Troiamythus

gregory

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Fredegar bringt die Troianer als Ahnherren der Franken ins Spiel

Dieser Mythos trägt auch zum Franzosischen Nationalbewußtwerden im 100 Jährigen Krieg bei.
 
Fredegar bringt die Troianer als Ahnherren der Franken ins Spiel.

Ja, und unabhängig von ihm tut dies auch der Autor der Liber Historiae Francorum bzw. Gesta Francorum.

Dieser Mythos trägt auch zum Franzosischen Nationalbewußtwerden im 100 Jährigen Krieg bei.

Dies ist eine interessante These, wobei es schön wäre, wenn Du auch noch eine Begründung für uns hättest, welche diese These stützt...
 
allgemeine Literatur zum Troiamythus:

Eugen Ewig:Troiamythus und fränkische Frühgeschichte in " Die franken....
bis zur "Schlacht bei Zülpich " " hrsg. v. Diter Geuenich,1998

Im 100 Jährigen Krieg stellte die gewähnte Abstammung der Franken von den Troianern eine Quelle für das sebstbewußtsein der (west)fränkischen Ritter dar

Man sah sich darob als höherwertig an.

Gelesen habe ich dies in einem Opus von Gerd Klaus kaltenbrunner
 
eine mythische Parallelle zwischen der sagenhaften Herkunft der
troianischen und der merowingischen Könige ist Ihre Abstammung
von einem Meerwesen

Die dardanischen Könige leiteten sich von der Pleiadin Elektra ( " bernstein") ab

Im 19 Jhdt nannten britische historiker die troianer noch "atlanteans"
Die Pleiaden sind die Töchter des Titanen atlas
 
Vielleicht ist in dem Mythos realgeschichtlich eine Herkunft der Troianer
von Jenseits des Atlagebirges chiffriert

Vorsicht: Dies ist meine ganz eigene Interpretation
wissenschaftliche Quellen zu dieser vagen Vermutung kann ich nicht angeben
 
allgemeine Literatur zum Troiamythus:

Eugen Ewig:Troiamythus und fränkische Frühgeschichte in " Die franken....
bis zur "Schlacht bei Zülpich " " hrsg. v. Diter Geuenich,1998

Ist mir zumindest namentlich als Werk bekannt; aber mW thematisiert Eugen Ewig allerdings lediglich jene legendäre Herkunft, welche in den von mir zuvor genannten Quellen postuliert wird.

Im 100 Jährigen Krieg stellte die gewähnte Abstammung der Franken von den Troianern eine Quelle für das sebstbewußtsein der (west)fränkischen Ritter dar

Man sah sich darob als höherwertig an.

Gelesen habe ich dies in einem Opus von Gerd Klaus kaltenbrunner

Dachte ich mir, daß es aus der Richtung kommt; Herr Kaltenbrunner schrieb ja bis in die 90er häufig Arbeiten zum Nationalbewußtsein verschiedener Nationen. Vgl. dazu auch Gerd-Klaus Kaltenbrunner - Wikipedia
Meine vorherige Bitte bezüglich Begründung bezog sich jedoch darauf, womit dies belegt wird bzw. welche Argumentation dahinter steht... :fs:

eine mythische Parallelle zwischen der sagenhaften Herkunft der troianischen und der merowingischen Könige ist Ihre Abstammung von einem Meerwesen

Bekannt; diese sagenhafte Abstammung hatten wir hier schon in einem Thread zu den Merowingern ausfürhlich dargelegt.

Die dardanischen Könige leiteten sich von der Pleiadin Elektra ( " bernstein") ab

Im 19 Jhdt nannten britische historiker die troianer noch "atlanteans"
Die Pleiaden sind die Töchter des Titanen atlas

Nun sind allerdings Sichtweisen und Nomenklaturen, welche Historiker des 19. Jh. verwendeten, meist nicht mehr ganz aktuell.

Vielleicht ist in dem Mythos realgeschichtlich eine Herkunft der Troianer von Jenseits des Atlagebirges chiffriert...

Vielleicht, vielleicht aber auch nicht - spekulieren kann man viel und tagelang...

Dies ist meine ganz eigene Interpretation
wissenschaftliche Quellen zu dieser vagen Vermutung kann ich nicht angeben

Es wäre aber schon hilfreich, Quellen dazu anzugeben oder zumindest eine halbwegs fundierte Argumentation abzuliefern, ansonsten ist es eben nicht mehr als wilde Spekulation, bei der dann alle esoterischen Register gezogen werden dürfen, während alles, was nicht dazu paßt, ignoriert wird.
Dies ist hier jedoch nicht üblich, denn wir sind schließlich ein Geschichtsforum und kein Forum für esoterische Theorien o. dgl.

PS: Noch eine Bitte - anstatt drei Beiträge kurz nacheinander zu verfassen, ist es zumeist günstiger, einen Beitrag zu schreiben bzw. den Beitrag nochmals via der Schaltfläche "Ändern" nachzubearbeiten...
 
Danke lieber Thimotheus,

Ich wußte nicht, dass wir uns in einem streng aka äh anämischem
Forum befinden.

In einem alten Beitrag belehrst Du das virtuelle Auditorium, dass
Reims die erste Hauptstadt des Frankenreiches gewesen wäre.

Ich dachte immer es wäre Doornik ( franz. Tournai ) gewesen.

Aber nun weiß ich es ja besser

Apropos " wilde Spekulationen": ein gewisser Heinrich Schliemann
hat aufgrund eines mythus´ ( in deiner Terminologie " wilde Spekulation"
eine Stadt Namens Troia ausgegraben, zu allem Überfluß war der Dilettant auch noch nicht studiert)

Guts Nächtle

Gregor
 
Für die Richtung ist der Wiki-Artikel inkompetent (vgl. die Hinweise auf der Diskussionsseite).

Berechtigter Einwand - akzeptiert.
Ich hätte aber unabhängig davon dennoch gern eine Begründung für die eingangs genannte These gehabt...

In einem alten Beitrag belehrst Du das virtuelle Auditorium, dass
Reims die erste Hauptstadt des Frankenreiches gewesen wäre.

Ich dachte immer es wäre Doornik ( franz. Tournai ) gewesen.

Ich habe dort niemanden belehrt, sondern hatte lediglich versucht, die Frage eines Gastes zu beantworten.
Wenn Du in dem Thread übrigens noch einmal genau nachliest, wirst Du unschwer erkennen, daß ich mich dabei explizit auf den Zustand ab 510/511(!) bezogen hatte.
Daß für die Zeit vorher Tournai als erste Hauptstadt anzusehen ist, wurde übrigens dort auch sogleich ergänzt bzw. richtig gestellt.
Anm.: Zudem hatte ich dort ebenso deutlich gemacht, daß diese erste Antwort auf die Anfrage eine "vereinfachte Abhandlung" war...

Apropos " wilde Spekulationen": ein gewisser Heinrich Schliemann
hat aufgrund eines mythus´ ( in deiner Terminologie " wilde Spekulation"
eine Stadt Namens Troia ausgegraben, zu allem Überfluß war der Dilettant auch noch nicht studiert)

Wo setze ich denn bitte schön "Mythos" und "wilde Spekulation" gleich?
Bitte unterstelle mir doch keine Dinge, die ich nicht geschrieben habe bzw. verdrehe doch bitte nicht meine Aussagen.

Was den Vergleich mit Schliemann betrifft, so hat er eben durch seine Arbeit eindeutig beweisen können, daß Troja nicht einfach nur ein mythischer Ort ist, sondern real.
Und so hätte ich eben - und übrigens befinden wir uns da, nebenbei gesagt, auf einer anderen Ebene - eine Begründung/Argumentation, warum denn der Abstammungsmythos der Merowinger Quelle für das erwachende Nationalbewußtsein der französischen Ritterschaft im Hundertjährigen Krieg war. Um es auf den Punkt zu bringen: der Abstammungsmythos der Merowinger ist ein Faktum, welches Fredegar etc. geschaffen haben. Mir fehlt nur der Bezug zur spätmittelalterlichen französischen Ritterschaft bzw. ihrem erwachenden Nationalbewußtsein. Und dafür versuche ich von Dir seit einigen Beiträgen bereits eine Begründung zu erbitten - nicht mehr und nicht weniger...

PS: Ich habe auch nicht studiert, zumindest nichts in Richtung Geschichtswissenschaft, aber das nur nebenbei... :fs:
 
tROIAMYTHOS

Neun Beiträge an einem Abend!
Donnerwetter!
Also hier noch meine Meinung:
Also erst einmal:
Vor der französischen Revolution sah sich der Adel als Nachkommenschaft der erobernden Franken, und das Volk, den dritten Stand, als Nachkommen der Gallier, selbst wenn der eigene Adelstitel noch keine Alterspatina angesetzt hatte. Die Franken aber, das wusste man einfach, stammten aus « Troia ».
Derartige Herkunftsagen sind immer im Interesse einer herrschenden Schicht oder Gruppe (Dynastie), die durch solch exquisite Herkunft sich vom gemeinen Mann absetzt und ihre Ansprüche auf die Herrschaft, ihr « Gottesgnadentum » untermauert. (Bekanntlich gehen alle griechischen Stämme auf Göttersöhne zurück, Romulus und Remus sind Söhne des Mars und die Germanen alle Abkömmlinge des Gottes Tuisto. Abkömmlinge, nicht Schöpfungen).
Christlich gewordene Gesellschaften konnten derartige Thesen nicht mehr vertreten und mussten sich mit langen und illustren Stammbäumen begnügen.
Dazu gibt es , über die Quellen (Fredegar und die Gesta Francorum) hinaus, verschiedene Elemente, die alle zu dieser fränkischen Abstammungstheorie beigetragen haben können:
In ganz Nord- und Osteuropa gibt es ptähistorische labyrinthische Steinsetzungen kultischen Ursprungs, die aus bisher ungeklärten Gründen « Troiaburgen » heissen
Eine Sippe, die an solch einem Ort haust, womöglich sich dunkel an dort gepflegte Rituale erinnert, kann sich leicht selbst als « Trojaburger, Troyaner » sehen . Kommt sie zu Macht und Würden, so findet sich immer ein klerikaler Schreiber, der das weiter ausspinnt und von der Herrschaft auf das « Volk im Allgemeinen » erweitert.
Von Fredegar ist bekannt: Er hat im Interesse der »Nivelonen von Autun » geschrieben, Nachkommen des Childebrant, Bruder und Heerführer Karl Martels. Dessen Familie versuchte mehrere Generationen lang die Merowinger zu ersetzen, schliesslich mit Erfolg. Dazu mussten sie aber eine respzktable Vorgeschichte haben, die ihren Vorfahren, Arnulfingern und Pippiniden mangelte. Also eine Geschichte für alle Franken – ausser den Merowingern, denn für diese erfand man die Geschchte von der Frankenkönigin ,gie auf einem Spaziergang von einem Ungeheuer vergewaltigt wurde, « bistea Neptuni Quinotauri similis » also von einem « Meeresungeheuer, einm Kentauren ähnlich » (Frdg.II,9), so dass sie den Merovech gebar.
« Fredegar » spielt hier auf einen bekannten anderen Bericht an (Jordanes Getica §121), der schildert, wie heilsmächtige Frauen in der Einöde sich mit « unreinen Geistern » verbanden und so zu Stammfrauen der Hunnen wurden.
Kurz, Fredegar behauptet, die Merowinger seien eigentlich Hunnen, und macht sie auch sonst verschiedentlich subtil herunter (Fr.III,12, Childerichs Traum). Die wahren « edlen Trojaner » sind also die anderen grossen « Gentes », in erster Linie natürlich die Karolinger.
Diese Tradition des Merowinger-Verkloppens nimmt auf die Dauer noch zu: Diese trugen bekanntlich die Haare lang, den Rücken herunter, wie der gotische und vandalische Adel und das wurde umgedeutet:
Theophanes Homologetes (ca 815) « Die Merovinger heissen « die Borstigen », denn sie haben Borsten auf dem Rücken wie die Wildsäue » und das bairische Rolanslied stösst ins selbe Horn: « Mere, diu habent Borsten sam die Swin... »
Es sind aber nicht nur die langen Haare der Merowinger, die an eine östliche Herkunft des fränkischen Adels denken lässt. Gregor von Tours kennt eine Tradition, wonach die Franken einst « « aus Pannonien » gekommen seien, und die Grab -Beigaben des Königs Childerich in Tournay lassen keinen Zweifel: Das ist ein ostgermanischer Fürst, der hier nach der Sitte der Reiternomaden begraben wurde
(siehe den Katalog der Ausstellung « Das Gold der Barbarenfürsten, vom Kaukasus bis Gallien » Reiss-Museum, Mannheim 2001).
Ein Abkömmling der Gepiden odzr Westgoten vielleicht? Die sassen östlich der Donaumündung bis fast zum Dnjepr in der Walachei und Podolien, und hatten von ihren thrakisch-getischen Vorgängern Gebräuche und Traditionen übernommen, darunter die Sagen von ihren Königen Telephos und Eurypylus, Schwager und Neffe des Priamos von Troja .(Jordanes § 58-60)
Der Pruth, alias « Tyras » floss mitten dutch ihr Gebiet unf dort lagen auch die griechischen Kolonien Tyras und Ophioussa, , deren Einwohner sich « Tyranoi » nannten, nach dem Fluss. Sie dürften für dir troianischen Erinnerungsbruchstücke bei Thrakern, Moesiern, Geten, Goten und « Franken » verantwortlich sein.
Und Fredegar (III,2) : « Die andere Gruppe (= der Trojaner) liess sich am Ufer der Donau und des Meeres nieder, wovon ein Teil unter dem König Francion nach Europa einfiel und das Rheinufer besetzte.....der andere Teil , am Ufer der Donau gab sich Torcoth zum König und heisst nach ihm Turchi, wie die anderen Franci nach Francion. »
Das macht durchaus Sinn, abgesehen davon, dass es sich da wohl einerseits nicht um ein « Volk » handelte, sondern um eine Schar von adligen Abenteurern gemischter Herkunft, zum anderen Teil nicht um « Türken » sondern vermutlich um Turcilingen.
Diese « Fränkischen Reiter » fanden am Ostufer des Rheines eine Reihe von Kleinstämmen vor, deren Jungmänner seit geraumer Zeit gewohnt waren, in römische Dienste zu treten, als « Franken mit Salär » (Salii),
« ...och, leve Herre, dat is nu mal so, nu ja, de Tünnes unne de Schäl sin en Colonia Agrippina, nä, von wejen de Carnevale, unn en annere Jong en Confluentes, nä, det Kovelenzer Schängelsche.... »
Und da kamen nun die Fremden, mit Manieren wie später der alte Fritz (« Hunde, wollt ihr denn ewig leben? »), und siehe da, diese Rheinländer « rissen sich zusammen », wurden « Sygambrer » (laut St Remigius), und Eroberer , so wie sie später getreue « Rheinpreussen » wurden .
Die « Gesta Francorum » griff die Geschichte von der « Trojanischen Herkunft » auf, die Chruniken Aimons; Gislemars vun Saint-Germain des- Prés, die Chronik von St Denis, das Chanson de Roland, und die « Grandes Chroniques de France ».
Was bei Fredegar noch schlaue versteckte Polemik im Dienste der Karolinger war (Haupt- wie Nebenlinie), aber auf der Basis echter Erinnerungs-Bruchstücke, das wurde offizielle Wahrheit, « Dynastische Wahrheit ». Und so bandelte Ludwig XIV noch ein Jahrtausend später mit den « türkischen Vettern » an, gegen die österreichischen Habsburger.
Erst eine neue Wissenschaft, die Archäologie, hat damit aufgeräumt, weil sie « Kulturen » nachgeht, nicht « Dynastien », aber eine wirkliche Geschichtsschreibung muss beiden Blickwinkeln gerecht werden.
 
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