging, nein, aber man ging in vielerlei Hinsicht menschlicher mit den eigenen Truppen um. Ritterlichkeit war kein Kriterium mehr, es zählten nur die numerische Differenz und das Ergebnis.
Zu welchen Zeiten ging man denn "menschlich" mit den eigenen Truppen um? Fast alle Kriege zeugen von einer unmenschlichen Behandlung des Soldaten, der nun mal auch nur Werkzeug zum Krieg führen war! Welchen Rücksichten wurden denn genommen? Vielleicht gab es Feldherren, die weitsichtig waren, erkannten, wann Marschpausen eingelegt werden mussten, aber das taten sie in der Regel doch nur, um die Kampfkraft der Truppen zu erhalten. Um das Leben des Soldaten oder eine Vermeidung unnötiger Plagen als persönliches Anliegen eines Befehlshabers ging es einer verschwindend geringer Zahl.

Ich denke nur die maschinengemachte Tötung schreckt uns heute mehr zurück, als die von Menschenhand. Dabei werden Maschinen (wie das MG) auch von Menschen gemacht und zum anderen stammt unsere höhere Anteilnahme einfach zumeist von der zeitlichen Nähe und der besseren Dokumentierung moderner, also zeitnaher Kriege.

Dass aus dem Menschen eine Tötungsmaschine gemacht wurde und wird ist für mich das erschreckenste. Wer das zu seiner Zeit vor seinen Gegner perfektioniert hat, hatte oft gewonnen, dass reicht vom Exerzieren der römischen Legionäre bis zum "Dressiren" der preußischen Musketiere im 7-jährigen (Welt-)Krieg.
 
Propaganda, also Medienkrieg gab es schon zuvor. Wenn ich da an den 30-jährigen Krieg denke und die Fliegenden Blätter dazu.

Ich meine, dass wir heute den "modernen Krieg" bereits hinter uns gelassen haben und in ein Zeitalter des "postmodernen Krieges" eingetreten sind.

Als charakteristisch für einen solchen sehe ich, dass die Propaganda die eigentlichen Kriegshandlungen nicht nur unterstützt, sonderen deren eigentlicher Zweck ist. Das Ziel ist die "Lufthoheit über die Wohnzimmer" an der - eigenen und gegnerischen - Heimatfront. Letzlich geht es darum, die Etiketten "gut" und "böse" in der gewünschen Weise zu verteilen und in den Köpfen zu fixieren, mit dem Ziel, die reale Machtverteilung in der umkämpften Region bzw. der Welt zu verschieben.

Interessant ist, dass hierbei echte Kriegshandlungen durch symbolische oder virtuelle ersetzt werden können. Wer die Bilder in den Köpfen formt, hat die Macht.
 
Ich finde, wir machen einen Fehler, wenn wir immer Einzelaspekte aufgreifen, die es bei Julius Caesar und Barbarossa schon gab. Es geht ja um die Abgrenzung zur Epoche davor, die scheinbar eine andere Art von Krieg sah, als die "Moderne".

Du kannst gerne der Auffassung sein, dass Kriegsherren ihre Truppen immer unmenschlich behandelten. Aber ich sehe dennoch einen gehörigen Unterschied zwischen Waterloo und Verdun. Wir können gerne die Berichte der Veteranen von Waterloo mit denen von Verdun vergleichen. Ich vermute, dass wir daraus leicht erkennen, was der Unterschied zwischen konventionellem/traditionellem Kriegserlebnis und dem Trauma des Frontalltags ist. Soldaten sind zum Kämpfen da, und manchmal auch zum Sterben. Aber nach Verdun waren sogar die meissten Überlebenden tot - oder wünschten es sich.

Auf 30km² 'verschwanden' etwa 100.000 bis 200.000 Menschen ("Vermisste"). Einfach weg - zerfetzt, verschüttet, pulverisiert. Täglich gingen 6.000 Soldaten über den Jordan.

Im Fort Vaux ging es besonders grausam zu:

Die Stellung R.1 im Vorfeld hielt immer noch gegen die Angriffe der Deutschen aus, konnte aber in die Kämpfe innerhalb des Forts nicht eingreifen. Um 22:00 Uhr wurde Capitaine Delvert, der seit 72 Stunden nicht mehr geschlafen hatte, die Ankunft einer Entsatzkompanie gemeldet, doch statt der angekündigten 170 Mann waren gerade 18 Soldaten dem deutschen Feuer entkommen, alle übrigen gefallen. Eine weitere Kompanie erreicht mit 25 Überlebenden um 23:00 Uhr die Stellung R.1.

Am Sonntag, dem 4. Juni hatten die Deutschen weitere 25 Meter des Haupttunnels erobert, Raynal jedoch alle weiteren Angriffe der Flammenwerfer mit Maschinengewehrfeuer zurückgeworfen. Die Franzosen hatten ihre Beobachtungsposten verloren und konnten nur noch auf einen kleinen Sehschlitz zurückgreifen, der ihnen den Blick ins Vorfeld erlaubte. Sie sahen die verzweifelten Versuche ihrer Kameraden, das Fort zu entsetzen, aber alle sechs Versuche des Tages wurden von den Deutschen zurückgeschlagen. Eine französische Kompanie ging in diesen Kämpfen völlig verloren: 22 Mann wurden gefangen genommen, 150 fielen, keiner kehrte zurück.

Man nenne mir eine Schlacht des 19.Jhdts., inder es auf beiden Seiten derartige Verlustquoten gab und die daraufhin nicht nach wenigen Tagen beendet wurde. 70%ige Ausfälle bevor man überhaupt das Schlachtfeld betreten hatte? Und das Tag für Tag? Über Monate?

Das ist in meinen Augen schon eine Kategorie für sich.
 
Ich meine, dass wir heute den "modernen Krieg" bereits hinter uns gelassen haben und in ein Zeitalter des "postmodernen Krieges" eingetreten sind.

Als charakteristisch für einen solchen sehe ich, dass die Propaganda die eigentlichen Kriegshandlungen nicht nur unterstützt, sonderen deren eigentlicher Zweck ist. Das Ziel ist die "Lufthoheit über die Wohnzimmer" an der - eigenen und gegnerischen - Heimatfront. Letzlich geht es darum, die Etiketten "gut" und "böse" in der gewünschen Weise zu verteilen und in den Köpfen zu fixieren, mit dem Ziel, die reale Machtverteilung in der umkämpften Region bzw. der Welt zu verschieben.

Interessant ist, dass hierbei echte Kriegshandlungen durch symbolische oder virtuelle ersetzt werden können. Wer die Bilder in den Köpfen formt, hat die Macht.
Nun das sehe ich nicht so. Das der Kampf um die Lufthoheit in den Wohnzimmern einen immer höheren Stellenwert besitzt, ist richtig. Den Grund dafür sehe ich in der Macht der Medien selbst, die diese gerade in westlichen Demokratien besitzen.
Die führenden Politiker sind darauf angewiesen eine Mehrheit ihres Volkes und im Rahmen der zunehmenden Globalisierung, sogar eine Mehrheit der informierten Weltbevölkerung hinter sich zu bekommen. Das einzige dafür zur Verfügung stehende Mittel, sind die Medien. Die Kriege an sich werden aber immer noch aus den selben Gründen geführt. In erster Linie geht es um die Aneignung von Ressourcen, manchmal auch um Militärstratigisch-geografische Erwägungen und seltener um innenpolitische Krisen, die durch einen Krieg behoben werden sollen oder zumindest durch einen Krieg, von diesen abgelenkt werden soll. Die Medien werden zu Hilfe genommen, um der Bevölkerung zu begründen, warum der Krieg notwendig und vorallem gerechtfertigt ist. Die Etikettierung mit "wir" sind die Guten und "die" sind die bösen, ist dabei ja fast selbstverständlich.
 
Die Etikettierung mit "wir" sind die Guten und "die" sind die bösen, ist dabei ja fast selbstverständlich.

Die Frage ist, ob eben dies der Zweck eines Krieges sein kann : Die Schaffung des Selbstbildes, dass "wir" die Guten sind.

Im derzeitigen Orient-Okzident-Konflikt ist genau das zu beobachten (*Vorsicht, Gegenwartsbezug*) :

Auf der einen Seite eine Großmacht, deren Einfluss zu einem wesentlichen Teil auf kultureller Identifikation (Hollywood) aufgebaut ist, auf der anderen eine Religion, die ihr gewaltiges Machtpotential wg. Uneinigkeit noch nicht entfaltet hat.

Für beide Seiten ist das individuelle und das kollektive Selbstbild, also die Vorstellung von der Beschaffenheit der Welt und ihrer jeweiligen Rolle darin ein Machtfaktor, um den es Krieg zu führen lohnt.
 
Ich gebe Pope hauptsächlich Recht. Man spricht beim 1. Weltkrieg von der Verlorenen Generation und Verdun ist nun einmal ein Meilenstein als Denkmal für die Sinnlosigkeit des Krieges.
Aber auf einen Aspekt möchte ich noch aufmerksam machen, was für uns vielleicht zur modernen Deffinition von Kriegen beiträgt. Heute werden die pychologisch gestraften Kämpfer ganz anders betrachtet. Die psychischen Wunden, von denen Pope auch spricht, wurden erstmals während des 1. Weltkrieges untersucht. Ich erinnere mich an eine sehr spannende Doku auf arte über einen französischen Soldaten, dessen Identität verloren gegangen war auf den Schlachtfeldern und der als Letzter noch in den 20igern seine Verwandten suchte, bzw. 1000de Menschen, die ihre Ehemänner und Söhne verloren hatten, in ihm ihren verlorenen Mann oder Sohn sehen wollten. Diese Vereinnahmung des Mannes für all die Leute steht sehr symbolisch für die Stimmung vieler Menschen nach dem 1. Weltkrieg. Das erste Mal wagte man sich daran, diese Schicksale auf zu arbeiten, machte man sich die Mühe, Familien etc. über die Presse ausfindig zu machen. Die Doku fand ich sehr ergreifend.

Das Phänomen der verschluckten unauffindbaren Soldaten erscheint im Falle des Russlandfeldzuges schon einmal. Erckmann/Chatrian beschreiben in "1813" sehr anschaulich die Familienangehörigen, welche sich vor den Aushängen und bei der Verlesung der Bulletins des Kaisers Napoleon in Pfalzburg drängen. Der Roman beruht auf Augenzeugenberichten und erstmals für mich, wird die Psyche und die Anspannung des Soldaten in der Schlacht und die Gefühle danach dargestellt. Beim Spanienfeldzug 1808-14 sind zwar die Verluste noch gravierender, wirken aber nicht so schlaglichtartig.
Allerdings wurde damals die Psyche der Soldaten nicht wie im 1.WK untersucht oder Statistiken über die gebrochenen Menschen erstellt.
Dass Truppen, die nicht an den Feind kamen, ich erinnere mich da an Szenen bei Leipzig 1813 (mit ungefähr einer halben Million Soldaten immerhin), wo Einheiten einfach von der Artillerie vernichtet wurden, war also nichts neues und muss um so schrecklicher für die beteiligten Kämpfer gewesen sein. Jedoch war hier die Ursache eventuell, dass man zu der Zeit mit so gewaltigen Massen umzugehen vielleicht noch nicht vertraut war...

Damit möchte ich sicherlich nicht den Schrecken von Gasangriffen und Trommelfeuer verharmlosen, ich glaube dafür kennt man mich gut genug.
Ich will auch zugeben, dass alle Einwände von mir ignorierend und trotz dieser mir die psychische Belastung während des WK1, weil es sich um eine dauerhafte handelte (Verharren im Graben über Tage unter Artilleriefeuer etc.) doch für noch gesteigerter als in allen vorigen Kriegen halte (obwohl Petersburg schon sehr hart war).
:grübel:
 
Zuletzt bearbeitet:
Verdun hat was den Zynismus des gedanklichen Ansatzes Falkenhayns angeht sicherlich eine neue Dimension der Kriegsführung eröffnet. Falkenhayn behauptet in seinen 1919 erschienenen Memoiren, er habe dem Kaiser bereits 1915 in einer Denkschrift das Konzept für die Offensive von Verdun dargelegt und zitiert daraus:

„Das zweifelhafte oder über unsere Kräfte gehende Mittel des Massendurchbruchs ist dazu nicht nötig. ... Hinter dem französischen Abschnitt der Westfront gibt es in Reichweite Ziele, für deren Behauptung die französische Führung gezwungen ist, den letzten Mann einzusetzen. Tut sie es, so werden sich Frankreichs Kräfte verbluten, da es ein Ausweichen nicht gibt, gleichgültig, ob wir das Ziel erreichen oder nicht. Tut sie es nicht und fällt das Ziel in unsere Hände, dann wird die moralische Wirkung in Frankreich ungeheuer sein. ...".
Das Original dieser Denkschrift ist allerdings bis heute nicht gefunden worden.

Es ist ja bekannt, dass Falkenhayn bereits nach der verlorenen Marne-Schlacht einen militärischen Sieg in diesem Krieg nicht mehr für möglich hielt. Selbst Russland glaubte er nicht besiegen zu können und verbot deshalb ja Hindenburg und Ludendorff eine groß angelegte Umfassungsschlacht im Norden und Süden der Ostfront zur Einkesselung der russischen Armee nach dem Muster von Tannenberg, was das Verhältnis zwischen Hindenburg und Falkenhayn bis zu Falkenhayns Tod 1922 zerrüttete.

Der Soldat spielt in Falkenhayns Konzept für Verdun nur noch die Rolle einer statistischen Größe. Er rechnete, dass bei einem Verlustverhältnis von 5 Franzosen auf 2 Deutsche Frankreich in einem überschaubaren Zeitraum Verluste in einer Größenordnung erleiden würde, die eine Beendigung des Krieges notwendig machen würden. Bezeichnend ist ja schon der Deckname für die Offensive „Operation Gericht“. Eine solche Situation in Frankreich hätte nach Falkenhayns Einschätzung auch England friedensbereit gemacht. Deutschland aber würde angesichts des Verhältnisses 5:2 und der großen Bevölkerungszahl die Verluste verkraften können.

Man muss allerdings berücksichtigen, dass Falkenhayns Konzept strategischer Natur war und auf die baldige Beendigung des Krieges durch eine einzige Schlacht zielte.

Es scheiterte letztlich im taktischen Bereich. Der massierte Artillerieeinsatz brachte nicht die erhofften Erfolge, und im Sommer erkannte man, dass die deutschen Reserven schneller verbraucht sein würden, als ein Zusammenbruch Frankreichs würde erreicht werden können. Außerdem mussten die deutschen Truppen vor Verdun reduziert werden, um die kuk Monarchie zu stützen als bei der Brussilow-Offensive der Widerstand der Armee auf fast 80 km Breite zusammenbrach. Nach der Ablösung Falkenhayns durch Hindenburg und Ludendorff wurde zwar die Offensive beendet, aber die vorderen Stellungen, die nur sehr schwer zu verteidigen waren, wurden beibehalten und die Kämpfe gingen weiter; nach der französischen Gegenoffensive stand die Front Ende Dezember 1916 wieder etwa an der gleichen Stelle wie im Frühjahr. Beide Länder, Deutschland wie Frankreich hatten etwa 350.000 Tote verloren, zu ungefähr gleichen Teilen. Genaues weiß niemand.

Ein so bedenkenloser Umgang mit dem Leben der Soldaten wie ihn Falkenhayn praktiziert hat, als Element einer rein statistischen Betrachtung, das war schon eine neue Dimension.
 
Die psychischen Wunden, von denen Pope auch spricht, wurden erstmals während des 1. Weltkrieges untersucht.
[...]
Das Phänomen der verschluckten unauffindbaren Soldaten erscheint im Falle des Russlandfeldzuges schon einmal. Erckmann/Chatrian beschreiben in "1813" sehr anschaulich die Familienangehörigen, welche sich vor den Aushängen und bei der Verlesung der Bulletins des Kaisers Napoleon in Pfalzburg drängen.

Beim Russlandfeldzug war aber jedem klar, dass Napoleon verloren hatte. Es konnte ja nichts darüber hinwegtäuschen, dass er seine Truppen in eine Katastrophe geführt hatte. Und die Russen wussten, wofür sie Moskau niedergebrannt hatten.

Nach Verdun wusste man ja nichteinmal, was man eigentlich zu gewinnen gehofft hatte. Geschweige denn, wer überhaupt gewonnen hat.

[EDIT: kwschaefers ausführlichem Bericht der Strategie Falkenhayns gibt es nichts hinzuzufügen]
 
Zuletzt bearbeitet:
obwohl Petersburg schon sehr hart war).
:grübel:

Es gab auch noch eine andere Nähe von Petersburg und Verdun.

Beiden Parteien war seit Beginn des Krieges zwischen den Staaten klar, dass der Verlust von Richmond für die Konföderation den Verlust des Krieges bedeuten würde.
Dementsprechemd veruchte McClellan dann ja bereits 1862 vom Potomac aus, eine Belagerung einzuleiten, bis Lee ihn in der Seven-Days-Battle aus Virginia verdrängte.
Der Vorstoß Grants, der wegen der leichteren Logistik den James River aufwärts erfolgte, konnte nur nach der Einnahme von Petersburg auf Richmond weitergeführt werden. So wurde der lange Stellungskrieg vor Petersburg letztlich zu einer gewissen Entsprechung der Situation: Was Verdun für Frankreich war, war Petersburg für die Konföderation.
Und als Lee 1865 die Stellungen vor Petersburg räumen musste, war der Krieg binnen weniger Tage beendet.
 
Mir ging es um historische Bilder, wie der Vernichtung ganzer Einheiten in kürzester Zeit, nicht um den Sinn eines Kampfes, wobei der Vergleich Russlandfeldzug <-> Verdun ja hinken muss, eines war ein Feldzug, das andere eine Schlacht, wenn auch eine zeitlich lange, so doch örtlich gebunden.

Russland 1812 und 1942 wird ja gern als Symbole einer völlig überzogenen, bis zum Zerreißen (und eben darüber hinaus) gespannten Kriegspoiltik gesehen, wobei ich diesen Vergleich für wenig aufschlussreich halte. Dann wäre der Vorstoß Karl XII. bis zur schwedischen Katastrophe von Poltawa ebenso zu benennen... Das soll bloß ein kleiner Abstecher in andere Herangehensweisen an das Thema sein, die ich aber keineswegs favoriere.

Wäre Petersburg ebenso ergebnislos verlaufen wie Wilderness und hätte nicht ein Grant an der Spitze der Truppen des Nordens gestanden, der die hohen Verluste und die de Facto Niederlage einfach nicht akzeptiert hat und den Willen einfach weiter zu marschieren, dann hätte Petersburg auch ein Verdun (sicherlich anderer Dimension) sein können, nämlich als ein sinnloses und ergebnisloses Töten.

In der Dimension und dem Charakter ist der 1. WK sicherlich unvergleichlich mit früheren Kriegen. Die Dimensionen des Krieges werden stets von der Bereitschaft zu Verlusten und der Skrupellosigkeit der Führung und weiteren Faktoren bestimmt, das ist sehr wahr.

Ich habe nur ein par Parallelen gesucht und wie ich hoffe auch gefunden.

Eine Gegenüberstellung von, meinetwegen Borodino und Verdun, mag zwar militärhistorisch interessant sein, würde aber nicht in dem Thema weiter führen. Dessen bin ich mir klar. In dieser Hinsicht waren meine Anmerkungen also nicht gedacht. Demnach müssen sie nicht weiter angefochten werden, da somit ja Aussagen oder Vergleiche angefochten würden, die ich nicht in der Form zog oder meinte.
Ich hoffe, ich verwirrte jetzt nicht. Es war zumindest nicht meine Absicht.
:rotwerd:
 
Zurück
Oben