Pope
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Was ist eigentlich ein Volk?
Aus Wikipedia: Ethnogenese
Ich denke, dieses Zitat verdeutlicht, vor welchem Problem wir im Forum oft stehen: Worüber reden wir eigentlich, wenn wir von Völkern reden?
Nehmen wir die Germanen, Pelasger, Slawen, "Seevölker" oder Kelten. Sie selbst haben uns leider nicht verraten, wer sie waren und als was sie sich selber sahen. Uns bleibt die Beschreibung Aussenstehender, welche nicht immer unvoreingenommen gewesen sind.
Um die Sache noch komplizierter zu machen, beschreiben diese Exonyme mal eine (von Aussen vermutete) Sprachgemeinschaft, mal die Bewohner eines Landstriches und mal wiederum einen "rassischen" Menschentyp, mal Menschen einer (wieder von Aussen vermuteten) materiellen oder kulturellen Verwandtschaft.
Wenn wir nun "Volk" neuerdings hauptsächlich als Gemeinschaft mit dem Merkmal des subjektive Zugehörigkeitsempfindens definieren, dann stellt sich die Frage, inwiefern und in welcher Form sich die Menschen damals als Kollektiv verstanden.
Wir wissen es zwar nicht, aber wir können Vermutungen anstellen. Einige definierende oder "bekennde" Merkmale will ich aufzeigen:
Verwandschaft (Familie, Clan, mythische Abstammung)
"Rasse" (körperliche Merkmale)
Sprache
Kultur (Kleidung, Lebensweise, Technologie, Bräuche, Gesetze, Glaube,...)
Lebensraum (Nachbarschaft)
Welche sind die "volksbildenden" Merkmale? Welche wiegen mehr als andere? Sicherlich etwa die Sprache. Oder gibt es Völker, die sich trotz unterschiedlicher Sprachen zur ethnischen Einheit bekennen?
Völker lassen sich auch als organische Netzwerke betrachten. Sie wachsen, verschmelzen, schrumpfen, teilen sich. Sie stehen untereinander stärker in Verbindung (setzt eine Kommunikation voraus), als nach Aussen. Das ist natürlich eine deskriptiver Zirkelschluss. Aber Kommunikation und Interaktion ist nun mal Grundvoraussetzung für jede Gemeinschaft. Reisst die Interaktion ab, kann mittel- bis langfristig kaum mehr von einem Volk gesprochen werden.
(War Ostdeutschland auf dem Weg ein neues Volk zu begründen? Sind Österreicher, Deutschschweizer und Deutschluxemburger schon dort angelangt, oder finden sie langsam via Europa, Tourismus und Mediengesellschaft wieder zurück zum deutschen Volk???)
Ich habe jetzt zwei Faktoren beschrieben, die ich für wichtig halte. 1. die Ähnlichkeit und Verbundenheit via assoziative Merkmale. 2. der Grad der Kommunikation und Interaktion. Ein weiterer Faktor soll nicht unbeachtet gelassen werden:
3. der Druck von Aussen. Eroberung, Kolonialisation, Verdrängung, Naturkatastrophen, usw.. Viele Völker sind nur deshalb entstanden, weil ihnen die Zusammengehörigkeit von externen Kräften auferlegt wurde. Jüngstes Beispiel sind die "Coloureds" in Südafrika.
Was soll nun dieser Thread?
Ich möchte gerne sehen, dass hier differenzierter über Pauschalbegriffe geredet wird. Insbesondere die Suche nach dem "Germanischen", "Slawischen", usw. usw. DARF sich nicht auf genetische oder linguistische Merkmale beschränken, weil es einfach dem doch faszinierenden Prozess der Ethnogenese keine Rechnung trägt. Wir müssen daher zumindest die Komplexität der Frage im Hinterkopf behalten und uns mit Pauschalurteilen zurückhalten.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Kommentare?
Aus Wikipedia: Ethnogenese
„Völker sind aber Abstraktionen, deren scheinbare Evidenz auf ganz wenigen Merkmalen aus der Vielfalt menschlicher Lebensformen beruht.“ So Walter Pohl. Schon Max Weber sprach explizit vom „subjektiven Glauben an eine Abstammungsgemeinschaft“, der ein Volk ausmache.
Ich denke, dieses Zitat verdeutlicht, vor welchem Problem wir im Forum oft stehen: Worüber reden wir eigentlich, wenn wir von Völkern reden?
Nehmen wir die Germanen, Pelasger, Slawen, "Seevölker" oder Kelten. Sie selbst haben uns leider nicht verraten, wer sie waren und als was sie sich selber sahen. Uns bleibt die Beschreibung Aussenstehender, welche nicht immer unvoreingenommen gewesen sind.
Um die Sache noch komplizierter zu machen, beschreiben diese Exonyme mal eine (von Aussen vermutete) Sprachgemeinschaft, mal die Bewohner eines Landstriches und mal wiederum einen "rassischen" Menschentyp, mal Menschen einer (wieder von Aussen vermuteten) materiellen oder kulturellen Verwandtschaft.
Wenn wir nun "Volk" neuerdings hauptsächlich als Gemeinschaft mit dem Merkmal des subjektive Zugehörigkeitsempfindens definieren, dann stellt sich die Frage, inwiefern und in welcher Form sich die Menschen damals als Kollektiv verstanden.
Wir wissen es zwar nicht, aber wir können Vermutungen anstellen. Einige definierende oder "bekennde" Merkmale will ich aufzeigen:
Verwandschaft (Familie, Clan, mythische Abstammung)
"Rasse" (körperliche Merkmale)
Sprache
Kultur (Kleidung, Lebensweise, Technologie, Bräuche, Gesetze, Glaube,...)
Lebensraum (Nachbarschaft)
Welche sind die "volksbildenden" Merkmale? Welche wiegen mehr als andere? Sicherlich etwa die Sprache. Oder gibt es Völker, die sich trotz unterschiedlicher Sprachen zur ethnischen Einheit bekennen?
Völker lassen sich auch als organische Netzwerke betrachten. Sie wachsen, verschmelzen, schrumpfen, teilen sich. Sie stehen untereinander stärker in Verbindung (setzt eine Kommunikation voraus), als nach Aussen. Das ist natürlich eine deskriptiver Zirkelschluss. Aber Kommunikation und Interaktion ist nun mal Grundvoraussetzung für jede Gemeinschaft. Reisst die Interaktion ab, kann mittel- bis langfristig kaum mehr von einem Volk gesprochen werden.
(War Ostdeutschland auf dem Weg ein neues Volk zu begründen? Sind Österreicher, Deutschschweizer und Deutschluxemburger schon dort angelangt, oder finden sie langsam via Europa, Tourismus und Mediengesellschaft wieder zurück zum deutschen Volk???)
Ich habe jetzt zwei Faktoren beschrieben, die ich für wichtig halte. 1. die Ähnlichkeit und Verbundenheit via assoziative Merkmale. 2. der Grad der Kommunikation und Interaktion. Ein weiterer Faktor soll nicht unbeachtet gelassen werden:
3. der Druck von Aussen. Eroberung, Kolonialisation, Verdrängung, Naturkatastrophen, usw.. Viele Völker sind nur deshalb entstanden, weil ihnen die Zusammengehörigkeit von externen Kräften auferlegt wurde. Jüngstes Beispiel sind die "Coloureds" in Südafrika.
Was soll nun dieser Thread?
Ich möchte gerne sehen, dass hier differenzierter über Pauschalbegriffe geredet wird. Insbesondere die Suche nach dem "Germanischen", "Slawischen", usw. usw. DARF sich nicht auf genetische oder linguistische Merkmale beschränken, weil es einfach dem doch faszinierenden Prozess der Ethnogenese keine Rechnung trägt. Wir müssen daher zumindest die Komplexität der Frage im Hinterkopf behalten und uns mit Pauschalurteilen zurückhalten.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
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