Die Darstellung der Mondsichelmadonna

SRuehlow

Mitglied
Ich habe mich historisch-kritisch mit einer Mariendarstellung auseinander gesetzt und wollte die Ergebnisse kurz einstellen. Jeder wird eine solche Darstellung schon mal gesehen haben.

Textstelle: Offenbarung des Johannes (12,1):
Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und eine Krone von zwölf Sternen auf ihrem Haupt.

Die Darstellung ist in der Kath. Kirche als regina coeli bekannt, als Königin des Himmels. Man nennt sie auch apokalypthische Madonna oder Madonna im Strahlenkranz.
Religionsgeschichtlich reichen ihre Wurzeln auf den Isis-Astralkult zurück. Die antike frühchristl. Kirche deutete die Sterne auf ihrem Haupt als die zwölf Tierkreiszeichen, die Sonnenkleidung als Christus und den Mond als Zeichen für die Vergänglichkeit der Welt. Luther und die Ostkirchen deuten in der Frau auch die Kirche als Institution. Der Mond wird auch häufig als Venus verstanden, der ja die Bedeutung der Fruchtbarkeit gleichkommt.
Darstellungen dieser Mondsichelmadonna findet man in unterschiedlichsten Darstellungen zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert. Der Mond stellt eine Art Thron dar, der den Universilitätsanspruch Mariens auf das Universum verdeutlichen könnte. Daher finden sich in den Darstellungen auch häufig Zepter und Krone wieder.

Seinen Höhepunkt erreicht aber diese Verbildlichung der Johannesoffenbarung im 17. Jahrhundert zur Zeiten der Türkenkriege. Der Mond wird dann ganz anderes interpretiert. Maria als Kirche und Abendland siegt über die Osmanen, sprich dem Islam. Ab da verschwindet der Mond/die Mondsichel und eine Schlage oder abgetrennte Köpfe werden dagegen ersetzt.
Besonders große Verbreitung fand diese Figur in Bayern und Österreich.
 

Anhänge

  • thronendeMadonna250.jpg
    thronendeMadonna250.jpg
    29,6 KB · Aufrufe: 2.190
Ich habe mich historisch-kritisch mit einer Mariendarstellung auseinander gesetzt und wollte die Ergebnisse kurz einstellen.


Mit deinen Ergebnissen habe ich Probleme. Sicher verfügst du über reichhaltige Literaturangaben zur Marienikonographie, vielleicht wird dann manches verständlich.
 
Wollte heute morgen auch eine andere Mariendarstellung anhängen, da ich einen anonymen Stern bekommen habe, aber kann keine Darstellungen mehr hochladen, da die Seite immer wieder Fehlermeldungen hergibt.

Hier eine kleine Auswahl der Bücher, die ich benutzt habe:
Bertholet: Wörterbuch der Religionen
Schreiner: Maria, Leben, Legenden, Symbole
Demurger: Die Ritter des Herrn
Oxford-Lexikon der Religionen
Encyclopedia of Religions
 
Zuletzt bearbeitet:
Was meinst du? Isis als Himmelmutter im Strahlenkranz auf Mondsichel? schau u.a. bei Apuleius *der gld. Esel*

oder forsche unter Sirius und Nilschwelle
 
Um nochmal auf die Sterne und den Mond zurück zu kommen. Ich hatte im ersten Tread geschrieben, dass es sich vermutlich um einen Isis-Astralkult handelte. Was ist jedoch ein Astralkult? Astral kommt aus dem griechischen und heißt übersetzt Stern. Sternenkult oder -religion könnte man auch sagen. Sternendeutung spielte in der ägyptischen, griechischen und römischen Religion eine große Rolle, da man Sternenkunde betrieb um Vorhersagen zu treffen. Man glaubte, dass die Götter mit Hilfe der Sterne Nachrichten für die Menschen hinterlassen. Daraus entstanden verschiedene Astralmythen, zu denen man den Isis-Kult ohne weiteres zählen kann. Gottesdienste wurden für die Gestirne iniziiert, um die Botschaft der Götter den normal Sterblichen zu verkünden. Die Sternen kann man jedoch auch als 12 Stämme Israels zu interpretieren, aber welcher Zusammenhang besteht zwischen jüdischem Marienverständnis und der christlichen Darstellung? Die Juden haben keinerlei Marienverehrung oder Verehrung einer göttlichen Gestalt, wie es ein Großteil der Christen kennt. Zudem ist die Mondsichelmaria ja eine mittelalterliche Darstellung.

Ich habe meine Recherchen noch mal auf den Mond und den Sternenkranz ausgedehnt und eine interessante Paralelle zwischen dem ägyptischen Isiskult und dieser Mariendarstellung gefunden. Durch die Aufnahme des Isiskultes in die griechische und vorallem römische Götterwelt, verbreitete sich diese Religion im ganzen römischen Reich. Seinen Kult kann man bis ins 6. Jahrhundert auf rheinischem Gebiet nachweisen.
Isis wurde unter anderem als Königin der Gestirne verehrt, die diese in eine Ordnung bringt. Es gibt so genannte Aretalogien, Verzeichnisse von Wundertaten, die im Gottesdienst vorgetragen wurden. Da heißt es zum Beipiel [...] Ich bin es, die im Sternbild des Hund aufgeht[...] (Isis-Aretalogie von Kyme).
Der Isis-Kult erreichte im römischen Reich seinen Höhepunkt im 3. nachchristlichen Jahrhundert. Eine ebenso weitverbreitete Darstellung war die Isis Lactans, einer thronenden, sitzenden Isis-Darstellung, mit dem Horus-Knaben auf den Beinen. Diese Darstllungen finden sich besonder häufig im 5. und 6. Jahrhundert. Im römisch-germansichen Raum kann man eine Verschmelzung der Marien- und Isis-Darstellung vermuten. Nachdem die Missionierung des Christentums in Europa fortgeschritten war, vermischte sich die Isis-Darstellung vermutlich um, indem man sie durch Maria ersetzte. Somit fand ein Synkretismus statt.


<!-- start: postbit_signature -->
 
Aber nicht im Zusammenhang mit Marienikonographie.
Ich finds grad auch nicht :S War auf jeden Fall im Zusammenhang mit der beschreibung der apokalyptischen Frau und den Parallelen zu einer Isis-Darstellung. Hab jetzt auf jeden Fall mal gegoogelt und das gefunden. (schon mal viel Spaß beim Lesen)
 
Danke, den Spaß habe ich mir gegönnt. Immerhin wurde mir erneut deutlich, daß ikonographisch neben der Apokalypse auch Genesis 3, 15 herangezogen werden kann:
Feindschaft setze ich zwischen dich und die Frau, / zwischen deinen Nachwuchs und ihren Nachwuchs. / Er trifft dich am Kopf / und du triffst ihn an der Ferse.

Das trifft die nachtridentinischen Mariendarstellungen wohl eher.
Vgl. eine Madonna Immaculata, Altkastilien um 1680:

http://www.metzdebenito.com/product_de.php?bestnr=89
 

Anhänge

  • altkastilien.jpg
    altkastilien.jpg
    93,9 KB · Aufrufe: 710
Ich erinnere mich. dass sich die mittelalterlichen Mondsichelmadonnen auf den Sieg über den Islam bezogen. Ich weiß aber nicht mehr, woher ich das habe.
 
Seit uralten Zeiten war der Mond als religiöses Symbol mit Frauen verbunden. Die Entsprechung des Mondzyklus und des Menstruationszyklus der Frau wie der Wechsel der Mondphasen führten schon früh zu einer religiösen Deutung und Funktion des Mondes, wie er im "Mondkult" verschiedener Völker sichbar wird. Der Mond stand in Beziehung zur - primär weiblich gedachten - göttlichen Fruchtbarkeit des Lebens und - wegen seines Verschwindens während dreier Nächte - zu dem Geheimnis von Werden und Vergehen bzw. Tod und Wiedergeburt.​

In den frühen Hochkulturen gewannen Mondgottheiten eine große Bedeutung. So ist die sumerische Inanna, die Schutzgöttin der Stadt Uruk, die Tochter des Mondgottes und zuweilen die Mondgöttin selbst. Dazu passt, dass sie zugleich auch Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit ist. In hellenistischer Zeit wird Isis oft auf einem Halbmond stehend abgebildet, auf anderen Darstellungen hält sie den Horus-Knaben im Arm.​

Vielfach ist man heute der Meinung, dass diese Art der Darstellung über die Antike hinweg mit der christlichen Muttergottes verbunden wurde, die in nahezu identischer Haltung und Gestalt mit dem Jesuskind oder aber auch als Mondsichel-Madonna unzählige Male als Plastik oder Gemälde dargestellt wird..​

Der ursprünglich dahinter stehende Sinn war, dass solche Mondgöttinnen die Frauen in der Zeit der Menstruation und Geburt schützten, wie z.B. auch die griechische Mondgöttin Selene. Phasen des Neumonds galten oft als "heilige Zeiten", in denen Fruchtbarkeitsfeste oder Sühnefeiern begangen wurden und Mantikerinnen oder Schamanen das Schicksal der Menschen erkundeten.​

Es lässt sich also in der Tat eine lange Traditionslinie verfolgen, die den Mond oder die Mondsichel mit der Frau verbindet, und spätestens in der Frühgeschichte und Antike fassbar wird. Man kann aber durchaus der Meinung sein, dass diese Tradition ins Neolithikum oder sogar ins Paläolithikum zurückreicht. Man denke nur an das Relief mit der "Frau von Laussel", das in Laussel/Südfrankreich vor dem Eingang zu einer Höhle entdeckt wurde, und etwa 20 000 Jahre alt ist. Die 50 cm große Frauenfigur trägt in der rechten Hand ein Mondhorn, das mit 13 senkrechten Einkerbungen versehen ist.​
 
Zuletzt bearbeitet:


Es lässt sich also in der Tat eine lange Traditionslinie verfolgen, die den Mond oder die Mondsichel mit der Frau verbindet, ]​



Eine weitere interessante Linie : "Schinkel, Goethe und die Königin der Nacht.......":rolleyes:

" Die Königin der Nacht verweist beidemale auf Maria, da ab
dem 12. Jahrhundert eine Gleichsetzung der Apokalyptischen Frau mit der Messias-mutter erfolgt und im Marienbildtypus der Mondsichelmadonna Ausdruck fand. Die ekklesiologische Deutung der Apokalyptischen Frau als Maria ist tradiert, und die Ineinssetzung von Muttergottes und Apokalyptischer Frau fand wahrscheinlich zum
erstenmal in Herrad von Landsbergs Hortus deliciarum ..............."

etwas viel zu lesen, aber doch interessant : ( Zitat Seite 9 im folgenden Link))

http://209.85.135.104/search?q=cach...l=de&ct=clnk&cd=2&lr=lang_de&client=firefox-a
 
Etwas viel Spekulation besonders was Herrad von Landsbergs Hortus deliciarum betrifft.

Wir sind bei der Ikonographie.
Wer bringt ein Bild?
Ich bin da auch noch auf der Suche.
 
Ich habe mal eine Staue der Ischtar gesehen, Sie stand auch auf einer Mondsichel und hielt Sterne in der hand.
 
Ich habe mal eine Staue der Ischtar gesehen, Sie stand auch auf einer Mondsichel und hielt Sterne in der hand.

Ja, das sind genau die Skulpturen, die oben bereits angesprochen wurden. Stellt man eine Mondsichel-Madonna daneben, wie es sie zu Tausenden gibt, so erkennt man eine verblüffende Identität. Theologen geben so etwas aber nur mit schmerzverzerrtem Gesicht zu - wenn überhaupt. Dennoch besteht eine derartige Übertragung unzweifelhaft.
 
Etwas viel Spekulation besonders was Herrad von Landsbergs Hortus deliciarum betrifft.

Wir sind bei der Ikonographie.
Wer bringt ein Bild?
Ich bin da auch noch auf der Suche.


Was H. von Landsberg angeht ,wird hier Bezug genommen - z.B. :
Wörterbuch der christl. Ikonographie, Verlag Schnell+Steiner
E. Seeliger ; "Beitrag zur Ikonographie der apokalyptischen Gottesmutter " Phil. Dissertation, Göttingen 1965
L.Berger, Berlin: "Die Himmelskönigin in der Kunst des MA."




Hier mal ein Beispiel einer Isis-Darstellung als Vorbild unserer Maria lactans.

http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.unifr.ch/patr/grecque/images/isis-maria.jpg&imgrefurl=http://www.unifr.ch/patr/grecque/horus.php&h=305&w=383&sz=26&hl=de&start=2&tbnid=O9DFcllZ1ghy8M:&tbnh=98&tbnw=123&prev=/images%3Fq%3Disis%2Bund%2Bmaria%26svnum%3D10%26hl%3Dde%26lr%3D%26client%3Dfirefox-a%26channel%3Ds%26rls%3Dorg.mozilla:de:eek:fficial%26sa%3DG
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, das sind genau die Skulpturen, die oben bereits angesprochen wurden. Stellt man eine Mondsichel-Madonna daneben, wie es sie zu Tausenden gibt, so erkennt man eine verblüffende Identität. Theologen geben so etwas aber nur mit schmerzverzerrtem Gesicht zu - wenn überhaupt. Dennoch besteht eine derartige Übertragung unzweifelhaft.


Das ist nun eindeutig falsch. Nicht die Mondsichel-Madonna stand hier Pate, sondern, Arcimboldo hat es gefunden, die Maria lactans oder Mater lactans. Da verzerrt auch kein Theologe schmerzverzerrt sein Gesicht, das findet sich in jedem Lexikon, allerdings nicht unter dem Stichwort Mondsichel-Madonna.

Wer ändert Wikipedia?
http://de.wikipedia.org/wiki/Mondsichelmadonna
 
Zurück
Oben